Postkontrolle

In der Geschlossenen Unterbringung Feuerbergstraße wird mit einer Dienstanweisung aus dem Jahre 2004 gearbeitet, die verfügt, ein- und ausgehende Post der Minderjährigen zu kontrollieren bzw. private Post zu lesen.

Ich frage den Senat:

1. Wie ist der genaue Wortlaut dieser Dienstanweisung?

2. Wie genau wird verfahren

a) bei eingehender Post

b) bei ausgehender Post der Minderjährigen? Durch wen wird die Postkontrolle durchgeführt?

Die aktuell gültige Dienstanweisung vom 19. Oktober 2005 hat folgenden Wortlaut: „Ein Eingriff in das Grundrecht der Jugendlichen aus Art. 10 GG (Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis) ist nur gerechtfertigt, soweit der Eingriff allein im Interesse und zum Wohl des Minderjährigen, also nicht im eigenen Interesse der Eltern bzw. der die Personensorge ausübenden Personen (Betreuer/-innen der Einrichtung) notwendig ist. Diese Abwägung muss jeweils für den Einzelfall erfolgen und die im Laufe der Entwicklung eines Kindes bzw. Jugendlichen wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis zu selbständigem Handeln berücksichtigen. Für Betreute in der Phase 1 ist dabei grundsätzlich ein engerer Rahmen zu ziehen als für Betreute in Phasen, die mit unbegleiteten Ausgängen verbunden sind, und in denen sich der Jugendliche bereits positiv bewährt hat. Für den Postverkehr in der GUF bedeutet dies: Eingehende Post

Die eingehende, an den Jugendlichen adressierte Post wird ungeöffnet an die Bezugsbetreuerin bzw. den Bezugsbetreuer oder deren bzw. dessen Vertretung gegeben. Sie bzw. er hat die Aufgabe, dem Jugendlichen die Post auszuhändigen. Im Regelfall muss die Post von der Betreuerin bzw. dem Betreuer im Beisein der Jugendlichen geöffnet werden, um festzustellen, ob die Post für den Jugendlichen nicht geeignete Objekte (z. B. Drogen, Waffen) enthält. Über Ausnahmen entscheidet die bzw. der Betreuer. Im Weiteren wird wie folgt verfahren:

· Post von Gerichten, dem Jugendamt oder anderen Institutionen werden je nach Lage des Einzelfalls vom Jugendlichen oder der Betreuerin bzw. dem Betreuer vorgelesen oder nacheinander gelesen, damit beide Kenntnis nehmen können. Mögliche Termine werden im Kalender vermerkt. Der Jugendliche erhält, wenn erforderlich, eine Erläuterung. Briefe dieser Art werden für den Jugendlichen im Jugendlichenordner unter der Rubrik „Dokumente" verwahrt. Der Jugendliche darf diese Briefe auf Verlangen lesen.

· Persönliche Post von Familienmitgliedern, Freunden, Bekannten usw. wird nur dann vorab gelesen, wenn der Absender als ein für den Jugendlichen nachteiliger Kontakt bekannt ist bzw. noch unbekannt ist und nachteilig sein kann. In allen anderen Fällen wird der Brief nach dem Öffnen an den Jugendlichen zum Lesen übergeben. Er entscheidet, ob er über den Inhalt mit der Bezugsbetreuerin bzw. dem Betreuer sprechen möchte. Der Jugendliche darf die Post behalten.

· Post von der Aufsichtskommission, vom Vormund oder Personensorgeberechtigten, dem Verfahrenspfleger oder seinem Anwalt wird dem Jugendlichen nach dem Öffnen übergegeben. Der Jugendliche entscheidet, ob er über den Inhalt reden bzw. Erläuterungen haben möchte. Er darf die Post behalten.

Abgehende Post Abgehende Post wird grundsätzlich nicht eingesehen, es sei denn, der Jugendliche bittet um Unterstützung bei der Abfassung eines Briefes. Eine Kontrolle soll nur stattfinden, wenn der begründete Verdacht besteht, dass der Jugendliche auf diesem Wege Verstöße gegen die Hausregeln vorbereitet (Entweichung, Einschmuggeln von Drogen und Waffen usw.) oder Straftaten begeht, vorbereitet oder anstiftet. Post an die Aufsichtskommission (siehe hierzu auch DA/2005-9), den Vormund, den Personensorgeberechtigten oder den Anwalt bzw. Verfahrenspfleger ist immer ohne Kontrolle abzusenden."

Die aktuelle Dienstanweisung hat die Dienstanweisung vom 1. April 2004 abgelöst, die folgenden Wortlaut hatte: „Die ein- und ausgehende Post der Jugendlichen ist zu kontrollieren. Post, bei der die Kontrolle verweigert wird, wird nicht abgeschickt bzw. ausgehändigt. Private Post, eingehende sowie ausgehende, ist zu öffnen und zu lesen. Die Jugendlichen können dafür eine Person des Vertrauens benennen. Behördenpost der Jugendlichen ist durch die anwesenden Mitarbeiter/-innen zu öffnen und mögliche Termine werden im Kalender vermerkt. Der Jugendliche erhält, wenn notwendig, eine Erklärung bzw. Erläuterung des Inhalts. Der Brief ist danach im Jugendlichenordner abzuheften."

3. Erfolgt die Postkontrolle mit Wissen des jeweiligen Minderjährigen?

Ja.

4. Wie wird verfahren, wenn sich ein Minderjähriger weigert, seine Post kontrollieren zu lassen?

Eine Weigerung in den Fällen, in denen gemäß Dienstanweisung eine Kontrolle erfolgen soll, bleibt unberücksichtigt.

5. Sofern die Postkontrolle durch Behördenmitarbeiter durchgeführt wird, aufgrund welcher gesetzlichen Bestimmungen wurde das Grundrecht des Briefgeheimnisses der Minderjährigen eingeschränkt?

Das pädagogische Personal der Einrichtung leitet sein Erziehungsrecht in dieser Frage von dem der Eltern bzw. Sorgeberechtigten ab, §§ 1631, 1688 Abs. 2 BGB

6. Lag bei Öffnen der Briefe die Zustimmung zu diesem Vorgehen jeweils eines gesetzlichen Vertreters des betroffenen Minderjährigen vor?

Nein.

7. Wurden die geöffneten Briefe in jedem Falle nach der Kontrolle dem jeweiligen Minderjährigen ausgehändigt bzw. abgeschickt?

Grundsätzlich Ja. Ob es Einzelfälle gegeben hat, in denen eine begründete Ausnahme von diesem Grundsatz gemacht wurde, kann anhand der vorhandenen Unterlagen nicht mehr aufgeklärt werden.

8. Gehörte zu den geöffneten Briefen auch Rechtsanwaltspost, also Briefe von oder an die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte der Minderjährigen?

Bis zum Erlass der aktuellen Dienstanweisung gab es Fälle, in denen eingehende Rechtsanwaltspost im Beisein der Minderjährigen geöffnet und gelesen wurde.