Überarbeitete Richtlinie für Klassenreisen

Die Bildungsbehörde will dem Wunsch nach regelhafter Durchführung von Klassenreisen mit der Neufassung der Richtlinie über Klassenfahrten Rechnung tragen, die zum 1. Mai d. J. in Kraft treten soll. Darin wird nun bestimmt, dass Vorbereitung und Durchführung von Schulfahrten zu den dienstlichen Aufgaben der Lehrkräfte gehören. Die Zahl der Klassenreisen war nach Einführung des Lehrerarbeitszeitmodells durch den Beust-Schill-Senat deutlich zurück gegangen.

Die Neuregelung wirft eine Reihe von Fragen und bürdet Schulen und Eltern Probleme auf, die Klassenfahrten zum Gegenstand neuer innerschulischer Konflikte zu machen drohen. So haben Lehrkräfte im Rahmen der Vorbereitung von Klassenfahrten die erforderlichen Verträge (z. B. mit, Jugendherbergen, Deutscher Bahn) abzuschließen. Dazu heißt es, dass endgültige Verpflichtungen (z. B. Vertragsunterschriften) erst einzugehen sind, wenn die Einverständniserklärungen der Erziehungsberechtigten für die jeweilige Fahrt vorliegen. Eine Verauslagung nicht gezahlter Beiträge vor Antritt der Schulfahrt durch die Lehrkraft erfolge auf eigenes Risiko.

Ich frage den Senat:

Mit der Neufassung der „Richtlinien für Schulfahrten" (nachstehend Richtlinien genannt) wurden die bereits bisher geltenden Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit Schulfahrten verdeutlicht. Zugleich wurden mit den „Bestimmungen über die reisekostenrechtliche Erstattung von Aufwendungen für Schulfahrten" die Sätze zur Abgeltung der Auslagen für Verpflegung und Unterkunft und Nebenkosten mehr als verdoppelt. Das Lehrerarbeitszeitmodell berücksichtigt anders als das frühere Pflichtstundenmodell erstmalig sowohl für Vollzeit- als auch wie für Teilzeitkräfte den Zeitaufwand für Schulfahrten angemessen.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt:

1. Die neu gefasste Richtlinie stellt die Pflicht der Schülerinnen und Schüler heraus, an Klassenfahrten teil zu nehmen. Wo ist die Pflicht der Eltern geregelt, die entsprechenden Kosten zu tragen?

In §§ 1601 und 1610 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

2. Folgt aus der Teilnahmepflicht der Schülerinnen und Schüler eine Verpflichtung der Eltern zur Abgabe einer Einverständniserklärung? Wenn nein: Warum nicht?

Die Erziehungsberechtigen haben gemäß Ziffer 5 der Richtlinien Zahlungsversprechen abzugeben, wenn die Schülerin oder der Schüler minderjährig ist oder wenn die Erziehungsberechtigten der volljährigen Schülerin oder dem volljährigen Schüler gegenüber unterhaltspflichtig sind.

3. Kann eine Einverständniserklärung der Erziehungsberechtigten erzwungen werden? Wenn ja: Wie?

Grundsätzlich ja, im Wege des Verwaltungszwangs.

4. Welche Beträge stehen zur Ermöglichung der Teilnahme von bedürftigen Schülerinnen und Schülern in diesem und im kommenden Schuljahr bereit?

Im Haushaltsplan 2005/2006 sind bei dem Titel 3020.534.05 „Schülerwanderungen, Schulfahrten, Schullandheimaufenthalte und dgl." 360 Tsd. Euro (2005) bzw. 627 Tsd. Euro (2006) veranschlagt.

5. Trifft es zu, dass kein Rechtsanspruch auf Unterstützung bei Bedürftigkeit besteht?

Ja. Die Zuschüsse an bedürftige Schülerinnen und Schüler werden als freiwillige Leistung im Rahmen der vorhandenen Haushaltsmittel gewährt.

6. Welche Beihilfen für Klassenfahrten können von Eltern nach den neuen Regelungen über das Arbeitslosengeld II geltend gemacht werden?

Das Arbeitslosengeld II umfasst auch einmalige Leistungen für mehrtägige Schulfahrten.

7. Wie haben Lehrkräfte zu verfahren, wenn zu einem Zeitpunkt, zu dem aus Termingründen entsprechende Verträge geschlossen werden müssen noch nicht alle Einverständniserklärungen vorliegen?

Gemäß Ziffer 8.1 der Richtlinie geht die Lehrkraft endgültige Verpflichtungen erst ein, wenn die Schulfahrt genehmigt ist und die Einverständniserklärungen vorliegen.

8. Wie haben Lehrkräfte zu verfahren, wenn noch nicht alle Elternbeträge gezahlt sind und die Zahlung des Gesamtbetrags (z. B. bei Erwerb von Fahrkarten) Voraussetzung für die Durchführung der Gesamtveranstaltung ist?

Gemäß Ziffer 8.2 der Richtlinie tritt die zuständige Behörde für Zahlungsverpflichtungen ein, wenn die Lehrkraft im Zusammenhang mit eingegangenen Verpflichtungen in Anspruch genommen wird.

9. Sind Lehrkräfte zur Verauslagung noch nicht gezahlter Beträge vor Antritt der Schulfahrt verpflichtet?

10. Ist es allgemein üblich, dass Beamte und sonstige öffentlich Bedienstete die Kosten für Dienstgänge und -reisen teilweise selbst zu tragen haben?

Nein.

11. Nach welchen Grundsätzen und in welchem Umfang erfolgt die Erstattung der dienstlichen Reisekosten der Lehrkräfte?

12. Kommt insoweit das Hamburgische Reisekostengesetz zur Anwendung?

Wenn nein: Warum nicht?

Die Erstattung der Reisekosten von Lehrkräften auf Schulfahrten erfolgt auf der Grundlage des Hamburgischen Reisekostengesetzes (HmbRKG). Es werden die notwendigen Fahrkosten erstattet, wobei die Genehmigung davon abhängig zu machen ist, dass der Betrag von 52 Euro für jeden Teilnehmer bei Inlandsfahrten und 118 Euro für alle Begleitpersonen zusammen bei Auslandsfahrten nicht überstiegen wird. Zur Abgeltung der Auslagen für Verpflegung und Unterkunft, sowie der sonstigen Auslagen, die normalerweise aus dem Tage- und Übernachtungsgeld zu bestreiten sind, und der Nebenkosten (z. B. Eintrittsgelder), wird eine Aufwandsvergütung von 26 Euro je Begleitperson täglich gewährt. Sofern im Einzelfall für Begleitpersonen freie Vollverpflegung gewährt wird, ist von der Aufwandsvergütung ein Betrag von 11 Euro, bei nicht anfallenden Unterkunftskosten ein Betrag von 13 Euro einzubehalten. Bei teilweise unentgeltlicher Verpflegung gelten die Kürzungssätze nach § 12 Absatz 1 Nr. 1 HmbRKG entsprechend.

13. Aus welchen Haushaltstiteln erfolgt die Reisekostenerstattung für Lehrkräfte und welche Beträge stehen dafür im laufenden und im kommenden Schuljahr zur Verfügung?

Die Reisekostenerstattung erfolgt aus dem Titel 3020.459.01 „Vergütungen an Lehrkräfte zur Teilnahme an Schulfahrten". In den Haushaltsjahren 2005 und 2006 stehen hierfür jeweils 1006 Tsd. Euro zur Verfügung.

Mit der Neuformulierung der Richtlinien hat die BBS auch die pädagogischinhaltliche Zielsetzung von Klassenfahren neu bestimmt: So ist der bisher geforderte Zusammenhang mit den Zielen des Unterrichts ebenso entfallen, wie der Zweck, soziale (Gruppen-)Erfahrungen machen, einen Beitrag zur Gesundheits- und Umwelterziehung zu leisten sowie Erfahrungen zur Gestaltung der Freizeit im Urlaub zu eröffnen. Gestrichen wurden ferner die Forderung eines sinnvollen Zusammenhangs von Klassenfahrten mit den Aufgaben der Schule, gründlicher inhaltlicher Vorbereitung und Auswertung.

14. Nach der Neufassung der Richtlinie ist es den Schulen überlassen, ob sie die genannten Zielsetzungen und Rahmenbedingungen von Klassenreisen berücksichtigen wollen oder nicht. Warum hält die zuständige Behörde die zitierten Zielvorgaben als verbindliche pädagogische Standards für Klassenfahrten für entbehrlich?

Durch die Verschlankung der Richtlinien und die Konzentration auf wesentliche Eckpunkte soll die Entwicklung zur selbstverantworteten Schule gestärkt werden.

15. Wer entscheidet zukünftig über den konkreten pädagogischen Zweck, das Ziel und die Ausgestaltung von Klassenfahrten?

Nach Ziffer 6.1 der Richtlinien entscheidet die Schulleitung in Wahrnehmung ihrer Verantwortung für den Unterricht und die Erziehung über jede Schulfahrt. Darüber hinaus kann jede Schulkonferenz nach Ziffer 2.1 schulinterne Grundsätze für Schulfahrten beschließen.

Die neue Richtlinie legt fest, dass die Lehrerinnen und Lehrer während der gesamten Schulfahrt zur Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufsichts- und Fürsorgepflicht verpflichtet sind, diese müsse „aktiv, präventiv und kontinuierlich erfolgen". Andererseits wird klar gestellt, dass für unbeaufsichtigte Freizeitaktivitäten der Schülerinnen und Schüler kein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz besteht. Schulfahrten sind von geeigneten Betreuungspersonen zu begleiten.

16. Welche formellen Voraussetzungen müssen geeignete Begleitpersonen erfüllen?

Keine.

17. Wer trägt die Verantwortung für die Auswahl geeigneter Begleitpersonen im Sinne der Richtlinie?

Die Schulleitung.

18. Kann diese Verantwortung durch Weisungen von Dienstvorgesetzten ersetzt werden?

Nein.

19. Was ist konkret unter „aktiver" Beaufsichtigung zu verstehen?

Es muss alles getan werden, was ein verantwortungsbewusster Mensch tun würde, dem junge Menschen anvertraut sind.

20. Liegt im Falle von „unbeaufsichtigten Freizeitaktivitäten der Schülerinnen und Schüler" ein Verstoß gegen die Aufsichtspflicht vor?

Nein, nicht wenn über die aufsichtsfreien Freizeitaktivitäten ermessensfehlerfrei entschieden wurde.

21. Wenn nein: Wie ist dies mit der formulierten kontinuierlichen Aufsichtspflicht zu vereinbaren?

Die gesetzliche Aufsichtspflicht, die nach Ziffer 4 der Richtlinie kontinuierlich wahrzunehmen ist, darf nicht mit lückenloser Aufsicht gleichgesetzt werden.

22. Trifft es zu, dass aus der kontinuierlichen Aufsichtspflicht von Lehrerinnen und Lehrern eine Verantwortlichkeit das Wohl der Teilnehmenden auch in Ruhezeiten bzw. bei Ausübung der Aufsicht durch eine weitere Begleitperson folgt?

Nein.

23. Wenn ja: Folgt daraus, dass Lehrkräfte sich auf Klassenreisen permanent im Dienst befinden?

Entfällt.

24. Wie ist die zulässige Höchstdauer der Arbeitszeit für Klassenreisen geregelt?

25. Wie wird ein Arbeitstag auf Klassenreise im Rahmen des Lehrerarbeitszeitmodells angerechnet?

Eine Regelung zur zulässigen Höchstdauer der Arbeitszeit speziell auf Schulfahrten gibt es nicht. Nach dem Lehrerarbeitszeitmodell entspricht ein Arbeitstag auf Schulfahrt mindestens 9,3 Zeitstunden.