Das Veddeler Wasserkreuz erhalten

Die Überbrückungen der Elb-Wasserstraßen Müggenburger und Niedernfelder Durchfahrt sind aufgrund ihres schlechten Zustands dringend erneuerungsbedürftig. Die zuständige Behörde für Wirtschaft und Arbeit hat erwogen, die Brücken durch Dämme zu ersetzen. Diese Pläne schienen zwar zunächst vom Senat aufgrund stadtentwicklungsrelevanter Aspekte nicht favorisiert zu werden, sind aber nunmehr bezüglich der Niedernfelder Durchfahrt vorgesehen (Drs. 18/3295).

Mit dem städtebaulichen Leitprojekt „Sprung über die Elbe" soll die Entwicklung der HafenCity über die Veddel und Wilhelmsburg nach Harburg geführt werden. Von besonderem Interesse sind dabei stadtplanerische Projekte, die einen engen Bezug zur Stadt am Wasser haben. So werden beispielsweise IGA und IGS von der besonderen Lage am Wasser geprägt sein. Die typische Hafenlandschaft ist perspektivisch der wohl wichtigste Imageträger für die Veddel und Wilhelmsburg.

Dem Veddeler Wasserkreuz (Müggenburger und Niedernfelder Durchfahrt) kommt dabei eine übergeordnete Bedeutung zu, weil es die direkte Verbindung zwischen wichtigen Projekten sichert. So wäre die direkte Erreichbarkeit der „BallinStadt" per Schiff ­ ein wesentlicher Beitrag zur Attraktivität dieses Projektes ­ nicht mehr gegeben, wenn eine der Durchfahrten nicht mehr passierbar ist. Eine direkte Verbindung zur Innenstadt entfiele ebenso wie beispielsweise zu den 50er Schuppen.

Ich frage den Senat:

Der Senat beantwortet die Schriftliche Kleine Anfrage aufgrund von Auskünften der Hamburg Port Authority (HPA) wie folgt:

1. Der bauliche Zustand der westlichen sechs Brücken ist schlecht.

Welchen Aufschub duldet aus Sicht des Senats eine Entscheidung über etwaige Baumaßnahmen?

Wann müsste aus Verkehrssicherungsgründen eine Sperrung der Brücken erfolgen?

Der Zustand insbesondere der Widerlager ist sehr kritisch. Der Bahnverkehr ist bereits last- und geschwindigkeitsseitig eingeschränkt. Ausfall droht mit entsprechender kritischer Rückwirkung auf bereits bestehende höchste Auslastung, siehe Drs. 18/3295.

Im Übrigen hat sich der Senat hiermit nicht befasst.

2. Der Senat hat verschiedentlich dargestellt, dass alle Brücken des Veddeler Wasserkreuzes stadtentwicklungspolitische Bedeutung haben, sowohl für die angestrebte Aktivierung des Spreehafens und des Müggenburger Zollhafens, als auch für touristische Nutzungen, die von vernetzten Wasserflächen im Hafen begünstigt würden, wie z. B. die BallinStadt.

Wie beurteilt der Senat darüber hinaus die Bedeutung der Brücken insgesamt und insbesondere für die Hafen- und Binnenschifffahrt vor dem Hintergrund, dass die Hafenquerspange frühestens in zehn Jahren realisiert werden wird? vor dem Hintergrund, dass das Hoheitsgebiet der Tschechischen Republik dann nur noch eine wasserseitige Zuwegung hätte?

Aufgrund welcher Tatsachen oder Überlegungen ist der Senat zu dem Schluss gelangt, dass die Abdämmung der Niedernfelder Durchfahrt die wasserseitige Funktionsfähigkeit des Hafens nicht beeinträchtigt?

Hat hier eine Analyse der Verkehrs- und Transportwege stattgefunden?

Mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht?

Eine Durchfahrt ist aus hafenwirtschaftlicher Sicht entbehrlich. Eine repräsentative einwöchige Verkehrszählung der HPA in 2002 ergab, dass die Niedernfelder Durchfahrt während des Erhebungszeitraums von nur vier Fahrzeugen durchfahren wurde, die der Kategorie Hafenwirtschaft (Schlepper, Schubboote, Binnenschiffe) zuzuordnen sind.

Die Brückendurchfahrten haben keine Ersatzfunktion für die Hafenquerspange.

Hoheitsgebiete der Tschechischen Republik sind von den geplanten Maßnahmen nicht betroffen. Es handelt sich um eine Fläche, die im Wege eines 99jährigen Mietvertrages an die Tschechische Republik vermietet ist, siehe Drs. 18/3357. Die wasserseitige Anbindung des Saalehafens über Moldauhafen und Hansahafen ist ausreichend. Im Übrigen werden alle Standorte weiterhin wasserseitig erreichbar bleiben.

3. Unklar ist auch die ökologische Auswirkung der Abdämmung.

Haben Untersuchungen darüber stattgefunden, wie sich der Ersatz der Brücken durch Dämme auf den Zustand der Becken des Hansa-, Moldauund Saalehafens auswirken wird? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht?

Eine Umweltverträglichkeitsstudie hat zu dem Ergebnis geführt, dass die ökologischen Auswirkungen einer Zuschüttung der Niedernfelder Durchfahrt auf den unmittelbaren Verfüllungsbereich beschränkt bleiben.

4. Bei dem Ersatz der Niedernfelder Durchfahrt durch Dämme ist mit einer beschleunigten Verschlickung zu rechnen, weil die natürliche Durchströmung der Hafenbecken aufgrund der sich stets ändernden Tidenverhältnisse bzw. des ablaufenden Oberelbewasser dort dann nicht mehr die Sedimentation in Grenzen halten kann.

Um die Funktionsfähigkeit z. B. des Hansahafens, aber (wegen des Barkassenrundwegs) auch des Spreehafens und Müggenburger Zollhafens zu gewährleisten, müsste künftig verstärkt ausgebaggert werden. Vor diesem Hintergrund scheinen sich die Einspareffekte durch die Dammbauten zumindest zum Teil zu relativieren.

Wie hoch sind die Kosten, um den Spreehafen, den Müggenburger Zollhafen und den Peutekanal durch Baggerarbeiten zunächst in einen passierbaren Zustand zu bringen und diesen Zustand dann zu erhalten, gerechnet für zehn Jahre?

Die Zufahrten über den Veddelkanal/Spreehafen und Peutekanal/Müggenburger Zollhafen sind derzeit tideabhängig möglich. Die Wiederherstellung der tideunabhängigen

Zufahrt über Veddelkanal/Spreehafen würde Baggerkosten in Höhe von 600 000 bis 750 000 Euro, die Herstellung einer tideunabhängigen Zufahrt über Peutekanal/Müggenburger Zollhafen Kosten in Höhe von 300 000 bis 450 000 Euro verursachen.

Im Ergebnis werden diese Arbeiten zur Herstellung der Wassertiefen voraussichtlich mindestens zehn Jahre vorhalten.

Wie erhöhen sich bei Abdämmung die Kosten, um den Saale- und Hansahafen funktionsfähig zu halten, gerechnet auf zehn Jahre?

Durch die Zuschüttung der Niedernfelder Durchfahrt sind nur geringe Auswirkungen auf das Sedimentationsverhalten im Spreehafen sowie im Moldau- und Saalehafen zu erwarten. Darüber hinaus würde sich für den Hansahafen durch den verminderten Tidedurchfluss die Sedimentation sogar vermindern, während im Bereich der Peute und des Müggenburger Zollhafens mit etwas höheren Sedimentationsraten zu rechnen ist. Der Baggeraufwand zur Unterhaltung der Wassertiefen würde sich in der Summe nicht wesentlich ändern.

5. Wie beurteilt der Senat die Bedenken der Naturschutzverbände, die insbesondere die ökologische Qualität des Spreehafens als Laichgewässer für Fische gefährdet sehen und die Gefährdung tideabhängiger Tier- und Pflanzenarten befürchten, die nach der FFH-Richtlinie europaweit geschützt sind?

Der Senat hat sich hiermit nicht befasst.

6. Inwieweit hat der Senat die dringende Empfehlung aus der Hafenwirtschaft, des Hafenschifffahrtsverbandes, der Stiftung Hamburg Maritim, der Handelskammer, der Norddeutschen Affinerie, des Staatsrates a. D. Behlmer und vieler anderer in seine Überlegungen einbezogen? Warum trägt er diesen Empfehlungen zum Erhalt aller Brücken nicht Rechnung?