Die gesamte Mittelbewirtschaftung der Verwaltung wurde seit dem 01012001 schrittweise auf SAP R3 umgestellt

Zur Vermeidung einer Vielzahl manuell zu bearbeitender Vorgänge hat die VZ für die Vollstreckung zugunsten auswärtiger Gläubiger inzwischen ein zweites automatisiertes Verfahren entwickelt, arbeitet seither mit zwei unterschiedlichen Verfahren und nimmt den damit verbundenen Mehraufwand in Kauf.

Der Rechnungshof hat die Finanzbehörde gebeten, die Mängel nunmehr zeitnah abzustellen. Die Finanzbehörde will dafür notwendige

­ bereits begonnene ­ Programmierarbeiten bis Anfang 2005 durchführen. Ein einheitliches Verfahren für alle Vollstreckungsfälle will sie 2006 entwickeln und realisieren.

Die gesamte Mittelbewirtschaftung der Verwaltung wurde seit dem 01.01.2001 schrittweise auf SAP R/3 umgestellt. Zu Beginn der Umstellung stand noch kein automatisiertes Mahnverfahren zur Verfügung. Flächendeckende Mahnungen waren erst ab Juni 2003 möglich. Nach Einführung des automatisierten Mahnverfahrens verzögerte sich die Aufnahme der Vollstreckungstätigkeit um ein weiteres Jahr, da die Schnittstelle von SAP R/3 keine Fälle in das für die Vollstreckung eingesetzte Verfahren PRAVO weitergeleitet hat. Sie sind der VZ deshalb nicht bekannt geworden. Da außerdem grundsätzlich jeder Vollstreckung von Geldforderungen eine Mahnung vorausgehen muss, waren in den betroffenen Fällen insgesamt über drei Jahre lang keine Vollstreckungshandlungen möglich. Im Ergebnis konnten nach Berechnungen der Vorprüfungsstelle bei der Finanzbehörde bis zum 31.01.2004 Forderungen in Höhe von mindestens 7,4 Mio. Euro nicht vollstreckt werden. Forderungsausfälle und weitere Nachteile durch die verspätete Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen ­ allein durch Mahnungen lässt sich erfahrungsgemäß ein Teil der Forderungen realisieren ­ sind nicht auszuschließen.

Der Rechnungshof hat die verspätete Einrichtung des Mahnverfahrens und die faktische Aussetzung jeder Vollstreckung über Jahre als gravierenden Verstoß gegen das Gebot rechtzeitiger Einnahmeerhebung nach § 34 Abs. 2 LHO beanstandet und die Finanzbehörde aufgefordert, die Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen unverzüglich zu gewährleisten. Dies ist nach Auskunft der Finanzbehörde zwischenzeitlich geschehen.

Das Verfahren SAP R/3 ist komplex. Eingabefehler in den Behörden und Ämtern führen nicht selten zu Problemen und unnötiger Mehrarbeit im Kassenbereich bzw. in der VZ.

Eine wirksame Vollstreckung setzt Kenntnisse des angewandten Verfahrens und seiner Auswirkungen sowohl in der Kassenabteilung der Finanzbehörde als auch in den Behörden und Ämtern voraus.

Den dortigen Kenntnisstand über SAP R/3 insbesondere hinsichtlich der Vollstreckungsbelange schätzt die Kassenabteilung in Übereinstimmung mit dem Rechnungshof als vielfach verbesserungsbedürftig ein.

Der Rechnungshof hat eine Intensivierung der Fortbildung angeregt und auf frühere Empfehlungen zur Konzentration der Aufgaben

Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg Jahresbericht 2005

Forderungen drei Jahre nicht vollstreckt wahrnehmung hingewiesen.5 Die Finanzbehörde will Dataport bitten, das dortige Fortbildungsangebot entsprechend auszubauen.

Leistungsanreize

Vollziehungsbeamte erhalten aufgrund der Besonderheiten ihrer Arbeitsbedingungen zur Förderung ihrer Motivation und Erhöhung ihrer Arbeitsleistung eine leistungsbezogene Zusatzvergütung nach der Vollstreckungsvergütungsverordnung.6 Die Höhe der für die VZ anwendbaren Zusatzvergütung für Vollziehungsbeamte der Gemeinden liegt jedoch unter der für andere Vollziehungsbeamte und bietet so kaum die gewünschte Anreizwirkung.

Der Rechnungshof hat angeregt, dass die Finanzbehörde ­ einschließlich dazu gegebenenfalls erforderlicher Initiativen für Rechtsänderungen auf Bundesebene ­ zunächst die qualitativen und quantitativen Ziele eines neuen Anreizsystems festlegt und daraus abgeleitet wirksame Anreize entwickelt, die auf eine verbesserte und beschleunigte Fallzahlerledigung abzielen. Zur teilweisen Deckung der Mehrausgaben könnten andere Vergütungsbestandteile der Vollziehungsbeamten8 in leistungsbezogene Bezüge umgewandelt werden. Darüber hinausgehende Ausgaben wären ­ durch eine spätere Erfolgskontrolle nachweisbar ­ aufgrund der erhöhten Fallzahlerledigung und damit verbundener Stellenreduzierung zu finanzieren.

Die Finanzbehörde will die Möglichkeiten eines leistungsgerechten Anreizsystems prüfen; soweit dazu bundeseinheitliche Bestimmungen geändert werden müssten, will sie auf eine Neuregelung hinwirken.

Zusammenarbeit der Vollstreckungsstellen 126. Öffentlich-rechtliche Forderungen werden in Hamburg nicht nur von der VZ vollstreckt. Derzeit bestehen weitere Vollstreckungsstellen, die bei

- der Justizbehörde,

- den Finanzämtern,

- der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) und

- dem Hauptzollamt Jonas für die Vollstreckung für Bundesbehörden angesiedelt sind. Jede dieser Vollstreckungsstellen hat Personalbedarf für Leitungsaufgaben, Programmierung und Pflege der eingesetzten automatisierten Verfahren sowie die Steuerung der Verwaltungsabläufe. Außerdem haben eine Reihe von Schuldnern gleichzeitig bei verschiedenen Stellen Verbindlichkeiten, für deren Beitreibung unterschiedliche Vollstreckungsstellen zuständig sind.

5 Vgl. Jahresbericht 2004, Tz. 131.

6 Neufassung vom 06.01.2003, BGBl I S. 8.

7 Beträge reichen tatsächlich von 20 Euro bis 120 Euro im Monat.

8 Fahrkosten, Kassenverlustentschädigung usw.

Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg Jahresbericht 2005

Ergebnissteigerung über Erhöhung der Leistungsanreize Unnötige Mehrarbeit durch Zusammenarbeit der Vollstreckungsstellen vermeiden

Die gegenwärtige Trennung der Vollstreckungsaufgaben führt neben einem erhöhten Sachaufwand zu einem vermeidbaren personellen Ressourceneinsatz bis hin zur Doppelarbeit. Erkenntnisse einer Vollstreckungsstelle über einzelne Schuldner stehen den anderen Vollstreckungsstellen selbst dann nicht zur Verfügung, wenn dies ­ etwa unter Beachtung des Steuergeheimnisses ­ zulässig wäre. Sie müssen vielmehr von jeder Vollstreckungsstelle neu gewonnen werden.

Eine verstärkte Zusammenarbeit der Vollstreckungsstellen zur Beitreibung öffentlich-rechtlicher Geldforderungen würde nicht nur zu einer effektiveren und effizienteren Aufgabenerfüllung und damit verbundenen Personaleinsparungen führen. Sie wäre auch bürgerfreundlicher, da Mehrfachschuldner nur einen Ansprechpartner hätten. Je enger die Zusammenarbeit ­ bis hin zum Zusammenschluss von Vollstreckungsstellen ­ organisiert wäre, desto größer wäre das nutzbare Potenzial an Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit.

Der Rechnungshof hat daher empfohlen, die beabsichtigte Übernahme der Vollziehungsbeamten der Justiz in die VZ zu beschleunigen und daneben die Zusammenfassung der Vollstreckungsstellen Hamburgs, z. B. durch Verlagerung der VZ zu den Vollstreckungsstellen der Finanzämter, zu prüfen. Daneben sollten Möglichkeiten einer verstärkten Zusammenarbeit mit der AOK und der Zollverwaltung untersucht werden.

Die Finanzbehörde wird an die Justizbehörde herantreten, um die geplante Übernahme derer Vollziehungsbeamten zu beschleunigen. Sie will die Möglichkeit einer Integration von VZ und Vollstreckungsstellen der Finanzämter und eine verstärkte Zusammenarbeit mit der AOK und der Zollverwaltung prüfen.

Kostendeckung

Für Vollstreckungshandlungen sind Gebühren9 zu zahlen. Falls sie nicht vom Vollstreckungsschuldner beigetrieben werden können, ist der Gläubiger gebührenpflichtig, soweit es sich bei ihm nicht um eine Stelle der unmittelbaren Verwaltung Hamburgs oder eine andere Gebietskörperschaft handelt.10 Da nicht alle Vollstreckungen erfolgreich verlaufen, ist wegen der Freistellung eines großen Teils der Gläubiger eine vollständige Kostendeckung nicht zu erreichen.

9 Im Wesentlichen handelt es sich um Pfändungsgebühren nach § 6 Vollstreckungskostenordnung.

Gebietskörperschaften sind aufgrund des Gegenseitigkeitsprinzips nach den Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze von der Gebühr befreit.