Abschleppen was das Zeug hält! ­ Zwischen Verkehrsbehinderung und Abzocke

Nach Auskunft der Innenbehörde haben sich trotz europaweiter Ausschreibung lediglich fünf Unternehmen um den Auftrag zum Abschleppen verkehrswidrig abgestellter Fahrzeuge in Hamburg beworben. Alle seien beauftragt worden, aber wegen der insgesamt zu geringen Kapazität komme es regelmäßig zu Engpässen. Deshalb sei es beispielsweise nicht möglich, einen geringfügigen Umweg zum Schutz des Rothenburgsorter Wohngebiets zu fahren.

Gleichzeitig berichten Hamburger Autofahrerinnen und -fahrer vermehrt von Fällen, in denen sie zu Kosten in Höhe von deutlich über 100 Euro für „vergebliche An- und Abfahrten von Abschleppfahrzeugen" bzw. für „abgebrochene Abschleppvorgänge" (als Kosten der unmittelbaren Ausführung bzw. der Ersatzvornahme) herangezogen wurden. Dies auch in Fällen, in denen beim Wegfahren des verkehrswidrig geparkten Fahrzeugs weder ein Polizeibediensteter noch ein Abschleppfahrzeug in Sicht waren.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

1. Laut Drs. 17/2810 (Entwurf eines Gesetztes zur Neuorganisation des Abschleppverfahrens) bestehen Verträge mit sechs Abschleppunternehmen zum Beiseiteräumen von Fahrzeugen. Seither hat es keine neue Ausschreibung gegeben. Weshalb sind heute nur noch fünf Unternehmen tätig?

Der Inhaber eines vertraglich gebundenen Abschleppunternehmens ist zwischenzeitlich verstorben. Das Unternehmen wurde durch eines der fünf anderen vertraglich gebundenen Abschleppunternehmen übernommen.

2. Grundsätzlich entsteht die Pflicht zur Erstattung der Kosten der Ersatzvornahme bzw. der unmittelbaren Ausführung und zur Zahlung des Gemeinkostenzuschlags bereits mit Erteilung des Auftrags an Dritte, sodass es dem Grunde nach nicht darauf ankommt, ob die Störung anderweitig beseitig wird. Der Falschparker trägt also grundsätzlich das durch die Anforderung eines Abschleppwagens hervorgerufene Kostenrisiko, auch wenn er zwischenzeitlich sein Auto selbst wegfährt. Allerdings dürften Kosten für eine abgebrochenen Abschleppvorgang nur berechnet werden, wenn sich das angeforderte Abschleppfahrzeug auf dem Weg zum Bestimmungsort befindet.

Nach Auskunft des Senats kommt es regelmäßig zu Kapazitätsengpässen bei den Abschleppfahrten. Die Folge ist, dass in diesem Fall zwar ein

Auftrag erteilt wird, der aber möglicherweise gar nicht unmittelbar ausgeführt werden kann.

Nach den mit den Abschleppunternehmern getroffenen Vereinbarungen: löst die Erteilung des Abschleppauftrages Kosten aus, oder erst der Beginn der Anfahrt des Abschleppfahrzeugs?

Erst der Beginn der Anfahrt löst Kosten aus.

Wie ist sichergestellt, dass nicht auch in den Fällen Kosten berechnet werden, in denen faktisch gar kein Abschlepper zur Verfügung steht, also auch kein Kostenrisiko entsteht, und der Polizeipflichtige in der Zwischenzeit sein Fahrzeug selbst entfernt?

3. Sind Polizeibedienstete gehalten, bis zum Eintreffen des Schleppfahrzeugs am Ort des Verkehrsverstoßes zu bleiben?

Falls ja: Wann kann von dieser Regelung abgewichen werden?

Falls nein: Wie wird festgestellt, dass ein Abschleppfahrzeug tatsächlich angefahren ist bzw. wie stellt die FHH sicher, dass sie den Fahrzeughalter nicht grundlos zur Kasse bittet?

Polizeibedienstete sind nicht verpflichtet, bis zum Eintreffen des Abschleppfahrzeugs zu warten.

Ob ein angefordertes Abschleppfahrzeug tatsächlich zum Bestimmungsort angefahren ist, wird durch die Polizei bei der Abrechnung der Transportleistungen auf Plausibilität überprüft (vgl. auch Antwort zu 5. und 6.). Hierdurch wird sichergestellt, dass nur in den Fällen Kosten erhoben werden, in denen sich ein Abschleppfahrzeug auf den Weg zum Bestimmungsort begeben hat.

4. Welche Regelung beinhalten die Verträge mit den Abschleppunternehmern hinsichtlich der Kosten für einen vollendeten/einen abgebrochenen Abschleppvorgang im einzelnen?

Sind diese pauschaliert?

Kommt es auf die Länge des Anfahrtsweges an? Wie berechnet sich dieser? Wenn ja, wie verträgt sich dies aus Sicht des Senats mit dem Äquivalenzprinzip?

Die Vertragslage sieht für das Abschleppen von Fahrzeugen bis vier Tonnen zulässigem Gesamtgewicht für jedes Vertragsunternehmen pauschalierte Tarife unabhängig von der Länge des Anfahrtweges vor. Die Pauschaltarife für abgebrochene Abschleppvorgänge liegen jeweils niedriger als diejenigen für vollendete Abschleppvorgänge.

5. Die Erhebung von Abschleppkosten für einen abgebrochenen Abschleppvorgang ist unverhältnismäßig, wenn in direktem Anschluss an den Abbruch ein unmittelbar benachbartes Fahrzeug abgeschleppt wird.

Sofern die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Innenbehörde, die Verkehrsverstöße feststellen und für die Anforderung eines Abschleppwagens Sorge tragen, nicht an Ort und Stelle bis zum Eintreffen des Abschleppers warten, wie ist sichergestellt, dass ein möglicherweise in unmittelbarer Umgebung des zwischenzeitlich entfernten Fahrzeugs ebenfalls verkehrswidrig geparkter Pkw im Sinne der Kostenminimierung abgeschleppt wird?

6. Wie ist sichergestellt, dass für den Fall, dass im unmittelbaren Anschluss an einen abgebrochenen Abschleppvorgang ein anderes Fahrzeug entfernt werden kann, der Abschleppunternehmer nicht doppelte Anfahrtskosten erhält? Wer überprüft dies?

Die Polizei überprüft im Rahmen der Abrechnung die Transportleistungen auf Plausibilität.

Dieses erfolgt im Wege eines Abgleichs der bei den auftraggebenden Polizeidienststellen geführten Unterlagen mit denen der Abschleppunternehmen. Hierbei werden u. a. folgende Daten überprüft:

­ die Anrufzeit des Polizeikommissariats beim Abschleppunternehmen,

­ Kennzeichen der in Auftrag gegebenen Falschparker,

­ die Abfahrtszeit des Abschleppfahrzeugs,

­ der Bestimmungsort (Standort des Falschparkers),

­ die Ankunftszeit des Abschleppfahrzeugs am Bestimmungsort,

­ die Endzeit des Einsatzes,

­ der Abstellort ­ sofern vollendeter Vorgang ­ sowie

­ das Kennzeichen des Abschleppfahrzeugs und den Namen des eingesetzten Fahrers.

7. Welche Wartezeit bis zur Erteilung eines neuen Abschleppauftrags wird den Unternehmen mit welchem Preis vergütet?

Keine.

8. Es entspricht der gängigen Praxis, dass eine im Verhältnis zur Zahl der abzuschleppenden Fahrzeuge geringere Zahl von Abschleppwagen an den Einsatzort entsendet wird.

Welche Regelung beinhaltet die Leistungsbeschreibung über die Vergabe des Bergens. Abschleppens bzw. Beiseiteräumens [...] hinsichtlich des Entgeltanspruchs für abgebrochene Leistungen für den Fall, dass sich nur ein Abschleppfahrzeug auf dem Weg zu einem Bestimmungsort befindet, an dem mehr als ein Fahrzeug beiseite zu räumen ist, wenn die Autos vor Eintreffen des Abschleppers entfernt werden? wenn vor Ort nur ein Abschleppfahrzeug eintrifft, mehrere beiseite zu räumende Fahrzeuge aber vor Verladung entfernt werden?

In beiden Fällen besteht ein Entgeltanspruch für jeweils nur eine abgebrochene Leistung.