Jugend und Soziales Schuldnerberatung

Das Sozialressort kann wegen fehlender Datenerhebung die Ergebnisse der Schuldnerberatung nicht nachweisen.

Neben der Schuldnerberatung für Anspruchsberechtigte nach dem Bundessozialhilfegesetz unterstützt das Ressort auch die allgemeine Schuldnerberatung. Weiter fördert es einen die Schuldnerberatungsstellen unterstützenden Förderverein. Die Zuwendungen für allgemeine Schuldnerberatung und für den Verein können entfallen.

1 Prüfungsgegenstand:

Rechtsgrundlagen und Zuständigkeiten für die Sozialleistung Schuldnerberatung

- Im Jahr 1993 wurde in § 17 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) geregelt, dass die Kosten für Beratung durch eine Schuldnerberatungsstelle oder eine andere Fachberatungsstelle vom Sozialhilfeträger übernommen werden sollen, wenn dadurch Lebenslagen vermieden oder überwunden werden können, in denen sonst Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt erforderlich oder zu erwarten sind.

Durch die Insolvenzordnung wurde zum 1. Januar 1999 in Deutschland erstmals ein Regelungsverfahren geschaffen, das es auch Sozialhilfeempfängern ermöglichen soll, sich über ein mehrstufiges Verbraucherinsolvenzverfahren unter Beachtung von Gläubigerinteressen aus ihrer Überschuldungssituation zu befreien und zu einer Restschuldbefreiung zu gelangen. Die Einleitung des gerichtlichen Verbraucherinsolvenzverfahrens setzt voraus, dass eine außergerichtliche Einigung gescheitert ist. Darüber hat eine als geeignet anerkannte Stelle eine Bescheinigung auszustellen, die zusammen mit einem Schuldenbereinigungsplan dem

Antrag auf Einleitung des gerichtlichen Verfahrens beizufügen ist.

In der Stadt Bremen sind gegenwärtig neun Schuldnerberatungsstellen als geeignete Stellen anerkannt: fünf Stellen in Trägerschaft freier Wohlfahrtsverbände, zwei gemeinnützige Vereine, die öffentliche Rechtsberatung der Arbeitnehmerkammer und die öffentliche Rechtsberatung im Amtsgericht Bremen. Das Sozialressort übernimmt auf der Grundlage der von ihm mit den Stellen getroffenen Vereinbarungen Kosten für eine Fachberatung nach § 17 BSHG.

- Fachbehörde für Grundsatzangelegenheiten der Schuldnerberatung ist das Sozialressort. Unter seiner Fachaufsicht ist das Amt für Soziale Dienste für die Bewilligung und Abrechnung der Sozialleistung Schuldnerberatung zuständig.

Fachbehörde für Schuldnerberatungsstellen bei der Arbeitnehmerkammer und beim Amtsgericht ist das Justizressort. Die Unterstützung erfolgt aus Mitteln dieses Ressorts.

Das Verbraucherinsolvenzverfahren hat die Erwartungen bisher nicht erfüllt. Dies gilt insbesondere für die Teilnahme mittelloser Personen, die weder die Verfahrenskosten aufbringen noch einen Beitrag an ihre Gläubiger zu leisten vermögen. Das Bundeskabinett hat daher im Dezember 2000 einen Gesetzentwurf zur Änderung der verabschiedet. Dieser sieht für mittellose Personen Erleichterungen vor.

Das Inkrafttreten des Änderungsgesetzes ist zum 1. Januar 2002 vorgesehen.

Finanzierung der Sozialleistung Schuldnerberatung:

- Das Sozialressort hat im Jahr 1996 die bis dahin ausschließlich zuwendungsfinanzierte Schuldnerberatung gemäß § 17 BSHG auf einzelfallbezogene Entgeltfinanzierung umgestellt. Hierdurch sollte u. a. auch Wettbewerb unter Leistungsanbietern geschaffen werden. Die nach der Finanzierungsumstellung zwischen Ressort und Leistungsanbietern geschlossenen Vereinbarungen wurden wiederholt modifiziert. Sie umfassen Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsregelungen. Die Erprobungsphase der entgeltfinanzierten Schuldnerberatung ist noch nicht beendet.

Das Ressort unterstützt darüber hinaus durch Zuwendungen an einige der Beratungsstellen die allgemeine, vom Einkommen unabhängige Schuldnerberatungsarbeit.

Weiter erhält seit 1992 ein die Beratungsstellen unterstützender Förderverein Zuwendungen aus Landesmitteln. Ein Verein dieser Art ist bislang in der Bundesrepublik einmalig. Er wurde gegründet, um die Arbeit der Schuldnerberatungsstellen in Bremen und Bremerhaven zu koordinieren. Er unterstützt heute die praktische Arbeit von Beratungskräften in Bremen. Auch Beratungskräfte aus anderen Ländern und Gemeinden nutzen die Leistungen des Bremer Fördervereins.

Genehmigung und Abrechnung von Fachberatung nach § 17 BSHG:

- Das Amt für Soziale Dienste hat sicherzustellen, dass die Kostenübernahmen für Fachberatung den Vorgaben des § 17 BSHG entsprechen und gemäß den Entgeltvereinbarungen erfolgen.

Im Jahr 1996 vom Ressort erteilte fachliche Weisungen legen fest, dass

· vor jeder Kostenentscheidung neben der Prüfung der Anspruchsvoraussetzung auch die Wirtschaftlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Leistung bedacht werden soll,

· die Kostenentscheidung an Erfolgsprognosen zu knüpfen ist und

· der Ratsuchende den Erstzugang zur Fachberatung wählen kann. Bei Erstzugang über eine Beratungsstelle prüft diese u. a. auch die Voraussetzungen der BSHG-Anspruchsberechtigung.

2 Prüfungsfeststellungen:

Zuwendungsfinanzierte Schuldnerberatung:

- Der Rechnungshof hat eine Einstellung dieser Förderung gefordert, weil die gesetzlich vorgesehenen Leistungen inzwischen über Entgelte finanziert werden. Solange aber Zuwendungen gewährt werden, hält er es für unerlässlich, die Wirkung und Wirtschaftlichkeit des Mitteleinsatzes darzustellen.

Ein Zuwendungsempfänger hat in seinen Verwendungsnachweisen dargestellt, dass auch Leistungen für § 17 BSHG-Klientel aus Zuwendungen finanziert werden. Die Zuwendungen stellen damit Ergänzungsfinanzierungen zur gesetzlichen, entgeltfinanzierten Schuldnerberatung dar.

Eine systematische Datensammlung und -auswertung fehlte, um den wirtschaftlichen und wirkungsvollen Einsatz der Zuwendungsmittel zu prüfen. Die Verwendungsnachweise und Sachberichte waren nicht aussagekräftig.

Entgeltfinanzierte Schuldnerberatung:

- Die eingesehenen Fallakten ergaben insbesondere folgende Erkenntnisse:

· Der Beratungsbedarf wurde dem Amt in der Regel über die Beratungsstellen durch Weiterleitung des Antrags mit Kurzstellungnahme bekannt. Die Stellungnahme der weiterleitenden Beratungsstelle zum Antrag beschränkte sich auf das Ankreuzen einiger weniger ausgesuchter, insbesondere für den mit den Stellen abzurechnenden Entgeltsatz bedeutsamer Fragen. Die Tätigkeiten im Amt reduzieren sich bei Erstzugang über eine Beratungsstelle in der Regel auf eine allgemeine Bedürftigkeitsprüfung und die Zahlbarmachung des angeforderten Beratungsentgeltes. Entscheidungsgrundlage des Amtes ist ­ sofern vorhanden ­ die Sozialhilfeakte und die in der Regel nur spärlichen, allgemeinen und nicht belegten Antragsangaben. Erstzugänge in der Regel über eine Beratungsstelle und nicht über das Amt zu steuern, macht Schuldnerberatungen möglich, die nach Auffassung des Rechnungshofs bei einer Zugangskontrolle über das Amt nicht bewilligt worden wären.

· Den Anträgen wurde grundsätzlich in vollem Umfang stattgegeben, ohne dass erkennbar war, inwieweit eine ausreichende Prüfung stattgefunden hatte. Dies gilt auch für spätere Vergütungsnachforderungen von Beratungsstellen.

· Erkenntnisse über zeitliche Dauer, Art der Beratungstätigkeit und Erfolgsaussichten der Einzelhilfen konnten nicht gewonnen werden.

· Die Stellen unterrichten das Amt nicht über das Ende der Beratung. Das Amt hat diese Informationen auch nicht abgefordert.

· Wegen fehlender Datenerhebung kann gegenwärtig Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit der Ausgaben für die gesetzliche Fachberatung nicht nachgewiesen oder auch nur annähernd eingeschätzt werden. Der Rechnungshof hat festgestellt, dass es in der Mehrzahl der ausgewerteten Fälle bei einem außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuch ohne dämpfende Auswirkungen auf den Sozialhaushalt geblieben ist.

Das Sozialressort stützt seine Aussagen zur Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit der Schuldnerberatung ausschließlich auf das von den Beratungsstellen vorgelegte bzw. abgerufene Datenmaterial.

Der Rechnungshof hat gefordert, die Sozialleistung Schuldnerberatung auf das unbedingt notwendige Maß zu begrenzen. Dazu hält er eine ergebnisorientierte, den Ausstieg aus der Sozialhilfe fördernde strategische Sachbearbeitung für notwendig. Damit vom Amt die Entscheidungsspielräume bei der Schuldnerberatung als Leistung im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt besser ausgeschöpft werden können, sollte das Ressort einen einheitlichen Bearbeitungsleitfaden mit Arbeitsschritten und Prüfkriterien für die Fallbearbeitung erarbeiten. Die Qualität der Schuldnerberatung muss weiterentwickelt werden. Im Mittelpunkt künftiger Hilfen muss verstärkt die Förderung der Selbsthilfekräfte von Personen mit Schuldenproblemen stehen.

Weiter hat der Rechnungshof vorgeschlagen, u. a. wegen der unterschiedlichen Prioritätensetzung bei Leistungsanbietern und Trägern der Sozialhilfe, die beim Amt für Soziale Dienste erfassten Daten für eine Überprüfung der Wirkung von Schuldnerberatung zu nutzen. Er hat auch die Erarbeitung von Kriterien zur Erfolgskontrolle und die Umstellung der jährlichen Berichterstattung der Leistungserbringer auf der Grundlage einheitlicher Kennzahlen angeregt.

Förderverein für Schuldenberatung:

- Der Rechnungshof hat die Einstellung der Zuschüsse für den Förderverein gefordert, weil die Aufbauarbeit der Schuldnerberatung in Bremen nach über acht Jahren abgeschlossen sein sollte. Bei bestehendem weiteren individuellen Beratungsbedarf von Stellen (s. Tz. 211) können diese heute auf vergleichbare, z. B. von der Bundesarbeitsgemeinschaft Schulden angebotene Leistungen zurückgreifen.

3 Stellungnahme des Ressorts und Würdigung:

- Das Ressort hat seine von der des Rechnungshofs abweichende Auffassung zur Grundsatzfrage, was Schuldnerberatung nach § 17 BSHG leisten kann und soll, deutlich gemacht. Der Beurteilung des Rechnungshofs, der kurzfristige finanzpolitische Einsparziele in den Vordergrund stelle, stünde der sozialpolitische Auftrag des Ressorts gegenüber, überschuldeten Personen, die Hilfe zum Lebensunterhalt benötigen, einen Weg aus der Schuldenfalle zu ebnen und dabei insbesondere auch die Möglichkeiten des neuen Verbraucherinsolvenzverfahrens nutzbar zu machen.