Metropole Hamburg

1. Ausgangslage:

Der Senat hat mit dem Leitbild „Metropole Hamburg

­ Wachsende Stadt" eine langfristige Wachstumsstrategie verankert und damit auf die Herausforderung durch den verstärkten Standortwettbewerb von Städten, Regionen und Ländern reagiert. Die Fortschreibungsdrucksache nennt unter den Zielen des Leitbildes „Metropole Hamburg

­ Wachsende Stadt" unter anderem die Lebensqualität und Zukunftsfähigkeit sowie die Steigerung der internationalen Attraktivität, die durch eine auf qualitatives Wachstum ausgerichtete Strategie entwickelt werden sollen.

Der Tierpark Hagenbeck ­ der einzige familiengeführte, eigenfinanzierte Zoologische Garten in Deutschland ­ ist eine für die Freie und Hansestadt Hamburg und ihre Bürgerinnen und Bürger wichtige Kultur-, Bildungs- Freizeit- und Erholungseinrichtung mit internationalem Charakter. Mit seiner wegweisenden Methode, die Tiere in naturnaher Umgebung und größtmöglicher Freiheit zu zeigen, beschritt Carl Hagenbeck Anfang des vergangenen Jahrhunderts als erster einen neuen Weg in der Wildtierhaltung und lieferte einen entscheidenden Beitrag zur Erhaltung exotischer Tiere. Hagenbeck steht hier für artgerechte, naturnahe Gehege-Gestaltung und gleichzeitig publikumswirksame, besuchergerechte Präsentation der Tiere. Das Hagenbecksche Tierparkkonzept und die weitläufigen Panoramen gelten heute als Meilenstein und als richtungweisend für die Entwicklung von den Menagerien bis zu den modernen Zoos des 21. Jahrhunderts. Der gesamte Tierpark ist seit dem 10. Februar 1997 in die Denkmalliste der Stadt Hamburg eingetragen.

Die Tierparkgruppe Hagenbeck (im folgenden Hagenbecks Tierpark), bestehend aus der Besitzgesellschaft, die Carl Hagenbeck GmbH, einer Betriebsgesellschaft, die Tierpark Hagenbeck Gemeinnützige Gesellschaft mbH und der Gastronomie als eigenständiger Betrieb, beabsichtigt den Bau eines neuen Tropariums und einer Elefantenhalle (im folgenden Troparium) mit einem Investitionsvolumen in Höhe von rund 21 Mio. EUR.

Der Neubau, der bis 2007, dem 100jährigen Jubiläum des Tierparks, fertig gestellt sein soll, soll die betriebswirtschaftliche Sicherung des Tierparkbetriebes bewirken, das heißt, die Attraktivität und damit auch die Wirtschaftlichkeit des Tierparks erheblich steigern. Zurzeit ist der Tierparkbetrieb hinsichtlich der Besucher- und Umsatzzahlen stark abhängig von den Witterungsverhältnissen.

Das Troparium soll eine ganzjährig besuchbare, eigenständige Attraktion sein, die auch die Möglichkeit des Abendbetriebs sowie der Stärkung des Events-Geschäfts offeriert und damit gleichzeitig die Attraktivität Hamburgs steigert. Das Nutzungskonzept sieht im Einzelnen vor:

­ eigenständige, witterungsunabhängige Indoor-Attraktion,

­ Abendbetrieb und Event-Ort,

­ Gastronomieangebote für unterschiedliche Zielgruppen,

­ Shop-Angebote,

­ Erzeugung von Synergien zwischen Tierpark, Troparium und Hotel,

­ Anbindung an die Elefantenhalle,

­ eigenständige, wirtschaftliche Tragfähigkeit.

BÜRGERSCHAFT Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft Haushalt 2005/2006

Sonderinvestitionsprogramm „Hamburg 2010" (SIP) Zuschuss zur Errichtung eines Tropariums bei Hagenbecks Tierpark"

2. Konzeption

Den Anforderungen an das „Troparium" als attraktive Erlebniswelt (Thematisierung, „Storytelling", Inszenierung, Alleinstellung, Faszinationskraft, Glaubwürdigkeit) soll durch die Architektur des Gebäudes entsprochen werden.

Daher wurden für das Gebäudekonzept zwei wesentliche Ideen entwickelt, die als Grundlage und Richtschnur der Entwurfsarbeit dienen.

a) Troparium

Das Troparium wird über den Haupteingang erschlossen.

Der Zugang zum Tierpark und zum Troparium werden über die im Eingangsgebäude vorhandene Kasse abgewickelt.

Da es sich bei dem vorhandenen Eingangsgebäude um eine nepalesische Tempelanlage handelt, ist für die Außenhülle des Tropariums ebenfalls die Motivwahl aus dem asiatischen Kulturraum nahe liegend. Diese suggeriert dem Betrachter eine asiatische Festungsanlage (Anlage 1 und 2). Ein thematisiertes Gebäude mit ostasiatischem Charakter erfüllt das Erfordernis nach Einzigartigkeit und Faszinationskraft. Darüber hinaus steht die Abbildung fremdartig-exotischer Gebäude und Artefakte in der Tradition der Hagenbeckschen Tierpräsentation und wirkt in diesem Zusammenhang glaubwürdig.

Um das Erlebnis „Troparium" angemessen zu präsentieren, soll das Innere nicht von außen einsehbar sein und ein deutlicher Kontrast zwischen der Außenhülle und dem Inneren entstehen.

Die äußere Gebäudehülle wird daher geschlossen und mit wenigen Öffnungen konzipiert. Dabei wird der Baukörper durch Vor- und Rücksprünge in der Fassade und durch Eckbetonungen plastisch modelliert. Der Eingang wird zusätzlich deutlich durch einen turmartigen Aufbau mit Außenterrasse betont, sodass er schon aus weiterer Entfernung zu sehen ist.

Die geschlossene Wirkung wird auf der Tierparkseite, nach Südwesten, durch vorgelagerte Terrassen gemildert.

Das Innere präsentiert sich auf mehr als 7000 qm als bepflanzter Erlebnisraum „unter freiem Himmel" (Anlagen 3 und 4). Dadurch kann die Sonne tief in das Innere des Gebäudes eindringen und die Lichtverhältnisse passen sich dem normalen Tagesverlauf an. Es entsteht ein quasi offener Außenraum mit Tropencharakter sowie vielen Ebenen und Wegen, die einen vielgestaltigen Rundgang durch die Anlage ermöglichen.

Dieser Rundgang, der als „Expedition" konzipiert ist, beginnt auf dem Sammelplatz eines „tropischen Dorfes", auf dem der Besucher durch freilaufende Catta-Affen und Loris begrüßt wird. Der Besucher wird über einen „Trampelpfad" in den Reptilien-Urwald geführt und von freilaufenden Reptilien begleitet, die bis auf die Anaconda lediglich durch einen Bachlauf und einen Handlauf von dem Besucher getrennt sind. Weg begleitend sind Blattschneideameisen über Äste und Röhren zu sehen. Anschließend taucht der Besucher zwischen den Erdmännchenhügeln in den „Unterwasserblick" des Krokodilsees mit Malawi Barschen ab. Um den gesamten See mit den Krokodilen genießen zu können, werden die Besucher auf Holzhütten geführt, die lediglich auf Pfählen im Wasser stehen. Über Stege gelangt man zu den frei fliegenden Flughunden und Fledermäusen. Der Abstieg in die „Unterwelt / Stollen" führt durch einen Felsspalt. Dort befinden sich Höhlen und Grotten, die verschiedene dort heimische Tierarten beherbergen.

Aus dem Stollen tritt der Gast in das Schlangendorf. Die Hütten sind zugänglich. Der Blick über das Geländer der Veranda auf den Dorfplatz zeigt, dass sich dort giftige und gefährliche Schlangen eingenistet haben. Durch Gefäße, Truhen und Fenster werden dem Besucher überraschende Einblicke in die Nist- und Ruheplätze der Reptilien gewährt. Unterschiedliche Aussichtspunkte gewähren verschiedene Perspektiven für den Beobachter.

Über einen weiteren Stolleneingang steigt der Besucher in die Unterwasserwelt ab und wird durch ein U-Boot Wrack unter die Meeresoberfläche geführt, wo man eine Meereswelt genießen kann. Mit einem faszinierenden Tiefseeblick, dem Haibecken, endet dieser Weg.

Anschließend steigt der Besucher wieder auf in den „Kronenbereich" der Tropen, wo sich in einem Gebäude mit kolonialem Flair die Gastronomie befindet. Hier hat der Gast die Möglichkeit, sich noch einmal einen Überblick über das Troparium zu verschaffen. Als Abschluss des Rundganges, nach dem Zwischenhalt in der Gastronomie, gelangt der Besucher über einen Felsweg, der den Krokodilsee umfasst, zum Shop. Der Shop wird durch seine Gestaltung als Bazar in die Themenwelt und in den Rundgang einbezogen.

b) Elefantenhalle

Der Tierpark Hagenbeck blickt auf eine über 100jährige Tradition und Erfahrung im Umgang mit Elefanten zurück. Zurzeit wird eine Herde von momentan 12 Elefanten gehalten. Um Haltung und Forschung auszuweiten, soll das bestehende, in einzelne Boxen aufgeteilte Elefantenhaus, durch eine große Freilaufhalle erweitert werden. Die Halle soll Gelegenheit bieten, die gesamte Herde ganzjährig ohne Trennung zusammen zu halten.

Die Halle ist vom Troparium einsehbar.

Die Gesamtkonzeption Troparium und Elefantenhalle wurde mit dem Referat Naturschutz der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt hinsichtlich des Artenschutzes abgestimmt. Die vorgesehenen Gehegegrößen liegen weit über dem Eu-weiten Standard.

3. Investitionskosten

Die Investitionskosten gliedern sich folgendermaßen:

­ Bau- und Baunebenkosten 16.215.367 EUR

Für die Bau- und Baunebenkosten des Tropariums und der Elefantenhalle liegt eine Kostenschätzung nach DIN 276 vor (Anlage 5), die mit voraussichtlich 14.918.000 EUR

Mit der fristgerechten Umsetzung der Planung ist die Constrata IngenieursGmbH Bielefeld beauftragt

­ Beratung Tierbestand und Integration 400.000 EUR Beratungsleistungen zur optimalen Integration des heutigen und zukünftigen Tierbestandes in das Troparium durch Experten, u. a. auch anderer Tierparks

­ Beratung extern 100.000 EUR Beratungsleistung in der Konzepterstellung

Die Investitionskosten für die Gesamtmaßnahme betragen voraussichtlich 20.729.867 EUR.

4. Finanzierung der Gesamtmaßnahme

Die Finanzierung der Maßnahme erfolgt nach dem Modell der Public-Private-Partnership. Die Maßnahme soll aus dem Sonderinvestitionsprogramm Hamburg 2010 mit bis zu 10 Millionen EUR unterstützt werden. Darüber hinausgehende Kosten sind vom Tierpark aufzubringen. Um die vorrangige Finanzierungsverantwortung von Hagenbecks Tierpark herauszustellen, wird der staatliche Zuschuss auf 49,9 %, maximal 10 Mio. EUR, der mit der Baumaßnahme in Zusammenhang stehenden Kosten begrenzt. Dies hat zur Folge, dass nach § 98 Nummer 5 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen eine europaweite Ausschreibung nicht erforderlich ist. Dieses entspricht auch dem Willen der Investoren.

Hagenbecks Tierpark hat durch die Beratungsfirma Wenzel Consulting ein Finanzierungskonzept erstellen lassen.

Wenzel Consulting kommt zu dem Ergebnis, dass die Finanzierung den Gesamtinvestitionsbedarf deckt.

Der zu finanzierende Gesamtbedarf für den Tierpark beläuft sich nach Berechnungen von Wenzel Consulting auf rund 10,7 Millionen EUR, hiervon werden durch die Stiftung Tierpark Hagenbeck 1,6 Millionen EUR getragen.

Der betriebswirtschaftliche Prüfdienst der Behörde für Wirtschaft und Arbeit hat dieses Finanzierungskonzept überprüft und ist zu der Auffassung gelangt, dass die Finanzierung als gesichert einzustufen ist. Das gesicherte Finanzierungskonzept steht unter der Bedingung, dass Hagenbeck die Kreditzusage einer Bank in Höhe des Fremdkapitalbedarfs vorlegt bzw. den Nachweis über entsprechende Drittmittel erbringt.

5. Wirtschaftlichkeitsbetrachtung Hagenbecks Tierpark hat eine Wirtschaftlichkeitsberechnung bei der Consulting-Firma Wenzel Consulting in Auftrag gegeben. Im Ergebnis empfiehlt Wenzel Consulting die Umsetzung des Vorhabens, da ein jährlicher Liquiditätsüberschuss zu erwarten sei, der zur Verbesserung der Liquidität des Tierparks genutzt werden kann.

Der betriebswirtschaftliche Prüfdienst der Behörde für Wirtschaft und Arbeit (BWA) hat in der Stellungnahme Nummer 136/2004 vom 4. Mai 2005 die Wirtschaftlichkeit des Tropariums anhand der von der Tierparkgruppe vorgelegten Wirtschaftlichkeitsberechnung betrachtet und festgestellt, dass das Troparium geeignet ist, den Tierpark Hagenbeck operativ zu unterstützen und wirtschaftlich zu stabilisieren.

Die in der Wirtschaftlichkeitsberechnung verwendeten Besucherzahlen in Höhe von rund 370.000 für das Troparium sind nachvollziehbar hergeleitet worden.

Die von Wenzel Consulting ermittelte Wirtschaftlichkeitsberechnung der ersten fünf Jahre konzentriert sich ausschließlich auf das Troparium, ohne Elefantenhalle und Zooschule.

Die Rechnung stellt zweckmäßig auf die liquiditätswirksamen Einnahmenüberschüsse (Cash-Flow) ab. Die Erlöse berücksichtigen alle Einnahmequellen wie Eintrittsgelder, Gastronomieumsätze, Shopumsatz, Tierfutterautomaten und Erlöse aus Sonderveranstaltungen.

Die Eintrittspreise für Erwachsene von 9 EUR Troparium und 19,50 EUR Kombiticket Tierpark und Troparium führen zu einem Durchschnittserlös pro Besucher von 7,41 EUR. Die Abschläge zur Berechnung der Durchschnittserlöse entsprechen den Erfahrungswerten des Tierparks. Die Durchschnittserlöse pro Gast in der Gastronomie mit 1 EUR und im Shop mit 1,20 EUR sind vorsichtig bemessen.

Den Erlösen gegenübergestellt sind die aus Erfahrungswerten abgeleiteten Betriebskosten sowie der angemessene Wareneinsatz in der Gastronomie bzw. im Shop/Merchandising-Bereich in angemessener Höhe.

Im Ergebnis zeigt sich in den ersten fünf Jahren ein positiver Cash-Flow, der zur Stärkung der Finanzkraft des Tierparks dienen kann.

Die Wirtschaftlichkeitsberechnung ist vom Prüfdienst der BWA als methodisch vertretbar und in der jetzigen Fassung auch rechnerisch richtig gewertet worden.

6. Zusammenfassung

Die Gewährung des Investitionszuschusses bis zu 10 Mio. EUR ist insbesondere geeignet, die Attraktivität von Hagenbecks Tierpark zu erhöhen, die Wirtschaftlichkeit zu verbessern und damit eine für den Standort Hamburg und seine Bürgerinnen und Bürger wichtige, unter Denkmalschutz stehende Kultur-, Bildungs-, Freizeit- und Erholungseinrichtung langfristig zu sichern.

Die Anlagen 1 bis 4 werden den Mitgliedern der Bürgerschaft farbig zur Verfügung gestellt.

7. Petitum:

Der Senat beantragt, die Bürgerschaft möge im Haushaltsplan 2005/2006 im Haushaltsjahr 2005 bei folgendem neu auszubringenden Titel 3720.892.05 „Zuschuss zum Bau eines Tropariums bei Hagenbecks Tierpark" 5 Mio. EUR sowie eine Verpflichtungsermächtigung in Höhe von 5 Mio. EUR nachbewilligen und zur Deckung dieser Nachbewilligung den Ansatz beim Titel 9890.791.03 „Sonderinvestitionsprogramm Hamburg 2010" im Haushaltsjahr 2005 um 5 Mio. EUR herabsetzen, und im Haushaltsjahr 2006 beim Titel 3720.892.05 „Zuschuss zum Bau eines Tropariums bei Hagenbecks Tierpark" 5 Mio. EUR nachbewilligen und zur Deckung dieser Nachbewilligung den Ansatz beim Titel 9890.791.03 „Sonderinvestitionsprogramm Hamburg 2010" im Haushaltsjahr 2006 um 5 Mio. EUR herabsetzen.