Wie Hamburg jetzt gegen Aids kämpfen muss

Die Bürgerschaft möge beschließen:

1. Kürzungen in der Aids-Prävention zurücknehmen

Im Haushaltstitel 4810.684.71 „Zuschüsse an Vereine, Institute u. dgl. zur Gesundheitsförderung und Aids-Prävention" wird die Zuwendung an die Aids-Hilfe in 2007 und 2008 jeweils um 72 Tsd. Euro auf 512,8 Tsd. Euro erhöht.

Zusätzlich. Die Zuwendung an Prävention e. V. (Hein & Fiete) wird in 2007 und 2008 jeweils um 15 Tsd. Euro auf 186,7 Tsd. Euro erhöht.

Zur Finanzierung wird der Titel 4810.514.61 „Haltung von Fahrzeugen, Verbrauchsmitteln, Dienst- und Schutzkleidung und dgl." um 47 Tsd. Euro auf 75 Tsd. Euro herabgesetzt und der Titel 4810.534.61 „Sonstige sächliche Verwaltungsausgaben" um 40 Tsd. Euro auf 387 Tsd. Euro herabgesetzt.

2. Der Aids-Hilfe Hamburg ab 2007 die Zuwendungen in Form einer Festbetragsfinanzierung statt der bisherigen Fehlbetragsfinanzierung zu gewähren.

3. Die Verwendungskriterien der Stadt Hamburg für den Zuschuss an die Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung (HAG) um das Kriterium „Förderung von HIV/Aids-Prävention" zu ergänzen.

4. HIV-Testkampagne für Hamburg starten

Für eine HIV-Testkampagne in Hamburg werden Mittel in Höhe von 50 Tsd. Euro zur Verfügung gestellt. Die Finanzierung erfolgt aus den ­ nach Senatsankündigungen ­ für 2007 nicht mehr verwendeten Mitteln für die „Suchtberatung von Kindern und Jugendlichen und deren Angehörigen" aus dem Titel 4870.684.61 „Zuschüsse an Vereine und dgl."

5. Aids-Prävention in den Schulen stärken ­ Umfrage zum Wissenstand über sexuell übertragbare Krankheiten.

Aus dem Ansatz im Haushaltstitel 4810.526.01 „Gutachten und Untersuchungen" werden Mittel in Höhe von 50 Tsd. Euro für eine Umfrage in den Hamburger Schulen zum Wissensstand von Sexualerziehung und Aids-Prävention bereit gestellt.

Begründung:

Die dramatische Situation 2005 stiegen die HlV-Infektionszahlen nach Angaben des Robert-Koch-Instituts im Vergleich zum Vorjahr um dramatische 30 % an. Infektionszahlen dieses Ausmaßes wurden zuletzt Anfang der Neunziger Jahre registriert. Hamburg liegt mit diesem Anstieg noch vor Berlin und direkt hinter Köln. Betroffen sind vor allem schwule Männer sowie Migrantinnen und Migranten aus Ländern mit hohen Infektionszahlen. Untersuchungen zeigen, dass die Infektionen bei schwulen Männern zu 23 % in Beziehungen stattfinden, in denen der Gebrauch von Kondomen nicht mehr regelmäßig erfolgt. Bei 41 % der betroffenen Männer erfolgt die Infektion bei anonymen Sexualkontakten. Die betroffenen Migrantinnen und Migranten dagegen kommen in der Regel infiziert nach Deutschland und wissen nichts über ihre Infektion, die dann zufällig im Rahmen ärztlicher Behandlung entdeckt wird.

Zu dem dramatischen Anstieg der Neuinfektionen kommt ein ebenfalls deutlicher Anstieg der Aids-Erkrankungen. Hamburg liegt dabei nach Berlin und Düsseldorf an dritter Stelle.

Gegenüber dieser gefährlichen Entwicklung müssen grundsätzlich sinnvolle und wertvolle Maßnahmen wie die Beteiligung an der Reisemesse, oder die Haltung von Fahrzeugen, Verbrauchsmitteln und Dienst- und Schutzkleidung zurücktreten.

Die Rücknahme der Kürzungen bei den Trägern der Prävention Hein & Fiete als Präventionsprojekt für schwule Männer benötigt dringend einen weiteren Streetworker sowie mehr Mittel für Informationsmaterial.

Hein & Fiete konzentriert sich stark auf das Projekt „Freiwillige Selbstverpflichtung". In diesem Projekt verpflichten sich von Schwulen frequentierte Bars dazu, Werbung für Safer Sex zu machen und das Personal regelmäßig entsprechend zu schulen. Dieses Projekt bindet die Mittel von Hein & Fiete weitgehend.

Durch die Rücknahme der unsinnigen Kürzungen werden Mittel für die verstärkte Prävention für die immer stärker betroffenen Männer unter 30 Jahren frei.

Die Aids-Hilfe als zentrale Anlaufstelle für HlV-infizierte Hamburgerinnen und Hamburger und als das Informationszentrum für alle Präventionsmaßnahmen im Heterosexuellen Bereich ist von den Kürzungen der letzten Jahren besonders betroffen.

Durch die stetig steigenden Neuinfektionen in Hamburg ist der Bedarf an Beratung etwa zu den Fragen „Was tun nach einer HIV-Infektion?" und „Wie leben mit einer HIV-Infektion?" erheblich gestiegen. Auch die vermehrt nachgefragten Selbsthilfeaktivitäten bedürfen einer professionellen Anleitung und Betreuung.

Festbetragsfinanzierung für die Aids-Hilfe

Die Fehlbetragsfinanzierung behindert die Aids-Hilfe Hamburg e. V. massiv darin, sich um Spenden zu bemühen. Nach jetziger Regelung werden Spenden, die solche Aufgaben unterstützen, die auch von der Stadt finanziert werden, verrechnet, also vom Gesamtetat abgezogen. Es bleibt also kein Gewinn bei der Aids-Hilfe, um Aktivitäten zu verstärken. Die Aids-Hilfe ist daher gezwungen, Spenden nur für Arbeitsaufgaben zu verwenden, die nicht von der Stadt finanziert werden. Diese bürokratische Praxis verhindert eine gezielte und erfolgreiche Einwerbung von Spenden, die die Arbeit der Aids-Hilfe verstärken könnten und so der Grundfinanzierung der Stadt zu mehr Wirksamkeit verhelfen würden. Vor diesem Hintergrund bittet die Aids-Hilfe schon seit langem darum, dass ihre Zuwendung auf eine Festbetragsfinanzierung umgestellt wird. Dadurch würde der Aids-Hilfe eine zeitgemäße Drittmittelbeschaffung ermöglicht.

Zuschuss an die Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung (HAG)

Nach Auskunft der Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung (HAG) konnten bisher Projekte aus dem Bereich Aids-Prävention nicht gefördert werden, weil der Senat diesen Punkt ausdrücklich nicht als förderungswürdig betrachtet.

Die Kassen wiederum wären gerne bereit mit ihrem 50%igen Anteil an der Finanzierung der HAG zukünftig auch Aids-Präventionsprojekte zu fördern. Die Stadt Hamburg hat ein Interesse, die Kassen bei der Bekämpfung von Aids mit in die finanzielle Verantwortung zu nehmen. Dies ist gut insbesondere in Zeiten, in denen von Senatsseite die Mittel für die Aids-Prävention gekürzt werden und die Kassen und ihre zahlenden Mitglieder dann die Folgen der dramatisch steigenden Neuinfektionen und AidsErkrankungen alleine tragen müssen.

HIV-Testkampagne starten

In Hamburg steigen die Zahlen der Aids-Erkrankungen stark an. Ein Drittel dieser Neuerkrankungen basiert auf dem Nichtwissen der eigenen Infektion mit dem HIVirus. Erst beim Zusammenbruch des Immunsystems und einer damit verbundenen Infektion wird dann bei den Patientinnen und Patienten meist erst in den Krankenhäusern als Ursache eine HIV-Infektion diagnostiziert. Die Behandlung der Infektion erst nach dem Ausbruch der Krankheit erweist sich als kompliziert und zu oft als nicht mehr erfolgreich. In einigen Fällen ist der Tod der Patientinnen und Patienten nicht mehr aufzuhalten, weil die Medikamente nicht mehr wirken.

Es ist vor diesem Hintergrund notwendig die Hamburgerinnen und Hamburger darüber zu informieren, dass ein HIV-Test und bei positivem Testergebnis eine damit verbundene rechtzeitige Therapie Leben retten kann.

Das Projekt Hein & Fiete hat mit einer zielgruppenspezifischen Testerkampagne für schwule Männer Anfang des Jahres 2006 sehr gute Ergebnisse erzielt, musste aber die Kampagne nach drei Monaten auslaufen lassen, weil die dafür eingesetzten Spendenmittel aufgebraucht waren.

Eine vom Senat initiierte und finanzierte Testkampagne muss neben der stark betroffenen Zielgruppe schwuler Männer auch die anderen stark betroffenen Gruppen wie zum Beispiel Migrantinnen und Migranten ansprechen. Das Informationsmaterial sollte auch auf andere sexuell übertragbare Krankheiten hinweisen.

Die Aids-Beratungsstelle im Bernhard-Nocht-lnstitut, die kostenlose HIV-Tests mit Vor- und Nachberatung anbietet, sollte in diese Kampagne mit einbezogen werden.

Aids-Prävention in den Schulen stärken ­ Umfrage zum Wissensstand über sexuell übertragbare Krankheiten

Es häufen sich Hinweise, dass Hamburgs Schülerinnen und Schüler nur unzureichend über die Risiken von sexuell übertragbaren Krankheiten aufgeklärt sind. Auch die aktuelle Bravo-Studie offenbart erhebliche Defizite in der Sexualaufklärung. So wissen 30 % der Jugendlichen nicht, dass man sich beim ungeschützten Sexualverkehr mit HIV anstecken kann. Jede zehnte Schülerin bzw. jeder zehnte Schüler glaubt, dass nur Schwule sich anstecken können. 42 % haben sich noch keine Gedanken über die Frage einer Ansteckung gemacht.

Die Lehrpläne sehen zwar seit Jahren entsprechenden Unterricht vor, deutliche und vermehrte Hinweise deuten jedoch darauf hin, dass bei den Schülerinnen und Schülern das Wissen darum abnimmt.

Die von der Schulbehörde unterstützten Kinovorstellungen im Cinemaxx zum WeltAids-Tag sind zwar richtig, erreichen aber nur eine geringe Zahl von Hamburgs Schülerinnen und Schülern. Völlig unklar bleibt auch, ob dadurch wirklich ein Lernerfolg erreicht wurde. Um dies zu klären und zu prüfen, welche Verbesserungen zum Schutz unserer Schülerinnen und Schüler notwendig sind, muss eine repräsentative Umfrage an Hamburgs Schulen zu diesem Thema durchgeführt werden. Dadurch können Behörde und Schulen Kenntnisse über den Wissensstand und Rückschlüsse auf erfolgsversprechende Wissensvermittlung ziehen.