Hygiene Institut (HI)
1. Ausgangslage:
Das Hygiene Institut (HI) des Amtes für Gesundheit der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) bewirtschaftet seine Haushaltsmittel seit dem 1. Januar 1997 im Rahmen eines Wirtschaftsplans nach § 15 der Landeshaushaltsordnung. Das HI ist gemäß Ziffer 3. des Haushaltsrechtlichen Vermerks zum Wirtschaftsplan gehalten, bei nicht im Finanzplan veranschlagten Investitionsausgaben in Höhe von mehr als 100 000 DM, die Einwilligung der Bürgerschaft einzuholen.
Im Wirtschaftsplan 1998 des HI ist im Finanzplan keine Investition für ein PCR-Gerät zur genauen Quantifizierung von gentechnisch veränderten Nukleinsäuren in Lebensmitteln im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung vorgesehen. Aktuelle Entwicklungen machen es jedoch erforderlich, ein derartiges Gerät noch im Haushaltsjahr 1998 zu beschaffen. Da abzusehen ist, dass der Preis von 100 000 DM dabei überschritten wird, ist im Vorwege die Bürgerschaft zu informieren und um Einwilligung zu bitten.
Die benötigten Mittel in Höhe von 179 000 DM werden vom Hygiene Institut innerhalb des Kapitels 4320 nach veränderter Prioritätensetzung durch Umwidmung folgender im Finanzplan unter Kontengruppe C I. (Beschaffung wissenschaftlicher Geräte über 10 000 DM) subsumierter Investitionen gedeckt:
Bei den genannten Umwidmungspositionen handelt es sich zum Teil um temporäre Verschiebungen, die jedoch keine Aufstockung der im Finanzplan vorgesehenen Folgeraten nach sich ziehen.
Reale Einnahmen werden mit dem zu beschaffenden PCRGerät nicht erzielt, weil es im Rahmen der lebensmitteltechnischen Untersuchungen und Begutachtungen im Auftrag der Bezirksämter eingesetzt werden soll. Diese Leistungen werden bisher nicht erstattet.
2. Die Vermarktung gentechnisch veränderter Lebensmittel nimmt zu Zunächst waren innerhalb der EU eine gentechnisch veränderte Maissorte und eine gentechnisch veränderte Sojabohnensorte zugelassen. Seit April 1998 sind drei gentechnisch veränderte Maissorten und eine gentechnisch veränderte Rapssorte hinzugekommen. Darüber hinaus liegen Anträge auf Zulassung weiterer gentechnisch veränderter Pflanzen vor (Tomate, Mais, Radicchio, Chicoree, Kartoffeln).
Die Entwicklung zeigt, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel verstärkt produziert und distributiert werden.
Davon ist auch der Hamburger Markt betroffen. Das Hygiene Institut als amtliche Untersuchungseinrichtung hat in diesem Zusammenhang im Sinne des Verbraucherschutzes die Aufgabe, Lebensmittel stichprobenartig daraufhin zu prüfen, ob
1. eine Kennzeichnung der Erzeugnisse erforderlich ist, weil sie Bestandteile aus gentechnisch veränderten Organismen enthalten (Art. 8 der Verordnung (EG) Nr. 258/97) oder
2. Produkte, die mit dem Etikett „Gentechnikfrei" versehen werden, auch tatsächlich das erfüllen, was die werbewirksame Botschaft verspricht.
Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft Beschaffung eines PCR-Gerätes zum Nachweis gentechnischer Veränderungen in Lebensmitteln im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung
3. Die bisherige Untersuchungsmethode ist zu ungenau:
Die rasante Entwicklung im Bereich der Gentechnik, das macht die Praxis deutlich, erfordert gerade auch im Bereich der amtlichen Lebensmitteluntersuchung eine Anpassung der analytischen Geräte an den aktuellen technischen Standard.
Bisher hat das Hygiene Institut unter Einsatz eines Molekularbiologen seit Ende 1997 zunächst Mais- und Sojaprodukte sowie Kartoffeln (rund 40 Proben) stichprobenartig auf gentechnische Veränderungen untersucht. Dabei wurde ein übliches Verfahren nach § 35 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes (LMBG) angewandt. Ein Problem dabei ist jedoch, dass bei dieser sogenannten § 35-Methode lediglich qualitative Nachweise möglich sind. Das heißt, die Frage, ob in einem Lebensmittel gentechnisch veränderte Nukleinsäure vorhanden ist, kann nur mit ja oder nein beantwortet werden. Die mit dieser Methode zu erzielenden Ergebnisse sind im Hinblick auf wissenschaftliche Praxis und rechtliche Entwicklung unzureichend. Sie bedürfen zusätzlich einer quantitativen Absicherung, insbesondere bei Negativbefunden.
Hinzu kommt, dass die bisherige Methode als routinemäßiges Untersuchungsverfahren vor dem Hintergrund wachsender Probenzahlen auch im Hinblick auf den Personalund Zeitaufwand nicht geeignet ist. Per Handarbeit sind Verdünnungsreihen der Proben (etwa 6 bis 10 Verdünnungen pro Probe = 6 bis 10 PCR-Ansätze je Probe) herzustellen. Der Zeitbedarf für die Analyse einer Probe beträgt mehrere Tage und birgt durch die vielen Arbeitsschritte ein hohes Risiko der Laborkontamination, was wiederum zu falsch positiven Untersuchungsergebnissen führen kann.
4. Gründe für den notwendigen Einsatz neuer Methoden:
In der Verordnung (EG) Nr. 258/97 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten (Novel Food) wird in Artikel 8 (1) a eine wissenschaftliche Beurteilung aufgrund einer angemessenen Analyse der Erzeugnisse im Hinblick auf mögliche gentechnisch veränderte Organismen gefordert. Die am 3. September 1998 in Kraft getretene Verordnung (EG) Nr. 1139/98 enthält Durchführungsvorschriften zur Etikettierung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln.
Für die amtliche Lebensmittelüberwachung ist es demnach in Zukunft erforderlich, Untersuchungsverfahren einzusetzen, die aufgrund der technischen Gegebenheiten in der Lage sind, zweifelsfreie und genaue Ergebnisse zu liefern.
Gerade vor dem Hintergrund der Etikettierungsvorschriften ist es notwendig beurteilen zu können, ob den Erzeugnissen Bestandteile gentechnisch veränderter Organismen bewußt hinzugefügt wurden oder es sich um unbeabsichtigte oder unvermeidliche Verunreinigungen des Lebensmittels (zum Beispiel durch die Verarbeitung oder den Transport) handelt (diskutiert wird eine Bagatellgrenze von bis zu drei Prozent gentechnisch veränderter Bestandteile).
Die Beantwortung der Frage, ob es sich im Einzelfall um eine bewußte oder eine unbeabsichtigte Hinzufügung gentechnisch veränderter Organismen handelt, ist nur mit einer quantitativen Nachweismethode möglich. Die zur Zeit im HI noch angewandte qualitative Methode genügt den Ansprüchen eines guten gesundheitlichen Verbraucherschutzes nicht mehr.
Diese Aussage wird prinzipiell auch vom Bundesministerium für Gesundheit bestätigt. In einem Schreiben vom 9. September 1998 an die für die Lebensmittelüberwachung zuständigen obersten Landesbehörden heißt es, dass Screening-Methoden (wie im Hygiene Institut zur Zeit durchgeführt) als Zertifizierungsgrundlage nicht ausreichend sind.
Eine Absicherung der Screening-Befunde (durch entsprechende Technik) wird als unbedingt erforderlich angesehen.
5. Vorzüge eines neuen PCR-Geräts zum Nachweis von Nukleinsäuren:
Die notwendige quantitative PCR (Polymerase Chain Reaction) ist mit Hilfe eines speziellen markterprobten Gerätes möglich. Das Analysegerät liefert ohne großen Personalund Zeitaufwand den Nachweis und die Vervielfältigung geringster Mengen an Nukleinsäure. Aufgrund der hohen Sensitivität der PCR lässt sich theoretisch selbst ein einziges Nukleinsäuremolekül „herausfiltern". Dank des im Gerät integrierten fluormetrischen Nachweissystems sind quantitative Aussagen bezüglich der Nukleinsäuremenge in der zu analysierenden Probe zu machen. Darüber hinaus lässt sich damit auch das Problem der Kontamination (Gefahr falsch positiver Ergebnisse) minimieren, da die Amplifikation und der Nachweis von Nukleinsäure-Fragmenten im gleichen geschlossenen Reaktionsgefäß durchgeführt wird.
Mit dem PCR-Gerät wäre das Hygiene Institut auch in die Lage versetzt, eine systematische Überprüfung Hamburger Betriebe durchzuführen, die zugelassene gentechnisch veränderte Lebensmittel verarbeiten. Außerdem plant Hamburg, das PCR-Gerät aufgrund seiner Kapazitäten auch im Rahmen der Norddeutschen Kooperation bei der Lebensmittelüberwachung (siehe das per 1. April 1998 in Kraft getretene Verwaltungsabkommen zwischen Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein) einzusetzen und damit auch in diesem Untersuchungsbereich die mit dem Abkommen intendierten Synergieeffekte zu erzielen.
6. Einsatz des PCR-Geräts in anderen Institutionen und Untersuchungsämtern:
Das vom Hygiene Institut zur Beschaffung vorgesehene Gerät ist marktgängig und wird zur Zeit in vielen niedergelassenen Handelslaboratorien mit Erfolg eingesetzt. Darüber hinaus wird das PCR-Gerät bereits in den Landesuntersuchungsämtern Münster (Nordrhein-Westfalen) und Oberschleißheim (Bayern-Süd) zur Diagnostik gentechnisch veränderter Lebensmittel eingesetzt. Weitere staatliche Untersuchungsämter (zum Beispiel Halle) prüfen entsprechende Beschaffungen.
7. Petitum:
Der Senat beantragt, die Bürgerschaft möge die Ausführungen dieser Drucksache zur Kenntnis nehmen und der Beschaffung des PCR-Gerätes für das Hygiene Institut zustimmen.