Seeverkehrssicherheit

Des Weiteren hat die Europäische Kommission eine Richtlinie über die Kontrolle durch den Hafenstaat vorgeschlagen (KOM(2005) 588 endg.) Bisher waren die Mitgliedstaaten verpflichtet, 25 % der Schiffe, die einen EU-Hafen anlaufen, einer Kontrolle zu unterziehen. Ein neues Inspektionssystem soll die Überprüfbarkeit aller Schiffe sicherstellen, wobei die am stärksten risikobehafteten Schiffe öfter und sorgfältiger und Schiffe mit hohen Qualitätsstandards in größeren Abständen kontrolliert werden sollen. Zudem soll es verbesserte Informations- und Kommunikationswege, rigorose Überprüfungsverfahren und schärfere Regeln für Zugangsverweigerungen für unternormige Schiffe geben. Die Kommission wird eine Liste der Betreiber von unternormigen Schiffen veröffentlichen.

Mit dem Vorschlag für eine Richtlinie über Grundsätze für die technische Untersuchung von Unfällen und Störungen im Seeverkehr (KOM(2005) 590 endg.) sollen gemeinsame Grundsätze zur Untersuchung von Seeverkehrsunfällen festgelegt und eine Seeunfall-Datenbank eingerichtet werden. Zudem ist die Schaffung eines Systems zur Zusammenführung der Untersuchungsergebnisse und einer Plattform für eine effiziente technische Zusammenarbeit zwischen den einzelstaatlichen Behörden vorgesehen.

Ein weiterer Vorschlag der Europäischen Kommission im Rahmen des 3. Paketes zur Seeverkehrssicherheit betrifft die Änderung der Richtlinie 2002/59/EG über die Einrichtung eines gemeinschaftlichen Überwachungs- und Informationssystems für den Schiffsverkehr (KOM(2005) 589 endg.) Mit dieser Richtlinie werden das operative Risikomanagement und die Notfallvorsorge verbessert und vor allem auch die Vorschriften zur Vorhaltung von Notliegeplätzen und Notfallplänen modifiziert. Die Mitgliedstaaten sollen unabhängigen Stellen die Aufgabe zuweisen, die am besten geeigneten Notliegeplätze vorab festzulegen.

Die von der EU mit der Verordnung Nr. 1406/2002 im Rahmen des „Erika II" ­ Legislativ-Maßnahmenpakets gegründete European Maritime Safety Agency (EMSA) beabsichtigt, die seit 2004 bei den Mitgliedstaaten durchgeführten Kontrollen zu intensivieren, um die Umsetzung einschlägigen Gemeinschaftsrechts sicherzustellen. Mit der Verabschiedung der Verordnung Nr. 724/2004 vom 31. März 2004 wird die Agentur sukzessive in die Lage versetzt, Mitgliedstaaten auf Antrag mithilfe spezialisierter Schiffe und Ausrüstung zu unterstützen, wenn diese durch schiffsverkehrbedingte Verschmutzungen betroffen sind.

Der Vorschlag der Europäischen Kommission zur Änderung der Richtlinie 2002/59/EG regelt auch den flächendeckenden Einsatz des von der EMSA betriebenen Datenaustauschsystems „SafeSeaNet" über Schiffs- und Ladungsbewegungen. „SafeSeaNet" sieht die Einrichtung europäischer Datenbanken und eines Telematik-Netzes zwischen den Mitgliedstaaten vor. Um Risiken des besonders unfallträchtigen Fischereisektors zu verringern, sollen automatische Identifikationssysteme für Fischereifahrzeuge ab einer Länge von 15 m nunmehr verpflichtend eingeführt werden.

Der Bund und die fünf Küstenländer haben Anfang 2003 ein Havariekommando als gemeinsame Einrichtung geschaffen, das im Fall einer schwerwiegenden Havarie für die Schadstoffunfallbekämpfung auf See und an der Küste, Brandbekämpfung und Verletztenversorgung sowie Bergungsarbeiten zur Gefahrenabwehr zuständig ist. Das Havariekommando soll eine einheitliche Einsatzführung über alle unterstellten Einheiten des Bundes und der Länder sicherstellen und arbeitet außerdem eng mit der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger und der Bundeswehr zusammen.

Im April 2004 hat die Bundesregierung zudem beschlossen, ein neues Küstenwachzentrum für Nordsee und Ostsee in Cuxhaven einzurichten. Die Innenminister der Küstenländer haben sich daraufhin im Februar 2005 auf die Errichtung eines gemeinsamen Maritimen Sicherheitszentrums (MSZ) geeinigt und im September desselben Jahres mit Vertretern der zuständigen Bundesministerien eine entsprechende Verwaltungsvereinbarung unterzeichnet. Kern des MSZ soll ein „Gemeinsames Maritimes Lagezentrum" sein, in dem die bereits bestehenden Lagezentren oder Leitstellen der Partner zusammengeführt werden.

Im Januar 2005 ist von Bund und Küstenländern eine Vereinbarung über die Zuweisung eines Notliegeplatzes im Rahmen der Maritimen Notfallvorsorge geschlossen worden. Für die Zuweisung eines Notliegeplatzes im Falle einer unmittelbar bevorstehenden oder bereits eingetretenen komplexen Schadenslage ist der Leiter des Havariekommandos zuständig. In Vorbereitung auf die Abwicklung komplexer Schadenslagen entwickeln das Havariekommando, die Hafenkapitäne und die für die Reviere zuständigen Wasser- und Schifffahrtsämter gemeinsam Unfallszenarien und jeweils darauf basierende Notfallpläne. Die Vereinbarung enthält auch eine eingehende Kostenregelung.

Daneben ist die Umsetzung des im Jahre 2001 beschlossenen Notschlepperkonzepts von der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord durch Indienststellung weiterer Schlepper und Vertragsverlängerung mit den vier Schleppreedereien der ARGE Küstenschutz vorangetrieben worden. Noch in diesem Jahr soll eine Ausschreibung erfolgen, die erhöhte Anforderungen an die Leistungsfähigkeit von zukünftig zu charternden Schleppern stellt. Auf diese Weise soll der Entwicklung zu immer größeren Schiffstypen und besonderen Gefahrenlagen durch Brände oder Chemikalien Rechnung getragen werden.

Schließlich wird die Ostsee weiterhin regelmäßig durch die Behörden der Anrainerstaaten in situ kontrolliert. Entsprechend dem Annex VII der Konvention zum Schutz der Meeresumwelt der Ostsee (HELKOM) sollen die vertragsschließenden Parteien entweder einzeln oder in Kooperation die Ostsee überwachen, um Verstöße gegen die bestehenden Regelungen zur Verhütung von Verschmutzungen der Ostsee durch Schiffe (z. B. bei Einleitung von Öl oder anderen Substanzen) festzustellen. Die Überwachung wird unter anderem durch die Nutzung von mit Fernerkundungssensorik ausgestatteten Flugzeugen abgewickelt. Nach Angaben des BMVBS werden in der Bundesrepublik Deutschland die Seegebiete vor der deutschen Küste (insbesondere die Hauptschifffahrtsrouten) seit Mitte 1983 nach wechselnden Flugrouten regelmäßig aus der Luft überwacht. Die Luftüberwachung wird als integraler Bestandteil des Verkehrssicherheitssystems sowie des Vorsorgekonzeptes für den maritimen Umweltschutz betrachtet. Laut BMVBS sind dank der Luftüberwachung die pro 100 Flugstunden georteten Verschmutzungen seit Mitte der achtziger Jahre von rund 20 auf heute etwa 9 zurückgegangen.

Haftungsregelungen für die Schifffahrt

Die Europäische Kommission beabsichtigt die Verschärfung verschiedener Haftungsregelungen. So sieht der Vorschlag für eine Verordnung über die Haftung der Beförderer von Reisenden auf See und Binnenwasserstraßen bei Unfällen (KOM(2005) 592 endg.) vor, dass der Schutz der Reisenden entsprechend dem Protokoll zum Athener Übereinkommen aus dem Jahr 2002 gestärkt und eine Haftungsregelung für Schifffahrtsunternehmen eingeführt wird, vergleichbar den in anderen Verkehrsbereichen einschließlich Luftfahrt und Schienenverkehr geltenden Regelungen. Dabei sollen die Haftungsregelungen anders als das Athener Übereinkommen auch für Beförderungen im Inland und auf Binnenwasserstraßen gelten und darüber hinaus für alle Passagiere anwendbar sein, die außerhalb der EU-Gewässer und auf Schiffen von Drittflaggenstaaten reisen, sofern sie nur ihr Reiseticket in der EU erworben haben. Die Haftungsregelungen beinhalten u. a. eine Versicherungspflicht für den Beförderer und Haftungsgrenzen. Der Bundesrat hat die Verschärfung der Haftungsregelungen für die Seeschifffahrt mit den Stimmen Hamburgs ausdrücklich begrüßt. Kritisiert wurde hingegen, dass der Vorschlag der EU-Kommission über das Athener Übereinkommen hinausgehend auch den

­ unter gänzlich anderen ökonomischen Bedingungen agierenden ­ Binnenschiffsverkehr und zudem rein innerstaatliche Sachverhalte einbeziehen will (BR-Drucksache 174/06 (Beschluss) vom 7. Juli 2006).

Der Richtlinienvorschlag über die zivilrechtliche Haftung und finanzielle Garantien von Schiffseignern (KOM(2005) 593 endg.) verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, ein einheitliches Haftungsregime für durch Schiffseigner verursachte Schäden einzuführen. Zunächst sollen die Mitgliedstaaten ein internationales Abkommen umsetzen, das ausreichend hohe Haftungsgrenzen etabliert, um das Gros der Schadensszenarios abzudecken. Außerdem will sich die Kommission das Mandat erteilen lassen, bei der IMO über die Beseitigung der Haftungsgrenze insbesondere für die Fälle grober Fahrlässigkeit zu verhandeln. Darüber hinaus sollten Schiffseigner verpflichtet werden, eine ausreichend hohe Versicherung o. ä. zur Deckung für von ihnen zu verantwortende Schäden abzuschließen.

Im Juli 2005 ist die Richtlinie 2005/35 über die Meeresverschmutzung durch Schiffe und die Einführung von Sanktionen für Verstöße in Kraft getreten. Ergänzend ist ein EU-Rahmenbeschluss zur Verschärfung des Strafrechts für schiffsbedingte Verschmutzung gefasst worden. Richtlinie und Rahmenbeschluss legen fest, dass jeder an einer Verschmutzung vorsätzlich oder grob fahrlässig Beteiligte

­ Schiffseigner, Beförderer, Charterer, Klassifizierungsgesellschaft ­ strafrechtlich sanktionierbar ist. Es sind Freiheitsstrafen und Geldstrafen bis zu einer Höhe von 1,5 Mio. Euro vorgesehen. Die Richtlinie soll gegenüber allen EU-Häfen anlaufenden Schiffen, unabhängig von ihrer Flaggenzugehörigkeit, anwendbar sein. Teile der Richtlinie sind jedoch vom EuGH aufgehoben worden (EuGH, Urt. v. 13. September 2005, Az. C ­ 176/03).

Schiffsemissionsbezogene und verwandte Regelungen

Am 19. Mai 2005 sind mit der Anlage VI des Internationalen Übereinkommens zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MARPOL) erstmals weltweit verbindliche Regeln in Kraft getreten, die den Schadstoffausstoß von Schiffen begrenzen. Im Vordergrund stehen dabei die weitere Verschärfung der Schwefelgrenzwerte im Brennstoff sowie die Senkung der Stickstoffoxidemissionen von Schiffsdieselmotoren um mindestens 40 %. Darüber hinaus wurde für die Ostsee beschlossen, diese als Schwefel-Emissions-Überwachungsgebiet auszuweisen. Das bedeutet, dass seit Mai 2006 nur Brennstoffe mit einem deutlich geringeren Schwefelgehalt als weltweit derzeit noch zulässig ist, verwendet werden dürfen (1,5 % statt 4,5 %). Für die Nordsee soll ein entsprechender Beschluss ab November 2007 in Kraft treten. Anlage VI ­ MARPOL verbietet zudem die Freisetzung ozonschädigender Stoffe und die Verbrennung von PCB und kontaminierten Verpackungen an Bord. Deutschland setzt sich gemeinsam mit anderen Staaten bei der IMO für eine weitere Reduzierung der Emissionen aus Schiffsmotoren ein.

Im Juli 2005 hat der IMO-Ausschuss für Meeresumweltschutz beschlossen, dem technischen Fortschritt folgend, eine weitere Verschärfung der MARPOL ­ Anlage VI und der Vorschriften zu Stickstoffoxidemissionen zu prüfen.

Entsprechenden Inhalt hat die EU-Richtlinie 2005/33 vom 6. Juli 2005 zur Änderung der Richtlinie 1999/32 hinsichtlich des Schwefelgehalts von Schiffskraftstoffen. Sie ist, soweit es um Verpflichtungen für Schiffe geht, durch die

8. Schiffssicherheitsanpassungsverordnung vom 28. Juni 2006 umgesetzt worden. Ein besonderer Fortschritt besteht darin, dass auf Liegeplätzen ab 2010 der Schwefelgehalt des verwendeten Kraftstoffs 0,1 % nicht übersteigen darf.

Im Jahre 2004 ist auf Ebene der IMO der Abschluss eines Übereinkommens zum Ballastwassermanagement (BWM) gelungen. Ab 2009 und 2011 sollen alle Neubauten, ab 2014 und 2016 auch alle bereits in Nutzung befindlichen Schiffe, die normierten Standards erfüllen. Das Abkommen soll die Gefahr der Einschleppung fremder Arten (z. B. der Wollhandkrabbe) durch Ballastwasser minimieren. Zurzeit werden im Rahmen der IMO Vorschriften entwickelt, um praktikable Verfahren in den Mitgliedstaaten umsetzen zu können.

Im Mai 2003 verabschiedete die IMO ein Zusatzprotokoll zum bestehenden Ölhaftungsfonds (International Oil Pollution Compensation Fund ­ IOPC Fund), mit dem die Haftungsdeckung bei Ölunfällen auf Euro 870 Mio. erhöht wurde. Das Protokoll ist am 3. März 2005 in Kraft getreten, nachdem es von acht Staaten mit einer Gesamtölabnahme über den Seeweg von 450 Mio. Tonnen, darunter Deutschland, ratifiziert worden war. Von den Ostseeanrainerstaaten haben bisher Dänemark, Lettland, Litauen und Finnland ratifiziert.

MARPOL ­ Anlage IV „Abwasser", in Kraft seit 2003, ist mit Wirkung vom 1. August 2005 für neue Schiffe über 400

BRZ verschärft worden. Vorhandene Schiffe müssen bis 2008 umrüsten.

Die IMO hat im Dezember 2005 beschlossen, im Jahre 2007 eine Konferenz in Nairobi, Kenia, zwecks Erarbeitung einer Konvention zur Wrackbeseitigung („Wreck Removal Convention") durchzuführen. Die Konvention soll internationale, an Staaten und Reeder gerichtete Regeln zum Umgang mit Wracks sowie treibender oder gesunkener Ladung bereitstellen, die eine Gefahr für den Schiffsverkehr oder die Meeresumwelt von Küstenstaaten darstellen können. Der zurzeit vom Rechtsausschuss der IMO beratene Konventionsentwurf soll Rechte und Pflichten hinsichtlich der Identifikation, Meldung, Ortung und Entfernung gefährlicher, insbesondere jenseits der Hoheitsgewässer befindlicher Wracks festlegen.

Die IMO hat überdies im November 2005 beschlossen, die Schaffung eines verbindlichen Regelwerks zum SchiffsBürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg ­ 18. Wahlperiode recycling in Angriff zu nehmen. Das für etwa 2008 oder 2009 geplante Abkommen soll u. a. das Recycling erleichternde Anforderungen an den Bau von Schiffen und die dazu verwendeten Materialien definieren sowie geeignete Vollzugsmechanismen und Berichtspflichten vorsehen.

Darüber hinaus befindet sich eine Abwrack-Konvention mit Schadstofflisten und Arbeitsschutzstandards in der Diskussion.

Mit der Verordnung Nr. 336/2006 vom 15. Februar 2006 hat die EU den Internationalen Code für Maßnahmen zur Organisation eines sicheren Schiffsbetriebs und zur Verhütung der Meeresverschmutzung (ISM-Code) innerhalb der Gemeinschaft umfassend für die Mitgliedstaaten verbindlich werden lassen. Der Code ist nunmehr unmittelbar auf alle Arten von Schiffen anzuwenden, die die Flagge eines Mitgliedstaats führen, sowie, unabhängig von der geführten Flagge, auf Schiffe, die ausschließlich in der Inlandfahrt oder im Linienverkehr von oder nach Häfen der Mitgliedstaaten eingesetzt werden. Zudem wird der Code mit der Verordnung durch EU-Behörden, insbesondere die European Maritime Safety Agency (EMSA), vollziehbar.

Am 14. April 2003 hat die EU die Verordnung Nr. 782/2003 über das Verbot zinnorganischer Verbindungen auf Schiffen in Kraft gesetzt. Die Verordnung nimmt ein im Oktober 2001 von der IMO verabschiedetes, aber erst frühestens ab 2008 in Kraft tretendes Übereinkommen über Verbotsund Beschränkungsmaßnahmen für schädliche Bewuchsschutzssysteme von Schiffen vorweg.

Das internationale Übereinkommen über die zivilrechtliche Haftung für Bunkerölverschmutzungsschäden aus 2001 ist am 12. Juli 2006 in Form einer Änderung des Ölschadensgesetzes und weiterer Gesetze von Deutschland umgesetzt worden. Die Änderungen beinhalten insbesondere die Einführung einer Versicherungspflicht des Schiffseigentümers und eine Anpassung von Verjährungsvorschriften.

Technische Anforderungen an die Schiffskonstruktion

Seit dem Inkrafttreten der EU-Verordnung Nr. 726/2003 im Oktober 2003 sind Einhüllen-Öltankschiffe beschleunigt auszuphasen. Schiffe der Kategorie I (Einhüllentanker ab 20.000 tdw, die Rohöl, Treibstoffe oder Schmieröle transportieren und solche ab 30.000 tdw, die andere Öle transportieren und nicht über separate Ballasttanks verfügen, also vor allem Schiffe mit Baujahr vor 1982) erhalten unabhängig von ihrer Flagge für EU-Häfen ab 2005 Einlaufverbot. Allen Einhüllentanker der genannten Größen und Spezifikationen über 23 Jahre wurde ein sofortiges Einlaufverbot erteilt. Tankern, die 1980 oder früher abgeliefert worden sind, ist es nicht länger gestattet, unter Flagge eines EU-Mitgliedstaates betrieben zu werden. Schiffe der Kategorie II (Schiffe der Kategorie I, jedoch mit separaten Ballasttanks, also vor allem Schiffe mit den Baujahren 1982 ­ 1996) erhalten für EU-Häfen ab 2010 ein Einlaufverbot. Alle Einhüllentanker der genannten Größen und Spezifikationen über 28 Jahre dürfen ab sofort nicht mehr in EU-Häfen einlaufen. Schiffe der Kategorie III (Einhüllentanker zwischen 5.000 und 19.999 tdw) werden für EU-Häfen ab 2015 mit einem Einlaufverbot belegt. Einhüllentanker dieser Größe über 28 Jahre erhalten wiederum ein sofortiges Einlaufverbot.

Des Weiteren gilt ein sofortiges Einlaufverbot in EUHäfen für alle Einhüllentanker ab 600 tdw, soweit sie Schweröl transportieren.

Die IMO hat mit einer Änderung des Übereinkommens zum Schutz vor Meeresverschmutzung zum April 2005 einen vergleichbaren Schutzstandard auf internationaler Ebene festgelegt. So ordnet die MARPOL ­ Anlage I „Ölverschmutzung" mit Wirkung vom 5. April 2005 die beschleunigte Stilllegung der Einhüllentanker bis 2010 mit kleineren Ausnahmen bis max. 2015 sowie das Verbot des Schweröltransports in Einhüllentankern über 5000

tdw an.

Eine überarbeitete Fassung von MARPOL ­ Anlage II „Flüssige Stoffe in Bulk" wird zum 1. Januar 2007 in Kraft treten. Die Anlage II definiert vier Kategorien von Stoffen und enthält Schiffbauvorschriften.

Die im Juni 2003 beschlossene Änderung des Protokolls von 1988 zum sog. Freibordübereinkommen (International Convention on Load Lines) ist mit Verschärfung der Stabilitäts- und neuen Konstruktionsvorschriften für neue Massengutschiffe am 1. Januar 2005 in Kraft getreten.

Welt- oder europaweit anzuwendende Eisklassifizierungsregeln bestehen bisher nicht. Teilweise haben die zuständigen Behörden der Küstenstaaten, teilweise haben auch die Klassifikationsgesellschaften eigene Klassifizierungssysteme entwickelt. Die sog. Helsinki-Kommission zum Schutz der Ostsee (HELKOM) hat im März 2004 eine Empfehlung abgegeben, die einen tabellarischen Abgleich wichtiger Klassifizierungssysteme mit dem jedenfalls für den Ostseeraum vorherrschenden finnisch-schwedischen System auf Basis eines strukturellen Hüllendurchmessers und der Maschinenstärke beinhaltet (HELKOM-Empf.

Nr. 25/7). Im Übrigen haben die nationalen Eisdienste der Nord- und Ostseeanrainer ­ in Deutschland das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie ­ bereits vor vielen Jahrzehnten ein geregeltes, ständig verbessertes Beobachtungs- und Berichtswesen für die Eisbildung in der Ostsee eingeführt. Seit 1980 existiert ein gemeinsamer Eiscode für die Ostsee. Die World Meteorological Organisation bemüht sich um eine international einheitliche Terminologie.

Technische Anforderungen an die Schiffsausrüstung

Auf deutschen Antrag ist die Standardisierung der Ausstattung von Schiffsbrücken auf die Tagesordnung des zuständigen IMO Unterausschusses „Sicherung der Seefahrt" gebracht worden und soll 2007 abgeschlossen werden. Nach Auskunft des BMVBS werden hierfür in einer vom Ministerium koordinierten Arbeitsgruppe Leistungsanforderungen für „Integrierte Navigationssysteme", für „Integrierte Brückensysteme" und eine Richtlinie für das so genannte Bridge Ressource Management erarbeitet.

Bereits heute ist die von der IMO angenommene Richtlinie zur ergonomischen Gestaltung von Schiffsbrücken und deren Ausrüstung auf neuen Schiffen anzuwenden.

Auch diese Richtlinie geht auf eine deutsche Initiative in der IMO zurück.

Seit 2005 müssen zudem alle ausrüstungspflichtigen Schiffe über 300 Tonnen und alle Passagierschiffe mit AIS (Automatisches Identifizierungssystem) ausgerüstet sein.

Fahrzeuge, die mit AIS ausgestattet sind, senden über zwei spezielle UKW-Kanäle permanent und automatisch Angaben über Identität, MMSI-Nr., Rufzeichen, Position, Kurs, Geschwindigkeit, Drehrate und Art des Fahrzeugs.

Es ist geplant, AIS und SafeSeaNet miteinander zu vernetzen.

Verschiedene Regelungsbereiche der SOLAS-Konvention (Internationales Übereinkommen zum Schutz des menschlichen Lebens auf See) sind in den letzten Jahren wiederholt verschärft worden, so z. B. Kapitel XII (Zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen für Massengutfrachter), Kapitel III (Lebensrettende Vorrichtungen und Maßnahmen) sowie Kapitel V (Navigationssicherheit). Das überarbeitete Kapitel II-1 der SOLAS-Konvention (Bauweise ­ Unterteilung und Stabilität, Maschinen- und elektrische Ausstattung) stellt Sicherheitsanforderungen an nach dem 1. Januar 2009 gebaute Schiffe zukünftig nicht mehr auf der Basis eines deterministischen Ansatzes, sondern auf der Grundlage von Schadenswahrscheinlichkeiten, wie sie sich nach Auswertung des vorhandenen statistischen Datenmaterials darstellen (probabilistischer Ansatz). Die Überarbeitung betrifft zudem Pflichten zur Aufbewahrung von Schiffskonstruktionsplänen an Bord und an Land sowie Schleppvorrichtungen und Wasserdetektoren in Frachträumen. Weitere Änderungen seit 2003 haben gesteigerte Anforderungen an Elemente der Schiffsausrüstung wie Rettungsboote und Schwimmanzüge zum Gegenstand.

Die im Mai 2005 von der IMO beschlossenen neuen Bestimmungen zum Identifizierungssystem LRIT (Long range identification and tracking) werden in das SOLASKapitel V eingefügt, wodurch LRIT für folgende Schiffstypen auf internationaler Fahrt verbindlich wird: Passagierschiffe, Frachtschiffe ab 300 BRT und bewegliche Hochseebohreinheiten. SOLAS legt fest, dass LRIT-Informationen zu Schiffsidentität und Position für Sicherheits-, Forschungs- und Rettungszwecke gezielt zwischen bestimmten Parteien ausgetauscht werden können sollen.

Eine Schnittstelle zu AIS soll es nach jetzigem Stand nicht geben.

Im Mai 2006 beschlossene Änderungen verschiedener SOLAS-Kapitel werden zum 1. Juli 2010 in Kraft treten.

In Kapitel II-2 (Feuerschutz) sind Regelungen zum Schutz durch Wasserdampfdüsen und für den Umgang mit leicht entflammbaren Ölen aufgenommen worden. Kapitel III enthält nun die Verpflichtung, Rettungswesten für Kinder vorzuhalten. Kapitel VI (Radiokommunikation) fordert nunmehr die Mitführung von portablen Notsendebojen zur Übermittlung von Notrufen via Satellit.

Schiffsbesatzungsbezogene Regelungen

Über die nach dem IMO-Übereinkommen über Ausbildung und Training der Schiffsbesatzungen (STCW) bestehenden Regelungen hinaus sind, soweit ersichtlich, weder von der EU noch von der IMO weitergehende Normen zu Sicherheitstrainings für die Beherrschung von Notfallsituationen erlassen worden. Der zuständige IMOUnterausschuss (Subcommittee on Standards of Training and Watchkeeping) hat jedoch eine Überarbeitung des Übereinkommens angekündigt.

3. Jüngste Aktivitäten des Senats zum Schutz der Ostsee

Der Senat ist der Auffassung, dass mit den unter II.2. dargelegten Maßnahmen viel erreicht worden ist, aber weiterhin Bedarf und Potential für eine Verbesserung des Schutzniveaus besteht.

So fand am 21. Juni 2006 in Rostock-Warnemünde die Konferenz der Wirtschafts- und Verkehrsminister/-senatoren der norddeutschen Küstenländer statt. Dort hat sich der Senat erfolgreich für einen nochmaligen Appell an den Bund im Hinblick auf zentrale, bisher nicht in Angriff genommene Forderungen aus dem bürgerschaftlichen Ersuchen Drucksache 18/1629 eingesetzt. Zum einen hat die Konferenz die bisherigen Maßnahmen und Aktivitäten des BMVBS und die fortgeschrittenen Realisierungsstadien zu den Themenbereichen der Ostseeresolution ausdrücklich begrüßt. Zum anderen ist das BMVBS auf Vorschlag des Senats von den Küstenländern gebeten worden, sich auch weiterhin auf europäischer Ebene und gegenüber der IMO dafür zu verwenden, dass

­ eine Lotsenpflicht für schwierige Gewässer (wie z. B. die Kadetrinne),

­ eine Eskortierungspflicht für große Öl- und Chemikalientanker und

­ verbindliche Routen für Gefahrguttransporte international normiert werden.

III. Petitum:

Der Senat beantragt, die Bürgerschaft wolle die Ausführungen in dieser Mitteilung zur Kenntnis nehmen.