Finanzamt
In einer Familiensache wurde dem Jugendamt unverschlossen die Stellungnahme eines Suchtberaters übermittelt. Wir haben die Problematik eingehend mit dem Präsidenten des Amtsgerichts Hamburg erörtert. Uns wurde zugesagt, die gerichtsinternen Stichprobenkontrollen zu intensivieren.
Auch andere Stellen der Justiz legten nicht die erforderliche Sorgfalt beim Post- und Aktenaustausch an den Tag. Offen vorgefunden wurden beim BTS Bewährungs- und Strafvollstreckungshefte, Entlassungsmitteilungen von Justizvollzugsanstalten, eine Kindergeldakte, bereits ausgefüllte Fragebögen zum Versorgungsausgleich, Unterlagen aus Verfahren über das Umgangsrecht und die Erlaubnis zur Eheschließung zwischen Minderjährigen, die fachärztliche Diagnose einer depressiven Störung sowie die Bescheinigung einer gesetzlichen Krankenkasse über Arbeitsunfähigkeitszeiten mit Angaben zur Heroinabhängigkeit.
In Einzelfällen erhielten wir von den datenschutzrechtlich verantwortlichen Stellen kurzfristig Abhilfemitteilungen, die sich bei späteren Kontrollen des BTS auch bestätigten. So trug das Justizverwaltungsamt der Justizbehörde dafür Sorge, dass Zahlungsanzeigen über die Einzahlung von Bußgeld auf das Treuhandkonto „Sammelfonds für Bußgelder" nur noch in verschlossenen Umschlägen an das zuständige Finanzamt gelangen. Das Strafvollzugsamt wies die Vollzugsgeschäftsstellen an, Mitteilungen über Straf- und Untersuchungsgefangene nur in verschlossenen Umschlägen zu versenden. Ein gemeinnütziges Wohnungsbauunternehmen ist unserer dringenden Empfehlung gefolgt und übersendet die Abschriften fristloser Kündigungen wegen Zahlungsverzuges nunmehr verschlossen an die Bezirksstelle zur Wohnungssicherung.
Von verschiedenen Finanzämtern wurden Vorgänge, die Steuergeheimnisse enthielten, offen versandt. So fanden wir beim BTS Schriftsätze des Finanzamtes Hamburg-Mitte an das Finanzgericht Hamburg unverschlossen vor und konnten Einblick in die beigefügten Einkommensteuer-, Gewerbesteuer-, Umsatzsteuer-, Arbeitgeber-, Betriebsprüfungs- und Rechtsbehelfsakten nehmen. Wir haben hierzu eine Stellungnahme des Finanzamtes Hamburg-Mitte eingeholt und gemeinsam mit dem Vorsteher und Geschäftsstellenleiter des Finanzamtes die Verfahrensabläufe in der Aktenaustauschstelle überprüft, die der Steuerverwaltung der Finanzbehörde unterstellt ist. Darüber hinaus unterrichteten wir die Steuerverwaltung auch unmittelbar über festgestellte Datenschutzverstöße im Bereich der Finanzämter. Dies gilt für unverschlossene Mitteilungen in Gewerbeuntersagungsverfahren und Verfahren nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz so wie für die offene Übersendung eines Haftbefehls zur Erzwingung der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung. Wir hoffen, dass das Steuergeheimnis künftig durch verschlossenen Aktenversand gewahrt wird.
Schließlich stellten wir fest, dass das Sozialgeheimnis im Berichtszeitraum teilweise massiv verletzt wurde. Die datenschutzrechtliche Verantwortung hierfür liegt bei einzelnen Grundsicherungs- und Sozialdienststellen der Bezirke sowie bei der Hamburger Arbeitsgemeinschaft SGB II (ARGE), die über die Gewährung von Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld zu entscheiden hat. Leistungsakten und einzelne Unterlagen der ARGE fanden wir sowohl beim BTS als auch in der Poststelle des Bezirksamts Hamburg-Mitte offen vor.
Zur Kenntnis gelangten auf diese Weise ein fachchirurgisches Gutachten, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eines Nervenarztes, die Bescheinigungen von Internisten über das Vorliegen einer HIV-Infektion, die Mitteilung, dass das Ärztegremium einem Blinden die Erwerbsunfähigkeit bescheinigt habe, Hinweise auf Leistungsmissbrauch, der Kostenfestsetzungsbescheid einer Wohnunterkunft für Obdachlose, Nachweise über Trainingsmaßnahmen und Vermittlungsbemühungen sowie Auskunftsersuchen in Einbürgerungsverfahren. In einem Gespräch mit Vertretern der ARGE wurden strukturelle Problemlösungen entwickelt. Das technisch-organisatorische Konzept der ARGE beinhaltet eine Agenturweisung zur Postabfertigung, die Benennung der für den Datenschutz persönlich Verantwortlichen bei den einzelnen Standorten, klare und einheitliche Vorgaben für die Auszeichnung von Postsendungen sowie die Verwendung spezieller Postversandtaschen und Verschlussaufkleber. Auch in dem Entwurf einer Dienstanweisung zur Anlage, Führung und Vernichtung von SGB II-Leistungsakten, den die ARGE gegenwärtig mit uns abstimmt, wird der verschlossene behördeninterne Postversand ausdrücklich vorgeschrieben. Die Anforderungen der ARGE an den Datenschutz wurden in enger Abstimmung mit dem Leiter des BTS definiert und werden regelmäßig in Gesprächsrunden der Standortleiter erörtert. Diese konstruktiven Bemühungen tragen dem hohen Schutzniveau der Sozial- und Gesundheitsdaten angemessen Rechnung.
10. Gewerbe und Umwelt
Begutachtung der wirtschaftlichen Lage des Taxigewerbes
Die Erhebung sensibler personen- und unternehmensbezogener Daten eines Dienstleistungsgewerbes erfordert umfangreiche Datenschutzmaßnahmen.
Die für die Durchführung des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) zuständige Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) hat ein privates Institut mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt, um die wirtschaftliche Lage des Hamburger Taxengewerbes präzise beurteilen und einschätzen zu können. Dazu ist eine umfangreiche Datenerhebung bei den Taxenunternehmen erforderlich, da die der Behörde bisher vorliegenden Erkenntnisse ausschließlich auf Angaben einzelner Gewerbevertreter und allgemeinen statistischen Daten beruhen. Zugleich soll geprüft werden, ob durch die Einführung von „Fiskaltaxametern" Missbrauchs- und Umgehungstatbestände beim Betrieb von Taxen verringert werden können.
Die für die Begutachtung erforderlichen Daten sollen über einen Zeitraum von drei Jahren erhoben werden. Hierbei hat der Gutachter gemäß vertraglicher Vereinbarung mit der BSU das Hamburgische Datenschutzgesetz (HmbDSG) anzuwenden. Vor Beginn der Datenerhebung war für das Gesamtprojekt u. a. eine Risikoanalyse zu erstellen und der BSU ein mit dem Hamburgischen Datenschutzbeauftragten abgestimmtes Datenschutzkonzept vorzulegen.
Die erforderlichen Daten sollen durch zwei Erhebungsmethoden gewonnen werden:
· Erhebung steuer- und betrieblicher Daten: Die Daten zur Bewertung der betriebswirtschaftlichen und betrieblichen Situation der Hamburger Taxenunternehmen werden zunächst auf der Grundlage des § 54a PBefG schriftlich mittels Fragebogen erhoben. Von dieser Aktion sind insgesamt ca. 770 Taxenunternehmen betroffen, wobei alle Mehrwagenunternehmen teilnehmen und von den Einwagenunternehmen eine repräsentative Zufallsstichprobe gezogen wurde. Für die betroffenen Taxenunternehmer besteht eine Auskunftspflicht.
· Erhebung von Daten zu Umsatz und Einsatzzeit der Taxen: Die Erhebung dieser betriebswirtschaftlichen Daten erfolgt mit Hilfe von Taxametern. Neuere Modelle werden auch „Fiskaltaxameter" genannt. Hierbei handelt es sich um Fahrpreisanzeiger bzw. Wegstreckenzähler, die das komplette Fahrgeschehen, das Fahrpersonal sowie die Einnahmen langfristig und auslesbar speichern. Diese Daten zu Umsätzen und Einsatzzeiten werden dabei mittels spezieller Datenträger - so genannten „Keys" ausgelesen. Dieses Verfahren ist bereits bei vielen Mehrwagenunternehmen im Einsatz und kommt dem Konzept des „Fiskaltaxameters" nahe. Da der Einsatz von sog. „Fiskaltaxametern" in Deutschland gesetzlich nicht geregelt ist, kann die Rekrutierung der Teilnehmer nur auf freiwilliger Basis durchgeführt werden. Für die Erhebung wurde ein „Fiskaltaxameter"-Panel von ca. 160 Taxifahrzeugen gebildet.
Die Auslesung der Daten wird an dezentralen sog. Sample Points durchgeführt. Hierbei handelt es sich um wichtige Frequenzpunkte des Taxengewerbes, wie z. B. bestimmte Tankstellen, Fachwerkstätten oder Funkzentralen. Am Sample Point ist ein Key-Lesegerät vorhanden, dass als Peripheriegerät an einen lokalen, zugriffsgesicherten Rechner angeschlossen ist. Die hier vom Fahrer mittels Key ausgelesenen Daten werden auf der Festplatte des Rechners zwischengespeichert. Als Bestätigung erhält der Fahrer einen Quittungsausdruck.