Zertifizierung

· Verhandlungsverfahren

Das Verhandlungsverfahren entspricht dem nationalen Verfahren „Freihändige Vergabe" und ist an in § 3 a Abs. 4 VOL/A aufgeführte Voraussetzungen gebunden, die hier als nicht erfüllt angesehen werden. Zurückzugreifen wäre auf dieses Verfahren erst dann, wenn eine Offene Ausschreibung nicht zum Erfolg führt.

Bei der Vergabeart kann daher grundsätzlich zwischen dem Offenen Verfahren und dem Nichtoffenen Verfahren mit Teilnahmewettbewerb gewählt werden, wobei das Abweichen vom Offenen Verfahren zu begründen und zu dokumentieren ist.

Die Begründung zur Abweichung vom Offenen Verfahren und ggf. ein Ausschluss von Bewerbern aufgrund mangelnder Eignung sind jeweils rechtlich überprüfbar. Das kann zu zeitlichen Verzögerungen des Vergabeverfahrens führen. Daher legt auch der zeitliche Aspekt die Wahl des Offenen Verfahrens nahe.

Festlegung des Ausschreibungsgegenstandes

Eine Systementscheidung kann nur aufgrund nachvollziehbarer Kriterien getroffen werden.

Die bisherige Einschätzung der Kompatibilität der vorgestellten Lösungsansätze mit den Anforderungen des neuen Wahlrechts ließe zwar möglicherweise ein Ranking der Verfahren zu, allerdings führt dies nicht zwangsläufig zu einer vergaberechtlichen Ausschlussbegründung.

Auch die Beratung durch die zuständige Stelle der Behörde für Inneres zur Qualitätssicherung für Vergabeverfahren (QSV) hat ergeben, dass keine objektive Handhabe gesehen wird, eine der Firmen, die bereits ihre Ideen der Landeswahlleitung vorgestellt haben, vom Vergabeverfahren auszuschließen.

Von einer Systementscheidung vor Ausschreibung einer technischen Unterstützung wird daher abgeraten.

2. Aufbau der Verdingungsunterlagen (Leistungskriterien)

· Formulierung der Rahmenbedingungen

In diesem Teil der Verdingungsunterlagen wird die bisherige Wahlorganisation genau beschrieben. Dadurch soll der Anbieter in die Lage versetzt werden, sich auf bisherige Abläufe zu beziehen, bzw. diese den Erfordernissen seines Angebotes zielgerichtet anzupassen.

Neben anderen Aspekten hat der Anbieter in seinem Angebot insbesondere sicher zu stellen, dass die Wahlvorstände kurzfristig im Umgang mit der neuen Technik geschult werden, alle ca. 1300 Wahllokale mit der neuen Technik punktgenau zum Wahltag ausgestattet werden und die durchschnittlich maximal mögliche Verweildauer eines Wählers in der Wahlkabine eingehalten wird.

· Eignungsanforderungen an die Bieter

Hier wird die Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Anbieter anhand beizubringender Unterlagen überprüft.

· Vorgabe der Zertifizierung anhand eines speziell für demokratische Wahlen entwickelten Schutzprofils (Lastenheft der technischen Sicherheits- und Vertrauenswürdigkeitsanforderungen)

Hierbei handelt es sich um ein Ausschlusskriterium. Nach Ablauf der Angebotsfrist, werden die Angebote geeigneter Bieter nach den unten beschriebenen Kriterien bewertet und in eine Rangfolge gebracht. Diese wird den Bietern mitgeteilt und sie werden aufgefordert, sich anhand des Schutzprofils beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifizieren zu lassen. Den Zuschlag erhält der ranghöchste Anbieter mit Zertifikat.

· Anforderungen, die sich aus den rechtlichen Vorgaben einer WahlgeräteVO ableiten

Es handelt sich um ein Ausschlusskriterium.

Neben Anforderungen an die Robustheit der Hardware hat der Anbieter insbesondere Anforderungen, die sich aus dem Bürgerschaftswahlgesetz und der Wahlordnung ergeben, wie beispielsweise:

­ die Anzahl der aufzunehmenden Wahlvorschläge darf nicht durch das zur Verfügung stehende Stimmzettelformat begrenzt werden

­ der Stimmzettel ist nach den Vorgaben des Gesetzes zu visualisieren zu erfüllen.

· Testgestellung

Die formulierten Leistungsanforderungen, vor allem zur Akzeptanz und Handhabbarkeit des Wahlgeräts sowie damit zusammenhängend zur Dauer des einzelnen Wahlvorgangs werden in drei Kategorien unterteilt, die jeweils durch eine von drei zu bildenden Testgruppen zu bewerten sind.

Die drei Testgruppen umfassen die Entscheidungsträger, eine Gruppe bestehend aus 100 nach bestimmten Kriterien zusammengestellten Testwählern und eine Gruppe bestehend aus 14 ehrenamtlichen Wahlhelfern.

Die Bewertungsergebnisse werden bepunktet und so gewichtet, sodass im Ergebnis die den Erfordernissen an ein Wahlgerät besonders hervorzuhebenden Kriterien der Akzeptanz und Handhabbarkeit des Wahlgeräts sowie die Dauer des Wahlvorgangs den Ausschlag für die Höhe der Punktzahl geben.

Den Anbietern sind die Bewertungskriterien vorab bekannt zu geben, sodass sie ihr Angebot daran ausrichten können.

· Konzepte

Die Mindestanforderungen an die von den Anbietern zu liefernden Konzepte (z. B. Schulung, Logistik) werden in den Verdingungsunterlagen kurz beschrieben. Eine Bewertung der Konzepte obliegt den Entscheidungsträgern und erfolgt durch Punktevergabe. Den Anbietern wird vorab die zu vergebende Höchstpunktzahl und die Gewichtung der Konzeptbewertung im gesamten Bewertungsraster mitgeteilt.

· Preisblätter

Die Preisblätter enthalten alle relevanten Einzelpreise zu sämtlichen abgefragten Einzelpositionen als auch einen Endpreis, um so die Vergleichbarkeit der Angebote zu gewährleisten.

· Bewertung der Angebote nach der erweiterten Richtwertmethode

Der Vorteil dieses Bewertungsverfahrens liegt darin, dass die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes nicht allein vom Leistungs-Preis-Verhältnis abhängt, sondern dass daneben ein Entscheidungskriterium für die Wirtschaftlichkeit festgelegt werden kann.

Neben dem Preis kann dieses Entscheidungskriterium auch eine Kriteriengruppe oder eine konkrete Testgestellung sein. Von den vorselektierten Angeboten würde dann das in wichtigen Teilen der Leistungsbeschreibung oder das bei der Testgestellung leistungsstärkste Angebot den Zuschlag erhalten.

3. Folgerungen aus der Diskussion zur Vorgehensweise beim Ausschreibungsverfahren Anlässlich der in der Sitzung des Verfassungsausschusses am 31.03.2006 von Seiten der Abgeordneten geäußerten Bedenken gegenüber der geplanten Vorgehensweise beim Ausschreibungsverfahren wird die Behörde für Inneres überprüfen lassen, ob vergaberechtliche Risiken ausgeschlossen werden können, wenn vor Ausschrei bungsbeginn bereits eine Eingrenzung auf ein System der technischen Wahlunterstützung erfolgt, das der bisherigen Form der Stimmabgabe weitgehend entspricht.

Dabei gilt es vor allem das Gewicht des Arguments zu prüfen, das auf diese Weise verhindert werden soll, dass die Wahlberechtigten überfordert werden, indem sie sich auf zwei Änderungsnotwendigkeiten gleichzeitig einstellen müssen, nämlich auf das geänderte Wahlrecht und ein geändertes Verfahren der Stimmabgabe. Damit soll auch das Risiko eines Rückgangs der Wahlbeteiligung aufgrund fehlender Akzeptanz für das eingesetzte Stimmabgabeverfahren bei der technischen Wahlunterstützung so gering wie möglich gehalten werden.

Zur Durchführung dieser Prüfung wird eine Arbeitsgruppe aus Juristen der Finanzbehörde, der Innenbehörde, Dataport sowie eines auf Empfehlung von Dataport einschlägig mit dem europäischen Vergaberecht vertrauten Anwalts aus der Privatwirtschaft gebildet. Ein Ergebnis der Prüfung soll bis Anfang Mai vorliegen. Dies ist ausreichend, wie der beigefügte Zeitplan zeigt.

Die weitere Arbeit der bei der Behörde für Inneres eingerichteten Projektgruppe bleibt bis dahin von der ausstehenden Entscheidung unberührt, da die zu formulierenden Anforderungen

· an die Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit,

· rechtlicher Art,

· an die Handhabbarkeit für Wählerinnen und Wähler

· und damit verbunden deren Akzeptanz des Wahlgerätes annähernd gleich bleiben. Sollte eine Systementscheidung vor Ausschreibungsbeginn getroffen werden können, wären lediglich einige Anforderungen, insbesondere rechtlicher Art und an die Handhabbarkeit des Wahlgerätes konkreter zu fassen.