Börse

Strafanzeige wegen Betrugs im Zusammenhang mit dem LBK-Verkauf (3)

Im Kaufvertrag mit Asklepios hat sich die Freie und Hansestadt Hamburg verpflichtet, den LBK NEU so auszustatten, dass am 1. Januar 2005 ein Nettoumlaufvermögen (NUV) in Höhe von zwei Monatsumsätzen vorhanden ist.

Diese Vermögensausstattung bildet ­ so der Senat in der Verkaufsdrs. 18/849

­ auch die Zielgröße für die folgenden Jahre. Sollte die Zielgröße nicht erreicht werden, wird die städtische Besitzanstalt dem LBK NEU die fehlende Summe als Darlehen zur Verfügung stellen. Diese Liquiditätshilfedarlehen können 75 Mio. Euro erreichen. Sie sind bei einem Börsengang des LBK NEU oder bei einem Börsengang von Asklepios zu tilgen ­ ansonsten nur bei ausreichender Liquidität des LBK NEU.

In Presseberichten vom 30. November 2005 wurden der Vorsitzende des Aufsichtsrats des LBK Senator Dräger sowie Finanzsenator Peiner mit Aussagen hinsichtlich des Jahresabschlusses 2004 des LBK, eines Jahresergebnisses von -136 Mio. Euro sowie eines daraus abgeleiteten Ausgleichs des Nettoumlaufvermögens auf das garantierte Niveau durch einen Zuschuss der städtischen Besitzanstalt in Höhe von 19,5 Mio. Euro zitiert.

Der Betrag von 19,5 Mio. Euro zur Herstellung des garantierten Netto-Umlaufvermögens wurde am 20. Dezember 2005 von der LBK Immobilien zur Zahlung an die LBK GmbH angewiesen. Erst am 30. Januar 2006 ­ statt wie vereinbart am 30. November 2005 ­ ging der einzige Kaufpreis-Anteil, den Asklepios für die Geschäftanteile zu zahlen hatte, in Höhe von 19,2 Mio. Euro auf dem Konto des LBK Immobilien ein. Den restlichen Kaufpreis muss das verkaufte Unternehmen LBK selbst aufbringen.

In seiner Antwort auf die Schriftliche Kleine Anfrage in Drs. 18/3318 hat der Senat als Gründe für eine weitere Verschlechterung des Jahresergebnisses und die Zahlung eines Zuschusses an den LBK genannt:

­ sinkende Erlöse (Rückgang 2004 gegenüber 2003: 10,1 Mio. Euro), die nicht durch entsprechende Kostenreduktionen kompensiert werden konnten,

­ höhere Rückstellungen aufgrund von Schadenersatzrisiken (plus 26,9 Mio. Euro) sowie

­ höhere Forderungsabschreibungen aufgrund von Klagen der Budgets der Krankenkassen (27,4 Mio. Euro).

Obwohl im Jahresabschluss 2004 ­ seit Mitte des Jahres hatte die Stadt Asklepios-Mitarbeiter in die Führung des Geschäfte des LBK maßgeblich eingebunden ­ sich das Ergebnis sehr viel schlechter darstellte als bislang angenommen und damit der NUV-Zuschuss der städtischen Anstalt sehr viel größer ausfiel, verzichtete die Stadt auf ein im Kaufvertrag vorgesehenes Verfahren zur Begutachtung der Faktoren, die den Zuschuss begründeten. Auf Antrag einer der Vertragsparteien ­ so der Kaufvertrag ­ hätte das NUV durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO verbindlich festgelegt werden müssen.

Ich frage den Senat:

1. Waren Mitglieder der Geschäftsführung der Asklepios Kliniken bzw. von Asklepios in die Geschäftsführung des LBK berufene Personen an der für die Feststellung des so genannten NUV-Zuschusses maßgeblichen Bilanz zum 31.12.2004 beteiligt?

Der Jahresabschluss der LBK Hamburg AöR zum 31. Dezember 2004 wurde von der Geschäftsführung der in städtischem Besitz verbliebenen LBK Immobilien AöR aufgestellt. Diese hat sich für die Aufstellung des Jahresabschlusses des Rechnungswesens des LBK bedient, welches zum Zeitpunkt des Abschlusses der Bilanzaufstellung am 5. Dezember 2005 der Geschäftsführung der LBK Hamburg GmbH unterstand. Zusätzlich hat der LBK Immobilien AöR durch einen externen Wirtschaftsprüfer und Berater einzelne Positionen einer eigenen Bewertung und Prüfung unterzogen.

2. Warum wurde im Zusammenhang mit der Feststellung des NUV zum 31.12.2004 von Seiten der Freien und Hansestadt Hamburg nicht eine verbindliche Festlegung durch die unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO beantragt?

Der Beteiligungsvertrag, der unter Beachtung der Vertraulichkeit bei der Bürgerschaftskanzlei eingesehen werden konnte, enthält verbindliche Regelungen für die Feststellung des Netto-Umlaufvermögens (NUV). Nur für den Fall, dass sich die Vertragsparteien nicht gemeinsam auf die Feststellung des NUV einigen können, wird es durch BDO auf Antrag einer der Parteien verbindlich festgestellt. In der Verständigung über die Höhe des NUV-Ausgleichs im November/Dezember 2005 wurde neben den in den folgenden Fragen angesprochenen Komplexen eine Reihe von NUV relevanten Punkten geregelt. In der Summe war aus Sicht der FHH, auch nach Erörterung mit dem externen Berater, nicht davon auszugehen, durch einen Schiedsspruch mit höherer Wahrscheinlichkeit ein besseres Ergebnis erreichen zu können.

In seiner Antwort auf die Schriftliche Kleine Anfrage in Drs. 18/3319 hat der Senat die Neubewertung der Schadensersatzrückstellungen mit dem Ergebnis eines 2005 ­ also nach der Übernahme des LBK durch Asklepios ­ in Auftrag gegebenen Gutachten begründet.

3. Wer bzw. welches Unternehmen hat dieses Gutachten in wessen Auftrag erstellt? Wer hat die Begutachtung veranlasst? Unterhält dieser Gutachter bzw. dieses Unternehmen geschäftliche Kontakte zur Asklepios Gruppe oder zur Gothaer Versicherung? Gab es in der Vergangenheit derartige geschäftliche Beziehungen?

4. Wer bzw. welches Unternehmen ist zu dem Ergebnis gekommen, dass in den vorherigen Jahresabschlüssen z. B. für IBNR-Fälle (IBNR: incurred but not reported) keine bilanzielle Vorsorge getroffen worden war, aber dennoch zu treffen ist? Wer hat diese Begutachtung veranlasst, in wessen Auftrag erfolgte sie? Unterhält oder unterhielt dieser Gutachter bzw. dieses Unternehmen geschäftliche Beziehungen zur Asklepios Gruppe oder zur Gothaer Versicherung?

Die LBK Hamburg GmbH hat die Ecclesia Versicherungsdienst GmbH beauftragt, die Höhe der zu bildenden Schadenersatzrückstellungen zu berechnen. Um die im Gutachten der Ecclesia angegebenen Rückstellungswerte zu verifizieren, wurde anschließend im Auftrag der LBK Immobilien AöR ein weiteres Gutachten von B&W

Deloitte Insurance Actuaries & Consultants erstellt. Beide Gutachter hielten den Ansatz einer IBNR-Rückstellung für geboten. Auf Grundlage dieser Gutachten verlangte die KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als Prüfer der Jahresabschlüsse 2004 einen entsprechenden Ausweis einer Rückstellung im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2004. Im Jahresabschluss wurden die von B&W Deloitte ermittelten Werte angesetzt.

Zu geschäftlichen Kontakten der beiden Gutachter zu Dritten hat der Senat keine Kenntnisse.

5. Gab oder gibt es auch Gutachten, die eine Neubewertung der Schadensersatzrückstellungen als nicht zwingend beurteilten?

Weitere Gutachten sind den zuständigen Behörden nicht bekannt.

6. Wenn ja, warum ist man diesem Gutachten nicht gefolgt?

Entfällt.

7. Gab es im Jahr 2004 Aufhebungen von Arbeitsverträgen und damit verbundene Abfindungszahlungen?

Nach Auskunft der LBK Hamburg GmbH hat es ­ wie in den Vorjahren ­ Aufhebungen von Arbeitsverträgen und die Zahlung von Abfindungen gegeben.

8. Trifft es zu, dass solche Abfindungszahlungen zum schlechteren Jahresergebnis und niedrigeren NUV beigetragen haben?

Abfindungszahlungen haben das Jahresergebnis 2004 beeinflusst, sofern nicht im Vorjahresabschluss bereits Rückstellungen gebildet waren. Die im Jahr 2004 geleisteten Abfindungszahlungen haben zu einem niedrigeren NUV beigetragen.

9. Beruhten die höheren Forderungsabschreibungen aufgrund von Klagen der Budgets der Krankenkassen auf rechtskräftigen Urteilen oder auf freiwilligen Vergleichen zwischen Krankenkassen und dem LBK? 10. Trifft es zu, dass Forderungen des LBK gegen Krankenkassen zuvor in einem Schlichtungsverfahren bestätigt und entsprechend in der Bilanz als werthaltig gebucht waren?

Die Pflegesatzverhandlungen waren für alle Häuser des LBK Hamburg für die Jahre 2003 und 2004 gescheitert. Die Entscheidungen der Schiedsstelle für die Festsetzung der Krankenhauspflegesätze waren von der Gesundheitsbehörde der FHH überwiegend genehmigt worden. Gegen die Genehmigungsbescheide hatten die gesetzlichen Krankenkassen mit einer Ausnahme Klage erhoben. Umgekehrt hatte der LBK Hamburg in den Fällen einer Nichtgenehmigung Klage erhoben.

Der Streitwert der eingereichten Klagen lag über 100 Mio. Euro. Nach Gesprächen der Geschäftsführung der LBK Hamburg GmbH mit den gesetzlichen Krankenkassen, in die im Übrigen auch eine von der LBK GmbH beauftragte Rechtsanwaltskanzlei zur rechtlichen Einschätzung eingebunden worden war, wurde eine Bewertung der Risiken vorgenommen. Die Geschäftsführung der LBK GmbH hat das aus ihrer Sicht insgesamt vorteilhafte Ergebnis dem Mitgesellschafter LBK Immobilien AöR zur Zustimmung vorgelegt. Der LBK Immobilien AöR hat nach Abstimmung mit den zuständigen Behörden zugestimmt. Infolgedessen wurden im Abschluss zum 31. Dezember 2004

Ausgleichsforderungen, die im Vorjahresabschluss noch als werthaltig angesehen worden waren, als risikobehaftet eingeschätzt und entsprechend wertberichtigt.

11. Trifft es zu, dass die Forderungsverzichte das NUV schmälerten, zugleich aber die Liquidität des LBK erhöhten?

Nein.

Die Forderungsverzichte verringerten sowohl das NUV wie die Liquidität der LBK Hamburg GmbH.

12. Trifft es zu, dass die bei den Staatsanwaltschaften Frankfurt am Main und Regensburg eingegangenen Strafanzeige sich auch auf den Verdacht auf Bilanzfälschung ­ unter anderem gegen die im Aufsichtsrat des LBK vertretenen Senatsmitglieder ­ im Zusammenhang mit der Feststellung des NUV zum 31.12.2004 stützt?

Die bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main eingegangene Strafanzeige ist zwischenzeitlich an die Staatsanwaltschaft Hamburg abgegeben worden. Der Senat sieht davon ab, sich zu anonymen Anzeigen und deren Inhalt zu äußern. Im Übrigen siehe Drs. 18/5295.