Die Personalsituation in der Hamburger Steuerverwaltung ist mehr als unbefriedigend

Lässt der Finanzsenator die Finanzämter im Stich?

Die Personalsituation in der Hamburger Steuerverwaltung ist mehr als unbefriedigend. Die Folge davon ist, dass dem Staat und damit der Allgemeinheit die zustehenden Steuern in beträchtlichem Umfang ­ in Millionenhöhe ­ entgehen.

Aktuell hat gerade der Bundesrechnungshof die zu hohe Arbeitsbelastung der Steuerbeamten festgestellt. Eine durchschnittlich für die Bearbeitung zur Verfügung stehende Zeit von 20 Minuten je Steuererklärung sei einfach nicht ausreichend.

In der Koalitionsvereinbarung auf Bundesebene ist zwischen CDU und SPD vereinbart worden:

­ verstärkt gegen Steuermissbrauch vorzugehen sowie

­ vorhandene Steuerquellen müssen besser ausgeschöpft und

­ Besteuerungsrechte entschlossen durchgesetzt werden.

Damit ist im Gegensatz zu den Äußerungen des Finanzsenators erneut deutlich geworden, dass die Kompliziertheit des Steuerrechts nicht allein die schwierige Situation in den Finanzämtern erklärt, sondern dass es dringend einer personellen Verstärkung bedarf.

Ich frage den Senat:

Der Präsident des Bundesrechnungshofs hat bei der Vorlage eines Gutachtens zu aktuellen Problemen beim Steuervollzug eine durchgreifende Vereinfachung des Steuerrechts und eine Steigerung der Effizienz der Steuerverwaltung gefordert. Beispielhaft werden genannt

· die Modernisierung des Besteuerungsverfahrens zu beschleunigen,

· elektronische Steuerveranlagungssysteme bundesweit einzuführen,

· Personal verstärkt für die Überprüfung risikobehafteter Fälle einzusetzen,

· die Betriebsprüfung effektiver zu gestalten,

· die Prüfungsquote der Umsatzsteuer-Sonderprüfung zu erhöhen,

· eine zentral zuständige Bundesbetriebsprüfung könnte Konzerne und international verbundene Unternehmen straffer und wirksamer prüfen,

· die Übertragung der Verwaltungskompetenz bei den Gemeinschaftsteuern von den Ländern auf den Bund würde den Gesetzesvollzug verbessern.

In die gleiche Richtung wie die Empfehlungen des Bundesrechnungshofs gehen die auf Bundesebene zwischen den Regierungsparteien in der Koalitionsvereinbarung getroffenen Verabredungen. Eine personelle Verstärkung der Steuerverwaltung ist dagegen den Empfehlungen des Präsidenten des Bundesrechnungshofs nicht zu entnehmen. In den vier zuerst genannten Bereichen hat die zuständige Behörde bereits Initiativen ergriffen, mit denen schon Verbesserungen erreicht werden konnten.

Die zur Verbesserung des Vollzugs der Steuergesetze eingeleiteten Maßnahmen sind von der zuständigen Behörde in diversen Beiträgen zu den Jahresberichten des Landesrechnungshofs dargestellt worden. Sie hat zuletzt im Mai dieses Jahres eingehend zum Stand des geplanten Risikomanagements zur maschinellen Bearbeitung von Steuerfällen gegenüber dem Landesrechnungshof berichtet. Der Rechungsprüfungsausschuss hat den Bericht bei der Beratung des Jahresberichts 2006 und offener Punkte aus früheren Jahresberichten beraten.

Der Senat geht hiernach davon aus, dass die Hamburger Steuerverwaltung angesichts der bereits eingeleiteten und weiter vorgesehenen Maßnahmen für die Erledigung der anstehenden Aufgaben angemessen ausgestattet ist. Siehe im Übrigen Drsn. 18/1284 und 18/3091.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt:

1. Hat der Senat bzw. die zuständige Behörde konkrete Maßnahmen im Sinne der Koalitionsvereinbarung u. a. durch Personalverstärkung durchgeführt? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht?

2. Beabsichtigt der Senat bzw. die zuständige Behörde konkrete Maßnahmen u. a. Personalverstärkung durchzuführen? Wenn ja, welche? Wenn nein warum nicht?

Siehe Vorbemerkung.

Auf der Grundlage der Antworten auf meine Schriftliche Kleine Anfrage ­ Drs. 18/3091 ­ ergeben sich die folgenden Fragen 3­9:

3. Sind die Zielvorgaben (Erledigungsquote und Betriebsprüfung) von den Finanzämtern erreicht worden ­ bitte je Hamburger Finanzamt nach einzelnen Fallgruppen der Erledigungsquote und jeweiligem Stichtag aufführen? Wenn nein, worin liegt das jeweils begründet?

4. Sind die Zielvorgaben ab 2006 verändert worden? Wenn ja, wann, von wem, und inwiefern?

Die zuständige Behörde vereinbart mit den Finanzämtern jährlich individuelle Ziele für die Festsetzungsbereiche, die Betriebsprüfung und seit 2006 für die Lohnsteueraußenprüfung. Diese Vereinbarungen berücksichtigen neben den strategischen Zielen der Steuerverwaltung insgesamt die Leistungsfähigkeit des jeweiligen Finanzamts entsprechend bekannter oder prognostizierter Rahmenbedingungen.

Die Zielvereinbarungen werden jährlich überprüft und den geänderten Verhältnissen und Rahmenbedingungen (z. B. gesetzliche Änderungen) angepasst, dies gilt auch für 2006. Im Übrigen siehe Anlage.

5. Sowohl der Hamburger Rechnungshof wie auch der Bundesrechnungshof bemängeln die Qualität der Arbeit in den Finanzämtern, Der Grund hierfür ist in der nicht ausreichenden Personalausstattung zu suchen. Wird in dem neuen Controllingverfahren neben der Quantität auch die Qualität überprüft? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum nicht?

Das Controllingverfahren und das zugrunde liegende Berichtswesen sind für eine Darstellung der Einzelfallqualität noch nicht geeignet. Zum Stand der Einführung eines Risiko- und Qualitätsmanagements wird auf den Bericht der Steuerverwaltung vom April 2006 für die Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses am 27. Juni 2006 verwiesen. Siehe im Übrigen Vorbemerkung.

6. Der Senat hat in seiner Antwort zu 2. erklärt, von einer weiteren Aussetzung der bundeseinheitlich vorgegebenen Bearbeitungsgrundsätze über den 31. Dezember 2004 hinaus keine Kenntnis zu haben. Wie erklärt der Senat bzw. die zuständige Behörde den Umstand, dass in dem genannten Finanzamt sehr wohl die schriftlich angeordnete Aussetzung über das Jahr 2004 Bestand hatte?

Die schriftliche Anordnung des Finanzamts Hamburg Am Tierpark war auf den 31. Dezember 2004 befristet.

7. Wie viele Planstellen sind in der Steuerverwaltung nicht besetzt? Bei wie vielen Stellen ist dies auf die Grundvakanz zurückzuführen?

Nach dem Stand vom 1. Juli 2006 waren 149,5 Planstellen in der Steuerverwaltung nicht besetzt. Zum 31. August bzw. 30. September 2006 beenden 75 Nachwuchskräfte des mittleren bzw. gehobenen Dienstes die Ausbildung. Diese werden, soweit sie die Laufbahnprüfung bestehen, in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen.

Hierfür sind Planstellen in entsprechender Höhe frei zu halten.

Die Stellen, die nicht besetzt werden können (Grundvakanz), ergeben sich jeweils aus der Begrenzung durch das Personalkostenbudget und sind daher zahlenmäßig nicht festgelegt.

8. Wie hat sich das Personalkostenbudget der Steuerverwaltung in den einzelnen Jahren 2002­2006 entwickelt?

2002 170.096 Tsd. Euro 2003 172.390 Tsd. Euro 2004 171.888 Tsd. Euro 2005 171.583 Tsd. Euro 2006 172.622 Tsd. Euro

9. Die Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst haben im vergangen Jahr 44 v. H. der Teilnehmerinnen und Teilnehmer nicht bestanden. Wie beurteilt der Senat bzw. die zuständige Behörde diese Durchfallquote?

Welche Gründe für diese hohe Durchfallquote sind dem Senat bzw. der zuständigen Behörde jetzt bekannt? Sind Konsequenzen für weitere Prüfungen daraus gezogen worden? Wenn ja, welche? Wenn nein warum nicht?

An der nachgefragten Laufbahnprüfung in 2005 haben 41 "Prüflinge" teilgenommen; davon haben 23 (56 %) sogleich bestanden. Nicht bestanden haben diese Laufbahnprüfung 18 (44 %). An der Wiederholungsprüfung (fünf Monate später) haben 17 "Prüflinge" teilgenommen; davon haben 13 bestanden, 4 nicht bestanden. Somit haben schließlich rund 90 % die Prüfung bestanden.

Dieses Prüfungsergebnis ist insgesamt nur geringfügig schlechter als die Ergebnisse in den Laufbahnprüfungen der beiden Vorjahre (2004: Bestanden 94 %; 2003: Bestanden 92 %). Gleichwohl bemühen sich die zuständige Behörde, die Hochschule für Finanzen und die für die Durchführung der berufspraktischen Studienzeit zuständigen Finanzämter verstärkt, die Ausbildung kontinuierlich weiterhin zu verbessern.

10. Der Präses der Finanzbehörde hat erklärt, dass die Bearbeitungszeit für die Einkommensteuererklärungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sechs bis acht Wochen beträgt. Trifft dies nach wie vor für alle diese Erklärungen zu, unabhängig von der Art der Einreichung (Elster oder Post)? In welchen Finanzämtern ist die Aussage des Präses zurzeit aus welchen Gründen nicht umzusetzen? Welcher Rückstand von Bearbeitungszeiten ist jeweils zu verzeichnen?

Die vorgesehene Bearbeitungszeit für die Einkommensteuererklärungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern von durchschnittlich acht Wochen zwischen Erklärungseingang und Bescheiddatum wird für den aktuellen Veranlagungszeitraum 2005 zur Zeit von keinem Hamburger Finanzamt überschritten.