Erinnern statt vergessen

Betreff: Erinnern statt vergessen ­ Forschung und Veröffentlichungen, Denkmäler und Gedenkstätten, Erinnerungskultur zur Geschichte Hamburgs in der Zeit des Nationalsozialismus 1933­1945

2005 jährt sich zum 60. Mal die Befreiung Deutschlands vom nationalsozialistischen Terror und das Ende des Zweiten Weltkrieges. Vom Januar mit dem Gedenktag für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und des Völkermordes bis zum Mai mit dem Jahrestag der Kapitulation der Deutschen Wehrmacht und des Kriegsendes werden zahlreiche Veranstaltungen an die Geschehnisse vor 60 Jahren erinnern.

Hamburg selbst wird der Ermordung der Kinder vom Bullenhuser Damm im April gedenken und dann Anfang Mai mit einer Gedenkfeier in Anwesenheit zahlreicher überlebender ehemaliger KZ-Häftlinge auf dem Gelände des vormaligen KZ-Neuengamme die neu gestaltete Gedenkstätte eröffnen.

Aus der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und dem Holocaust erwächst Deutschland eine besondere historische Verpflichtung. Historische Verpflichtung heißt zunächst, sich zu erinnern. Hamburg hat eine besondere Kultur der Erinnerung gepflegt: Zahlreiche Orte und Denkmäler, Ausstellungen und Publikationen erinnern an die Geschehnisse der Jahre 1933­1945. Die zeithistorische Forschung in Hamburg ist beachtlich.

Erinnern ist kein einmaliger Akt, sondern ein notwendiger kontinuierlicher Prozess, bei dem es darum geht, besonders die jeweils nachwachsende Generation anzusprechen und zu beteiligen. Die Stätten der Erinnerung sollen in diesem Prozess zu einem Ort kontinuierlichen Lernens werden und dazu beitragen, dass sich Unrecht nicht wiederholt und die Fundamente der Demokratie stabil bleiben.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

Unter Einbeziehung der von Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Museen, Geschichtswerkstätten, Theatern und anderen Einrichtungen mitgeteilten Informationen beantwortet der Senat die Fragen wie folgt:

A. Erinnerungskultur

1. Welche Mahnmale oder Denkmäler zur Erinnerung an Gewalt und Terror, Verfolgung und Widerstand in der Zeit des Nationalsozialismus in Hamburg 1933­1945 sind seit dem Jahr 2000 geschaffen worden, welche Planungen bestehen für die Zukunft?

Im Bezirk Wandsbek wurden am 24. März 2003 eine Gedenktafel für den 1942 hingerichteten polnischen Zwangsarbeiter Andrej Szablewski am Alsterwanderweg (Gut Hohenbuchen) und am 5. September 2003 eine Gedenktafel im Rahmen des Programms „Stätten der Verfolgung und des Widerstandes 1933­1945" am ehemaligen Schießplatz Höltigbaum errichtet.

Im November 2004 ist in Rothenburgsort (sog. „Hexenpark", Billhorner Deich/Marckmannstraße) ein Denkmal für die Opfer von Gewaltherrschaft und Krieg von Volker Lang aus Anlass des 60. Jahrestages des Hamburger Feuersturms eingeweiht worden. Die Gedenkstätte ist Ergebnis eines Wettbewerbs, der 2003 auf Initiative der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte und unter Mitwirkung der Kunstkommission veranlasst worden ist.

Das Stadtteilarchiv Hamm befasst sich derzeit intensiv mit den Möglichkeiten, ein Dokumentationszentrum zum Thema „Zerstörung der Stadt Hamburg 1943" zu schaffen. Angestrebt wird die kostenlose Nutzung eines Hochbunkers, den das Archiv mit Eigenmitteln zu einem Dokumentationszentrum ausbauen möchte.

Mit der Verlegung von Stolpersteinen ab dem Jahr 2002 von dem Künstler Gunter Demnig wurden und werden Orte sichtbar gemacht, an denen jüdische Mitbürger gelebt haben.

2. Welche konzeptionellen Überlegungen bestehen für den Lohse-Park/Hannoverschen Bahnhof in der HafenCity?

Im Auftrag der zuständigen Behörde wurde 2004 von der Forschungsstelle für Zeitgeschichte (FZH) eine Dokumentation zur Geschichte des Hannoverschen Bahnhofs unter besonderer Berücksichtigung seiner Bedeutung für die Deportation der Hamburger Juden im Jahr 1941 erstellt (Dr. Linde Apel und Dr. Frank Bajohr, siehe D. 3. sowie die Drsn. 16/3909 und 18/1196).

Die zuständige Behörde wird darüber hinaus hier eine Schwarze Tafel aufstellen.

3. Welchen Stand hat das Gedenktafelprogramm zur Geschichte von Widerstand und Verfolgung bzw. zur Geschichte der Hamburger Juden?

Welche Gedenktafeln sind in den vergangenen fünf Jahren hinzugekommen?

Im Rahmen des Bronze-Tafelprogramms ­ Jüdisches Denkmäler ­ sind seit 2000 keine neuen Tafeln hinzugekommen.

4. Welche regelmäßig wiederkehrenden Gedenkveranstaltungen finden in Hamburg statt?

Palmsonntag: Kreuzweg der Katholischen Kirchengemeinden 20. April: Gedenkveranstaltung von der Vereinigung „Kinder vom Bullenhuser Damm" e. V. zur Erinnerung an den Jahrestag des Mordes an 20 jüdischen Kindern in der Gedenkstätte Bullenhuser Damm

4. Mai: Gedenkveranstaltung der Amicale Internationale KZ Neuengamme anlässlich des Jahrestages des Kriegsendes und der Befreiung der Konzentrationslager

9. Mai: Gedenkveranstaltung des Generalkonsulats der Russischen Föderation/Jahrestag der Kapitulation Deutschlands im Zweiten Weltkrieg Himmelfahrt: Pelerinage der Amicale française/Gedenkveranstaltung am Platz des Krematoriums Anf. August: Gedenkveranstaltung der Stichting Meensel-Kiezegem (Belgien)/Jahrestag der Deportation von 61 Einwohnern 1944 in das KZ Neuengamme

1. September: Gedenkveranstaltung des Generalkonsulats der Republik Polen

2. Oktober: Gedenkveranstaltung der Stichting Putten (Niederlande)/Jahrestag der Deportation von 589 Männern 1944 in das KZ Neuengamme

9. November: Seit dem Jahr 2000 führt die Universität Hamburg, meist in Zusammenarbeit mit der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN), eine Gedenkveranstaltung zum Jahrestag der Pogromnacht auf dem Joseph-Carlebach-Platz durch 10. November: In den letzten Jahren fand regelmäßig eine feierliche Kranzniederlegung am Synagogendenkmal in Harburg statt. (Die Reichsprogramnacht begann in Deutschland am 9. November, in Harburg am 10.) Begleitet wurde der 10. November mit einem Rahmenprogramm, das ein paar Tage vor dem 10. begann und mit einer Kranzniederlegung am 10. endete Allerseelen: Gedenkveranstaltung des Bundes der Polen in Hamburg und der Polnischen Katholischen Akademie Volkstrauertag: Gedenkveranstaltung der Freien und Hansestadt Hamburg und des Arbeitsausschusses Hamburger Verfolgtenverbände