Staatsanwaltschaft

­ wenn der Beschuldigte auf frischer Tat angetroffen wird und

­ ein Haftgrund nach §§ 112 ff. StPO besteht.

Da sich das beschleunigte Verfahren nur für Fälle mit Strafandrohung bis zu einem Jahr eignet, liegen die Voraussetzungen für den Erlaß eines Haftbefehls auch hier praktisch nur bei Personen ohne festen Wohnsitz vor. Die Hauptfallgruppe sind Ausländer ohne rechtmäßigen Aufenthaltsstatus.

Den quantitativen Schwerpunkt für das beschleunigte Verfahren nach Haftbefehl bilden nach den Deliktsarten

­ Verstöße gegen das Ausländergesetz gemäß § 92 a AuslG (geschätzt 60 %)

­ Diebstahl und Einbruchsdiebstahl9) (geschätzt 20 %)

­ Betäubungsmittel-Besitzdelikte bei größeren Mengen.

Zusammenfassende Beschreibung des Gesamtablaufs:

Der auf frischer Tat betroffene oder verfolgte Festgenommene wird unverzüglich, spätestens am Tage nach der Festnahme, der zuständigen Richterin bzw. dem zuständigen Richter über die Untersuchungshaftanstalt vorgeführt (§ 128 StPO). Dieser unterrichtet die Dezernentin bzw. den Dezernenten des Bereitschaftsdienstes der Staatsanwaltschaft. Nach Anhörung des Beschuldigten im Rahmen der Zuführung stellt die Staatsanwältin bzw. der Staatsanwalt ­ sofern der Beschuldigte nicht wieder in Freiheit gesetzt wird

­ einen Antrag auf Erlaß eines Haftbefehls und zur Aburteilung im beschleunigten Verfahren. Das Gericht prüft, ob der beantragte Haftbefehl erlassen wird. Soweit ein Haftbefehl ergeht, wird die Akte über die Verbindungsstelle der Staatsanwaltschaft zugeleitet. Dort wird sie beschleunigt bearbeitet und binnen weniger Tagen entweder dem Haft- und Schnellgericht (Dezernat II c), den Abteilungen für Verkehrsstrafsachen oder den Abteilungen für Wirtschaftsstrafsachen beim Amtsgericht Hamburg-Mitte bzw. den angeschlossenen Gerichten zur Terminierung und Verhandlung zugeleitet.

db) Feststellungen der Beschleunigungskonferenz zum typisierten Ablauf des beschleunigten Verfahrens mit Haftbefehl nach § 112 StPO in der Praxis

­ typisierter Ablauf des beschleunigten Verfahrens mit Haftbefehl nach § 112 StPO bei der Polizei

· Anzeigenaufnahme/Erstes Tätigwerden durch die Schutzpolizei gegebenenfalls Anhörung vor Ort (1 bis 3 Stunden)

· Erkennungsdienstliche Behandlung/Telebild zur Identitätsfeststellung (1 bis 7 Stunden)

· Überstellung an die Kriminalpolizei (weniger als 1 bis 2 Stunden)

· Die Ermittlungen der Kriminalpolizei dauern etwa 1 bis 4 Stunden und bestehen optional aus:

­ Anhörung des Beschuldigten,

­ Täterabklärung (Kriminalakte / Meldeanschrift usw.),

­ gegebenenfalls online-Abfrage im Ausländerzentralregister,

­ Tatortarbeit/Spurensicherung,

­ Durchsuchung,

­ Blutalkoholgutachten,

­ Betäubungsmittel- Schnellgutachten (ein Betäubungsmittel-Kurzgutachten kann innerhalb kürzester Zeit ­ unter 1 Stunde ­ erstellt werden),

­ Zeugenvernehmung.

· Administrative Erfassung des Vorgangs

· Überstellung des Beschuldigten an die Untersuchungshaftanstalt/Amtsgericht Hamburg (1 bis 4 Stunden) oder direkte Zuführung zum Haftrichter.

­ typisierter Ablauf des beschleunigten Verfahrens mit Haftbefehl nach § 112 StPO bei der Staatsanwaltschaft

· Mitwirkung bei der Haftprüfung im Haft- und Schnellgericht.

· Staatsanwaltschaft beantragt hierbei Entscheidung im beschleunigten Verfahren.

· Eingang der Akte vom Amtsgericht bei der Verbindungsstelle für das beschleunigte Verfahren

· Erfassung der Akte

· Eintragung des Vorgangs in der ZK (Vergabe eines Aktenzeichens, Erstellung eines Datensatzes, Anforderung des Bundeszentralregister-Auszugs)

· soweit geboten: Beiziehung weiterer offener oder abgeschlossener (eingestellter) Verfahren sowie Vorstrafenakten

· Rücksendung bzw. Übersendung der Akte an das Amtsgericht.

Dieses Verfahren bei der Staatsanwaltschaft erfordert insgesamt maximal 1 bis 2 Tage; gegebenenfalls kann dieser Zeitraum auch auf 2 Stunden reduziert werden; eine weitere Beschleunigung dieser Verfahrensweise ist bei der Staatsanwaltschaft nicht möglich.

­ Wahrnehmung der Hauptverhandlung zum späteren Zeitpunkt

­ typisierter Ablauf des beschleunigten Verfahrens mit Haftbefehl nach § 112 StPO beim Amtsgericht

Für die Zuführung und den Erlaß des Haftbefehls ist allein das Amtsgericht Hamburg-Mitte (Dezernat II c) zuständig.

Für die eigentliche Aburteilung im beschleunigten Verfahren nach Haftbefehl gemäß § 112 StPO ist die Zuständigkeit nicht beim Amtsgericht Hamburg Mitte konzentriert. Je nach den Umständen des Falles können auch die fünf Außengerichte (Altona, Bergedorf, Blankenese, Harburg, Wandsbek) zuständig sein.

9) Einfach gelagerte Sachverhalte oder Sachverhalte mit geständigem Beschuldigten.

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg ­ 16. Die polizeiliche Aufbereitung vollzieht sich binnen Stunden, der Hafttermin beim Amtsgericht folgt binnen desselben oder des nächsten Tages, und auch die weiteren erforderlichen kurzen Vorbereitungsschritte bei der Staatsanwaltschaft vollziehen sich binnen kürzester Zeit, nämlich binnen 1 bis 2 Tagen.

Es lassen sich dennoch Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigen:

Zum einen hat sich in der Beschleunigungskonferenz die Frage gestellt, ob nicht zumindest in einem Teil der hier betrachteten Fälle eine sofortige Aburteilung durch den Haftrichter erfolgen kann. Dann würde der Festgenommene nicht in Untersuchungshaft genommen und erst zwei oder drei Wochen später zu einer gesondert anberaumten Hauptverhandlung vorgeführt; die Hauptverhandlung würde vielmehr sofort durchgeführt und das Verfahren sofort abgeschlossen werden. Zwar muss davon ausgegangen werden, dass sich in einer größeren Zahl der Fälle von der Staatsanwaltschaft und dem Gericht bei der Vorführung nicht sofort alle Feststellungen treffen und Unterlagen herbeischaffen lassen, die für die Hauptverhandlung erforderlich sind. So ist es z. B. in Verfahren gegen Ausländer oftmals nötig, die Ausländerakte beizuziehen. Dies lässt sich selbst dann nicht immer binnen Stunden bewerkstelligen, wenn die Akten bei einer Hamburger Dienststelle und nicht bei einer auswärtigen Behörde geführt werden. Oft müssen in diesen Fällen für die Hauptverhandlung auch Zeugen vorgeladen werden. In einem Teil der Fälle erscheint es gleichwohl bei entsprechenden Vorkehrungen möglich zu sein, die Hauptverhandlung ­ wie in den Fällen nach § 127 b StPO ­ sofort durchzuführen, zumindest aber noch im Laufe des Tages, an dem der Festgenommene vorgeführt wird.

Auch hierfür bedürfte es einer Änderung der Organisation im Amtsgericht Hamburg-Mitte10), die nur unter einer gleichzeitigen Änderung des Geschäftsverteilungsplans erfolgen könnte. Bei der gegenwärtigen Zuständigkeits- und Verfahrensgestaltung beim Amtsgericht Hamburg-Mitte lässt sich die sofortige Durchführung der Hauptverhandlung nicht gewährleisten, weil die zuständige Haftrichterin bzw. der zuständige Haftrichter durch die Fülle der Zuführungssachen, über die er an seinem Haftsitzungstage zu befinden hat, keine regelmäßigen Freiräume hat, um sogleich die Hauptverhandlung durchzuführen. Denn diese dauert auch bei knapper Verfahrensgestaltung wesentlich länger als ein Vorführungstermin. Die Beschleunigungskonferenz ist allerdings mit ihrer Diskussion an dieser Stelle noch nicht zum Abschluß gekommen.

Zum anderen hat die Beschleunigungskonferenz die Auffassung vertreten, dass sich die Zeitspanne vom erneuten Eingang der Akte beim Amtsgericht bis zur Durchführung der Hauptverhandlung gegenüber dem Status quo verkürzen lassen müßte. Eine Verkürzung auf wenige Tage würde allerdings wiederum die Schaffung einer Spezialzuständigkeit für diese Art von Verfahren im Amtsgericht Hamburg-Mitte durch eine Änderung des Geschäftsverteilungsplans voraussetzen. Eine Bereitschaft dafür besteht beim Amtsgericht Hamburg-Mitte derzeit im Hinblick auf die sehr hohe Belastung des Dezernats II c und bestehende Umschichtungsschwierigkeiten nicht. Das Amtsgericht Hamburg-Mitte wird über das Präsidium zu erreichen suchen, innerhalb des Dezernats II c, das für die meisten dieser Hauptverhandlungen zuständig ist, die bisherige Buchstabenzuständigkeit aufzugeben und eine Rotationszuständigkeit einzuführen. Durch die damit erzielbare gleichmäßige Verteilung der Verfahren auf die Richterinnen und Richter im Dezernat wird sich eine bessere Zeitgestaltung erreichen lassen. Die Beschleunigungskonferenz erwartet nach den entsprechenden Prognosen der richterlichen Mitglieder der Arbeitsgruppe, dass diese Hauptverhandlungen unter der Voraussetzung eines zustimmenden Beschlusses des Präsidiums nach der entsprechenden Änderung der Geschäftsverteilung, die zum 1. Oktober wirksam werden soll, im Dezernat II c des Amtsgerichts Hamburg-Mitte zukünftig binnen zwei Wochen nach Wiedereingang der Akten durchgeführt sein werden.

10) Etwa nach dem bereits oben (Fußnoten 8 und 9) beschriebenen Stuttgarter Modell bzw. dem Modell des Berliner Bereitschaftsgerichts.

Bei allen Beteiligten der Beschleunigungskonferenz besteht Einvernehmen, dass diese Veränderung statistisch begleitet und evaluiert werden soll.

Eine Rückfrage bei den Außengerichten hat die Prognose ergeben, dass die Hauptverhandlungen in U-Haftsachen, die im beschleunigten Verfahren verhandelt werden können, dort künftig nicht später als 2 bis höchstens 4 Wochen nach Eingang verhandelt sein werden. Auch dies soll statistisch begleitet werden. Gegebenenfalls müßte die Beschleunigungskonferenz erneut die Frage aufwerfen, ob es angezeigt ist, diese Verfahren zur Beschleunigung beim Amtsgericht Hamburg-Mitte zu konzentrieren.

e) Feststellungen, Prüfungen und Verbesserungen betreffend das „normale" beschleunigte Verfahren ea) Allgemeine Spezifika des „normalen" beschleunigten Verfahrens

Im „normalem", beschleunigten Verfahren werden nach derzeitiger Praxis Delikte aus dem Bereich des o. a. genannten Gesamtkataloges dann abgeurteilt,

­ wenn der Beschuldigte auf frischer Tat ertappt wird, aber kein Grund besteht, ihn festzunehmen oder

­ wenn die Straftat durch eine schriftliche Strafanzeige bekannt wird.

Den quantitativen Schwerpunkt für das „normale" beschleunigte Verfahren bilden nach den Deliktsarten

­ Diebstahl gemäß §§ 242, 248 a StGB,

­ Erschleichen von Leistungen gemäß § 265 a StGB,

­ Hausfriedensbruch gemäß § 123 StGB,

­ Beleidigung gemäß § 185 StGB,

­ Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315 c StGB,

­ Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB. Verstöße gegen das Ausländergesetz (§ 92 AuslG) spielen hier praktisch keine Rolle. eb) Feststellungen der Beschleunigungskonferenz zum typisierten Ablauf des „normalen" beschleunigten Verfahrens in der Praxis

­ Ablauf des „normalen" beschleunigten Verfahrens bei der Polizei

Der Ablauf bei der Polizei hängt wesentlich davon ab, ob die Polizei durch eine schriftliche Strafanzeige ­ etwa durch einen Kaufhauskonzern ­ oder dadurch von der Tat Kenntnis erlangt, dass sie vom Anzeigenden zu dem auf frischer Tat betroffenen Beschuldigten zum Tatort gerufen wird bzw. durch eine Kontrolle selbst von der Tat Kenntnis erhält.

­ Administrative Zuweisung/Erfassung des Vorgangs (maximal 1 Tag).

­ Täterabklärung (Kriminalakte/Meldeanschrift usw.).

­ ausnahmsweise: Zeugenvernehmung.

­ Abgabe an die Staatsanwaltschaft.

­ Tatortarbeit/Spurensicherung.

­ gegebenenfalls Einholung Blutalkoholgutachten.

­ gegebenenfalls Einholung Betäubungsmittel-Schnellgutachten.

­ Schriftliche Anhörung des Beschuldigten mit Anhörbogen.

­ Alternativ, jedoch selten: Vernehmung des zu diesem Zwecke vorgeladenen Beschuldigten.

­ Ablauf des „normalen" beschleunigten Verfahrens bei der Staatsanwaltschaft

· Eingang der Akte von der Polizei in der Zentralkartei der Staatsanwaltschaft.

· Eintragung des Vorgangs in der Zentralkartei (Vergabe eines Aktenzeichens, Erstellung eines Datensatzes, Anforderung des Bundeszentralregister-Auszugs).

· Weiterleitung des Neueingangs an die zuständige Geschäftsstelle.

· Eintragung der Sache im Register der Geschäftsstelle.

· Eingang des Bundeszentralregister-Auszugs; regelmäßig innerhalb 24 Stunden.

· Vorlage der Akte (mit Zentralkartei-Datensatz und Bundeszentralregister-Auszug) beim Abtei­ Anhörung entfällt.