Behördliche Rechtsaufsicht über die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg
Laut § 78 (1) SGB V trägt die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales als die für die Sozialversicherung zuständige oberste Verwaltungsbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg die Rechtsaufsicht gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburgs (KVH).
Nach § 78 (3) SGB V erstreckt sich diese Aufsicht auf die Beachtung von Gesetz und sonstigem Recht.
Laut Pressemitteilung vom 30. Juni 1998 erklärte der Hamburgische Datenschutzbeauftragte, dass die KVH seit einem Jahr der gesetzlich vorgeschriebenen Unterrichtung des Patienten über die von seinem Arzt abgerechneten Leistungen und die von den Krankenkassen zu zahlenden Entgelte nicht nachkommt.
Nach dem durch das Zweite Gesetz zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung (2. GKV-NOG) vom 23. Juni 1997 angefügten § 305 Absatz 2 Sozialgesetzbuch (SGB) V haben die Ärzte, Zahnärzte und Krankenhäuser die Versicherten innerhalb von vier Wochen nach Ablauf des Quartals über die zu Lasten der Krankenkassen abgerechneten Leistungen und die von den Krankenkassen zu zahlenden Entgelte zu informieren. Das Nähere zur Erfüllung dieser Pflicht sollen die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die Spitzenverbände der Krankenkassen sowie die Deutsche Krankenhausgesellschaft einheitlich und gemeinsam durch Vertrag regeln. Die Partner, die das Nähere zu regeln haben, unterliegen der Rechtsaufsicht des Bundesministers für Gesundheit.
Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt.
1. a) Welche Stellen in welchen Behörden sind für die Rechtsaufsicht über die KVH zuständig?
b) Wie viele und welche Planstellen sind mit welchem Zeitaufwand mit der Rechtsaufsicht befaßt?
Die Rechtsaufsicht über die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg (KVH) führt in der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) die Abteilung für Sozialordnung. Neben anderen Aufgaben sind mit der Rechtsaufsicht vier Mitarbeiter befaßt; der Zeitaufwand hierfür beläuft sich schätzungsweise auf ungefähr 0,5 Personen pro Jahr.
2. Seit wann ist dem Senat diese Haltung der KV Hamburg bekannt, wie beurteilt er diese Praxis, und was gedenkt er zu unternehmen, um die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben durch die KVH zu gewährleisten?
Der BAGS ist seit einer Bund/Länder-Besprechung zur Umsetzung des 2. GKV-NOG im September 1997 bekannt, dass die Erfüllung der Informationspflicht ohne die geforderten vertraglichen Ausführungsregelungen (siehe Vorbemerkung) nicht erfolgen kann und im übrigen bei dem derzeitigen Vergütungssystem praktisch undurchführbar ist. Entsprechend gab es keine aufsichtsrechtliche Handhabe gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg, die Erfüllung dieser Pflicht anzumahnen.
3. Welche Kenntnisse liegen dem Senat über entsprechende Positionen von Kassenärztlichen Vereinigungen anderer Bundesländer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in dieser Frage vor?
4. In welchen anderen Bundesländern ist diese gesetzliche Pflicht zur zeitnahen Unterrichtung des Patienten ebenfalls nicht möglich, und welche Gründe werden dafür im einzelnen angeführt?
Der § 305 Absatz 2 SGB V wird insbesondere wegen der fehlenden Ausführungsregelungen in keinem Land umgesetzt.
5. a) Wie viele Abrechnungsdaten werden von der KVH in welchen zeitlichen Abständen an die Krankenkassen übermittelt?
Zur Zeit übermittelt die KVH einmal im Quartal die Abrechnungsdaten aus ca. 2,5 Millionen Behandlungsfällen an die Krankenkassen. Die Abrechnungsdatensätze, die den Krankenkassen zur Verfügung zu stellen sind, und die Art der Übermittlung der Daten sind in einem Vertrag bestimmt, der zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und den Spitzenverbänden der Krankenkassen abgeschlossen ist. Die Bewertung dieses Vertrages obliegt dem auch insoweit aufsichtsführenden Bundesminister für Gesundheit.
5. b) Welche Verfahren wendet die rechtsaufsichtsausübende Behörde an, um die rechtmäßige Übermittlung zu überprüfen?
Im Rahmen turnusmäßiger oder anlaßbezogener Prüfungen wird insbesondere die Übereinstimmung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes mit den vorgegebenen bundesrechtlichen Ausführungsbestimmungen festgestellt.
5. c) Welche Verfahren standen dem Hamburgischen Datenschutzbeauftragten zur Verfügung, um diesen Mißstand aufzudecken?
Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte hat den Sachverhalt mit der KVH in mehreren Gesprächen aufgeklärt und erörtert.
6. In der Pressemitteilung führt der Hamburgische Datenschutzbeauftragte weiter Mängel der KVH beim Umgang mit Daten an. So seien patientenbezogene Daten unzureichend gesichert, die Abrechnungsdatensätze ermöglichten den Kassen die Zuordnung zu einzelnen Patienten, und die AOK erhalte Daten von unter Achtzehnjährigen. Wie bewertet der Senat die Mängelliste des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten?
Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte und die KVH sind über datenschutzrechtliche Probleme weiterhin im konstruktiven Gespräch. Der Senat wird sich ggf. im Rahmen seiner Stellungnahme zum Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten mit der Angelegenheit befassen.