Gastronomie

Vor dem Hintergrund einer vielfach beklagten Überregulierung, insbesondere der Belastung kleiner und mittlerer Unternehmen mit bürokratischen Anforderungen, hat der Senat ein Deregulierungsprojekt zur systematischen Überprüfung des hamburgischen Landesrechts auf weitere Möglichkeiten der Deregulierung initiiert.

2. Arbeit des Deregulierungsprojekts

Mit der Projektarbeit hat der Senat die Senatsämter und alle Fachbehörden unter der Federführung der Justizbehörde beauftragt. Die Senatsämter und die Fachbehörden haben in dem Projekt sämtliche Gesetze und Verordnungen des hamburgischen Landesrechts auf Deregulierungsmöglichkeiten überprüft. Dabei wurde Deregulierung nicht nur als ersatzlose Abschaffung von Normen, sondern auch als inhaltliche Deregulierung im Sinne einer materiellen Vereinfachung bestehender Regelungen verstanden. Die Zielrichtung der Fragen ging deshalb dahin, eine Verminderung der materiellen Regelungsdichte des Landesrechts zu erreichen, um die Wirtschaft sowie die Bürgerinnen und Bürger von Bürokratie zu entlasten und die Rechtsanwendung zu vereinfachen.

An der Ermittlung des Deregulierungspotenzials sind auch Externe beteiligt worden. Zum einen wurden die Handelskammer Hamburg, die Handwerkskammer Hamburg, diverse Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften einbezogen. Zum anderen ist eine Befragungsaktion aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Freien und Hansestadt durchgeführt worden.

Ferner ist das gesamte Landesrecht unter dem Gesichtspunkt einer formellen Deregulierung (Rechtsbereinigung) überprüft worden.

3. Umfang des Vorschriftenbestandes

Der weitaus größte Teil der gesetzlichen Bestimmungen, die die Handlungsfreiheit von Hamburger Bürgerinnen und Bürgern und der Hamburger Wirtschaft beschränken, sind Normen des Bundesrechts und darüber hinaus in immer größerem Maße auch Normen des EU-Rechts. Denn die weit überwiegende Anzahl der Normen, die in der Freien und Hansestadt gelten, sind keine Normen des Landesrechts und deshalb auf der Ebene des Landesrechts auch einer Änderung nicht zugänglich.

Im Vergleich zu den anderen Bundesländern hat die Freie und Hansestadt Hamburg eine relativ geringe Anzahl an landesrechtlichen Gesetzen und Verordnungen zu verzeichnen. Die amtliche Sammlung der Gesetze und Verordnungen der Freien und Hansestadt Hamburg umfasst nur 323 Gesetze und 681 Rechtsverordnungen (Stand: Januar 2005). Dieser Bestand ist geringer als der Bestand der meisten anderen Bundesländer. In der Vergangenheit sind durch insgesamt acht Rechtsbereinigungsgesetze, zuletzt durch das Achte Gesetz zur Aufhebung entbehrlich gewordenen Landesrechts vom 16. Januar 1989 (HmbGVBl. S. 5), bereits Hunderte von Gesetzen und Verordnungen ganz oder teilweise aufgehoben worden.

Zwei zusätzliche Aspekte unterstreichen, dass die Normdichte in der Freien und Hansestadt Hamburg im Ländervergleich gering ist. Erstens finden sich unter den 323 Gesetzen und 681 Rechtsverordnungen zahlreiche Regelungen, die in Flächenstaaten lediglich als Satzung ergehen, in Hamburg angesichts der stadtstaatlichen Verhältnisse aber als Gesetz oder Verordnung ergehen und damit einen quantitativen Ländervergleich optisch zu Ungunsten Hamburgs belasten. Zweitens weist das hamburgische Landesrecht eine große Anzahl von Gesetzen und Verordnungen auf, die sich auf wenige Paragraphen beschränken. Dies beruht nicht zuletzt darauf, dass in Hamburg seit Jahrzehnten von der sog. Rechtsprüfungsabteilung der Justizbehörde im Rahmen der Normprüfung insbesondere stets auch darauf hingewirkt worden ist, unnötige Vorschriften zu vermeiden.

4. Deregulierungsprozess

Der vorliegende Entwurf eines Gesetzes zur Deregulierung des Landesrechts besteht aus 48 Artikeln. Mit dem Gesetz sollen acht Gesetze und 17 Rechtsverordnungen aufgehoben werden und elf Gesetze sowie zehn Rechtsverordnungen geändert werden. Damit wird die Normendichte erheblich reduziert, da neben den deregulierenden Änderungen von Vorschriften auch über 300 Einzelvorschriften aus dem Normenbestand des hamburgischen Landesrechts ersatzlos gestrichen werden. Für die Einzelheiten wird auf die Gesetzesbegründung verwiesen.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist in doppelter Hinsicht lediglich ein Baustein innerhalb eines Gesamtprozesses.

Die Deregulierung steht im Kontext eines umfassenden Modernisierungsprozesses. Zum einen ist Deregulierung nur ein Teilaspekt einer umfassenden Entbürokratisierung und Modernisierung des Staates. Parallel erfolgt eine Reform der Verwaltung, mit der Verwaltungsabläufe effektiver gestaltet werden. Zum anderen ist die Deregulierung des Landesrechts durch den hier vorliegenden Entwurf keine einmalige Maßnahme, sondern Teil eines kontinuierlichen Deregulierungsprozesses, der weiter fortgesetzt werden wird.

Der Entwurf eines Gesetzes zur Deregulierung des Landesrechts enthält solche Aufhebungen und Änderungen von Rechtsnormen, die sich in dem vorgegebenen zeitlichen und organisatorischen Rahmen als Paket zusammenfassen ließen. Zahlreiche eilbedürftige materielle Deregulierungsmaßnahmen wurden bereits außerhalb des Projekts vorgezogen (siehe insoweit die unter a) genannten Beispiele). Es werden aber auch noch weitere Deregulierungsvorhaben folgen. Im Anschluss an den hier vorgelegten Gesetzentwurf sollen noch weitere Gesetzgebungsvorhaben realisiert werden, die bereits vorbereitet werden, aber wegen der Komplexität noch zeitlichen Vorbereitungsbedarf haben (Beispiele hierfür sind unter b) benannt).

a) Umfangreiche materielle Deregulierungsansätze sind bereits in diversen Normsetzungsvorhaben der letzten Zeit realisiert worden, und zwar sowohl in Gesetzen als auch in Rechtsverordnungen. Materiell deregulierende Elemente, die Ausdruck dieses ständigen Deregulierungsprozesses sind, sind insbesondere in folgenden Regelungsmaterien enthalten:

­ Mit der Verordnung zur Deregulierung gaststättenrechtlicher Vorschriften sind die Anforderungen nach der Gaststättenverordnung erheblich zurückgenommen worden, um Existenzgründen im Gastronomiebereich entgegenzukommen. Davon profitieren auch viele bereits bestehende Betriebe wie Bäckereien oder Imbissstuben. Mit derselben Verordnung wurde auch die Sperrzeitregelung grundlegend vereinfacht.

­ Mit dem Gesetz zur Vereinfachung und Beschleunigung planungsrechtlicher Verfahren ist durch Änderung des Bauleitplanfeststellungsgesetzes und des Landschaftsplanungsteils des Hamburgischen Naturschutzgesetzes erreicht worden, dass Gesetzespläne (Bebauungspläne und Landschaftspläne) durch Rechtsverordnung des Senats bzw. der Bezirksämter geändert oder aufgehoben werden können.

­ Das Zehnte Gesetz zur Änderung der Hamburgischen Bauordnung ist ein reines Deregulierungsgesetz, mit dem wasserrechtlich zu genehmigende Vorhaben aus dem Anwendungsbereich der HBauO entlassen und Erleichterungen bei Anschlussleitungen und Zufahrtwegen geschaffen worden sind.

­ Mit der Neufassung der Verordnung über öffentliche Hochwasserschutzanlagen (Deichordnung) ist die Deichordnung umfassend formell und materiell dereguliert worden. So wurden als überflüssig erkannte Regelungen ersatzlos gestrichen und sowohl die Abmessung der Anlagen als auch die Beschränkungen für deichgefährdende Nutzungen auf anliegenden Grundstücken auf das unbedingt notwendige Mindestmaß reduziert. Ferner wurde die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen für Nutzungen erleichtert und für bestimmte weniger gefährdete Anlagen eine bloße Sammelgenehmigung eingeführt.

­ Im Wasserrecht ist mit der Verordnung über die erlaubnisfreie Versickerung von Niederschlagswasser auf Wohngrundstücken deregulierend das Erfordernis zur Einholung einer wasserrechtlichen Erlaubnis ersetzt worden durch eine bloße Anzeigeverpflichtung.

­ Im Hamburgischen Hochschulgesetz war bereits die Regelungsdichte erheblich vermindert worden, u. a. durch eine Kürzung von 190 auf 131 Paragraphen.

Durch das Hochschulmodernisierungsgesetz sind weitere erhebliche Deregulierungseffekte erreicht worden, u. a. durch Übertragung der Zuständigkeit für die Berufung von Professorinnen und Professoren von der zuständigen Behörde auf die Präsidien der Hochschulen sowie die Verlagerung der Zuständigkeit für diverse Genehmigungen von der zuständigen Behörde auf die Präsidien der Hochschulen oder der Hochschulräte. Außerdem treten die staatlichen Prüfungsordnungen für die Hochschulen schrittweise außer Kraft bzw. sind bereits außer Kraft getreten und werden durch Satzungen der Hochschulen ersetzt. Damit werden insgesamt 21 Rechtsverordnungen entfallen.

Im Hochschulbereich werden künftig auch fünf Gebührenordnungen entbehrlich werden, wenn und soweit die Hochschulen für die entsprechenden Tatbestände Gebührensatzungen erlassen; die entsprechende Ermächtigung ist ihnen durch das Hochschulmodernisierungsgesetz eingeräumt worden.

Ferner ist das Gesetz zur Neuordnung der Hochschulmedizin in Hamburg, das die Aufnahmekapazität des Studiums Medizin regelte, aufgehoben worden.

­ Mit dem Gesetz zur Neuordnung der Hochschulzulassung ist im Kernbereich der Zulassung die Hochschulautonomie gestärkt und gleichzeitig ein erheblicher Deregulierungseffekt erreicht worden. Das zukünftige Regelungssystem wird im Wesentlichen aus dem Gesetz sowie auf darauf basierenden Satzungen der Hochschulen bestehen, die die Auswahlkriterien individuell entsprechend den Bedürfnissen des jeweiligen Studienfachs regeln werden und sehr viel leichter und unbürokratischer als die gegenwärtig geltenden staatlichen Zulassungsverordnungen fortentwickelt und geänderten Verhältnissen angepasst werden können. Mit In-Kraft-Treten der neuen Hochschulsatzungen können dann auch die bestehenden staatlichen Zulassungsverordnungen aufgehoben werden.

­ Mit der für alle Hochschulen geltenden neuen Lehrverpflichtungsverordnung, in der die Lehrverpflichtungsverordnung und die Kunsthochschul-Lehrverpflichtungsverordnung zusammengefasst werden, ist eine materielle Flexibilisierung und Deregulierung unter Halbierung des bisherigen Normbestandes erreicht worden. Entscheidungen im Bereich der Lehrverpflichtung werden in Zukunft grundsätzlich nicht mehr von der zuständigen Behörde, sondern von den Hochschulen selbst getroffen, in Hochschulen mit Fakultäten im Wesentlichen auf Fakultätsebene.

­ Im öffentlichen Dienstrecht ist mit dem Sechsten Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften ein Deregulierungsschritt vorgenommen worden.

Gleiches gilt für das Gesetz zur Novellierung des Disziplinarrechts, mit dem insbesondere das förmliche Disziplinarverfahren abgeschafft und durch ein an das allgemeine Verwaltungsverfahren angelehntes Ermittlungsverfahren ersetzt wurde.

­ Im Arbeits- und Tarifrecht ist mit dem Gesetz zur Neuordnung des Zusatzversorgungsrechts das Gesamtversorgungssystem geschlossen und alle Berechtigten in ein Betriebsrentensystem übernommen worden.

Damit ergeben sich sowohl für die Beschäftigten und Versorgten als auch für die Verwaltung deutliche Vereinfachungen, insbesondere bei Beratung und Information sowie bei der Berechnung.

­ Im Schulrecht sind mit der Ausbildungs- und Prüfungsordnung zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife insgesamt fünf Verordnungen in einer Verordnung deregulierend zusammengefasst worden.

­ In der Verordnung über die Jägerprüfung ist das Prüfungsverfahren modernisiert worden, so dass alle Beteiligten entlastet werden.

­ Mit den Neuregelungen zur Jagd durch Änderung der Verordnungen über die Naturschutzgebiete Duvenstedter Brook, Fischbeker Heide und Wohldorfer Wald sind zuvor erforderliche Einzelfallerlaubnisse entfallen.

­ Mit der Änderung der Bestattungsverordnung wurden die für viele Gräber geltenden zusätzlichen Gestaltungsvorschriften vereinfacht. Im Übrigen wurde durch den Verzicht auf zahlreiche Vorgaben hinsichtlich des Materials, der Bearbeitung und der Beschriftung von Grabmalen dem zunehmenden Bedürfnis der Angehörigen nach einem größeren Spielraum für individuelle Gestaltungswünsche Rechnung getragen.

Damit wurde zugleich das Verfahren für die Grabmalgenehmigung vereinfacht.

­ Mit der Sechsten Verordnung zur Änderung der Verordnung über Widerspruchsausschüsse ist der Widerspruchsausschuss bei der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt abgeschafft worden. Dadurch reduziert sich der zeitliche Aufwand für die Betroffenen und auch der personelle Aufwand für die Durchführung der Widerspruchsverfahren, da der bisherige Vorsitzende allein entscheidet.

­ Deregulierungsaspekte enthielt ebenfalls das Gesetz zur Änderung von Vorschriften über die Mitwirkung ehrenamtlicher Beisitzerinnen und Beisitzer bei Enteignungsverfahren.

­ Die Gebührenordnung für das Vermessungswesen und die Gebührenordnung für den Gutachterausschuss für Grundstückswerte in Hamburg und seine Geschäftsstelle sind zur Vermeidung von Doppelregelungen und zur besseren Verständlichkeit zusammengefasst worden zu einer neuen Gebührenordnung für den Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung.

­ Als ein Beispiel für die kontinuierliche Rechtsbereinigung des Hamburgischen Landesrechts ist Artikel 6 des Gesetzes zur Anpassung verwaltungsrechtlicher Vorschriften an den elektronischen Rechtsverkehr zu nennen, in dem entbehrlich gewordene Verordnungen aufgehoben worden sind. Ein weiteres Beispiel für die kontinuierliche Vorschriftenpflege ist das Gesetz zur Aufhebung des Gesetzes über die planungsrechtliche Teilungsgenehmigung.

­ Mit dem Entwurf eines Gesetzes zum Neuerlass des Hamburgischen Abfallwirtschaftsgesetzes und zur Aufhebung und Änderung anderer Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der Abfallwirtschaft soll das Hamburgische Abfallwirtschaftsgesetz durch ein auf einen Kernbestand reduziertes Regelwerk ersetzt werden. Die Senatsvorlage, die sich in den bürgerschaftlichen Beratungen befindet (Bürgerschafts-Drucksache 18/1153), zollt zum einen der Rechtsentwicklung auf Bundesebene Rechnung, verzichtet aber auch in solchen Zusammenhängen auf ein Nebeneinander von landes- und bundesgesetzlichen Vorschriften, in denen das Bundesrecht zwar nicht sperrt, eine ergänzende Regelung im Hamburgischen Abfallrecht gleichwohl entbehrlich ist. In diesem Zusammenhang soll zugleich das Gesetz zur Andienung von Baustellenabfällen und belastetem Bauschutt sowie die darauf gestützte Rechtsverordnung aufgehoben werden.

­ Das Hamburgische Gesetz über das Vermessungswesen wurde insbesondere zum Zwecke der Anpassung an technische Veränderungen und veränderte Bedarfe bei den Nutzern grundlegend überarbeitet.

Mit dem bereits eingebrachten Entwurf des Hamburgischen Gesetzes über das Vermessungswesen wird ein Deregulierungsansatz im Umfang und im Regelungsgehalt des Gesetzes verfolgt. Insbesondere soll öffentlichen Stellen, die im Rahmen ihrer Zuständigkeit Informationen über Liegenschaften benötigen, zu ihrer Vereinfachung der Online-Zugang zum Liegenschaftskataster (flächenbezogenes Informationssystem) erleichtert werden. Mit dem Erlass des Gesetzes soll die FIS-Online-Verordnung obsolet und deshalb aufgehoben werden.

b) Der Deregulierungsprozess wird mit weiteren Deregulierungsvorhaben fortgesetzt werden. Wesentliche Deregulierungseffekte werden bei weiteren, komplexeren Normsetzungsvorhaben, die sich derzeit noch in unterschiedlichen Phasen der Planung und Prüfung befinden, angestrebt:

­ So wird zum Beispiel gegenwärtig geprüft, inwieweit die HBauO sowie das Hamburgische Wohnungsbauerleichterungsgesetz einschließlich ihrer Durchführungsverordnungen dereguliert werden können.

­ In der Vorbereitung befindet sich ein Entwurf eines Heilberufekammergesetzes, in dem die bisher in fünf Berufsgesetzen und zwei Rechtsverordnungen enthaltenen Bestimmungen in einem Gesetz zusammengefasst werden sollen.

­ Geprüft wird eine Gesamtverordnung für den Bereich der sonderpädagogischen Förderung, in der die bisherige Ordnung der Aufnahme in Sonderschulen und die Verordnung über die Aufnahme von Kindern in Integrationsklassen an Grundschulen zusammengeführt werden könnten.