Fürsorge nach Kassenlage ­ Abschaffung der Freien Heilfürsorge für Feuerwehr- und Polizeivollzugsbeamte

Laut Mitteilungen der Staatlichen Pressestelle (16.06.2002 sowie 27.06.2003) wurde nach den Jesteburger Beschlüssen die Freie Heilfürsorge mit dem Ergebnis überprüft, dass Veränderungen nicht sinnvoll seien. Auch neu eingestellte Beamte sollten die Leistungen weiterhin in vollem Umfang erhalten.

Nun hat der Senat das Gegenteil beschlossen.

Wir fragen den Senat: Beamtinnen und Beamte des Polizeivollzugsdienstes und des feuerwehrtechnischen Dienstes erhalten bisher gemäß §§ 122, 124 des Hamburgischen Beamtengesetzes (HmbBG) eine allein durch den Dienstherrn finanzierte umfassende medizinische Versorgung und Betreuung. Dieser Anspruch auf Freie Heilfürsorge besteht während der aktiven Dienstzeit. Erlischt der Anspruch auf Heilfürsorge, findet der Beihilfeanspruch ebenso Anwendung, wie schon zuvor für Aufwendungen für berücksichtigungsfähige Familienangehörige der Heilfürsorgeberechtigten.

Die Beihilfe stellt eine eigenständige beamtenrechtliche Krankenfürsorge dar. Sie ist Ausfluss der grundgesetzlich verankerten Fürsorgepflicht und tritt ergänzend neben die Alimentation, aus der in zumutbarem Umfang Eigenvorsorge zu betreiben ist. Der Dienstherr gewährt Beamtinnen und Beamten und ihren Familienangehörigen sowie Versorgungsempfängerinnen und -empfängern in Krankheits-, Pflege-, Geburts-, oder Todesfällen Beihilfen, die zur Eigenvorsorge (in der Regel eine private, auf Ergänzung der Beihilfe gerichtete Krankenversicherung) hinzutreten. Bei der Beihilfegewährung gilt das Kostenerstattungsprinzip: Die Beihilfeberechtigten schließen Behandlungsverträge mit den Ärzten ab. Auf Antrag erhalten sie Beihilfe zu den angemessenen und notwendigen Aufwendungen. Grundsätzlich sollen sich Beihilfen (für aktive Beamtinnen und Beamte 50 % bzw. 70 % bei mehr als einem berücksichtigungsfähigen Kind, für Ehegatten 70 %, für die Kinder 80 % für Versorgungsempfänger 70 %) und private Versicherungsleistungen (je nach Beihilfeanspruch 50, 30 oder 20 %) zu maximal 100 % der Aufwendungen ergänzen.

Nach Schaffung der gesetzlichen Voraussetzungen ist für die am 31.12.2004 vorhandenen Beamtinnen und Beamten des Polizeivollzugsdienstes und des feuerwehrtechnischen Dienstes weiterhin die Gewährung von Heilfürsorge vorgesehen (Bestandsgarantie), sie sollen ab dem 01.01.2005 mit einem Beitrag in Höhe von 1,4 % ihres jeweiligen Grundgehaltes zu ihrer Gesundheitsfürsorge beitragen. Nach dem 31.12.2004 neu in den Polizeivollzugsdienst bzw. den feuerwehrtechnischen Dienst in Hamburg eingestellte oder übernommene Beamtinnen und Beamte sollen künftig einen Beihilfeanspruch (s. o.) erhalten.

Davon ausgenommen sollen die Beamtinnen und Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst bei Polizei und Feuerwehr werden, die während ihrer Ausbildung lediglich Anwärterbezüge erhalten. Sie sollen auch künftig Heilfürsorge ohne Eigenbeteiligung erhalten.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt:

A. Senat nach Jesteburg: "Freie Heilfürsorge bleibt erhalten!"

1. In der Mitteilung vom Juni 2002 hieß es, es sei nie geplant gewesen, "Leistungen für die Beamten einzuschränken". Dagegen wurde in der Mitteilung vom Juni 2003 berichtet, es sei die "Abschaffung" der Freien Heilfürsorge geprüft worden. Was konkret wurde nach "Jesteburg I" hinsichtlich der Freien Heilfürsorge von wem überprüft?

2. Im Juni 2003 hieß es, eine Abschaffung der Freien Heilfürsorge habe sich nach Prüfung "aus sachlichen Gründen nicht als sinnvoll herausgestellt." Welches konkrete Ergebnis hatte diese Prüfung? Aus welchen Gründen (rechtlich, wirtschaftlich, andere) wurde die Maßnahme nicht als sinnvoll erachtet?

3. Hat sich der Senat bzw. der Kreis von Jesteburg mit den Ergebnissen der Prüfung befasst? Wenn ja, wann jeweils und mit welchen Konsequenzen?

B. Senat nach der Neuwahl: "Freie Heilfürsorge wird abgeschafft!"

Der Senat hat am 15. Juni beschlossen, dass Polizei- und Feuerwehrbeamte ab 01.01.2005 einen eigenen Beitrag in Höhe von 1,4 % ihres Grundgehaltes zu ihrer Gesundheitsfürsorge beitragen müssen. Für künftig neu eingestellte Vollzugskräfte bei Polizei und Feuerwehr soll nach Änderung der gesetzlichen Voraussetzung das Beihilfesystem auf beamtenrechtlicher Grundlage eingeführt werden.

4. Wurden alternative Einsparungsmöglichkeiten im Bereich der Gesundheitsfürsorge geprüft? Wenn nein, weshalb nicht? Wenn ja, welche konkret, von wem und mit welchen Ergebnissen? wurde insbesondere das "Hausarztmodell" geprüft? Wenn nein, weshalb nicht? Wenn ja, warum wurde es verworfen? wurde die Möglichkeit, konsequent nur noch das günstigste Medikament abzurechnen, geprüft? Wenn nein, weshalb nicht? Wenn ja, warum wurde dies verworfen?

Zu den internen Abläufen seines Meinungsbildungsprozesses äußert sich der Senat grundsätzlich nicht.

5. Ist geprüft worden, eine Staffelung der Eigenbeiträge vorzunehmen, die soziale Gesichtspunkte und/oder das Ausmaß der persönlichen Gefährdung der Vollzugsbeamten im Dienst berücksichtigt? Wenn nein, weshalb nicht? Wenn ja, Ja, die Staffelung ergibt sich nach der finanziellen Leistungsfähigkeit der Beamtinnen und Beamten auf der Basis ihrer jeweiligen Grundgehälter. Die beabsichtigten Eigenbeteiligungen in Höhe von 1,4 % vom Grundgehalt ergeben monatliche Beträge zwischen beispielhaft 26,02 Euro für einen Polizeimeister ­ 28 Jahre alt ­ der Besoldungsgruppe A 7 und 66,54 Euro für einen Polizeidirektor ­ 49 Jahre alt ­ der Besoldungsgruppe A 15. Anwärterinnen und Anwärter sollen keinen Eigenanteil leisten. was ist konkret von wem geprüft worden und mit welchen Ergebnissen?

Zu den internen Abläufen seines Meinungsbildungsprozesses äußert sich der Senat grundsätzlich nicht. wurde insbesondere geprüft, ob und inwieweit Beamte des höheren Dienstes anteilig stärker als etwa Beamte des mittleren Dienstes beteiligt werden können? Wenn nein, weshalb nicht? Wenn ja, warum wurde diese Möglichkeit verworfen?

Siehe Antwort zu 5. wurde geprüft, ob und inwieweit die Eigenbeteiligung auf Vollzugsbeamte, die vorübergehend keine Vollzugsaufgaben wahrnehmen ­ etwa aufgrund einer Beschäftigung im ministeriellen Bereich ­ beschränkt werden soll? Wenn nein, weshalb nicht? Wenn ja, mit welchen Ergebnissen?

Zu den internen Abläufen seines Meinungsbildungsprozesses äußert sich der Senat grundsätzlich nicht.

6. Weshalb soll die Freie Heilfürsorge für neu eingestellte Vollzugskräfte von Polizei und Feuerwehr durch das Beihilfesystem ersetzt werden?

Inwiefern unterscheiden sich die Leistungen der Freien Heilfürsorge im Einzelnen von den Beihilfeleistungen?

Siehe Vorbemerkung.

Welche Gründe geben den Ausschlag, das besondere Risiko und die besonderen Belastungen der Vollzugsbeamten nicht mehr durch die Freie Heilfürsorge aufzufangen?

Sind Maßnahmen vorgesehen, das besondere Risiko und die besonderen Belastungen der Vollzugsbeamten anderweitig auszugleichen? Wenn nein, weshalb nicht? Wenn ja, welche konkret ab wann?

Den besonderen Berufsrisiken wird auch weiterhin durch die besonderen Unfallfürsorgeleistungen nach dem Beamtenversorgungsgesetz Rechnung getragen.

Für die besonderen Berufsbelastungen erhalten die Beamtinnen und Beamten von Polizei und Feuerwehr besondere Zulagen als Bestandteile ihrer Besoldung.

7. Wie sehen die Planungen im Detail aus?

Ab wann soll das herkömmliche Beihilfesystem die Freie Heilfürsorge ersetzen? Wie sieht die zeitliche Planung zur Änderung der entsprechenden Vorschriften konkret aus?

Die Staatliche Pressestelle hat mitgeteilt, "alle Auszubildenden" würden auch weiterhin die Heilfürsorge erhalten. Gilt dies auch für zukünftig einzustellende Auszubildende?

In welchem anteiligen Umfang soll Beihilfe gewährt, in welchem Umfang sollen die Beamten auf private Krankenversicherungen verwiesen werden?

Siehe Vorbemerkung.

8. Wer wurde an den Planungen beteiligt?

Sind Stellungnahmen der Personalräte von Polizei und Feuerwehr eingeholt worden, zur Einführung einer Eigenbeteiligung und/oder zur langfristigen Abschaffung der Heilfürsorge? Wenn nein, weshalb nicht? Wenn ja, wann und mit welchen Ergebnissen?

Zu den internen Abläufen seines Meinungsbildungsprozesses äußert sich der Senat grundsätzlich nicht.

Sind Stellungnahmen von Gewerkschaften eingeholt worden? Wenn nein, weshalb nicht? Wenn ja, wann, von welchen Verbänden und mit welchen Ergebnissen?

Im Rahmen des Rechtsetzungsverfahrens wird die Beteiligung der Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und der Berufsverbände gemäß § 100 des Hamburgischen Beamtengesetzes erfolgen.

Ist die Deputation der Innenbehörde im Vorfeld der Senatsbeschlüsse mit den Einschränkungen bei der Gesundheitsfürsorge befasst worden?

Wenn nein, weshalb nicht? Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis?

Die Deputation der Behörde für Inneres wurde am 18.06.2004 mit dem Entwurf des Einzelplans 8.1 für die Jahre 2005/2006 befasst und hat diesem zugestimmt.

9. Der Erste Bürgermeister hat am 16. Juni 2004 gegenüber der Bürgerschaft betont, mit den Planungen zur Freien Heilfürsorge würde der Senat die Vollzugsbeamten nicht schlechter stellen als andere Bundesländer.

Welche Regelungen zur Heilfürsorge bzw. Beihilfe bestehen in den einzelnen Bundesländern und beim Bund?

Die Regelungen der anderen Bundesländer und des Bundes zur Heilfürsorge bzw. zur Beihilfe stellen sich wie folgt dar: Bund: Heilfürsorge mit Eigenanteilen im Krankheitsfall Baden-Württemberg: Freie Heilfürsorge Bayern: Grundsatz: Beihilfe Ausnahmen: Bereitschaftspolizeibeamte in Ausbildung, Einsätzen und Übungen erhalten Heilfürsorge Berlin: Grundsatz: Beihilfe Ausnahmen: Anwärter im mittleren Polizeivollzugsdienst erhalten Heilfürsorge mit Eigenanteilen im Krankheitsfall Brandenburg: Grundsatz: Beihilfe Ausnahmen: Polizeivollzugsbeamte, die vor dem 31.12.96 eingestellt wurden, erhalten Heilfürsorge bei einer monatlichen Selbstbeteiligung von 1,4 % des Grundgehalts Bremen: Heilfürsorge mit Eigenanteilen im Krankheitsfall Hessen: Grundsatz: Beihilfe Ausnahmen: Bereitschaftspolizeibeamte, die am 10.12.76 anspruchsberechtigt waren erhalten Heilfürsorge Mecklenburg-Vorpommern Heilfürsorge mit Eigenanteilen im Krankheitsfall Niedersachsen: Grundsatz: Beihilfe Ausnahmen: Polizeivollzugsbeamte, die vor dem 31.01.99 eingestellt wurden, erhalten Heilfürsorge bei einer monatlichen Selbstbeteiligung von 1,3 % des Grundgehalts soweit sie nicht von der Beihilferegelung Gebrauch machen möchten.

Nordrhein-Westfalen: Freie Heilfürsorge Rheinland-Pfalz Grundsatz: Beihilfe Ausnahmen: Bereitschaftspolizeibeamte erhalten Heilfürsorge Saarland: Beihilfe Sachsen: Freie Heilfürsorge Sachsen-Anhalt Heilfürsorge mit Eigenanteilen im Krankheitsfall Schleswig-Holstein Heilfürsorge mit Eigenanteilen im Krankheitsfall Thüringen: Grundsatz: Beihilfe Ausnahmen: Polizeibeamte in Ausbildung und Übungen sowie bei geschlossenen Einsätzen erhalten Heilfürsorge