Stromerzeugung

Ein weiteres Problem stellt die enorme Kluft zwischen Arm und Reich dar, zwischen der wirtschaftlich florierenden Ostküste des Landes und dem Landesinneren. Die Situation ist geprägt durch die große Diskrepanz zwischen den Programmen der Zentralregierung und der Realität in den Provinzen, die zum Teil sehr autonom agierten und durch unterschiedliche Steuerhebesätze und unterschiedliche arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen um Investoren buhlten. Drei Viertel aller Investitionen fließen in das Yangtze-Delta und in das Perl-Fluss-Delta. 25 Prozent der Autoindustrie Chinas konzentrieren sich in Shanghai, ebenso wie 50 Prozent der weltweiten NotebookProduktion.

Julia Dautel, Repräsentantin des Hamburg-Büros in Shanghai, skizzierte die Arbeit der Hamburg-Repräsentanz, die im gleichen Haus sitzt wie das Delegiertenbüro der Deutschen Wirtschaft und mit diesem eng zusammenarbeitet. Hamburg ist als Wirtschaftspartner ein feststehender Begriff in China. Hamburger Firmennamen wie Rickmers oder Illies, die seit mehr als 100 Jahren hier vertreten sind, haben diesen guten Ruf begründet. Als Wirtschaftsstandort und Hafenstadt ist die Freie und Hansestadt sehr bekannt in Shanghai. Gemeinsam mit der Hamburg Tourismus GmbH legt die Hamburg Repräsentanz jetzt einen Schwerpunkt darauf, die Stadt auch als Touristenziel zu etablieren. Bislang konzentrierten sich chinesische Reisende in Deutschland sehr stark auf den Süden. „Neuschwanstein und das Oktoberfest kennt jeder", schilderte Julia Dautel die Ausgangssituation.

Vertreter von Hamburger Unternehmen schilderten bei einem Abendessen die wirtschaftliche und gesellschaftliche Situation in China aus ihrer Sicht. In Tischgesprächen berichteten folgende Firmenvertreter sehr anschaulich aus dem wirtschaftlichen Alltag in Shanghai: Rainer Wilhelmy (General Manager Steinway Piano Co. Ltd., Shanghai), Paul R. C. Rickmers (Senior Representive Rickmers Holding, Shanghai), Hartmut Oertel (Chief Representative HSH Nordbank Shanghai), Hergen Thielemann (Managing Director Division East Asia, Germanischer Lloyd Shanghai), Thomas Murken (Country Manager China, Germanischer Lloyd Shanghai), Soenke Hinrichs (CICO Engineering Co./C. Illies & Co.), Fabienne Seyd (Koerber Engineering Shanghai Co., Ltd.), Christopher Seyd (Leiter Deutsche Grundschule Shanghai) Cornelius Höfer (Hamburg Port Consulting), Detlef Kleinwort (International Production Manager, Hermes Abrasives Shanghai) und Dr. Eva Drewes (Attorney-at-law, Rödl & Partner).

6. Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)

Im September 2004 schlossen das Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf und die Universität für Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) in Shanghai eine Kooperationsvereinbarung, um einen Erfahrungsaustausch zwischen Studenten und Forschern zu organisieren.

Im Shu-Guang-Hospital erläuterte der Direktor der Klinik, Dr. SHEN Yuan Dong, den Parlamentariern das Konzept seines Hauses, das der Shanghaier TCM-Universität angegliedert ist. Die vor 99 Jahren gegründete Shu-Guang Klinik zählt 1180 Mitarbeiter, verfügt über 600 Betten und betreut jährlich rund 900 000 Patienten, davon 10 000 stationär. Sowohl in der Diagnostik als auch in der Therapie setzt die Klinik auf eine Mischung aus westlicher und traditioneller chinesischer Medizin. Neben modernen Diagnose-Methoden wie der Computertomographie verfügt die Klinik über eine gut ausgestattete traditionelle chinesische Apotheke.

Besonders gute Behandlungserfolge erziele die Klinik mit den Methoden der TCM etwa bei Asthma und Neurodermitis-Patienten aber auch die Akupunktur bei Alzheimer-Patienten zeige Erfolge. Von der chinesischen Regierung wird die TCM stark gefördert. Im ganzen Land gebe es etwa 2600 TCM-Krankenhäuser, etwa 100 in der Größe der Shu-Guang-Klinik.

7. Kultur

Einen Einblick in die alternative, nichtstaatliche Kulturszene vermittelte der Besuch der Galerie ShangART. Als eine der ersten privaten Galerien für modernde Kunst in China wurde ShangART 1996 gegründet. Seit 1999 hat sie ihr Domizil in einer ehemaligen Textilfabrik aus dem Jahre 1920. Inzwischen haben sich 30 bis 40 Künstler auf dem Gelände mit ihren Ateliers niedergelassen, die vor allem von ausländischen Gästen besucht werden. Die junge Kunstszene beginnt sich auch in Shanghai zu etablieren und erfährt auch offiziell Anerkennung dadurch, dass das Fabrikgelände von der Stadt Shanghai saniert wird und einer der Künstler als offizieller Beitrag Chinas bei der Biennale in Venedig vertreten war.

II. Hangzhou

Neben der Partnerstadt Shanghai stand auch die Nachbarprovinz Zhejiang südlich von Shanghai auf dem Programm der Hamburger Delegation. Die Partner-Provinz des Landes Schleswig-Holstein, die die kleinste Provinz des chinesischen Festlands ist, zählt 47 Millionen Einwohner. In der Provinzhauptstadt Hangzhou wurde die Delegation vom Vizepräsidenten des Volkskongresses Herrn XU Zhi Chun empfangen. Er unterstrich das Interesse seiner Provinz an einem Ausbau der Beziehungen zu Hamburg. Zu Schleswig-Holstein pflegt die Provinz intensive Beziehungen, die auch dadurch zum Ausdruck kommen, dass es in Hangzhou ein Büro mit sechs deutsch- und vier englischsprechenden Chinesen gibt.

Der Vizepräsident stellte die Wirtschaftskraft der Küstenprovinz dar und hob die 7000jährige Geschichte der Provinz hervor. Die 2000 Jahre alte Stadt Hangzhou, die mit ausgedehnten Grünflächen und dem das Stadtbild prägenden Westlake den Ruf eines Paradieses auf Erden genießt, erscheint im Vergleich zur Megacity Shanghai mit seinen eher als Kurort denn als Metropole mit 4,5 Millionen Einwohnern. Als Ziel für einen Wochenendausflug ist es nicht nur bei den Shanghaiern sondern bei den 30 Millionen Touristen beliebt, die die Stadt jährlich besuchen. 1,5 Millionen Besucher kommen aus dem Ausland.

Im Gespräch mit der Hamburger Delegation wurden die Parallelen zwischen den Metropolregionen Shanghai/Zhejiang und Hamburg/Schleswig-Holstein thematisiert.

III. Chongqing Chongqing liegt im Südwesten Chinas, am Oberlauf des Yangtze etwa 1500 Kilometer von Schanghai entfernt. Die Stadt hat eine Fläche von 82 400 Quadratkilometern. Das Stadtzentrum wird von den Flüssen Jialing und Jangtse begrenzt. Die 32-MillionenMetropole, die als größte Stadt der Welt gilt, ist eine der sich am dynamischsten entwickelnden Städte Chinas.

Das Interesse der Hamburger Delegation beim Besuch in Chongqing galt der „Go-West-Politik" der Zentralregierung und dem Drei-Schluchten-Projekt. Außerdem standen Informationen über Investitionsmöglichkeiten für deutsche Unternehmen und Erfahrungsberichte von in Chongqing tätigen deutschen Unternehmern im Mittelpunkt.

Bei einem Round-Table-Gespräch, an dem der General Manager des Sanitärherstellers Duravit, Dirk Lange, und der General Manager von Holiday Inn, Manfred Schneider, teilnahmen, wurde den Abgeordneten ein anschauliches Bild vom Alltag deutscher Unternehmer in Südwest-China vermittelt.

Zu einem offiziellen Gespräch wurde die Delegation vom Vorsitzenden des Ständigen Ausschusses des Volkskongresses der Stadt Chongqing, Herrn HUANG Zhendong, empfangen. Er informierte über die Entwicklung der Stadt, die auf Beschluss des nationalen Volkskongresses 1994 zur regierungsunmittelbaren Stadt erklärt wurde. Damit genießt sie wie auch Shanghai einen besonderen Status und steht im Fokus der nationalen Wirtschaftspolitik. Chongqing ist mittlerweile zu einem der wichtigsten Handelszentren des Landes geworden. In den vergangenen acht Jahren ­ also seit Beschluss des nationalen Volkskongresses ­ habe sich das Bruttoinlandsprodukt jährlich um zehn Prozent erhöht, erklärte der Vorsitzende des Ständigen Ausschusses. Dennoch sei der Abstand zu Shanghai noch sehr groß. Die Partnerstadt Hamburgs habe in der wirtschaftlichen Entwicklung einen Vorsprung von etwa 15 Jahren.

Während des Gesprächs sprach der Vorsitzende eine Einladung an den Ersten Bürgermeister der Freien und Hansestadt, Herrn Ole von Beust, aus.

IV. Drei-Schluchten-Projekt Chinas expansive Wirtschaftspolitik führte zu umfänglichen Investitionen in die Infrastruktur. Diese fließen insbesondere in die Sektoren Transport und Verkehr, den Energiesektor, Telekommunikation und die Wasserversorgung. Besonderes Gewicht haben bei dieser Entwicklungsstrategie eine Reihe von Megaprojekten, die wegen ihrer gigantischen Größenordnungen und wegen ihrer wirtschaftlichen Bedeutung als nationale Prestigeprojekte gelten, zugleich aber wegen ihrer technischen, ökologischen und sozialen Risiken ins Schlaglicht der internationalen Kritik geraten sind.

Das bekannteste dieser Projekte ist der Drei-Schluchten-Staudamm am Yangtze. Die Entwicklung der Stadt Chongqing ist geprägt von diesem Mammutvorhaben, mit dessen Bau 1994 begonnen wurde. Bis 2009 entsteht am Yangtze die größte Talsperre der Welt.

Einen Eindruck von dem gigantischen Projekt konnte sich die Delegation der Hamburgischen Bürgerschaft bei einem Besuch des erst im Juni 2004 eröffneten DreiSchluchten-Museums in Chongqing und bei einer Fahrt auf dem Yangtze verschaffen.

Darüber hinaus war das Drei-Schluchten-Projekt auch bei dem oben erwähnten Gespräch mit dem Vorsitzenden des Ständigen Ausschusses des Volkskongresses der Stadt Chongqing und bei einem Empfang des durch den Vizepräsidenten des Stadtparlaments von Yichang, Herrn ZHEO Shu Zhou, von zentraler Bedeutung.

Die Staudammmauer des Drei-Schluchten-Projektes liegt bei Yichang. Das Projekt besteht aus dem Überlaufwehr, zwei Kraftwerken, einer fünfstufigen Schleuse und einem Schiffshebewerk. Anfang Juni 2003 wurde das Wasser auf eine Höhe von 135 Metern gestaut. Der Damm hat eine Höhe von 185 Metern und das Staubecken soll eine Kapazität von 39,3 Milliarden Kubikmeter erreichen, wobei 22,15 Milliarden Kubikmeter Wasser der Flutkontrolle dienen sollen. Es ist geplant, den Wasserpegel phasenweise von 156 auf 175 Meter zu erhöhen. Das Wasserkraftwerk mit 26 Generatoren hat eine Gesamtkapazität von 18 200 Megawatt und soll jährlich 84,7 Milliarden Kilowattstunden erzeugen.

1989 wurde eine Machbarkeitsstudie erstellt und im April 1992 gab das Plenum des Nationalen Volkskongresses grünes Licht für das Vorhaben. Allerdings fiel die Entscheidung nicht einstimmig aus. 1767 Mitglieder des Nationalen Volkskongresses stimmten für das Drei-Schluchten-Projekt, 866 dagegen oder enthielten sich der Stimme.

Die offiziellen Gesprächspartner in Chongqing und in Yichang räumten ein, dass es unterschiedliche Meinungen zu dem Staudamm-Projekt gebe, aus ihrer Sicht aber die Vorteile überwögen. 1,3 Millionen Menschen müssen dem Staudamm-Projekt weichen. Seit 1992 werden sie systematisch umgesiedelt. Die Zwangsmaßnahme, die viele Kritiker auf den Plan rief, soll bis 2008 abgeschlossen sein. Als Vorteile des Projekts hob der Vorsitzende des Ständigen Ausschusses in Chongqing den Hochwasserschutz für das am Unterlauf des Yangtze gelegene wirtschaftliche Zentrum Chinas hervor, in dem 100 Millionen Menschen lebten, die über Jahrhunderte von Flutkatastrophen heimgesucht worden seien. Als weitere Vorteile nannte er die Stromerzeugung, die Wasserversorgung und die Tatsache, dass der Fluss durch den Staudamm für Schiffe bis zu 5 000 Tonnen von Shanghai bis nach Chongqing schiffbar gemacht werde. In Yichang strichen die Gastgeber die Vorteile für den Tourismus der Stadt hervor, die jährlich 500 000 Besucher zähle.

V. Fazit

Die Delegation der Bürgerschaft ist in China mit offenen Armen empfangen worden.

Die Begleitung der kompletten Reise durch den Abgeordneten WANG Yao Xi, zwei Empfänge zur Begrüßung durch den Vorsitzenden des Shanghaier Volkskongresses, GONG Xueping, und zum Abschied durch den Vize-Präsidenten und ehemaligen Vize-Bürgermeister ZHOU Muyao in Shanghai brachten die Wertschätzung des Ständigen Ausschusses des Volkskongresses der Stadt Shanghai gegenüber den Gästen aus der Partnerstadt Hamburg deutlich zum Ausdruck. Die Organisation und Begleitung des Besuchsprogramms durch die Vertreter des Ständigen Ausschusses war trotz der gleichzeitig stattfinden Plenarsitzung von überragender Gastfreundschaft geprägt.

Auch die Empfänge der Delegation durch die Vertreter der Volkskongresse in Hangzhou und in Chongqing und die Gespräche auf höchster parlamentarischer Ebene zeugten von dem Interesse an der gefestigten Partnerschaft der Parlamente.

Der Besuch hat der Städtepartnerschaft neue Impulse gegeben und dazu beigetragen die parlamentarischen Beziehungen weiterzuentwickeln..

Viele der Erfahrungen ­ vor allem in der Stadtentwicklungspolitik und in der aktuellen wirtschaftspolitischen Diskussion, die in beiden Ländern parallel geführt wird ­ werden sicherlich als Anregungen in politische Entscheidungsprozesse einfließen. Das Besuchprogramm bietet Anknüpfungspunkte für konkrete Aktivitäten vor allem im Hinblick auf die Gestaltung der China-Time zum 20jährige Bestehen der Städtepartnerschaft im Oktober 2006, zu dem der Präsident eine offizielle Einladung der Bürgerschaft an den Shanghaier Volkskongress ausgesprochen hat.