Schulschwimmen

1. Anlass:

Die Bürgerschaft hat auf Vorschlag des Senats mit dem Haushaltsplan 2005/2006 eine Kürzung der Ausgabenansätze für das Schulschwimmen (Titel 3020.534.02) ab 2006 um 2 Mio. Euro auf 630 Tsd. Euro beschlossen. Daraus leitet sich die Notwendigkeit einer neuen Organisation und Konzeption des Schwimmangebotes im hamburgischen Schulwesen (siehe Anlage 1) ab, die einerseits den Erfordernissen der Haushaltskonsolidierung und andererseits dem Ziel der Sicherung der für den Schwimmsport erforderlichen Standards Rechnung trägt.

Bisher wurde der Schwimmunterricht in der Regel in den Jahrgangsstufen 3 oder 4 der Grundschule, in einer der Jahrgangsstufen 5 bis 10 der Sekundarstufe I und im Kurssystem der gymnasialen Oberstufe mit einer wöchentlichen Wasserzeit von 30 Minuten über ein Schuljahr angeboten. Über diesen Schwimmunterricht hinaus konnten einzelne Grundschulen mit Lehrschwimmbecken oder räumlich nahe gelegene Schulen zusätzlich zum regulären Schwimmunterricht vorbereitenden oder zusätzlichen Schwimmunterricht in den Lehrschwimmbecken im Rahmen des Sportunterrichts anbieten.

Ein erstes Konzept zur Neuorganisation des Schulschwimmens sah die vorrangige Nutzung von schuleigenen Lehrschwimmbecken für den obligatorischen Schwimmunterricht vor (siehe Drucksache 18/1821). Das Konzept wurde nach der Anhörung von Experten in der Sitzung des Schulausschusses vom 1. April 2005 zum Thema „Schulschwimmen" insbesondere deshalb überarbeitet, weil nach der dort vorherrschenden Auffassung die schulischen Lehrschwimmbecken nicht geeignet sind, die Schwimmfähigkeit entsprechend den Anforderungen des „Jugendschwimmabzeichens Bronze" zu erreichen.

2. Neuordnung des Schulschwimmens:

Zielsetzung:

Das Schwimmen ist gerade für eine Stadt mit einer großen wassersportlichen Tradition ein wichtiges Element der Bewegungskultur und kann lebensrettend sein. Diese Fähigkeit ist zugleich Voraussetzung und Schlüssel zu allen Wassersportaktivitäten. Der Schwimmunterricht soll in der zeitlichen und räumlichen Organisation sowie in der fachlichen Qualität optimiert werden. Vor diesem Hintergrund sollen mit der Neuordnung des Schulschwimmens folgende Ziele erreicht werden:

1. Allen Kindern in den staatlichen Grundschulen wird obligatorischer Schwimmunterricht erteilt: „Jedes Hamburger Schulkind soll nach Verlassen der Grundschule schwimmen können." Diese Fähigkeit wird durch den obligatorischen Schwimmunterricht im Jahrgang 6 der weiterführenden staatlichen Schulen weiter entwickelt.

2. Verbesserung der fachlichen Betreuung im Schwimmunterricht durch Erhöhung der Anzahl der Lehrkräfte pro Lerngruppe. Dazu wird künftig der obligatorische Schwimmunterricht in der Grundschule mit drei Schwimmlehrkräften für zwei Klassen (bislang eine Lehrkraft pro Klasse) durchgeführt.

3. Erhöhung der Verlässlichkeit für den Schwimmunterricht und dessen Ergebnissicherung durch eine entsprechende Gestaltung des Vertrages zwischen der zuständigen Behörde und Bäderland Hamburg GmbH (BLH) bzw. dem Verein Aktive Freizeit e.V. (VAF). Der Schwimmunterricht wird garantiert.

4. Über den obligatorischen Unterricht hinaus kann Schülerinnen und Schülern aller Schulformen und BÜRGERSCHAFT Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft Neuordnung des Schulschwimmens an den allgemein bildenden Schulen

Schulstufen an staatlichen Schulen fakultativer Schwimmunterricht im Rahmen der Möglichkeiten angeboten werden.

5. Erhalt der zuvor zur Schließung vorgesehenen beiden Bäder der BLH in der Wendemuthstraße (Wandsbek) und in der Fabriciusstraße (Bramfeld) für den schulischen Schwimmunterricht und die Nutzung durch die Bevölkerung des Stadtteiles und die Vereine.

6. Reduzierung der Organisationslast der Schulen durch ein gemeinsames, serviceorientiertes Management der zuständigen Behörde und der BLH sowie dem VAF.

7. Verbesserte Möglichkeiten der Unterrichtsgestaltung und Erhöhung der Übungsintensität durch die auf Grund der Verdichtung der Schwimmzeiten verbesserte zeitliche Relation zwischen Wasserzeit und Wege- und Rüstzeiten.

Umsetzung:

Um die genannten Ziele zu erreichen, werden mit Beginn des Schuljahres 2006/2007 grundlegend neue Organisationsformen des schulischen Schwimmunterrichts eingeführt: Schwimmunterricht wird verpflichtend für alle Schülerinnen und Schüler in der Jahrgangsstufe 3 oder in der Jahrgangsstufe 4 der staatlichen Grundschulen sowie in der Jahrgangsstufe 6 aller Schulformen staatlicher Schulen erteilt.

Der Unterricht wird von Schwimmlehrkräften der BLH bzw. des VAF durchgeführt. Die Lehrerstellenbedarfe der Schulen werden pro teilnehmende Klasse um eine Unterrichtsstunde reduziert.

Der obligatorische Schwimmunterricht der Grundschule wird regelhaft mit zwei Klassen in einem Schwimmbad durch drei Schwimmlehrkräfte der BLH bzw. des VAF (Betreuungsschlüssel 2:3) durchgeführt, in der Jahrgangsstufe 6 beträgt der Betreuungsschlüssel grundsätzlich 1:1.

Der Schwimmunterricht in dieser neuen Organisationsform wird jeweils über ein Schulhalbjahr in 18 Wasserzeiten zu jeweils 45 Minuten erteilt.

Schülerinnen und Schüler der Grundschulen werden auf dem Weg zum und vom Schwimmbad von geeigneten Personen begleitet (siehe auch Bürgerschaftsdrucksache 18/3780 „Schulreform in Hamburg"). Die Schulen erhalten entsprechende Mittel zur Finanzierung der Begleitung zugewiesen.

Ausgenommen von der Neuordnung sind die Schülerinnen und Schüler der Sprachheilschulen, Förderschulen und speziellen Sonderschulen (Geistig Behinderte, Körperbehinderte, Blinde und Sehbehinderte und Gehörlose und Schwerhörige). Die Schülerinnen und Schüler dieser Schulen werden weiterhin von Lehrkräften der Schulen unterrichtet.

Die Schülerinnen und Schüler der Integrationsklassen erhalten ebenfalls Schwimmunterricht durch die Schwimmlehrkräfte der BLH oder des VAF. Sie werden von den Erzieherinnen bzw. Erziehern oder Sozialpädagoginnen bzw. Sozialpädagogen der Klassen begleitet. Nach Absprache mit den verantwortlichen Schwimmlehrkräften können sie den Schwimmunterricht unterstützen.

Die Schulen, die aus Schulweggründen in den Schwimmbädern Over und Barsbüttel Schwimmunterricht durchführen, erteilen den Schwimmunterricht mit den eigenen Lehrkräften.

Der obligatorische Schwimmunterricht soll sich in Veränderung der gegenwärtigen Praxis regelhaft auf 1 Zeitstunde (45 Minuten Wasserzeit plus 15 Minuten für das Umkleiden und Duschen) wöchentlich während eines halben Schuljahres erstrecken. Die zeitliche Konzentration im Vergleich zur gegenwärtigen Unterrichtspraxis bietet den Schulen Planungsflexibilität, trägt durch verlängerte Wasserzeiten und dadurch ermöglichte längere Übungszeit zur Verbesserung der Unterrichtsqualität bei und reduziert die Kosten und Organisationszeiten je Schwimmbadbesuch.

Die zuständige Behörde wird den Schulen entsprechend ihrem angemeldeten Bedarf nach Abstimmung mit der BLH und dem VAF jeweils im Frühjahr Nutzungszeiten für das folgende Schuljahr im räumlich in Betracht kommenden Schwimmbad zuweisen.

Mit der BLH und dem VAF wurde ein fachliches Rahmenkonzept vereinbart. Es enthält die Kriterien zur Beurteilung von Schülerleistungen und schreibt gleichzeitig die Ziel- und Leistungsvereinbarungen fest, die jährlich evaluiert und bilanziert werden und Grundlage für eine Fortschreibung im folgenden Schuljahr bilden.

Der Schwimmunterricht für die Hamburger Schülerinnen und Schüler ist weiterhin kostenlos. Für das Schwimmen im Wahlbereich gelten unverändert die Bedingungen der Bildungspläne und der Rahmenpläne Sport analog anderer Sportarten.

Ziele und Inhalte des obligatorischen Schwimmunterrichts

Der obligatorische Schwimmunterricht in der Grundschule wird auf der Grundlage der Rahmenrichtlinien Sport der zuständigen Behörde erteilt. Er zielt ab auf die weitgehende Erfüllung der Bedingungen des „Jugendschwimmabzeichens Bronze", das sichere Schwimmen in einer Schwimmart, das Sammeln von Erfahrungen in verschiedenen Schwimmstilen und das selbst- und mitverantwortliche Verhalten im Wasser.

Ziel des obligatorischen Schwimmunterrichtes in der Jahrgangsstufe 6 ist insbesondere das Erlernen und Verbessern von Schwimmtechniken und der Fähigkeit zum Retten, die Hinführung zum sportlichen Schwimmen für Kurz- und Ausdauerdistanzen und die Teilnahme an Wettkämpfen.

Angestrebt wird die Erreichung der Schwimmfähigkeit für alle Schülerinnen und Schüler nach dem obligatorischen Schwimmunterricht der Jahrgangsstufe 6 zu 95 Prozent.

Als schwimmfähig gelten Schülerinnen und Schüler, die im Besitz des „Jugendschwimmabzeichens Bronze" sind.

Ziele, Inhalte und Methoden des Schwimmunterrichts sind in dem fachlichen Rahmenkonzept formuliert, das Bestandteil des Vertrages zwischen der zuständigen Behörde mit der BLH bzw. dem VAF wird.

3. Transport und Begleitung:

Die Zuweisung der Schulen zu den einzelnen Bädern und die daraus resultierenden Wegezeiten und Transport erfordernisse werden grundsätzlich nach geübter Praxis fortgeschrieben. Dabei wird von folgenden Parametern ausgegangen:

­ Bei einer Entfernung der Schule vom Bad bis zu 1,5 km (bei speziellen Sonderschulen bis zu 1 km) wird der Weg zu Fuß zurückgelegt.

­ Bei einer Entfernung über 1,5 km und bei einem zeitlichen Wegeaufwand bis ca. 30 Minuten wird der ÖPNV genutzt.

­ Bei längeren Entfernungen wird ein von der zuständigen Behörde organisierter Transport genutzt.

Sofern die Schulen kein eigenes Personal für den Schwimmunterricht zur Verfügung stellen, werden für den Schwimmunterricht in der Grundschule die Schülerinnen und Schüler auf dem Weg zum Schwimmbad von externen Personen begleitet, im jeweiligen Schwimmbad der dort verantwortlichen Person der BLH bzw. des VAF übergeben, nach dem Unterricht dort wieder abgeholt und auf dem Rückweg zur Schule begleitet.

Den Schulen werden zur Finanzierung dieser Begleitung Mittel in Höhe von 10 Euro pro Stunde zur Verfügung gestellt.

Für die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln entstehen den Eltern wie bisher ggf. Kosten für so genannte F-Fahrscheine. Sie betragen ab dem 1. August 2006

30,60 Euro für ein Schulhalbjahr. Hierbei wird angenommen, dass für durchschnittlich 18 Schwimmbadbesuche der so genannte F-Fahrschein mit einem Preis von 1,70 Euro erworben werden muss. An den Kosten des ggf. behördlich organisierten Bustransports beteiligen sich die Eltern mit einer Kostenerstattung in Höhe der beschriebenen Fahrtkosten für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Für wirtschaftlich bedürftige Familien im Sinne der Lernmittelverordnung und für Schülerinnen und Schüler an speziellen Sonderschulen werden die Fahrtkosten für das obligatorische Schulschwimmen vollständig aus Haushaltsmitteln finanziert.

4. Rechtsrahmen:

Im Zusammenhang mit der Übertragung von Aufgaben des Schwimmunterrichts an Schwimmlehrkräfte der BLH oder des VAF ist folgender rechtlicher Rahmen zu beachten:

Stellung der Schwimmlehrkräfte Schwimmlehrkräfte der BLH und des VAF sind keine unterrichtenden Lehrkräfte für den Teilbereich Schwimmen i. S. des § 88 Absatz 1 HmbSG. Sie erteilen keinen selbstständigen Unterricht. Sie unterliegen den Vorgaben bezüglich der Ziele, Inhalte und Methoden, die im fachlichen Rahmenkonzept der mit der BLH und dem VAF zu schließenden Verträge formuliert worden sind. Darüber hinaus enthalten die Qualifikationen, die die Schwimmlehrkräfte für die Eignung zur Durchführung des Schwimmunterrichts aufweisen müssen, neben fachlichen auch pädagogische Qualifikationen.

Zeugnisnoten:

Die Zeugniskonferenz beschließt nach § 62 Absatz 1 HmbSG über die Zeugnisnoten im Fach Sport auf der Grundlage des Vorschlags der Sportlehrkraft. In diese Sportnoten fließen die im obligatorischen Schulschwimmen erbrachten Leistungen ein.

Zum Ende eines Schulhalbjahres wird von den Vertragspartnern für jede Klasse eine Teilnahme- und Leistungsstatistik erstellt. Die von den Schülerinnen und Schülern erbrachten Leistungen in den Schwimmstunden werden dokumentiert und den Schulen rechtzeitig vor den Zeugniskonferenzen zur Verfügung gestellt. Die zuständige Sportlehrkraft berücksichtigt diese Leistungen zu einem Drittel bei dem Notenvorschlag für den Sportunterricht.

Darüber hinaus werden im Zeugnis Besonderheiten im Bereich des Lernverhaltens im Schwimmunterricht vermerkt.

Delegation der Aufsicht auf Beschäftigte der BLH sowie des VAF

Im Rahmen der Drucksache 18/3780 „Schulreform in Hamburg" wird der Personenkreis, der die Schülerinnen und Schüler beaufsichtigen darf, um den Personenkreis „andere geeignete Personen" erweitert.

Für den Fall, dass die Schwimmlehrkräfte nach Einschätzung der Schule den Schwimmunterricht nicht auf Grundlage des Rahmenkonzepts erteilen oder den Anforderungen an die Aufsicht nicht genügen, setzen sich die Schule und ein Ansprechpartner der Schwimmstätte unverzüglich ins Benehmen, um eine Lösung zu finden. Ggf. entscheiden die zuständige Schulaufsichtsbeamtin bzw. der zuständige Schulaufsichtsbeamte und die verantwortliche Ansprechpartnerin bzw. der verantwortliche Ansprechpartner von BLH oder vom VAF über das weitere Vorgehen.

Die Finanzierung des Schwimmunterrichts in den verschiedenen Bädern bei dem Titel 3020.534.02 „Schulschwimmen" und der Wegebetreuung bei dem Titel 3100.429.78 „Personalausgaben" wird aus den veranschlagten Mitteln, durch Umschichtungen aus dem Kontenrahmen für Dienstbezüge (KRD) wegen reduzierter Lehrerstellenbedarfe der Schulen und aus Einsparungen wegen der Schließung von Lehrschwimmbecken bzw. ihrer Überlassung an Dritte gedeckt. Übergangsweise wird der verbleibende Finanzierungsbedarf aus dem Titel 9890.971.03 „Rückstellung für Mehraufwendungen" gedeckt.