Soll die rechtliche Möglichkeit Aufenthaltsverbote insbesondere gegen Rauschgifthändler auszusprechen in Zukunft wieder genutzt

Drucksache 18/340

III. Zulässigkeit und Praxis des Aufenthaltsverbots

Eine ausdrückliche Regelung von Aufenthaltsverboten ­ also dem mehrmonatigen Verbot, eine bestimmte Gegend zu betreten ­ nach dem SOG fehlt bislang. Die polizeiliche Praxis der Aufenthaltsverbote wurde trotzdem verwaltungsgerichtlich bestätigt. Nachdem im Jahr 2001 noch 13 Aufenthaltsverbote ausgesprochen worden waren, wurde in den Jahren 2002 und 2003 überhaupt nicht auf diese Möglichkeit zurückgegriffen (Drs. 17/4009). Dennoch hat die Hamburger CDU in ihrer „Wahlplattform" zur Bürgerschaftswahl 2004 „eine Verschärfung der gesetzlichen Grundlagen, z. B. Aufenthaltsverbote für Dealer" angekündigt.

1. Soll die rechtliche Möglichkeit, Aufenthaltsverbote ­ insbesondere gegen Rauschgifthändler ­ auszusprechen, in Zukunft wieder genutzt werden?

2. Welche Informationen haben der Senat bzw. die zuständige Behörde über die Erfahrungen anderer Bundesländer mit der Praxis und Ausgestaltung der Aufenthaltsverbote und wie werden diese bewertet?

3. Sehen der Senat bzw. die zuständige Behörde gesetzgeberischen Handlungsbedarf im Hinblick auf eine ausdrückliche Verankerung von Aufenthaltsverboten? Wenn ja, weshalb und inwiefern? Wenn nein, weshalb nicht?

4. Hält der Senat das Fehlen einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage insbesondere vor dem Hintergrund der Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts für akzeptabel und ausreichend? Wenn ja, warum?

Wenn nein, was gedenkt der Senat wann zu tun, um zu einer Klarstellung zu kommen?

Die zuständige Behörde arbeitet zurzeit an einer Novellierung des Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei. Der behördeninterne Meinungsbildungsprozess ist noch nicht abgeschlossen. Der Senat hat sich damit bisher nicht befasst.

IV. Zulässigkeit und Praxis des finalen Rettungsschusses

Der finale Rettungsschuss ­ also der gezielte Todesschuss zur Rettung von Menschen in höchster Gefahr ­ ist in Hamburg polizeirechtlich nicht ausdrücklich geregelt. Seine ausdrückliche rechtliche Verankerung ist seit Jahren umstritten.

1. Musste der finale Rettungsschuss in den vergangenen fünf Jahren außer im Jahre 2000 gegen Herrn B. in Wilhelmsburg in weiteren Fällen angewandt werden? Wenn ja, in welchen konkreten Bedrohungslagen und mit welchen Folgen?

Nein.

2. Auf welche gesetzliche bzw. dienstvorschriftliche Rechtsgrundlage kann sich die Polizei bei Abgabe eines derartigen finalen Rettungsschusses in welchen Bedrohungslagen konkret stützen? Wie ist die Bestimmung in der PDV konkret formuliert?

Die Rechtsgrundlagen sind §§ 24 ff. des Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (SOG). Im Landesteil Hamburg der Polizeidienstvorschrift (PDV) 132 "Einsatz bei Geiselnahmen" ist unter Nummer 2.3.8 Folgendes geregelt: "Auch in Fällen von Geiselnahmen ist § 24 SOG allgemeine Rechtsgrundlage für den Einsatz von Schusswaffen. Nach § 24 (2) Satz 1 SOG darf der Zweck des Schusswaffengebrauchs nur sein, angriffs- oder fluchtunfähig zu machen. Diese Regelung schließt zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben einer Person als ultima ratio der Zwangsanwendung auch einen gezielten Schuss auf den Angreifer ein, der aller Erfahrung nach sofort tödlich wirkt."

3. Hat es nach der Abgabe derartiger Schüsse jeweils strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen die handelnden Polizeibeamtinnen und -beamten gegeben? Wenn ja, mit welchen Ergebnissen?

4. Gibt es insoweit Unsicherheiten bei den handelnden Polizeibeamtinnen und -beamten? Wenn ja, welche?

Entfällt.

5. Ist gewährleistet, dass sich Polizeibeamtinnen und -beamte einer Anordnung zu Abgabe eines solchen Schusses verweigern können? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

Ja, es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an. Im Übrigen verfügt die Polizei im Bereich des Mobilen Einsatzkommandos über speziell ausgebildete Präzisionsschützen, die über eine besondere psychische Stabilität verfügen und für solche extremen Situationen bereitstehen.

6. Welche Informationen haben dar Senat bzw. die zuständige Behörde über die Erfahrungen anderer Bundesländer mit ihrer jeweiligen rechtlichen Ausgestaltung des finalen Rettungsschusses und wie werden diese bewertet?

7. Wie bewerten der Senat bzw. die zuständige Behörde die derzeitige rechtliche Ausgestaltung des finalen Rettungsschusses und deren Konsequenzen für die betroffenen Polizeibeamten in Hamburg?

8. Sieht der Senat bzw. die zuständige Behörde gesetzgeberischen Handlungsbedarf? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, warum besteht ein praktisches, warum ein rechtliches Bedürfnis? Was gedenkt der Senat wann zu tun, um evtl. verfassungsrechtliche Defizite auszuräumen?

Die zuständige Behörde arbeitet zurzeit an einer Novellierung des Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei. Der behördeninterne Meinungsbildungsprozess ist noch nicht abgeschlossen. Der Senat hat sich damit bisher nicht befasst.

V. Regelung einer präventiven Telefonüberwachung

Besonders umstritten in der polizeirechtlichen Diskussion ist die Einführung der sog. präventiven Telefonüberwachung, mithin der Befugnis der Polizei, Telefone nicht nur zur Verfolgung von Straftaten, sondern auch zur Abwehr von Gefahren abzuhören.

1. Sind die präventivpolizeilichen Datenerhebungsbefugnisse nach dem Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei (GDatPol) und die repressiven Telefonüberwachungskompetenzen nach der Strafprozessordnung (StPO) nach Ansicht des Senats bzw. der zuständigen Behörde im Einzelnen ausreichend für eine wirksame Verbrechensbekämpfung und -verhinderung?

2. Wenn nein, wo werden welche Defizite bei den Eingriffsbefugnissen gesehen?

3. Welche konkreten Erkenntnisgewinne für die Gefahrenabwehr werden von einer präventiven Telefonüberwachung in welchen konkreten polizeilichen Aufgabenfeldern erwartet?

Welche Informationen haben der Senat bzw. die zuständige Behörde über die ersten Erfahrungen anderer Bundesländer (insbesondere Thüringen) mit der präventiven Telefonüberwachung und wie werden diese bewertet?

Wurden dort die Zweifel am Bedarf derartiger Regeln bestätigt oder entkräftet?

Wie wird dort den verfassungsrechtlichen Anforderungen insbesondere aus Art. 10 und 2 Abs. 1 GG Rechnung getragen?

Wie wird in diesen Ländern der Schutz von zeugnisverweigerungsberechtigten Berufsgeheimnisträgern (etwa Geistlichen, Rechtsanwälten, Journalisten) gewährleistet?

Wie wird in diesen Ländern die Subsidiarität der präventiven Telefonüberwachung gegenüber anderen weniger einschneidenden Maßnahmen der polizeilichen Sachverhaltsermittlung sichergestellt?

5. Sieht der Senat bzw. die zuständige Behörde ­ auch vor dem Hintergrund der Erfahrungen anderer Bundesländer ­ Handlungsbedarf für eine Regelung der präventiven Telefonüberwachung im hamburgischen Polizeirecht? Wenn ja, warum? Wenn nein, weshalb nicht?

6. Wird eine Regelung der präventiven Telefonüberwachung im hamburgischen Polizeirecht geprüft oder bereits vorbereitet? Wenn ja, wie ist der Stand der Vorbereitungen hierzu? wann ist beabsichtigt, der Bürgerschaft hierzu einen Gesetzentwurf vorzulegen? wurde bzw. wird der hamburgische Datenschutzbeauftragte bereits an den Vorbereitungen beteiligt? Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Ist eine Beteiligung später geplant? wurden bzw. werden insbesondere Vertretungen von zeugnisverweigerungsberechtigten Berufsgeheimnisträgern (etwa Geistlichen, Rechtsanwälten, Journalisten) an den Vorbereitungen beteiligt? Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Ist eine Beteiligung später geplant? Wenn nein, warum nicht?

Die zuständige Behörde arbeitet zurzeit an einer Novellierung des Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei. Der behördeninterne Meinungsbildungsprozess ist noch nicht abgeschlossen. Der Senat hat sich damit bisher nicht befasst.

VI. Regelung verdachtsunabhängiger Kontrollen

In der Diskussion ist ebenfalls eine Regelung verdachtsunabhängiger Kontrollen ­ der Möglichkeit, Personen im öffentlichen Raum auch ohne Vorliegen einer konkreten Gefahr zur vorbeugenden Kriminalitätsbekämpfung überprüfen zu können ­ in Ergänzung zu den bestehenden Regelungen in § 12 SOG und §§ 3, 4 GDatPol. Einige Eingriffsrechte sind dabei schon jetzt ortsbezogen, andere nur personenverdachtsbezogen.

1. Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 GDatPol darf die Polizei die Identität einer Person feststellen, wenn diese sich an einem Ort aufhält, von dem Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dort Straftaten von erheblicher Bedeutung verabredet, vorbereitet oder verübt werden.