Spezialbeförderung durch das Deutsche Rote Kreuz DRK mit rollstuhltauglichen Fahrzeugen finanziert über eine jährliche

In Hamburg existieren für Menschen, für die wegen der Art und Schwere ihrer Behinderung die Nutzung des HVV nicht möglich oder zumutbar ist, zwei getrennte Systeme zur Förderung der eigenen Mobilität im Rahmen der „Leistungen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben":

1. Taxibeförderung, finanziert über eine direkte individuelle Beförderungspauschale an die berechtigten Menschen mit Behinderung.

2. Spezialbeförderung durch das Deutsche Rote Kreuz (DRK) mit rollstuhltauglichen Fahrzeugen, finanziert über eine jährliche Zuwendung.

Zu 1.: Personen, die nicht auf Spezialfahrzeuge angewiesen sind, können nach Einkommensprüfung eine Beförderungspauschale (so genannte Taxipauschale) von bis zu 90,90 Euro (in besonderen Fällen im Zusammenhang mit stationären Hilfen durchschnittlich 116 Euro) im Monat erhalten. Die Taxipauschale wird derzeit von rund 1.280 Personen im Monat genutzt, im Voraus von den Dienststellen der Bezirke und der Behörde für Soziales und Familie geleistet und nach Vorlage von Quittungen im Nachhinein abgerechnet bzw. mit der neuen Monatspauschale verrechnet. Die Mittel von rund 1. Tsd. Euro für das Jahr 2005 werden überwiegend im Rahmen der Eingliederungshilfe aus den Haushaltstiteln 4650.681. und 4650.671.12 finanziert.

Zu 2.: Die Spezialbeförderung für schwerbehinderte Menschen, insbesondere Rollstuhlfahrer/-innen, wird durch den Kreisverband Hamburg-Nord e.V. des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) nach Voranmeldung durchgeführt. Die Fahrten sind für die Menschen mit Behinderungen unentgeltlich und werden durch eine Zuwendung (Vollfinanzierung) an den DRK-Kreisverband Hamburg-Nord durch die Behörde für Soziales und Familie aus dem Haushaltstitel 4650.684.02 finanziert, der für die Jahre 2005 und 2006 je 485 Tsd. Euro vorsieht.

Die Zuwendung für das Jahr 2005 wurde zum 1. Juli 2005 aus Haushaltsresten um rund 180 Tsd. Euro aufgestockt, um ein, wenn auch eingeschränktes, flächendeckende Beförderungsangebot aufrechterhalten zu können. Die zusätzlichen Mittel sollen die Fremdanmietung von Fahrzeugen bei anderen Anbietern ermöglichen.

Nach den Verwendungsnachweisen des DRK der letzten Jahre nutzen ca. 320 Personen für durchschnittlich 4 bis 5

Fahrten im Monat den Beförderungsdienst regelmäßig.

Spezialbeförderungsberechtigte sind derzeit gegenüber den Empfängern der Taxipauschale besser gestellt, da sich nur letztere einer Einkommensprüfung unterziehen müssen.

Insbesondere durch fehlende Zivildienstleistende (vorrangig in den Sommermonaten) und durch Ausfälle der Fahrzeuge durch Unfälle oder Verschleiß, ist das DRK bereits jetzt gezwungen, zusätzliche Fahrzeuge bei anderen Beförderungsunternehmen anzumieten. Aus diesem Grund war die einmalige Erhöhung der DRK-Zuwendung zum 1. Juli 2005 um 180 Tsd. Euro erforderlich. Diese zusätzlichen Mittel stehen für 2006 nicht zur Verfügung. Gleichzeitig haben steigende Versicherungs- und Reparaturkosten bzw. Ersatzbeschaffungskosten der Fahrzeuge bei unverändert hohen Aufwendungen für die Einsatzzentrale die Kostenstruktur des Beförderungsdienstes so verändert, dass auf diesem Wege mit den eingesetzten Haushaltsmitteln in Zukunft die Realisierung eines BÜRGERSCHAFT Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft Neuorganisation der individuellen Beförderung behinderter Menschen in Hamburg hier: Erläuterung des Vorhabens und Änderung des Haushaltsplans 2006 bedarfsgerechtes Beförderungsangebots nicht mehr zu erwarten ist.

B. Neuorganisation

Die Behörde für Soziales und Familie hat seit Februar 2004 die Möglichkeiten der Verbesserung der individuellen Beförderung von Menschen mit Behinderungen mit Vertretern von Verbänden, dem Hamburger Verkehrsverbund (HVV), der in den letzten Jahren die Barrierefreiheit stark verbessert hat, und Beförderungsunternehmen aus Privatwirtschaft und Freier Wohlfahrt erörtert. Einvernehmlich war, dass die individuelle Wahlmöglichkeit des adäquaten Verkehrsmittels die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Menschen mit Behinderungen fördert und damit deren Integration und Gleichbehandlung unterstützt.

Die Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit zeigen, dass die zuwendungsfinanzierte Form der Beförderung von Menschen mit Behinderungen diesem Anspruch nicht genügt.

Die Ausschließlichkeit des Anbieters DRK und die damit verbundene zentrale Organisation der Beförderung schränkt die Eigenverantwortlichkeit und Selbstbestimmung der Nutzer in der Weise ein, dass ihre Beförderungswünsche im hohen Maße von der Routenplanung des DRK beeinflusst werden. In der Folge konnten Beförderungstermine nicht eingehalten werden, es häuften sich Klagen der Nutzer über Absagen für Terminwünsche.

Die Neuorganisation der Beförderung für Menschen mit Behinderungen in Hamburg soll kostenneutral zu einer Verbesserung des Angebotes führen. Erreicht wird dies durch die Einführung von bedarfsabhängig gestaffelten Pauschalen, die es den Nutzern ermöglichen sollen, die notwendige Beförderungsleistung inklusiv besonderer Bedarfe, wie z. B. dem Tragen über Treppen, bei den Anbietern ihrer Wahl einkaufen zu können. Darüber hinaus sollen die bisher nebeneinander stehenden Systeme Taxipauschale mit und Spezialbeförderung ohne Einkommensprüfung zusammengeführt und insoweit eine Gleichbehandlung der Beförderungsberechtigten herbeigeführt werden. Damit wird ein einheitliches, dem Normalitätsprinzip folgendes marktwirtschaftliches Angebotssystem verschiedener Leistungsanbieter eingeführt.

Zukünftig soll die Beförderungsleistung nach Einkommensprüfung mittels Geldleistungen direkt an die berechtigten Menschen mit Behinderungen gewährt werden. Damit ist nicht auszuschließen, dass derzeitige DRK-Nutzer bei ausreichendem eigenen Einkommen/Vermögen zukünftig keine Geldleistung erhalten werden. Ihnen steht aber zukünftig das Beförderungsangebot generell offen und sie können sich die gewünschten Fahrten selbst einkaufen.

Das weitgehend bekannte Nutzerverhalten der bisherigen Bezieher der Taxipauschale, die Kenntnisse über die individuellen behinderungsbedingten Unterstützungsbedarfe der in Anspruch genommenen DRK-Spezialbeförderung sowie deren Kostenstruktur bei Realisierung durch Fremdanmietungen legen die Bildung von 3 nicht abzurechnenden Beförderungspauschalen nahe. Entsprechend soll für die Gewährung einer im Voraus geleisteten monatlichen Pauschale zur Beförderung ab 1. Januar 2006 folgendermaßen differenziert werden:

1. Beförderungspauschale I

Ein monatlicher Pauschalbetrag in Höhe von 82 Euro für Fahrten mit Taxen oder anderen geeigneten nicht absenkbaren Fahrzeugen ohne Rampe für rund 1.280 Personen.

Diese Pauschale ermöglicht 4 Fahrten je 12 km.

2. Beförderungspauschale II (für Bedarf an Fahrzeug mit Rampe)

Ein monatlicher Pauschalbetrag in Höhe von 120 Euro für einen behinderungsbedingten Bedarf an Fahrten mit einem Fahrzeug mit absenkbarer Rampe für rund 180 Personen.

Auf Basis der Aufwendungen für Fremdanmietungen durch das DRK sind mindestens 4 Beförderungen möglich.

3. Beförderungspauschale III (für Bedarf an Fahrzeug mit Rampe und zusätzlichem Unterstützungsbedarf)

Ein monatlicher Pauschalbetrag in Höhe von 160 Euro für einen behinderungsbedingten Bedarf an Fahrten mit einem Fahrzeug mit absenkbarer Rampe bei zusätzlichem Bedarf an Tragehilfen bei notwendiger Überwindung nicht barrierefreier Wege für rund 140 Personen. Auf Basis der Aufwendungen für Fremdanmietungen durch das DRK sind mindestens 4 Beförderungen möglich.

Die Gewährung der Leistung als nicht abzurechnende Pauschale ermöglicht den Nutzern ­ insbesondere durch die Ansparmöglichkeit ­ ein hohes Maß an selbstbestimmter und eigenverantwortlicher Gestaltung ihrer Beförderungswünsche.

Zusätzlich zu den Beförderungspauschalen wird ein individuelles Beförderungsbudget eingeführt.

4. Individuelles Beförderungsbudget

Für besonders begründete Einzelfälle besteht die Möglichkeit der Aufstockung der Beförderungspauschale auf höchstens 500 Euro pro Monat zu einem abzurechnenden individuellen Beförderungsbudget. Das in der Regel auf 2 nicht notwendigerweise aufeinander folgende Monate im Jahr beschränkte individuelle Beförderungsbudget dient der Finanzierung besonderer, nicht regelhafter Beförderungsbedarfe. Dies kann z. B. aus besonderen familiären Anlässen erforderlich sein.

Abweichend von der zeitlichen Einschränkung kann das Budget ganzjährig gewährt werden, wenn dies zur

­ Ausübung eines intensiven bürgerschaftlichen Engagements erforderlich ist,

­ Aufrechterhaltung besonders zu begründender Kontakte zu Familienangehörigen oder vergleichbar nahe stehenden Personen notwendig ist,

­ Teilnahme z. B. an Interessen- oder Sportgruppen erforderlich ist, die eine wesentliche Möglichkeit darstellen, soziale Kontakte zu pflegen und damit einer Isolation/Vereinsamung entgegenzuwirken.

Die Behörde für Soziales und Familie wird in Absprache mit der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt mittels eines öffentlichen Verfahrens zur Interessenbekundung eine Liste der Anbieter mit Leistungen und Preisen zur individuellen Buchung durch die Menschen mit Behinderungen zur Verfügung stellen. Die zuständige Behörde geht auf Grund unverbindlicher Interessensbekundungen mehrerer Verbände/Unternehmen, zukünftig individuelle Beförderungsangebote durchführen zu wollen, davon aus, dass bei Einführung des neuen Systems angesichts der damit verbundenen Nachfrage/Kaufkraft ein größeres Angebot an geeigneten Fahrzeugen zur Verfügung stehen wird als derzeit. Bereits jetzt gibt es sowohl Taxen, die auch mit Elektrorollstuhl genutzt werden können, als auch verschiedene Anbieter von geeigneten Mietwagen. Eine Befragung der Anbieterseite bereits Ende 2003 ergab 50­60 rollstuhlgerechte Fahrzeuge.

Bei genereller Marktöffnung und Transparenz ist davon auszugehen, dass die zzt. für Fremdanmietung vom DRK zu zahlenden Preise ­ das DRK realisiert seine Beförderungs leistung bereits jetzt zu rund einem Drittel durch Fremdanmietungen ­ unter Konkurrenzsituation tendenziell sinken, so dass mit den geplanten Beförderungspauschalen zukünftig auch mehr als die bisher beim DRK-Spezialbeförderungsdienst durchschnittlichen 4­5 Fahrten für Personen mit Spezialbeförderungsbedarf im Monat realisierbar sein können.

Behinderungspolitisch gewünschter Effekt dieser marktorientierten Entwicklung ist auch, dass zukünftig auch den behinderten Personen, die über ein ausreichendes Einkommen/Vermögen verfügen, ein leistungsfähiges Angebot zum Einkauf der von ihnen gewünschten Fahrten zur Verfügung steht.

C. Kosten/Finanzierung

Durch Umschichtung der bisher für diesen Zweck aufgewandten Haushaltsmittel in Höhe von insgesamt 1.953 Tsd. Euro (ohne einmalige Aufstockung) aus den bisher genutzten Titeln in den neu einzurichtenden Haushaltstitel „Individuelle Beförderungspauschalen" wird die Finanzierung der neuen individuellen Pauschalen (Subjektförderung) für rund 1.

Nutzer ohne zusätzlichen Mittelbedarf gewährleistet. Die Veränderungen des Haushaltsplans 2006 sind in der Anlage dargestellt. Sollten entgegen allen Annahmen Mehrkosten entstehen, werden diese innerhalb des Einzelplans der Behörde für Soziales und Familie ausgeglichen.

Die Annahme der Kostenneutralität gründet sich darin, dass das Nutzungsverhalten der 1.280 die Taxipauschale in Anspruch nehmenden Personen bekannt ist. Danach werden pro Person und Jahr durchschnittlich 1.146 Euro aufgewandt.

Da für den Erhalt der bisherigen Taxipauschale die Einhaltung der Einkommensgrenze nach § 85 SGB XII obligatorisch ist, sind aus der Umstellung resultierende weitere Zuwächse auszuschließen.

Die Zuwendung 2005 (ohne einmalige Aufstockung) führt für die 320 vom DRK angegebenen Nutzer des Spezialbeförderungsangebots pro Person inklusiv des 30 %igen Verwaltungsund Gemeinkostenanteils zu Jahresaufwendungen in Höhe von 1.515 Euro. In diesem Betrag sind Aufwendungen für zusätzliche Leistungen in Folge von Mobilitätseinschränkungen bereits enthalten.

Die bisher unentgeltliche Nutzungsmöglichkeit des zuwendungsfinanzierten DRK-Beförderungsangebots legt den Schluss nahe, dass die 320 Nutzer wesentlich der Nachfrage entsprechen. Die zukünftige Bindung an die Einkommensgrenze nach § 85 SGB XII veranlasst zudem zur Annahme, dass das neue Beförderungssystem trotz der Gewährung von Geldleistungen keine zusätzlichen Nutzer über die bisherigen Personen hinaus anzieht.