Beamte

Errichtung eines ständigen Hamburger Polizeigefängnisses für Unterbringungsgewahrsam (SOG § 13)

Im Zuge der Vorbereitungen zur Fußball-WM 2006 will die Hamburger Innenbehörde ein Polizeigefängnis als zentralen Ort der Ingewahrsamnahme einrichten.

Ich frage den Senat:

1. Aus welchen Gründen und Erfahrungen hält der Senat die Einrichtung eines zentralen Polizeigefängnisses in Hamburg für notwendig? Bitte detaillierte Darstellung.

Die Polizei beabsichtigt für die kurzfristige Unterbringung von in Gewahrsam genommenen Personen aus Anlass der WM eine zusätzliche zentrale Gefangenensammelstelle einzurichten. Sie soll anlassbezogen eine größere Zahl von in Gewahrsam genommen Personen aufnehmen können und ermöglicht es, die Arbeits- und Verfahrensabläufe zu verkürzen und zu optimieren sowie Entscheidungskompetenzen zu bündeln und die Belastungen der von den Maßnahmen Betroffenen zu reduzieren.

Längerfristige Ingewahrsamnahmen werden der Untersuchungshaftanstalt überstellt.

Derzeit richtet die Polizei bei Einsatzanlässen, die eine erhöhte Anzahl von Ingewahrsamnahmen erwarten lassen, dezentrale Gefangenensammelstellen in den Polizeikommissariaten (PK) ein, da es bislang keine Sammelstelle mit größerer Kapazität gibt. Diese Verfahrensweise ist mit besonderen Belastungen für die Betroffenen und die Dienststellen verbunden (lange Anfahrtswege, Koordination der Folgemaßnahmen, Personalintensität, Dauer der Verfahrensabläufe). Nach dem derzeitigen Planungsstand soll die zentrale Gefangenensammelstelle über vier Zellen mit 29, 27, 14 und 13 Plätzen für in Gewahrsam genommene Personen verfügen. Das dafür notwendige Personal wird im Bedarfsfall aus der Zentraldirektion rekrutiert. Die Besetzung der Gefangenensammelstelle soll nur anlassbezogen erfolgen. Die dezentralen Sammelstellen in den PK sollen auch weiterhin genutzt werden.

Im Übrigen sind die konzeptionellen Überlegungen und Planungen noch nicht abgeschlossen.

2. Wie hat sich die Zahl der Ingewahrsamnahmen durch die Polizei in den Jahren seit 2001 entwickelt?

Die Polizei führt keine Statistik im Sinne der Fragestellung. Die Daten konnten in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht ermittelt werden.

3. Welche weiteren Großstädte betreiben ähnliche ständige Einrichtungen der Polizei mit welchen Kapazitäten?

Derartige Erkenntnisse aus anderen Großstädten liegen der zuständigen Behörde nicht vor. Dies ist auch nicht in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand ermittelbar.

4. In welchen Fällen kann eine Ingewahrsamnahme im geplanten Polizeigefängnis erfolgen?

Ingewahrsamnahmen erfolgen im Rahmen der geltenden rechtlichen Bestimmungen des § 13 des Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (SOG).

5. Ist es geplant, am Ort des Polizeigefängnisses auch die organisatorischen Vorbereitungen zu treffen, um eine unverzügliche richterliche Entscheidung zu ermöglichen, die über Rechtmäßigkeit und Fortdauer der Gefangennahme entscheidet?

Wenn ja, wie soll das genau geschehen?

Wenn nein, wo sollen die richterlichen Entscheidungen erfolgen und wie werden die Inhaftierten dem Richter zugeführt?

Siehe Antwort zu 1.

6. Mit welcher Kapazität soll das Polizeigefängnis betrieben werden?

a) Anzahl der Zellen (Bitte nach Höchstbelegungen differenziert auflisten.)

b) Anzahl der Haftplätze

c) Anzahl und Vergütung der Personalstellen

Siehe Antwort zu 1.

7. Werden andere Kapazitäten zur polizeilichen Ingewahrsamnahme in Hamburg abgebaut? Wenn ja, wo und wie viel?

Dies ist nicht geplant.

8. Welche Kosten fallen über die 300 000 Euro für den Umbau hinaus an, und aus welchen Haushaltstiteln werden diese bezahlt?

a) Investive Kosten für die Einrichtung des Polizeigefängnisses

In welchem Umfang Kosten über die Umbaukosten hinaus anfallen, steht noch nicht abschließend fest, vgl. auch Antwort zu 1. Sie werden aus vorhandenen Haushaltsmitteln der Polizei gedeckt.

b) Personelle Kosten für den Betrieb

c) Werden aus anderen Einheiten der Polizei Ressourcen für den Betrieb des Polizeigefängnisses umgeschichtet? Wenn ja, aus welchen Einheiten und in welcher Höhe?

Siehe Antwort zu 1.

9. Welche allgemeinen Regeln/Standards sollen für die Behandlung festgehaltener Personen gelten (z. B. Betreuung durch Personen gleichen Geschlechts, zeitnahe Information über Rechte etc.)?

Bei allen Ingewahrsamnahmen gelten die einschlägigen Rechtsgrundlagen sowie die entsprechenden Polizeidienstvorschriften.

10. Sollen für das Polizeigefängnis die Standards des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher Behandlung oder Strafe (CPT) gelten?

Die in den Berichten der CPT für den Polizeigewahrsam benannten Standards werden in die Planung der zentralen Gefangenensammelstelle einbezogen.

11. Haftbedingungen

a) Wie und mit welchen Angaben wird der Aufenthalt von Gefangenen im Polizeigefängnis dokumentiert?

Der Aufenthalt von in Gewahrsam genommenen Personen in der Gefangenensammelstelle wird in einem so genannten Verwahrbuch dokumentiert. Darin werden die vollständigen Personalien, mitgeführte persönliche und gegebenenfalls sichergestellte Gegenstände, Ort und Grundlage der Maßnahme, die Einlieferungs- und Entlassungszeit der Person, die Kontrollzeiten während des Aufenthaltes sowie die die Maßnahme anordnenden und durchführenden Polizeibeamten aufgeführt.

b) Wie lange sollen Gefangene längstens im Polizeigefängnis untergebracht werden?

Siehe Antwort zu 1.

c) Wie wird der Zugang zu Telefonen geregelt und wie viele Telefone werden zur Verfügung stehen?

d) Sind Möglichkeiten vorhanden, die es Gefangenen erlauben, sich regelmäßig auch im Freien aufzuhalten?

e) Welche Möblierung und sanitäre Einrichtung sind für die Zellen geplant?

f) Welche Gemeinschaftseinrichtungen sind geplant?

g) Wie und durch wen ist die Verpflegung der Gefangenen geregelt?

h) Wie viele Besuchsräume werden eingerichtet und welche Kapazität haben diese?

i) Wie wird die Besuchsregelung für Rechtsanwälte und nahe stehende Personen aussehen?

j) Welche Räume des Polizeigefängnisses sollen videoüberwacht werden?

Die Unterbringungsbedingungen richten sich nach den einschlägigen Rechtsvorschriften und den dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften, nach denen bereits jetzt die Unterbringung von Personen vollzogen wird, die in Gewahrsam genommen worden sind. Darin sind z. B. der Besuch von Vertrauenspersonen und Rechtsbeiständen, der Zugang zu Telefonen, die Verpflegungen und die ärztliche Versorgung geregelt.

Es ist beabsichtigt, die Zellen mit geeigneten Sitzgelegenheiten auszustatten und für die in Gewahrsam genommenen Personen nach Geschlechtern getrennt sanitäre Einrichtungen bereitzustellen.

Im Übrigen sind die Planungen dazu noch nicht abgeschlossen.

12. Mit welchen Gebühren werden in Gewahrsam genommene Personen zu rechnen haben?

In Gewahrsam genommene Personen entrichten für die Unterbringung keine Gebühren.

13. In Berlin sind im Jahr 2005 zwei Gefangenensammelstellen wegen mangelnder Auslastung geschlossen worden. Welche Auslastung wird in Hamburg angestrebt?

Siehe Antwort zu 1.

14. In welcher Form ist für ärztliche Versorgung im Polizeigefängnis gesorgt?

Siehe Antwort zu 11. c) bis j).

Ist es geplant, vor Inbetriebnahme des Polizeigefängnisses eine Polizeigewahrsamsordnung zu erlassen?

Nein, vgl. Antwort zu 9.