Ziel der kohärenzsichernden Maßnahmen ist es das Netz Natura 2000 zu erhalten

Umweltbericht - Seite 49 von 69 mutbar ist und somit weiterverfolgt werden muss. Mit der im Rahmen der Flächennutzungsplanänderung verfolgten Variante 12 werden die geringsten Beeinträchtigungen der Schutzund Erhaltungsziele von Natura 2000-Gebieten ausgelöst. Gleichzeitig werden mit der Variante 12 die Ziele der Planung, insbesondere der mit dem Vorhaben verfolgte verkehrliche Zweck, am besten erfüllt. Die Variante 12 ist somit zumutbar.

MAßNAHMEN ZUR KOHÄRENZSICHERUNG

Die erheblichen Beeinträchtigungen des Europäischen Vogelschutzgebietes sind durch Kohärenzsicherungsmaßnahmen zu kompensieren.

Ziel der kohärenzsichernden Maßnahmen ist es, das Netz Natura 2000 zu erhalten. Unter Berücksichtigung der Maßnahmen zur Schadensbegrenzung und kumulativer Projektwirkungen sind für folgende erhebliche Beeinträchtigungen Maßnahmen durchzuführen:

· Sumpfohreule: Verlust des Bruthabitats von 1 Brutpaar; Verlust von Nahrungshabitaten; Verlust einzelner Individuen im Straßenverkehr

· Verlust von Brut- und Nahrungshabitaten von Wiesenlimikolen (Kiebitz (9 BP), Uferschnepfe (5 BP), Großer Brachvogel (2 BP), Rotschenkel (3 BP)); Verlust einzelner Individuen im Straßenverkehr Grundsätzlich kommen entsprechend Auslegungsleitfaden zu Artikel 6 Absatz 4 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG (EU-KOMMISSION 2007) zur Kohärenzsicherung folgende Maßnahmen in Frage:

· Wiederherstellungs- oder Verbesserungsmaßnahmen in bestehenden Gebieten: Wiederherstellung des Lebensraums, um seinen Erhaltungswert zu bewahren und die Erfüllung der für das Gebiet festgelegten Erhaltungsziele sicherzustellen, oder Verbesserung des verbleibenden Lebensraums, und zwar proportional zu dem Verlust, der durch den Plan bzw. das Projekt in dem für Natura 2000 ausgewiesenen Gebiet entstanden ist

· die Neuanlage eines Lebensraumes: die Neuanlage eines Lebensraums in einem neuen oder erweiterten Gebiet, das in das Netz Natura 2000 einzugliedern ist

· wie oben ausgeführt und in Verbindung mit anderen Maßnahmen: Beantragung eines neuen Gebiets laut Habitat- bzw. Vogelschutz-Richtlinie.

Maßnahmen zur Kohärenzsicherung sind entsprechend dem Auslegungsleitfaden der EUKommission (2007) vorrangig auf Flächen im räumlichen Verbund mit bestehenden Natura 2000-Gebieten in Erwägung zu ziehen. Sie müssen über die ohnehin nach Art. 6 Abs. 1 und 2 FFH-RL erforderlichen Maßnahmen hinausgehen. Sind Arten, für die Maßnahmen zur Kohärenzsicherung innerhalb eines bestehenden Natura 2000-Gebietes umgesetzt werden sollen, Schutz- und Erhaltungsziel des jeweiligen Gebietes, so sind Maßnahmen zur Kohärenzsicherung nur dann möglich, wenn sicher prognostiziert werden kann, dass die Tragfähigkeit des Lebensraums für diese Arten entsprechend erhöht werden kann. Maßnahmen zur Kohärenzsicherung müssen in das Europäische Netz Natura 2000 integriert sein oder werden.

Nach Beschlussfassung der Flächennutzungsplanänderung wird die EU-Kommission durch Bremen über die Planungen zur Kohärenzsicherung unterrichtet werden.

Umweltbericht - Seite 50 von 69 Maßnahmen für die Sumpfohreule

Als Maßnahme zur Kohärenzsicherung eignet sich für die Sumpfohreule (Brutfunktion) die Schaffung von 2-3 ca. 1 ha großen Flächen oder einer mind. 5 ha großen Fläche in einem mind. 20 ha großen, ungestörten Gebiet. Die Maßnahmen sollten ungestörte, reliefreiche Hochstauden-Röhrichtkomplexe (mit Pflegemahd im Abstand von 3-5 Jahren) bzw. sehr extensiv genutzte Grünlandflächen (Mahd alle 2-4 Jahre im Spätsommer) fördern. Eine wichtige Voraussetzung ist die Ungestörtheit der Flächen (keine Störungen durch Naherholung oder Landwirtschaft) in der Brutzeit von März bis Juli. Die Flächen sollten in der Nähe von offenen, extensiv genutzten Grünlandbeständen liegen.

Das EU-Vogelschutzgebiet Blockland ist als Gebiet für Maßnahmen zur Kohärenzsicherung für die Sumpfohreule gut geeignet. In den 70er brüteten im Blockland 8-10 Paare Sumpfohreulen. In der Waller Feldmark (1991) und im Hollerland (1992 und 1997) konnten ebenfalls Bruten nachgewiesen werden, weshalb die Flächen ebenfalls gut geeignet sind. Da diese Gebiete räumlich hinreichend mit dem Schutzgebietssystem NATURA 2000 vernetzt sind, sind die Kohärenzanforderungen erfüllt. Eine negative Auswirkung der Maßnahmen auf andere Schutz- und Erhaltungsziele ist ausgeschlossen. Die Maßnahmen können in der Waller Feldmark auf geeigneten, von der Stadtgemeinde oder der Bundesrepublik Deutschland bereitgestellten Flächen erfolgen. Deshalb ist eine gesonderte Darstellung im Flächennutzungsplan nicht erforderlich. Konkrete Regelungen werden im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens für die B 212n getroffen.

Maßnahmen für Wiesenlimikolen

Als Maßnahme zur Kohärenzsicherung ist für die beeinträchtigten Bruthabitate von Wiesenlimikolen die Entwicklung von Grünlandlebensräumen geeignet. Bei der Konzipierung der Maßnahmen sind die artspezifischen Habitat- und Nutzungsansprüche zu berücksichtigen.

Bei Maßnahmen innerhalb von EU-Schutzgebieten müssen diese über die ohnehin erforderlichen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Erhaltungsziele des Schutzgebietes, wie z. B. Auflagen des Vertragsnaturschutzes, hinausgehen.

Folgende Maßnahmen sind grundsätzlich geeignet und können im Zusammenhang mit Bewirtschaftungs-/Nutzungsauflagen (Regulierung der Nutzung, Mahdzeitpunkte) dazu dienen, die prognostizierten Beeinträchtigungen zu kompensieren und den kohärenten Zusammenhang des Netzes Natura 2000 zu sichern:

· Vernässungsmaßnahmen mit periodisch erhöhten Wasserständen durch

· Polderung von Flächen

· Anstau/Verschließen von Gräben und Grüppen

· Anlage von Flach- und Kleingewässern mit genutzten Ufern

· Aufreinigung und Wiederherstellung verlandeter Kleingewässer

· Beseitigung von Störelementen des Lebensraumes (z. B. Erdverkabelung von Hochspannungsleitungen, Entfernen von Gehölzstrukturen).

Die Maßnahmen müssen in einem großen zusammenhängenden Grünland-Areal liegen, da viele der Arten (insbesondere der Große Brachvogel) über einen großen Aktionsradius verfügen.

Umweltbericht - Seite 51 von 69 Im Bremer Raum existieren vielfältige Beispiele für die fachlich erfolgreiche Umsetzung von derartigen Maßnahmen in Grünlandbereichen (z. B. im NSG Ochtumniederung bei Brokhuchting, Duntzenwerder, E.ON-Ausgleichsfläche). So konnten bspw. in der E.ONAusgleichsfläche (ca. 18 ha) südlich Duntzenwerder im Außendeichsbereich der Ochtum im Jahr 2007 nach Umsetzung von Maßnahmen (Anlage von Blänken, periodisch erhöhte Wasserstände) 8 Brutpaare Kiebitz, 2 Brutpaare Rotschenkel und 1 Brutpaar Bekassine (ROSSKAMP 2007) festgestellt werden. Im Jahr 2003 waren dort keine Limikolen festgestellt worden.

Bei der Festlegung des Umfangs kohärenzsichernder Maßnahmen sind die entsprechenden Ausgangswertigkeiten der Flächen, die erreichbaren Siedlungsdichten und die artspezifischen Habitatansprüche der durch das Vorhaben beeinträchtigten Wiesenlimikolen zu berücksichtigen.

Die Maßnahmen zur Sicherung des Zusammenhangs des europäischen ökologischen Netzes NATURA 2000 für Wiesenlimikolen sind aufgrund der direkten Rückwirkung auf das betroffene EU-Vogelschutzgebiet vorrangig im südlich an die Trasse angrenzenden Wiedbrok durchzuführen. Die Flächennutzungsplanänderung stellt hierfür Flächen im Wiedbrok nach § 5 Abs.2 Nr.10 dar.

Sofern im Wiedbrok nicht hinreichend geeignete Flächen verfügbar gemacht werden können, sind Flächen im Bremer Feuchtgrünlandring und im Naturraum Wesermarsch fachlich geeignet. Im Bremer Feuchtgrünlandring ist insbesondere die Verkabelung von Freileitungen zu prüfen, in der Wesermarsch Flächen in der nördlichen und südlichen Ochtumniederung sowie in den Kladdinger Wiesen, im Landkreis Wesermarsch Flächen in einem Suchraum beidseitig der B 212n in den Gemeinden Berne und Lemwerder. Die Flächen bzw. Maßnahmen müssen geeignet sein, die Lebensraumqualität für Wiesenbrüter zu erhöhen. Auf Flächen im Bremer Feuchtgrünlandring sollen diese Maßnahmen auf Flächen im Eigentum der Stadtgemeinde oder der Bundesrepublik Deutschland sichergestellt werden. Die konkreten Regelungen hierfür sind im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens zu treffen. Auf eine Darstellung im Flächennutzungsplan wird darum verzichtet.

AUSNAHMEBEGRÜNDUNG

Im Ergebnis der Ausnahmeprüfung nach § 34 Abs. 3 ist auf Grund der zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses und dem Fehlen von zumutbaren Alternativen mit geringeren Beeinträchtigungen von NATURA 2000 Gebieten das Vorhaben auf der vorgesehenen Trasse dann zulässig, wenn die o. g. geschilderten kohärenzsichernden Maßnahmen durchgeführt werden.