Verfahren zur Bewilligung der Schulassistenz und der sozialpflegerischen Zusatzkräfte

Für eine erfolgreiche Teilnahme am Unterricht ist neben der inklusiven Beschulung und sonderpädagogischen Förderung auch die individuelle Unterstützung behinderter Schülerinnen und Schüler in den Regelschulen durch persönliche Assistenz und in den Förderzentren durch sozialpflegerische Zusatzkräfte besonders wichtig.

Auf Antrag der Erziehungsberechtigten wird für körperbehinderte Schülerinnen und Schüler nach einem Gutachten der Spezialsonderschule im Rahmen einer Fallkonferenz der Bedarf an Schulassistenz bestimmt. Nach der Richtlinie zur Durchführung des persönlichen Assistenzprogramms für körperbehinderte Schülerinnen und Schüler in den allgemeinen Schulen der Stadtgemeinde Bremen vom 1. Oktober 2000 entscheidet der Senator für Bildung und Wissenschaft über den Antrag für ein Schuljahr. Er ist zugleich Widerspruchsbehörde. Unklar bleibt, auf welcher Rechtsgrundlage die Entscheidung erfolgt und in welchem Verhältnis dieser Anspruch zu dem Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 SGB XII steht, der einen grundsätzlich subsidiären Rechtsanspruch nicht nur für körperbehinderte Schülerinnen und Schüler begründet.

Auch wird in der Praxis unklar, welche Unterschiede zu den Aufgabenbereichen der sozialpflegerischen Zusatzkräfte an den Förderzentren vor allem bei kognitiv beeinträchtigten oder mehrfachbehinderten Schülerinnen und Schülern besteht. Obwohl hier stärker die unterrichtliche Unterstützung im Vordergrund steht, die für das Persönliche-Assistenz-Programm ausdrücklich ausgeschlossen ist, erscheint eine strikte Trennung dieser Aufgabenfelder insbesondere im Zuge einer stärkeren Inklusion in der Regelschule weder fach- noch sachgerecht. Während die persönliche Assistenz als individueller Rechtsanspruch ausgestaltet ist, wird nicht deutlich, ob jetzt oder künftig die Unterstützung durch sozialpflegerischen Zusatzkräfte z. B. nach § 35 Bremisches Schulgesetz auch als individueller Anspruch auf Unterstützung und Förderung geltend gemacht werden kann und ob auch diese Leistung unter den Rechtsanspruch auf Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 SGB XII fällt.

Für eine künftige Neugestaltung eines inklusiven Bildungssystems erscheint eine Klarstellung dieser Fragen allerdings dringend erforderlich.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

1. Wie viele Schülerinnen und Schüler erhielten in den Schuljahren 2005/2006, 2006/2007 und 2007/2008 persönliche Assistenz in der Regelschule? Wurde in diesem Zeitraum auch persönliche Assistenz für Schülerinnen und Schüler an Förderschulen bewilligt? Wenn ja, in wie vielen Fällen?

2. Wie viele Stunden wurden in den oben genannten Schuljahren bewilligt? Wie haben sich die Kosten in diesen Jahren entwickelt?

3. Auf welcher Rechtsgrundlage wurde von der Senatorin für Bildung und Wissenschaft persönliche Assistenz in der Schule gewährt z. B. nach § 35 oder § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII? Geht den Erziehungsberechtigten ein rechtsmittelfähiger Bescheid mit Begründung über Umfang und Inhalt der persönlichen Assistenz zu? In wie vielen Fällen wurde für die Schuljahre 2005/2006, 2006/2007 und 2007/2008 ein solcher Bescheid erteilt?

4. Gegen wie viele Bescheide wurde Widerspruch eingelegt? In wie vielen Fällen wurde eine Abhilfeentscheidung im Sinne der Antragsteller getroffen, und in wie vielen Fällen ergingen ablehnende oder teilweise ablehnende Widerspruchsbescheide in diesen drei Jahren?

5. Sind Klagen gegen die Widerspruchsbescheide in den letzten drei Jahren erhoben worden? Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

6. Wenn der Bescheid im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII durch die Senatorin für Bildung und Wissenschaft erteilt worden ist, inwieweit wurde die örtliche Zuständigkeit des Trägers der Sozialhilfe nach § 4 des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch SGB XII) für den Bescheid und die Einschaltung des Widerspruchsausschusses nach § 4 der Verordnung zur Ausführung des § 4 SGB XII für den Widerspruchsbescheid beachtet?

7. Wird künftig eine Entscheidung im Rahmen der Eingliederungshilfe erfolgen und dann der Rechtsweg vor die Sozialgerichte eröffnet, oder wird eine schulgesetzliche Entscheidung bevorzugt, die den Rechtsweg vor die Verwaltungsgerichte eröffnet?

8. Wie begründet der Senat die Beschränkung der persönlichen Assistenz auf die Unterstützung körperbehinderter Schülerinnen und Schüler und den Unterricht an Regelschulen, und durch welche Rechtsnormen wird dies gestützt?

9. Gibt es einen Rechtsweg für die Erziehungsberechtigten, die Unterstützung ihrer Kinder durch sozialpflegerische Zusatzkräfte zu erreichen? Verfolgt der Senat Planungen, dies in Zukunft als Teil des Anspruchs auf sonderpädagogische Förderung zuzulassen?

10. Wenn es einen solchen Anspruch gibt oder geben wird, auf welcher Rechtsgrundlage soll dieser konstituiert werden (z. B. § 35 oder § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII)? Wird den Erziehungsberechtigten ein rechtsmittelfähiger Bescheid mit Begründung über Umfang und Inhalt der sonderpädagogischen Förderung und Unterstützung durch sozialpflegerische Zusatzkräfte oder andere Hilfen zugehen?

11. Wie soll das Verhältnis von individueller Hilfe und allgemeiner Gestaltung der unterrichtlichen Förderung behinderter Schülerinnen und Schüler künftig ausgestaltet sein?

Horst Frehe, Björn Fecker, Dr. Matthias Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Dazu Antwort des Senats vom 18. August 2009

1. Wie viele Schülerinnen und Schüler erhielten in den Schuljahren 2005/2006, 2006/2007 und 2007/2008 persönliche Assistenz in der Regelschule? Wurde in diesem Zeitraum auch persönliche Assistenz für Schülerinnen und Schüler an Förderschulen bewilligt? Wenn ja, in wie vielen Fällen?

In der Regelschule wurden in den Schuljahren 2005/2006 bis 2007/2008 folgende persönliche Assistenzen bewilligt: Anzahl der Schuljahr Schuljahr Schuljahr Assistenzen/Zusatzkräfte 2005/2006 2006/2007 2007/2008

Regelschule 89 99 112

Grundsätzlich werden an den Förderzentren keine persönlichen Assistenzen bewilligt; gleichwohl besteht aufgrund spezifischer Beeinträchtigungsarten die Notwendigkeit, sozialpflegerische Zusatzkräfte als zusätzliches Personal für Schüler/-innen mit extrem eigen- und fremdaggressiven Verhaltensweisen, umfangreichem medizinischen Pflegebedarf etc. einzusetzen. Der notwendige personelle Bedarf wird von den jeweiligen Schulleitungen an die Schulbehörde übermittelt, sodass eine gesonderte Antragstellung durch Erziehungsberechtigte nicht erforderlich ist. Die Ermittlung des personellen Bedarfs wird durch die enge fachliche Kooperation der Bildungsbehörde und des schulärztlichen Dienstes vom Gesundheitsamt Bremen gewährleistet.

2. Wie viele Stunden wurden in den oben genannten Schuljahren bewilligt? Wie haben sich die Kosten in diesen Jahren entwickelt?

Die Entwicklung von Stunden und Kosten stellt sich wie folgt dar:

3. Auf welcher Rechtsgrundlage wurde von der Senatorin für Bildung und Wissenschaft persönliche Assistenz in der Schule gewährt z. B. nach § 35 oder § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII? Geht den Erziehungsberechtigten ein rechtsmittelfähiger Bescheid mit Begründung über Umfang und Inhalt der persönlichen Assistenz zu? In wie vielen Fällen wurde für die Schuljahre 2005/2006, 2006/2007 und 2007/2008 ein solcher Bescheid erteilt?

Den Antragstellern/Erziehungsberechtigten wird nach Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen ein Bewilligungsbescheid für das betreffende Schuljahr übersandt. Rechtsgrundlage hierfür sind die durch den Erlass Nr. 12/2000 geschaffenen Richtlinien zur Durchführung des persönlichen Assistenzprogramms für körperbehinderte Schüler und Schülerinnen in den allgemeinen Schulen der Stadtgemeinde Bremen vom 1. Oktober 2000 der Senatorin für Bildung und Wissenschaft. Art und Umfang des Assistenzeinsatzes wird nur insoweit mitgeteilt, als dass es sich um eine Einzel- oder Doppelbetreuung handelt. Eine erforderliche und mögliche Schulwegbegleitung wird gegebenenfalls gesondert aufgeführt.

Der konkrete Stundeneinsatz hingegen wird nicht dargestellt, da dieser von der jeweiligen Stundenplangestaltung abhängig ist und häufigen Anpassungen im Laufe des Schuljahres unterliegt; hier wäre ansonsten mit hohem Verwaltungsaufwand eine Vielzahl von Änderungsbescheiden zu erstellen. Die Anzahl der Bewilligungsbescheide entspricht den Fallzahlen (Regelschule) zu Frage 1.

4. Gegen wie viele Bescheide wurde Widerspruch eingelegt? In wie vielen Fällen wurde eine Abhilfeentscheidung im Sinne der Antragsteller getroffen, und in wie vielen Fällen ergingen ablehnende oder teilweise ablehnende Widerspruchsbescheide in diesen drei Jahren?

In den drei Schuljahren 2005/2006 bis 2007/2008 wurden im Bereich der Regelschulen sieben Ablehnungsbescheide erstellt. In fünf Fällen wurde widersprochen und in den anschließenden Widerspruchsverfahren eine konsensuale Lösung gefunden.

Im Bereich der Förderzentren wurden im genannten Zeitraum vier ablehnende Bescheide versandt. Da den Antragstellern vermittelt werden konnte, dass der notwendige zusätzliche Personalbedarf über die Schulleitungen sichergestellt werden würde (vergleiche Antwort zu Frage 1), war in allen Fällen ein Rechtsbehelfsverfahren entbehrlich.

5. Sind Klagen gegen die Widerspruchsbescheide in den letzten drei Jahren erhoben worden? Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

Nein, es sind keine Klagen erhoben worden.

6. Wenn der Bescheid im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII durch die Senatorin für Bildung und Wissenschaft erteilt worden ist, inwieweit wurde die örtliche Zuständigkeit des Trägers der Sozialhilfe nach § 4