Verordnung zur Ausführung des § 4 SGB XII für den Widerspruchsbescheid

Da keine förmlichen Widerspruchsbescheide ergangen sind (vergleiche Antwort zu Frage 4), waren die formellen Voraussetzungen des sozialrechtlichen Widerspruchsverfahrens nicht zu beachten. Die sachliche Zuständigkeit der Senatorin für Bildung und Wissenschaft für die Hilfen der persönlichen Assistenz ist durch die Vereinbarung mit dem Senator für Frauen, Gesundheit, Jugend, Soziales und Umweltschutz vom 2. Juni 1999 begründet worden.

7. Wird künftig eine Entscheidung im Rahmen der Eingliederungshilfe erfolgen und dann der Rechtsweg vor die Sozialgerichte eröffnet, oder wird eine schulgesetzliche Entscheidung bevorzugt, die den Rechtsweg vor die Verwaltungsgerichte eröffnet?

Der Senat wird weiterhin eine bedarfsgerechte Förderung und Betreuung behinderter Schulkinder sowie den gebotenen Rechtsmittelzugang sicherstellen.

Die Diskussionen zu den schulgesetzlichen Änderungen, insbesondere zur Inklusion, sind für die Senatorin für Bildung und Wissenschaft Anlass, die persönlichen Hilfen für Behinderte im Rahmen des Schulbesuchs ressortübergreifend neu zu bewerten.

8. Wie begründet der Senat die Beschränkung der persönlichen Assistenz auf die Unterstützung körperbehinderter Schülerinnen und Schüler und den Unterricht an Regelschulen, und durch welche Rechtsnormen wird dies gestützt?

Aufgrund gerichtlicher Entscheidungen Anfang der Neunzigerjahre waren die Kultusministerien bundesweit aufgefordert, für Schüler/-innen mit einer ausschließlich körperlichen Beeinträchtigung die Erreichung auch eines höheren Schulabschlusses sicherzustellen (Benachteiligungsverbot aus Artikel 3 Abs. 3 Satz 2 GG). Bis dahin konnten diese Schüler/-innen lediglich Sonderschulen für Körperbehinderte besuchen, an denen maximal ein Hauptschulabschluss zu erzielen war. Mit der Bereitstellung einer Schulassistenz war es diesem Schülerklientel fortan möglich, alle Regelschularten besuchen zu können, einschließlich der dort zu erzielenden höheren Schulabschlüsse. Diese Form der Unterstützung basierte auf der Grundlage der §§ 39, 40 BSHG (Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung, vor allem im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und durch Hilfe zum Besuch weiterführender Schulen, einschließlich der Vorbereitung hierzu; die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht bleiben unberührt.). Die §§ 53 ff. SGB XII lösten diese Bestimmungen im Jahre 2005 nahezu wortgleich ab.

Mit der Vereinbarung zwischen der Sozial- und der Bildungsbehörde vom 2. Juni 1999 wurde die Durchführung des persönlichen Assistenzprogramms für körperbehinderte Kinder und Jugendliche auf die Bildungsbehörde als eigene kommunale Leistung unter der Verantwortung des Bildungsressorts nach Haushaltsrecht übertragen. Im Zuge dieser Vereinbarung wurden die Richtlinien zur Durchführung des persönlichen Assistenzprogramms für körperbehinderte Schülerinnen und Schüler in den allgemeinen Schulen der Stadtgemeinde Bremen vom 1. Oktober 2000 erlassen. Sie bestehen neben dem weitergeltenden, aber nachrangigen individuellen Anspruch auf Eingliederungshilfe als Sozialhilfeleistung.

Die Beschränkung des persönlichen Assistenzprogramms auf körperbehinderte Kinder verkennt nicht, dass der Behinderungsbegriff einheitlich aus § 2 SGB IX hervorgeht, von dem neben körperlichen auch geistige und seelische Behinderungen erfasst werden. Allerdings ist der Besuch behinderter Schülerinnen und Schüler in allgemeinen Schulen in den meisten Fällen nur dann möglich, wenn die Behinderung auch eine Chance bietet, den Regelbedingungen und Anforderungen der allgemeinen Schule nachzukommen. Dies ist im Fall von Körperbehinderungen regelmäßig gegeben. Eine angemessene Schulbildung für den Besuch weiterführender Schulen oder einer Ausbildungsstätte, deren Ausbildungsabschluss dem einer dieser Schulen gleichgestellt ist, muss berücksichtigen, dass geistige Behinderungen im Vergleich mit körperlichen Behinderungen von Schülerinnen und Schülern eher nicht zum Besuch einer weiterführenden Schule befähigen. Zu begründen ist dies damit, dass grundsätzlich zu gewährleisten ist, dass der jeweilige Bildungsabschluss auch tatsächlich erreicht werden kann. In der Praxis wurden persönliche Assistenzen aber auch Kindern und Jugendlichen zur Seite gestellt, deren Behinderungen vordergründig nicht körperlich begründet waren (z. B. bei Autismus), die aufgrund der Art und Komplexität der Behinderung rechtlich jedoch auch dem Personenkreis des SGB XII zugeordnet sind.

Kinder und Jugendliche mit Behinderungen können vorrangig eine angemessene Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schule beanspruchen; der Rückgriff auf die Beschulung durch ein geeignetes Förderzentrum erfolgte nur dann, wenn eine Teilnahme am Unterricht der allgemeinen Schule nicht möglich war oder durch ihn keine hinreichende Förderung erzielt werden konnte. Bereits vor der Schulgesetznovellierung kam im Vorrang der Regelbeschulung der Integrationsgedanke des Benachteiligungsverbots besonders zum Ausdruck.

9. Gibt es einen Rechtsweg für die Erziehungsberechtigten, die Unterstützung ihrer Kinder durch sozialpflegerische Zusatzkräfte zu erreichen? Verfolgt der Senat Planungen, dies in Zukunft als Teil des Anspruchs auf sonderpädagogische Förderung zuzulassen?

Ein Individualanspruch auf eine sozialpflegerische Zusatzkraft existiert nicht.

Die Unterstützung der Kinder erfolgt bedarfsgerecht durch strukturell eingebundene sozialpflegerische Zusatzkräfte, die in den Förderzentren grundsätzlich für alle Kinder einer Klasse zur Verfügung stehen.

10. Wenn es einen solchen Anspruch gibt oder geben wird, auf welcher Rechtsgrundlage soll dieser konstituiert werden (z. B. § 35 oder § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII)? Wird den Erziehungsberechtigten ein rechtsmittelfähiger Bescheid mit Begründung über Umfang und Inhalt der sonderpädagogischen Förderung und Unterstützung durch sozialpflegerische Zusatzkräfte oder andere Hilfen zugehen?

Ein zukünftiger individueller Anspruch auf den Einsatz einer sozialpflegerischen Zusatzkraft ist nicht geplant. Im Verfahren zur Bewilligung einer persönlichen Assistenz werden wie bisher Bescheide erstellt, für die der Rechtsweg eröffnet ist.

11. Wie soll das Verhältnis von individueller Hilfe und allgemeiner Gestaltung der unterrichtlichen Förderung behinderter Schülerinnen und Schüler künftig ausgestaltet sein?

Mit dem neuen Bremischen Schulgesetz besteht der Auftrag, sowohl ein Zentrum für unterstützende Pädagogik als auch ein regionales Beratungs- und Unterstützungszentrum einzurichten. Von dort werden zukünftig individuelle Beratung, Betreuung und Unterstützung der Erziehungsberechtigten sowie der Schulen gewährleistet. Die Überlegungen zur inhaltlichen Ausgestaltung befinden sich allerdings noch im Planungsstadium, sodass eine konkrete Aussage noch nicht getroffen werden kann.