Bezuschussung von ÖPNV-Leistungen in Hamburg ­ Auswirkungen des Urteils des Europäischen Gerichtshofs „Altmark Trans"

Mit seinem Urteil in der Rechtssache „Altmark Trans" (Urteil vom 24.07.2003 ­ Rs. C-280/00) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) darüber geurteilt, inwieweit staatliche Ausgleichsleistungen zur Finanzierung gemeinwohlorientierter Tätigkeiten wirtschaftlicher Art zulässig sind.

Dem benannten Urteil liegt der Sachverhalt zugrunde, dass im Landkreis Stendal seit 1990 18 Buslinien von der öffentlich bezuschussten Altmark Trans GmbH befahren werden. Dagegen klagte die konkurrierende NVG Altmark GmbH, da sie der Auffassung war, dass die staatlichen Zuschüsse unzulässig seien, da die Altmark Trans ohne sie nicht überleben könne und verlangte eine Ausschreibung der Linien.

Gemäß Art. 87 Abs. 1 des EG-Vertrages ist eine finanzielle Unterstützung eines Unternehmens durch staatliche Mittel mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar und damit unzulässig, wenn sie den zwischenstaatlichen Handel beeinträchtigt, für das begünstigte Unternehmen einen Vorteil darstellt und zu einer Wettbewerbsverfälschung führt.

Der EuGH hat nun entschieden, dass die EU-Staaten selbst entscheiden können, ob und in welchem Umfang sie den öffentlichen Personennahverkehr öffentlichen Ausschreibungen unterwerfen wollen. Auch ohne Ausschreibung sind demnach staatliche Zuschüsse ohne Erlaubnis der Europäischen Kommission erlaubt, solange das Unternehmen daraus keine allgemeinen Wettbewerbsvorteile ziehen kann. Dies ist immer der Fall, wenn die Zuschüsse lediglich Defizite abdecken, die sich aus den gemeinwirtschaftlichen Pflichten ergeben, die der Staat dem Verkehrsunternehmen auferlegt hat. In diesen Fällen ist der Zuschuss nicht als Beihilfe im Sinne des Art. 87 des EGVertrages anzusehen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

Auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene wird seit Jahren kontrovers diskutiert, welche Möglichkeiten der Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs mit dem europäischen und nationalen Recht vereinbar sind. In seinem in der Großen Anfrage angesprochenen Urteil „Altmark Trans" hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) zwar einige Grundsatzfragen zur Anwendung des europäischen Beihilferechts auf den ÖPNV entschieden, wesentliche Punkte bedürfen aber der weiteren Klärung bzw. Auslegung durch die nationalen Gerichte, die noch nicht erfolgt ist. Auch die von der europäischen Kommission als Konsequenz aus der EuGH Entscheidung angekündigte Überarbeitung einer Änderungsverordnung zur für den Verkehrsbereich maßgeblichen Verordnung 1191/69 liegt noch nicht vor.

Unmittelbare Auswirkungen hat die Entscheidung des EuGH daher nicht. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage lassen sich zurzeit weder konkrete Handlungsnotwendigkeiten noch Handlungsempfehlungen aus der Rechtsprechung ableiten.

Ein Verstoß gegen Art. 87 des EG-Vertrages ist im Übrigen nicht erkennbar.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt:

1. Welche Auswirkungen wird das Urteil des EuGH in der Rechtssache „Altmark Trans" auf die Bezuschussungspraxis der Freien und Hansestadt Hamburg hinsichtlich des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) haben?

2. Welche konkreten Änderungen sind folglich nunmehr vorzunehmen?

3. Bei welchen Arten von ÖPNV-Ausgleichszahlungen, wie Verlustausgleich, Betriebskostenzuschüsse ergibt sich infolge der Klarstellung durch den EuGH nunmehr Handlungsbedarf?

Keine bzw. keiner, siehe Vorbemerkung.

4. Besteht durch die nun vom EuGH festgelegten Grundsätze Handlungsbedarf hinsichtlich der derzeitigen Praxis zur Gewährung von Investitionszuschüssen?

Wenn ja, inwiefern?

Nein.

5. Um einen Verstoß gegen Art. 87 des EG-Vertrages auszuschließen:

a) Wie stellt der Senat sicher, dass es sich um Unternehmen mit gemeinwirtschaftlichen Aufgaben handelt, die durch die ÖPNVAusgleichszahlungen begünstigt werden?

b) Wie wird demzufolge der Begriff der gemeinwohlorientierten Verpflichtung im Bereich des ÖPNV nun definiert?

c) Wie werden die Kriterien, nach denen die Höhe der ÖPNVAusgleichszahlungen festgelegt wird, nun objektiv und transparent bestimmt und um welche Kriterien handelt es sich dabei?

d) Wie wird sichergestellt, dass Ausgleichszahlungen tatsächlich nur in der Höhe erfolgen, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns zu decken?

e) Durch welche Maßnahmen ist sichergestellt, dass die Höhe der Ausgleichsbeträge im Bereich des ÖPNV im Vergleich mit den Kosten bestimmt wird, die ein durchschnittliches Unternehmen zu tragen hätte?

Entfällt, siehe Vorbemerkung.

6. Ist es demzufolge notwendig die verkehrliche Anbindung der HafenCity, respektive einzelner Streckenabschnitte einem öffentlichen Ausschreibungsverfahren zu unterwerfen?

Wenn nein, warum nicht?

Nein, die Einschaltung der Hamburger Hochbahn AG als Vorhabenträgerin stellt keinen ausschreibungsbedürftigen öffentlichen Auftrag dar. Im Übrigen wird die Hamburger Hochbahn AG die erforderlichen Bau- und Planungsleistungen in Übereinstimmung mit dem geltenden Vergaberecht in Auftrag geben.