Forschung

Widerruft der Patient die Einwilligung in die Zugriffsberechtigung des Arztes, muss er sich hinsichtlich der bereits übernommenen Daten direkt mit dem Arzt auseinander setzen.

Insgesamt verwenden LBK Hamburg GmbH und UKE ­ zu Recht ­ erhebliche Mühen auf die technische Konfiguration einer sicheren und praktikablen elektronischen Zugriffsmöglichkeit.

Nach unserer Beratung wurde aber auch die Frage intensiver behandelt, wie der Patient, die Patientin in die Lage versetzt wird, selbst zu bestimmen, welcher Arzt welche Daten zu welchem Zweck und zu welcher Zeit (wie lange) aus dem Krankenhaus abrufen und in die eigene Patientenverwaltung integrieren kann. Ob das Mitspracherecht des Patienten auch die „regelbasierte Voreinstellung" umfassen sollte, ist noch zu prüfen. Für die zukünftige Einführung der elektronischen Gesundheitskarte sieht das Sozialgesetzbuch V differenzierte Einwilligungs-Bestimmungen vor. Das „Einweiser"- oder „Partner-Portal" darf diese gesetzlichen Vorgaben ebenso wenig unterlaufen wie die im Hamburger Krankenhausgesetz und in den Datenschutzgesetzen normierten Patientenrechte auf Bestimmung von Datenempfängern und auf Auskunft zu allen zur Person gespeicherten Daten.

Gegebenenfalls sind letztere außerhalb der EDV-Portale zu realisieren.

Patientenrechte auf Auskunft und Akteneinsicht

Neben dem vertrags- und berufsrechtlich begründeten Patientenrecht auf Akteneinsicht sind vor allem gesetzliche Spezialregelungen zu beachten, die das Patientenrecht oft eindeutiger regeln.

Immer wieder bitten uns Patientinnen und Patienten, sie bei der Durchsetzung ihres Rechts auf Einsicht in Behandlungs- und Untersuchungsunterlagen zu unterstützen. Generell haben Patientinnen und Patienten aus dem Behandlungsvertrag und aufgrund der berufsethischen Pflichten des Arztes grundsätzlich einen Anspruch auf Einsicht in die eigenen Behandlungsunterlagen. Vor allem bei psychiatrischen Behandlungen wird dies jedoch regelmäßig eingeschränkt auf objektive, physische Befunde. Subjektive Bewertungen brauche der Arzt ebenso wenig zu offenbaren wie Tatbestände, deren Kenntnis eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Patienten befürchten lassen („therapeutisches Privileg"). Diese von der Rechtsprechung im Rahmen des Arztrechts geformte Auffassung ist Jahrzehnte alt und berücksichtigt nur unvollkommen das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Patienten in seinem heutigen Verständnis. So ist die Trennung von objektiven und subjektiven Befunden gerade im psychiatrischen Bereich äußerst schwierig: Wie ist zum Beispiel eine dokumentierte Verdachtsdiagnose zu bewerten? Aber auch bei Gutachten und Arztbriefen, die an Dritte versandt wurden, oder nach Arztwechsel und Beendigung einer Therapie sind die genannten Einschränkungen des Einsichtsrechts kaum begründbar. In der Praxis führen Nachfragen und Erläuterungen unsererseits gegenüber zunächst zurückhaltenden Ärztinnen und Ärzten in den meisten Fällen zu der vom Patienten gewünschten Einsichtnahme.

In einigen Bereichen ist für die beschriebene einengende Ableitung des Einsichtsrechts aus Vertrag oder Berufspflicht kein Raum: Wo spezialgesetzliche Normen das Auskunfts- und Einsichtsrecht ausdrücklich regeln, ist der Rückgriff auf das allgemeine Arztrecht ­ einschließlich der genannten Einschränkungen ­ ausgeschlossen.

In einem uns vorgestellten Fall musste sich ein Berufspilot einer Begutachtung seiner Zuverlässigkeit und Tauglichkeit durch einen flugmedizinischen Sachverständigen unterziehen. Die Einsichtnahme in das ­ auch psychologische ­ Gutachten wurde ihm zunächst verweigert. Dabei sieht § 24 c der Luftverkehrszulassungsordnung für derartige Fälle ausdrücklich vor: „Unbeschadet datenschutzrechtlicher Auskunftsrechte erhält der Betroffene auf Verlangen eine Abschrift des Gutachtens". Diese klare Regelung konnte erst nach längerer Prüfung durch die Sachverständigen-Einrichtung durchgesetzt werden.

Aber auch für die vielfach strittigen Einsichtnahmen in Behandlungsunterlagen psychiatrischer Krankenhausabteilungen gibt es in Hamburg eine Spezialnorm: § 32 des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (HmbPsychKG) normiert ein generelles Auskunfts- und Einsichtsrecht. Einschränkend wird lediglich festgestellt: „Der psychisch kranken Person können Auskunft und Einsicht versagt werden, wenn eine Verständigung mit ihr wegen ihres Gesundheitszustands nicht möglich ist." Das oben genannte „therapeutische Privileg" wird hier ebenso wenig anerkannt wie im Hamburger Krankenhausgesetz (HmbKHG). Es hat nur insofern einen Niederschlag gefunden, als das Krankenhaus „die Auskunft durch einen Arzt vermitteln lassen (soll), wenn zu befürchten ist, dass die direkte Auskunft erhebliche Nachteile für den Gesundheitszustand des Patienten hätte. Entsprechendes gilt für die Einsicht in die Aufzeichnungen." (§ 13 HmbKHG). Es geht also nur um das Wie, nicht um das Ob der Auskunft und Einsicht. Nur im Hamburgischen Krebsregistergesetz wird ausnahmsweise festgelegt, dass die Auskunft über die im Register gespeicherten Daten „nur einem vom Betroffenen zu benennenden Arzt erteilt" wird. Allerdings schränkt dies das oben genannte eigene Recht der betroffenen Person auf Einsicht der Unterlagen beim behandelnden Arzt oder im Krankenhaus nicht ein.

Schließlich gibt es neben den medizinrechtlichen und spezialgesetzlichen Auskunfts- und Einsichtsregelungen auch noch das datenschutzrechtliche Auskunftsrecht. Gegenüber staatlichen Einrichtungen in Hamburg ist es in § 18 HmbDSG, gegenüber niedergelassenen Ärzten ist es in § 34 BDSG geregelt. Es bezieht sich auf alle zu einer Person gespeicherten Daten einschließlich des Zwecks der Speicherung, der Herkunft der Daten und regelmäßiger Übermittlungsempfänger. Es geht damit im Umfang über die reinen Behandlungsdaten hinaus, setzt aber im nicht öffentlichen Bereich voraus, dass die ärztlichen Dokumentationen in Dateien und nicht in einzelnen Akten geführt werden.

Insgesamt bemühen wir uns, den Ärztinnen und Ärzten deutlich zu machen, dass die Wahrnehmung der Patientenrechte auf Auskunft und Einsicht in die Krankenakte nicht als Vertrauensbruch empfunden, sondern zum Anlass für ein Gespräch genutzt werden sollte. In Zeiten scheinbar grenzenloser Information durch Internet und Selbsthilfegruppen müssen sich Ärztinnen, Ärzte und Krankenhäuser auch auf Patientinnen und Patienten einstellen, die eine vollständige Information über alle über sie gesammelten Daten einfordern.

14. Forschung

Prüfung des Forschungslabors der UKE-Klinik für Allgemeinchirurgie Gravierende Mängel bei der Patienteneinwilligung sowie bei der Organisation der elektronischen Tumorbank wurden nach unserer Datenschutzprüfung gründlich und zügig behoben.

Im Mai 2005 prüften wir die Proben- und Datenbank und die Organisation des Forschungslabors der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Patientinnen und Patienten, die in dieser Klinik operiert werden, erhalten zuvor eine Einwilligungserklärung mit Erläuterung zur Unterschrift vorgelegt, mit der sie um Blut- und / oder Gewebeproben für Forschungszwecke gebeten werden. Diese Erklärungen entsprachen in keiner Weise den datenschutzrechtlichen Anforderungen: Sie unterschieden nicht zwischen der Einwilligung in den körperlichen Eingriff zur Probenentnahme und der Einwilligung in die Probennutzung und Datenverarbeitung. Den Formblättern war nicht klar zu entnehmen, ob mit Tumorgewebe geforscht werden soll, das zu Behandlungszwecken entfernt wurde („Behandlungsproben"), oder mit Proben, die zusätzlich nur für Forschungszwecke entnommen wurden („Forschungsproben"). Die Erklärungen differenzierten auch nicht zwischen aktuellen konkreten und befristeten Forschungsprojekten einerseits und der Sammlung von Proben in einer Biobank für noch unbestimmte zukünftige Forschung andererseits. Schließlich war die Einwilligung in die Forschung untrennbar verbunden mit der Einwilligung in die Meldung zum Krebsregister.

Alle diese Defizite der Aufklärung und Einwilligung wurden inzwischen behoben. Die betriebliche Datenschutzbeauftragte des UKE entwickelte zusammen mit der Klinik und uns ein Set von drei Informations- und Einwilligungsmustern, von denen dem Patienten je nach konkreter Situation und Forschungsplanung jeweils nur eine Fassung zur Unterschrift ausgehändigt wird. Die Einwilligungen in die zusätzliche Probenentnahme für ein konkret zu umschreibendes Forschungsprojekt bzw. für die allgemeine Biobank werden ausdrücklich verbunden mit einer gesonderten Einwilligung in die Nutzung von Behandlungsproben(resten).