Also ich bin die Vorsitzende des Hamburger Automatenverbandes

Frau Glawe: Ja, aber ich muss keinen Knopf oder dergleichen drücken? Gut. Werde ich gehört überall? Wunderbar. Es fehlt eine kleine Ablagefläche, aber wir werden das überbrücken können.

Also, ich bin die Vorsitzende des Hamburger Automatenverbandes. Ich bin die Vertreterin ­ mit meinem Vorstand ­ der Hamburger Automatenaufsteller und Automatenaufstellerinnen, der Spielstättenbetreiber und derer, die Geld-, Spiel- und Unterhaltungsgeräte in Gaststätten aufstellen. Wir sind also die Vertreter der direkt Betroffenen der Drs. 2622 Spielvergnügungsteuergesetz und haben erhebliche Bedenken angemeldet, haben das sowohl schriftlich getan als auch in vielen Einzelgesprächen mit Behördenvertretern, auch mit der Finanzbehörde und auch mit einzelnen Abgeordneten und Fraktionen. Diese Anhörung ist sicherlich dazu da, um die Dinge einfach noch mal zusammenzufassen. Wir müssen möglicherweise davon ausgehen, dass wir heute, ich sage es mal ganz salopp, nichts mehr reißen werden. Sie haben es selber angedeutet, die juristischen Fragen sind offensichtlich geklärt. Es geht nur noch um die Faktoren Bemessungsgrundlage und Erdrosselung, und zu diesem Punkt kann ich Ihnen gerne etwas sagen.

Zunächst einmal möchte ich aber auf eine Grundeinstellung den Automatenaufstellern in Hamburg gegenüber eingehen. Es ist in der letzten Rechtsausschusssitzung auch gesagt worden: "Die haben ja eh genug Geld". Und in der Haushaltsausschusssitzung ist gesagt worden: "Lasst uns das Gesetz schnell beschließen, solange sie noch Geld haben". Diese beiden Bemerkungen haben jetzt Anlass gegeben, dass ich Ihnen einfach mal erläutere, was wir überhaupt für Menschen sind. Als ich in diese Branche kam, hatte ich ungefähr das gleiche gedacht: Die haben eh genug Geld. Aber wenn man dann mal hinter die Kulissen schaut, dann sind das eine ganze Menge kleine und mittelständische Unternehmen, meistenteils Familienbetriebe, die in zweiter, manchmal sogar schon in dritter Generation das Unternehmen betreiben. Es sind alles hart arbeitende Menschen, die kein Wochenende kennen, die keinen Feierabend kennen, die ständig da sind für ihre Gastwirte, und die am Monatsende rund um die Uhr arbeiten, um die ganzen Kassierungen reinzukriegen, die ein festes Aufstellverhältnis mit dem Gastwirt begründen, das ist ein Verhältnis auf Gegenseitigkeit, auch der Gastwirt profitiert davon, und er kann mit dem Erlös aus seinem Geldspielgerät mitunter sogar einen Teil seiner fixen Kosten decken und braucht sich dann darum nicht mehr kümmern, in dem Sinne.

Wir sind keine Automatenunternehmer, die mit einer dicken Goldkette und behaarter offener Hemdbrust durch die Landschaft geistern und nur dazu da sind, um Geräte leer zu machen und schwere Münzsäcke zur Bank zu schleppen. Die Zeiten hat es ­ also ich weiß es nicht mehr, das muss also wesentlich vor meiner Zeit gewesen sein ­ dieses Bild mag vielleicht noch in Ihren Köpfen existieren, als man noch Groschen in unsere Geräte geworfen hat. Die waren in der Tat schwer, und die waren voluminös, und dann war auch mancher Kofferraum ein bisschen weit nach unten abgesunken.

Ich selber habe studiert, bin Diplom-Kaufmann, bin in Hamburg geboren und aufgewachsen, habe hier eine Familie mit drei Kindern und bin nebenbei Unternehmerin und Vorsitzende dieses Verbandes. Und ich habe im Prinzip dieses Ehrenamt übernommen, weil ich meinen Kindern die Gelegenheit bieten wollte, dass sie eines Tages mein Erbe nicht ausschlagen müssen. Sie sollen wirklich guten Herzens sagen können: "Okay, wir machen das Familiengeschäft weiter." Und ich versuche, an allen Ecken und Enden die Rahmenbedingungen für uns für den Erhalt des Gewerbes da mitzuarbeiten, damit es eines Tages dazu kommt. Ich weiß nicht, ob es uns gelingen wird, das müssen wir sehen. Wir können mit sachlichen Argumenten eine ganze Menge bewegen, das hatte ich wenigstens gehofft. Viele Argumente sind aufgenommen worden, viele Argumente sind auch verworfen worden und einfach nicht gehört worden. Ich gehe einfach mal davon aus, dass Sie als Juristen hier im Rechtsausschuss Urteile als Basis Ihrer Entscheidungen nehmen und keine Vorurteile, das ist mir wirklich sehr wichtig.

Nun kurz zur Historie, zur Erdrosselung. Wir haben bis 1995 eine Vergnügungsteuer, in anderen Bundesländern heißt sie Vergnügungsteuer, eine Spielgerätesteuer bezahlt von 300 Mark pro Geldspielgerät in der Spielhalle, das ist ein pauschaler Satz.

Der war damals für uns schon relativ schwer zu knacken. Aber wenn man ein bisschen umstrukturierte im Unternehmen und seine organisatorischen Abläufe etwas umstrukturierte, dann war das zu schaffen. Die ganze Malesche, ich will es mal so formulieren, ging in dem Moment los, als 1995 die Spielgerätesteuer schlichtweg verdoppelt wurde auf 600 Mark pro Geldspielgerät pro Monat, heute 300 Euro. Das war nicht mehr zu schaffen. Wir hatten zwar noch einigermaßen ansprechende Kapitaldecken und waren in der Lage, die nächsten paar Jahre es so mit Ach und Krach hinzubekommen. Und dann ab 2001 hatten wir Aussetzung der Vollziehung gewährt bekommen für die halbe Steuersumme gegen Sicherheitsleistung für die andere Hälfte. Es war uns im Prinzip nicht viel geholfen. Und dann erst vor kurzem wurde die Sicherheitsleistung für die andere Hälfte dann erlassen, weil sich inzwischen bei der Hansestadt Hamburg enorme Summen an Sicherheitsleistungen angesammelt haben.

Das ist alles Kapital, was aus unseren Unternehmen abgezogen ist, was nicht zur Verfügung steht für Investitionen, für Renovierungen, für Erneuerungen, für Investitionen auch in neue Technik. Und ich muss mich, das muss ich hier leider sagen, vor meinen Landesverbandskollegen, wenn die aus anderen Bundesländern kommen und uns besuchen, im Prinzip schämen, wenn die einfach mal in eine unserer Hallen hineinschauen, die sind alle nicht so wunderhübsch. Es gibt Ausnahmen, sicherlich. Aber es sind auch eine ganze Menge dabei, da könnte mal wieder renoviert werden. Aber das Geld dafür ist nicht da. Und so muss ich mit den Schultern zucken und sagen: "Ja sorry, wir kämpfen um unser Überleben". Und wenn sie in eine Halle in Rheinland-Pfalz oder Baden-Württemberg, im Saarland oder in Bayern gehen, da haben Sie wunderschöne, wirklich tipptopp 1A-Geschäfte, und da kann ein Hamburger Unternehmer nur neidvoll hinschauen.

Jetzt hat es ein Urteil des Finanzgerichtes Hamburg gegeben, welches ein Gutachten eines von der Handelskammer bestellten vereidigten Sachverständigen zugrunde hatte, der hat gesagt, zwei Drittel der Unternehmer können langfristig das Ganze nicht überleben. Sie werden einen ständigen Kapitalverzehr erfahren, wenn diese Steuerlast sich nicht senkt. Das Finanzgericht Hamburg hat dann allerdings gefragt, Durchschnitt, was ist Durchschnitt, und da können wir selber nichts zu sagen.

Wir haben dann weiterhin die Hälfte der gesetzlichen Spielgerätesteuer bezahlt. Die Unternehmen, denen es dann mittlerweile so schlecht ging, haben dann auch gegen Nachweis ihrer Bilanzen, ihrer Kostenstrukturen, ihrer Kontoauszüge Aussetzung der Vollziehung bekommen. All diese Daten liegen der Finanzbehörde vor. Für uns zuständig ist das Finanzamt für Verkehrssteuern und Grundbesitz. Und dort liegen die Unternehmensdaten eines jeden Unternehmers vor. Es wäre mühelos gewesen, dort einen Abgleich herbeizuführen. Auch im Hamburger Finanzgerichtsprozess sind Zahlen verwendet worden, auch in dem Gutachten von Herrn Ölschlägel sind von ihm selbständig erhobene Zahlen verwendet worden. Ich muss dazu sagen, sein Gutachten sieht noch relativ gut aus, denn er hat dieses Gutachten für die Vergangenheit erstellt. Die Umfragen waren im Jahre 2001, und abgefragt wurde der Zeitraum 1997 bis 1999. Da gab es schon eine ganze Menge von Kollegen nicht mehr. Die haben wir auch nicht mehr finden können, und sie konnten ihre Zahlen in diese Untersuchung nicht einspeisen. Es ist also eine Untersuchung gewesen der noch lebenden Unternehmen. Diese Spielgerätesteuer hat eindeutig erdrosselnden Charakter. Was Sie jetzt hier sehen, sind Unternehmer mit keineswegs gesunden Unternehmen. Die sind alle marode. Die sind alle von der Eigenkapitaldecke her ­ da ist nichts mehr oder nur noch ganz wenig, auch wenn man alle Instrumente ausgeschöpft hat, um ein Unternehmen über eine Durststrecke hinwegzuretten, Kapitalerhöhung, Gesellschafterdarlehen, Management-Buy-out, alle diese Sachen, da gibt es noch unzählige mehr.

Wenn Sie all diese Instrumente ausgeschöpft haben, dann gibt es nichts mehr. Und in dieser Situation befinden wir uns. Und es ist für uns ein Segen, dass es jetzt Aussetzung der Vollziehung gibt aufgrund des Finanzgerichts-Vorlagebeschlusses zum Bundesverfassungsgericht. Und jetzt soll, obwohl bereits angenommen werden kann, dass die Spielgerätesteuer verfassungswidrig ist, soll eine neue Steuer aus der Taufe gehoben werden, und sämtliche Vergleichsberechnungen beruhen auf der vollen Steuerlast. Das heißt, allein von diesem Aspekt her wird die neue Spielvergnügungsteuer mindestens ebenso erdrosselnd sein wie die alte. Es wird sich für uns nichts ändern. Dass da eine andere Bemessungsgrundlage noch hinzukommt, macht das ganze für uns als Unternehmer noch weniger händelbar und noch viel gefährlicher, weil wir haben den Einsatz unserer Spielgäste nicht in der Hand, nicht körperlich, nicht zahlenmäßig, wir haben ihn nicht in der Hand. Das ist aufgrund einiger technischer Gegebenheiten, die Ihnen bekannt sein müssten, ist das der Fall, dass wir ausschließlich über unsere Kasse verfügen können.

Und ich bitte Sie, verabschieden Sie dieses Spielvergnügungsteuergesetz nicht auf der Basis Einsatz und überprüfen Sie jede einzelne vorgelegte Zahl und Berechnung, ob sie mit der vollen Steuerbelastung des alten Spielgerätesteuergesetzes verglichen wird. Die Spielvergnügungsteuer ist mindestens ebenso erdrosselnd wie die alte Spielgerätesteuer. Vielen Dank.

Vorsitzender: Ja, schönen Dank Frau Glawe.

Der Ausschuss, glaube ich, würde aber noch etwas lieber hören, das ist jetzt keine Kritik, zu Umsatzzahlen oder wie das durchschnittliche Einspielergebnis pro Gerät ist, und ein wenig helfen Sie uns auch noch mal darzustellen, was der Unterschied zwischen Kasseninhalt und Spieleinsatz ist. Das Urteil bzw. den Beschluss des Finanzgerichts kennt der Ausschuss, und auch die Urteile die dazugehören einschließlich der Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofs und beim Bundesverwaltungsgerichts. Uns geht es jetzt tatsächlich um die konkreten Fakten, wie sich das bei Ihnen auswirkt.

Dann habe ich hier als nächsten ­ hat sich zu Wort gemeldet Herr Gundolf Aubke.

Bitte kommen Sie nach vorn.

Herr Aubke: Erst mal einen schönen guten Tag, sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Abgeordnete, sehr geehrte Damen und Herren.

Ich möchte hier nicht noch einmal das gleiche wiederholen wie Frau Glawe getan hat, sondern einfach noch auf zwei oder drei Punkte eingehen, dass wir als Automatenaufsteller auf der einen Seite verlangen, dass wir seit 1990 bzw. als der erste Multiplikator eingeführt wurde, nie eine Rechtssicherheit hatten, was in eine Besteuerung einging. Wir haben also seit gut 15 Jahren, oder auch schon davor, damit gelebt, dass wir keine Planungssicherheit hatten, nicht wirklich wirtschaftlich wirtschaften konnten, weil uns jegliche Möglichkeit einmal durch den damaligen Multiplikator, d. h. einen 3,125fachen Mehrwertsteuersatz, und durch die Spielgerätesteuer verwehrt wurde. Ich will dann auch noch mal auf bestimmte Zahlen eingehen, die jetzt die Spielgerätesteuer oder die die Zahlen betreffen in Hamburg, ich habe das einfach mal von meinem Unternehmen ausgerechnet. Das heißt genau für uns, dass wir bisher eine steuerliche Belastung hatten mit Spielgerätesteuer von 76 000 Euro. Wir haben durch das neue Spielvergnügungsteuergesetz eine steuerliche Belastung von 115 000 Euro, d. h. nur für mein Unternehmen eine steuerliche Mehrbelastung von 39 000 Euro. Obwohl wir als wirklich gesundes Unternehmen bisher einen Gewinn erwirtschaftet haben ­ ich darf das gar nicht sagen, wenn meine Kollegen das hören ­ von 41 000 Euro. Für uns heißt das im Jahr 2003, dass dieser Gewinn plusminus Null ist und für das Jahr 2004, obwohl wir da geringere Umsatzerlöse haben von 329 000 Euro im Gegensatz von 343 000 Euro und eine steuerliche Belastung von Spielgerätesteuer und Umsatzsteuer von 77 000 Euro, eine steuerliche Belastung haben durch das Spielvergnügungsteuergesetz von 126 000 Euro, d. h. eine Mehrbelastung von 49 000 Euro. Und in diesem Jahr machen wir einen Verlust von 13 000 Euro. Dies betrifft ein Unternehmen, das leistungsstark ist, das bisher immer erfolgreich war, Steuern bezahlt hat, Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer. Wir hatten gesicherte Standorte, natürlich auch mit hohen Mieten ­ hohe Erträge erzielen Sie nur, wenn sie einen guten Standort haben und hohe Mieten haben ­ mit gutem und kostenintensivem Personal, denn wir müssen das Personal an ihrem Erfolg teilhaben lassen. Und wir tragen auch soziale Verantwortung, wir bilden aus, und beschäftigen nur Personal in Festanstellung.

Ich will Ihnen das auch noch mal anders erläutern anhand eines Gerätes, was es bedeutet, nach der neuen Spielverordnung. Für das Jahr 2003 hatten wir eine steuerliche Belastung nach den alten Gesetzen von 635,60 Euro. Nach dem neuen Steuergesetz steigt diese Belastung auf 964,22 Euro. Das heißt, es ist für unser Unternehmen eine Mehrbelastung von 51,61 %. Für das Jahr 2004 haben wir 640,31 Euro nach der alten Rechtsprechung oder nach der alten Gesetzeslage und nach der neuen Spielvergnügungsteuer von 1055,42 Euro. Das entspricht einer Steigerung von 64,49 %, gerechnet auf Monat und pro Gerät. Und es kann nicht sein, jedenfalls kann ich es mir nicht vorstellen, dass ein leistungsstarkes Unternehmen hier in den Ruin getrieben werden soll, was vorher Gewinne erwirtschaftet hat und gut gearbeitet hat.

Denn dann ist an dieser Steuer irgendetwas falsch.