Entrichtung von Fahrzeugzulassungsgebühren

Der vorgelegte Entwurf eines Gesetzes über die Entrichtung von Fahrzeugzulassungsgebühren (FzZulGebEntrG) dient dazu, § 6 a Absatz 8 Straßenverkehrsgesetz (StVG) in Landesrecht umzusetzen.

Das am 1. Juni 2005 in Kraft getretene „Zweite Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften" (BGBl. I S. 1221) hat mit dieser Vorschrift eine Regelung geschaffen, nach der die Länder bestimmen können, dass die Zulassung von Fahrzeugen von der Entrichtung der dafür bestimmten Gebühren und Auslagen sowie der rückständigen Gebühren und Auslagen aus vorausgegangenen Zulassungsvorgängen abhängig gemacht werden kann.

Ein formelles Gesetz ist auf Grund des Gesetzesvorbehalts (Artikel 20 Absatz 3 GG) unverzichtbar. Die Vorenthaltung der Zulassung bis zur vorherigen Bezahlung der Gebühren und sämtlicher sonstiger rückständiger Gebühren stellt nämlich einen Eingriff in die subjektiven Rechte des Antragstellers dar und greift in den Schutzbereich des Artikel 2 Absatz 1 GG (allgemeine Handlungsfreiheit) ein.

Zwar ist zwischen den Ländern diskutiert worden, ob die Vorschrift des § 6 a Absatz 8 StVG den Landesregierungen den Erlass von Rechtsverordnungen ermöglicht. Es ist jedoch nunmehr übereinstimmende Rechtsauffassung des Bundesministeriums der Justiz, des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie der Verkehrsministerien der Länder, dass § 6 a Absatz 8 StVG keine Verordnungsermächtigung für die Landesregierungen nach Artikel 80 Absatz 1 Satz 1 GG darstellt. Nach Artikel 80 Absatz 1 Satz 1 GG können „durch Gesetz [...] die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen". Demgegenüber beschränkt sich § 6 a Absatz 8 StVG darauf, die genannte Bestimmung den „Ländern" zu überlassen, ermächtigt hierzu aber nicht die Landesregierung. Der Wortlaut der Norm und der Vergleich mit anderen, diesbezüglich eindeutig formulierten Verordnungssermächtigungen im StVG sprechen daher gegen die Annnahme einer Verordnungsermächtigung an die Landesregierungen. Vielmehr ist von einer deklaratorischen Konkretisierung der Restkompetenz der Länder im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes auszugehen (Gestattungsregelung).

Der Senat hält es für geboten, dass von der Regelung des § 6 a Absatz 8 StVG durch die Bürgerschaft Gebrauch gemacht wird, da beim Landesbetrieb Verkehr erhebliche mit dem derzeitigen rechtlichen Instrumentarium zur Vollstreckung von Geldleistungen uneinbringliche Gebührenrückstände aus Zulassungsvorgängen bestehen.

Der Betrieb von Kraftfahrzeugen und ihren Anhängern im öffentlichen Straßenverkehr ist gemäß § 1 StVG zulassungspflichtig. Die Zulassung erfolgt auf Antrag des Fahrzeughalters durch die zuständige Zulassungsbehörde. Generelle Zulassungsvoraussetzung ist das Vorliegen einer Betriebserlaubnis oder einer EG-Typgenehmigung. Ferner ist durch § 1 Pflichtversicherungsgesetz das Bestehen einer Haftpflichtversicherung vorgeschrieben. Einzelheiten des Zulassungsverfahrens sind in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) geregelt. Die im Rahmen der zulassungsrechtlichen Behandlung von Fahrzeugen zu erhebenden Gebühren sind in der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) vorgeschrieben. Bisher existieren keine Bestimmungen, wonach die Zulassung von Fahrzeugen von der Entrichtung noch bestehender Altforderungen gegenüber dem Fahrzeughalter abhängig gemacht werden kann.

Beim Zulassungsvorgang selbst entstehen die Gebührenrückstände nicht. Bisher erfolgt die Zulassung eines Kraftfahrzeuges, wenn der Bürger die damit verbundenen Gebühren und Auslagen bei An-, Um- oder Abmeldung seines Fahrzeugs in der Zulassungsbehörde oder zukünftig per Internet im Voraus nachweisbar bezahlt hat. In der Praxis hat sich für Individualkunden das sog. „Zug-um-Zug-Geschäft" durchgesetzt, d. h., der Kunde legt der Zulassungsbehörde einen Zahlungsbeleg vor und erhält von dieser Dokumente und gesiegelte Schilder ausgehändigt. Bislang hat es bezüglich dieser Verfahrensweise keine Konflikte im täglichen Geschäft oder Rechtsstreitigkeiten mit Kunden gegeben.

Zugleich werden die Kfz-Steuern im Rahmen der Erstversteuerung bar oder per Lastschrift bei der Zulassung eingezogen. Die Bezahlung rückständiger Gebührenschulden war dagegen bisher keine Voraussetzung für eine Zulassung.

Rückständige Gebühren entstehen in der Regel dann, wenn die Zulassungsbehörde von Amts wegen auf Grund eines Fehlverhaltens der Fahrzeughalter gebührenpflichtig aktiv werden muss, den Haltern gegenüber Gebührenbescheide erlässt und die Halter diese Gebühren nicht zahlen. So teilen z. B. die Versicherungen mit, dass Halter über keinen gültigen Versicherungsnachweis verfügen mit der Folge, dass die Zulassungsbehörde den Fahrzeughalter auffordert, eine neue Deckungskarte vorzulegen oder sein Fahrzeug abzumelden (§ 29 d StVZO: Maßnahmen beim Fehlen des Versicherungsschutzes).

Stellt die Polizei bei Kontrollen Mängel am Fahrzeug fest, so informiert sie die Zulassungsbehörde, die den Fahrzeughalter auffordert, die Mängel abzustellen (§ 17 StVZO: Einschränkung und Entziehung der Zulassung). Erfährt die Zulassungsbehörde von einer nicht gemeldeten Anschriftenänderung, erinnert sie den Fahrzeughalter an die Aktualisierung (§ 27 StVZO: Meldepflicht der Eigentümer und Halter von Kraftfahrzeugen oder Anhängern). Die für diese Amtshandlungen zu erhebenden Gebühren ergeben sich aus der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt),

2. Abschnitt, Ziffer 399.

Bei allen genannten und anderen Vorgängen entstehen Gebührenforderungen, die an die Voraussetzungen der Zulassung anknüpfen (Versicherungspflicht, Mängelfreiheit) und somit als Gebühren aus Zulassungsvorgängen anzusehen sind.

Dieser Begriff erfasst zudem gleichermaßen An-, Ab- oder Ummeldungen. Diese weite Auslegung ist deshalb angezeigt, weil ansonsten wegen des auch in anderen Bundesländern in der Praxis angewandten Zug-um-Zug-Prinzips bei der Zulassung Rückstände gar nicht entstehen könnten und die Regelung des § 6 a Absatz 8 StVG inhaltsleer wäre.

Der Fahrzeughalter ist bei diesen Tätigkeiten der Zulassungsbehörde nicht anwesend und kann daher nicht direkt zur Begleichung bestehender Gebührenforderungen aufgefordert werden. Die mit entsprechenden Aktivitäten verbundenen Aufwendungen werden dem Halter daher nach der GebOst durch Gebührenbescheid auferlegt. Nur in etwa 65 % der Fälle kommen die Halter der Zahlung der Gebühren nach, zum Teil erst nach aufwendigen Adressermittlungs-, Mahn- und Vollstreckungsverfahren. Sofern Gebühren nicht ohnehin auf Grund der Kleinbetragsgrenze von 25 Euro gemäß Anlage zu Verwaltungsvorschrift Nummer 2.6 zu § 59 Landeshaushaltsordnung nicht vollstreckt oder wegen Insolvenz des Gebührenschuldners niedergeschlagen wurden, beläuft sich bei den sonstigen säumigen Gebührenschuldnern der durchschnittliche Forderungswert inklusive Mahn- und Vollstreckungskosten auf über 100 Euro. So wurden im Landesbetrieb Verkehr zuletzt im Jahr 2004 Forderungen in Höhe von 459 Tsd. Euro im Zusammenhang mit Zulassungen abgeschrieben.

II. Lösung

Der neue § 1 S. 1 FzZulGebEntrG ermächtigt die Zulassungsbehörde, die Zulassung eines Fahrzeugs erst dann vorzunehmen, wenn die hierfür zu entrichtenden Gebühren und Auslagen bezahlt worden sind und schafft damit eine spezielle Rechtsgrundlage für die bisherige Praxis.

Der neue § 1 Satz 2 FzZulGebEntrG normiert darüber hinaus die Verpflichtung der Zulassungsbehörde, die Zulassung eines Fahrzeugs erst dann vorzunehmen, wenn die Fahrzeughalterinnen oder Fahrzeughalter alle rückständigen Gebühren aus vorausgegangenen Zulassungsvorgängen und damit zusammenhängenden Verwaltungs- und Vollstreckungsverfahren bezahlt haben. Die Erfüllung dieser Geldschuld regelt sich nach den Erfüllungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 362 ff.) in entsprechender Anwendung. Es genügt damit nicht, dass eine Einzugsermächtigung im Lastschriftverfahren erteilt wird.

Ausgenommen von den Rückständen sind alle Fälle, bei denen mit den Schuldnern besondere Regelungen vereinbart wurden, z. B. Ratenzahlung und Stundung. Dies ergibt sich daraus, dass § 1 FzZulGebEntrG die Fälligkeit voraussetzt, welche sich nach § 17 Verwaltungskostengesetz richtet und durch Stundung oder Ratenzahlungsvereinbarung ausgeschlossen wird, weil die Behörde hierdurch einen späteren Zeitpunkt bestimmt. Dies ermöglicht es der Behörde, in besonderen Fällen flexibel zu reagieren.

Als rückständige Zahler gelten alle Gebührenschuldner, gegenüber denen eine Forderung mit Datum des Gebührenbescheides besteht.

§ 2 FzZulGebEntrG ist die Rechtsgrundlage dafür, dass die Zulassungsbehörde Daten aus vorausgegangenen Zulassungsvorgängen und damit zusammenhängenden Verwaltungs- und Vollstreckungsverfahren verarbeiten und in nachfolgenden Zulassungsvorgängen der entsprechenden Fahrzeughalterinnen oder Fahrzeughalter verwerten darf.

§ 3 FzZulGebEntrG regelt die Mitteilung der Rückstände durch die Zulassungsbehörde an die Fahrzeughalterin oder den Fahrzeughalter. Zudem wird die datenschutzrechtliche Grundlage dafür geschaffen, dass die Zulassungsbehörde Dritten, die von den Fahrzeughalterinnen oder Fahrzeughaltern bevollmächtigt sind, das Zulassungsverfahren durchzuführen, die Gebühren- und Auslagenrückstände mitteilen darf. Die hierfür erforderliche Erklärung wird vom Fahrzeughalter eingefordert.

In anderen Bundesländern wird derzeit an Regelungen gearbeitet, die diesem Gesetzentwurf im Wesentlichen entsprechen. In Schleswig-Holstein und Niedersachsen stehen die Gesetzgebungsverfahren kurz vor dem Abschluss. In Berlin ist ein entsprechendes Gesetz am 25. März 2006 in Kraft getreten.

Der Landesbetrieb Verkehr wird ab 1. Juli 2006 in der Lage sein, diese Regelungen technisch umzusetzen.

III. Kosten Keine.

IV. Petitum:

Der Senat beantragt, die Bürgerschaft wolle das anliegende Gesetz über die Entrichtung von Fahrzeugzulassungsgebühren (Fahrzeugzulassungsgebührenentrichtungsgesetz ­ FzZulGebEntrG) beschließen.

§ 1:

Unbeschadet zulassungsrechtlicher und kraftfahrzeugsteuerlicher Bestimmungen kann die Zulassung eines Fahrzeugs abgelehnt werden, wenn die hierfür zu entrichtenden Gebühren und Auslagen nach der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr vom 26. Juni 1970 (BGBl. I S. 865, 1298), zuletzt geändert am 16. März 2006 (BGBl. I S. 543, 553), in der jeweils geltenden Fassung nicht gezahlt wurden. Die Zulassung eines Fahrzeuges darf nur erfolgen, wenn die Fahrzeughalterin oder der Fahrzeughalter der Zulassungsbehörde fällige rückständige Gebühren und Auslagen aus vorausgegangenen Zulassungsvorgängen und damit zusammenhängenden Verwaltungs- und Vollstreckungsverfahren gezahlt hat.

§ 2:

Die Zulassungsbehörde ist befugt, die nach § 1 erforderlichen Daten, auch soweit sie Rückstände aus vorausgegangenen Zulassungsvorgängen und damit zusammenhängenden Verwaltungs- und Vollstreckungsverfahren betreffen, zu verarbeiten.

§ 3:

Im Rahmen der zulassungsrechtlichen Befassung teilt die Zulassungsbehörde der Fahrzeughalterin oder dem Fahrzeughalter fällige Rückstände nach § 1 Satz 2 mit. Hat die Fahrzeughalterin oder der Fahrzeughalter eine dritte Person beauftragt, so hat diese die Einwilligung der Fahrzeughalterin oder des Fahrzeughalters in die Bekanntgabe der Rückstände an die beauftragte Person mit dem Nachweis der Vollmacht in schriftlicher Form vorzulegen.

§ 4:

§§ 1 bis 3 finden auch Anwendung bei rückständigen Gebühren und Auslagen aus vorausgegangenen Zulassungsvorgängen und damit zusammenhängenden Verwaltungsund Vollstreckungsverfahren, die vor In-Kraft-Treten dieses Gesetzes entstanden sind. § 1 Satz 1 FzZulGebEntrG ermächtigt die Zulassungsbehörde, die Zulassung eines Fahrzeugs zu verweigern, wenn für den aktuellen Zulassungsvorgang fällige Gebühren und Auslagen nicht bezahlt wurden. Hierdurch wird der in der Praxis bewährte und durch § 16 Verwaltungskostengesetz gedeckte Grundsatz der Bezahlung in Form eines Zugum-Zug-Geschäftes als verbindlich eingeführt und ihm eine speziellere Rechtsgrundlage gegeben. Auf Grund der Kann-Bestimmung sind Abweichungen von diesem Grundsatz möglich, z. B. durch eine vorherige schriftliche Zahlungsvereinbarung zwischen der Fahrzeughalterin oder dem Fahrzeughalter und der Zulassungsbehörde (z. B. Rechungszahlungen für Großkunden oder Zulassungsdienstleister), so dass flexibles Verwaltungshandeln ermöglicht wird.

§ 1 Satz 2 FzZulGebEntrG normiert die Verpflichtung der Kraftfahrzeugzulassungsbehörde, die Zulassung eines Fahrzeugs erst dann vorzunehmen, wenn die Fahrzeughalterin oder der Fahrzeughalter alle rückständigen Gebühren aus vorausgegangenen Zulassungsvorgängen und damit zusammenhängenden Verwaltungs- und Vollstreckungsverfahren bezahlt hat. Die Erfüllung dieser Geldschuld richtet sich nach den Erfüllungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 362 ff.) in entsprechender Anwendung. Es genügt damit nicht, dass eine Einzugsermächtigung im Lastschriftverfahren erteilt wird.

Ausgenommen von den Rückständen sind alle Fälle, bei denen mit den Schuldnern besondere Regelungen vereinbart wurden, z. B. Ratenzahlung und Stundung. Dies ergibt sich daraus, dass § 1 FzZulGebEntrG die Fälligkeit voraussetzt, welche grundsätzlich gemäß § 17 Verwaltungskostengesetz mit Bekanntgabe der Kostenentscheidung an den Schuldner eintritt, aber durch Festsetzung eines anderen Zeitpunktes durch die Behörde ausgeschlossen werden kann. Dies ermöglicht es der Behörde, in besonderen Fällen flexibel zu reagieren.

2. Zu § 2 FzZulGebEntrG § 2 FzZulGebEntrG ist die datenschutzrechtlich erforderliche Rechtsgrundlage dafür, dass die Zulassungsbehörde Daten aus vorausgegangenen Zulassungsvorgängen und damit zusammenhängenden Verwaltungs- und Vollstreckungsverfahren in laufenden Zulassungsvorgängen der entsprechenden Fahrzeughalterinnen oder Fahrzeughalter verarbeiten darf.

3. Zu § 3 FzZulGebEntrG § 3 FzZulGebEntrG regelt die Mitteilung der Rückstände durch die Zulassungsbehörde an die Fahrzeughalterinnen oder die Fahrzeughalter. Zudem wird die datenschutzrechtliche Grundlage dafür geschaffen, dass die Zulassungsbehörde einer dritten Person, die von der Fahrzeughalterin oder dem Fahrzeughalter bevollmächtigt ist, das Zulassungsverfahren durchzuführen, die Gebühren- und Auslagenrückstände mitteilen darf. Die hierfür erforderliche schriftliche Erklärung wird von der Fahrzeughalterin oder dem Fahrzeughalter eingefordert.

4. Zu § 4 FzZulGebEntrG § 4 FzZulGebEntrG ermöglicht die Anwendung der §§ 1 bis 3 auch auf vor In-Kraft-Treten des Gesetzes entstandene Zulassungsvorgänge und damit zusammenhängende Verwaltungs- und Vollstreckungsverfahren.