Warum nicht Einkommensmillionäre ausreichend prüfen?

Der Bundesrechnungshof hat in seinem jüngsten Bericht die zu geringe Zahl von Außenprüfungen bei Einkommensmillionäre (präziser: Einkunftsmillionäre

­ vor Einführung des Euros 1 Mio. DM) heftig kritisiert, weil damit erhebliche Steuerausfälle verbunden sind. Darüber hinaus ist der Bundesrechnungshof der Auffassung, dass die niedrige Prüfungsquote bei diesem Personenkreis zu nicht hinnehmbaren Steuerungerechtigkeiten führt. Wenn der von jeglichen einseitigen Interessenlagen unverdächtige Bundesrechnungshof (BRH) feststellt, jede Außenprüfung von Einkommensmillionären bringt im Durchschnitt ein Mehrergebnis von 135 000 Euro, dann zeigt dies, dass eine Anhebung der Prüfungsquote zwingend erforderlich ist. Nach dortigen Feststellungen werden im Bundesdurchschnitt lediglich 15 % dieses Personenkreises geprüft. Im Gegensatz dazu erklärt nach Pressemeldungen ­ Hamburger Abendblatt vom 15.11. ­ der Finanzsenator, „dass große Steuerzahler ungeprüft davonkommen, ist ein Märchen".

Ich frage den Senat:

Der vom Fragesteller zitierte Bericht des Bundesrechnungshofes über die Prüfung der Bearbeitung von Einkommensteuerfällen mit bedeutenden Einkünften (sog. Einkommensmillionäre) bezieht sich auf ausgesuchte Finanzämter in anderen Bundesländern. Die Finanzämter in Hamburg waren nicht Gegenstand der Untersuchung.

Als Einkunftsmillionäre werden natürliche Personen bezeichnet, deren positive Summe der Einkünfte 500 000 Euro übersteigt. Die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen von Einkunftsmillionären unterliegt regelmäßig der Überprüfung des Veranlagungsinnendienstes, weil:

­ die Beteiligungsgewinne bei der Betriebsprüfung der Unternehmen überprüft werden und durch Grundlagenbescheid in die Einkommensteuerveranlagung einfließen,

­ die Geschäftsführergehälter dem Lohnsteuerabzug unterliegen und bei den Unternehmen im Rahmen von Lohnsteueraußenprüfungen überprüft werden,

­ über Kapitaleinkünfte vollumfängliche Erträgnisaufstellungen bzw. Zinsbescheinigungen der Geldinstitute vorliegen,

­ eine Überprüfung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung meist auch durch eine Belegprüfung an Amtsstelle möglich ist.

Für eine Betriebsprüfung bei dem Einkunftsmillionär (Gesellschafter), die zudem nach § 193 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) besonders begründet werden muss, ergibt sich in diesen Fällen weder Prüfungspotenzial, noch wäre dies sachgerecht.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt:

1. Wie hoch ist die Zahl der in Hamburg zu veranlagenden Einkommensmillionäre mit Einkünften von mehr als 500 000 Euro jeweils in den Jahren 2002­2006?

Grundlage für die Erfassung der Einkunftsmillionäre ist die Größenklasseneinteilung der Betriebe auf den 1. Januar 2001, die bundesweit einheitlich nur alle drei Jahre vorgenommen wird. Danach gab es in Hamburg neben den anderen Fällen, die nach § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO zu prüfen sind, 635 Einkunftsmillionäre. Für die Größenklasseneinteilung auf den 1. Januar 2004 ergeben sich 880 Einkunftsmillionäre.

2. Wie viele Einkommensmillionäre sind jeweils in den Jahren 2002­2005 sowie bis zum 30.09. d. J. nach § 193 Abs. 2 AO geprüft worden? Welches Mehrergebnis hat sich jeweils im Durchschnitt in Hamburg ergeben?

Die Forderung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF), die Einkunftsmillionäre erstmals in der Betriebsprüfungsstatistik für 2006 gesondert auszuweisen, ist in Hamburg bereits 2005 umgesetzt worden; für die Vorjahre hat eine gesonderte Erfassung nicht stattgefunden.

Im Jahr 2005 wurden 26 Prüfungen und im Jahr 2006 (Stand 30. September) neun Prüfungen durchgeführt. Das durchschnittliche steuerliche Mehrergebnis betrug: 2005: 39140 Euro und 2006 (Stand 30. September): 28151 Euro.

3. In welchen Fällen fallen die finanzamtliche Zuständigkeit für eine Betriebsprüfung nach § 193 Abs. 1 AO und die Prüfung des Einkommensmillionärs auseinander, sodass es häufig nicht möglich ist, die für die Besteuerung des Einkunftsmillionärs relevanten Sachverhalte festzustellen?

Beabsichtigt der Senat in Hinblick auf diese unbefriedigende Situation Änderungen der Zuständigkeit vorzunehmen? Wenn ja, in welcher Form?

Wenn nein, warum nicht?

Nach § 195 Satz 1 AO sind für Außenprüfungen die nach den allgemeinen Vorschriften der AO zuständigen Finanzämter zuständig. Dabei können Zuständigkeiten auseinander fallen, da einerseits für die Besteuerung natürlicher Personen nach § 19 AO der Wohnsitz und andererseits für die Besteuerung von z. B. Vermögensmassen nach § 20 AO der Ort der Geschäftsleitung entscheidend ist.

Eine Änderung der allgemeinen Vorschriften zur Zuständigkeit (§§ 16­29 AO) ist nicht vorgesehen und auch nicht notwendig. Erforderlichenfalls können gemäß § 195 Satz 2 AO Auftragsprüfungen durchgeführt werden.

4. Das Bundesfinanzministerium hat mitgeteilt, dass die Zahl der Außenprüfungen bei Einkommensmillionären ab diesem Jahr gesondert in der Bundesstatistik ausgewiesen wird. Welche Angaben für diese Statistik hat Hamburg bisher an das Bundesfinanzministerium weitergegeben?

Die Mitteilung an das BMF erfolgt erstmals für 2006. Da dieses Jahr noch nicht abgeschlossen ist, ist die Meldung an das BMF bis zum 31. März 2007 terminiert.

5. Welche besonderen Bemühungen hat oder wird Hamburg auf Bundesebene anstellen, um der Forderung des Bundesrechnungshofes zu entsprechen, für diesen Personenkreis eine Aufbewahrungspflicht von Belegen einzuführen sowie den Begründungszwang für die Anordnung der Außenprüfung zu streichen?

Die fehlende Verpflichtung zur Aufbewahrung von Unterlagen und die hierauf gestützte mögliche Weigerung, Unterlagen vorzulegen, kann in der Praxis zu Problemen führen. Die zuständige Behörde hat sich im Bund-Länderkreis in der Vergangenheit dafür eingesetzt, eine Aufbewahrungspflicht von Belegen für diesen Personenkreis einzuführen und den bisherigen Begründungszwang für die Prüfungsanordnung einzuschränken.

6. Wie beurteilt der Senat die in diesem Zusammenhang geäußerte Auffassung, dass eine Aufbewahrungspflicht für diesen Personenkreis im Widerspruch zu dem Ziel des Bürokratieabbaus steht?

Die Einführung einer gesetzlichen Regelung zur allgemeinen Aufbewahrungspflicht bei Einkunftsmillionären steht nach Auffassung der zuständigen Behörde nicht im Widerspruch zum Ziel des Bürokratieabbaus, weil dadurch eine schnellere Betriebsprüfung möglich ist und diese Neuregelung lediglich einen überschaubaren Kreis von Steuerpflichtigen betrifft.

7. In den Hamburger Finanzämtern wird jeweils eine Liste über die Veranlagung großer Steuerfälle geführt. Wie ist der Stand des Eingangs der Steuererklärungen (Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer sowie Feststellungen) sowie der Stand der durchgeführten Veranlagungen jeweils für die Veranlagungsjahre 2003 und 2004 zum 30.09.2006?

8. Der Rechnungshof Hamburg hat in seinen Feststellungen mehrfach die fehlende Anpassung von Vorauszahlungen gerügt. In Hinblick auf das z. Zt. steigende Wirtschaftswachstum wäre auf eine Anpassung jetzt besonders Wert zu legen, weil sonst Steuerzahlungen in beachtlicher Höhe sehr viel später geleistet werden. In wie vielen Fällen ist bei den großen Steuerfällen ­ vgl. Liste zu Frage 7. ­ in diesem Jahr bisher eine Anpassung der Vorauszahlungen außerhalb von Steuerbescheiden bzw. bei Steuerbescheiden durch Eingabe aktueller Besteuerungsgrundlagen (Überkennziffer) erfolgt?

Für die Gewerbesteuer gibt es keine gesonderten Werte, da die Gewerbesteuererklärung in den überwiegenden Fällen zusammen mit den „Haupterklärungen" bearbeitet wird.

Über den Erklärungseingang per 30. September und über die Zahl der bisher erfolgten Anpassung der Vorauszahlungen außerhalb von Steuerbescheiden etc. werden keine Anschreibungen geführt. Die entsprechenden Daten lassen sich in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand auch nicht gesondert ermitteln.