Immissionsschutzgesetz

1. Ausgangslage:

Im April 2005 legte die Vattenfall Europe Hamburg AG (damals HEW), die Betreiberin des Heizwerks Hafen in der HafenCity, gegen die zuvor erteilte Baugenehmigung für das zwölfgeschossige Bürogebäude der Firma Kühne & Nagel am Großen Grasbrook 11/13 Widerspruch ein. Sie trug vor, auf Grund der Höhe des genehmigten Bürohauses (zwischen 40 und 45 m) werde es mit Sicherheit je nach Windrichtung zu störenden und belästigenden Auswirkungen der Rauchgasfahne ihrer Schornsteine kommen und damit zu Konflikten mit den künftigen Nachbarn.

Das Heizwerk Hafen wurde mit einer Schornsteinhöhe von 65 m beantragt, jedoch nur mit einer Höhe von 50 m genehmigt (1998). Entscheidend für die Höhenfeststellung der Schornsteine auf 50 m waren Gesichtspunkte der Stadtbildgestaltung. Im Übrigen beruht die Höhenbegrenzung auf 50 m auf den Vorschriften der TA Luft (Nr. 5.5.4) vom 14. Mai 1990. Danach war die mittlere Höhe der vorhandenen oder zulässigen Bebauung zu Grunde zu legen.

Nach den damaligen Überlegungen zur Entwicklung des Masterplans für die HafenCity wurde diese mit 35 m angenommen, wobei einzelne Gebäude durchaus höher sein durften. Das TÜV-Gutachten vom 18. November 1990 bestätigte diese Höhenfestsetzung. Das Gutachten stufte die Zunahme an gasförmigen Schadstoffen und an Schwebestaub als gering ein.

Bei der Erarbeitung des Bebauungsplans Hamburg Altstadt 32/HafenCity 1 wurden zwei weitere Gutachten zur angesprochenen Thematik erstellt (eines zur Problematik der Kondensfahne ­ 2003, eines zur Stickoxydausbreitung

­ 2004). Diese Gutachten stellten weder eine Gesundheitsgefährdung durch die Abgase des Heizwerks noch erhebliche Nachteile oder Belästigungen für die Umgebung fest.

Die Gutachten gingen von einer maximalen Umgebungsbebauung von ca. 45 m Höhe aus, das Bürohaus von Kühne & Nagel ist ca. 46 m hoch. Beide Gutachten waren Grundlage für die Abwägung im Bebauungsplanverfahren.

Im Einklang mit diesen Gutachten ist die Genehmigung für das Heizwerk Hafen mit einer Schornsteinhöhe von 50 m fachlich einwandfrei. Sie entspricht auch den gesetzlichen Vorschriften; das Heizwerk erzeugt keine schädlichen Umweltauswirkungen im Sinne des § 5 BundesImmissionsschutzgesetz (BImSchG). Dies hat zur Folge, dass nachträgliche Auflagen gegen Vattenfall zur Minderung der Abgase nicht erlassen werden können.

Dennoch ist zu befürchten, dass sich bei der jetzigen Schornsteinhöhe von 50 m Abgase und die damit verbunBÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache18/5522 Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft Haushaltsplan 2007/2008

Einzelplan 6

Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt

1. Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und der Vattenfall Europe Hamburg AG über den Neubau einer Schornsteinanlage für das Heizwerk Hafen.

2. Nachbewilligung eines Ansatzes in Höhe von 2,0 Mio. Euro im Haushaltsjahr 2007 bei dem neu einzurichtenden Titel 6300.832. „Zuschuss an Vattenfall Europe Hamburg AG für die Schornsteinerhöhung im Heizwerk Hafen" denen Rauchschwaden negativ auf die künftige Bebauung und somit auf die Investitionsbereitschaft der Bauherren und damit letztlich auf die Entwicklung der HafenCity auswirken können. Die Abgase können sich als Wasserdampf auf den Fenstern und Fassaden niederschlagen, bei Frost kann es zu Eisbildung kommen. Die Belästigungen bleiben zwar unterhalb der Schwelle der noch relevanten Umweltbeeinträchtigungen, dennoch werden sie von betroffenen Gebäudenutzern als Störung empfunden.

Außerdem hat Vattenfall angekündigt, sie müsse, um sich vor zivilrechtlichen Ansprüchen von Nachbarn zu schützen, auf mögliche Beeinträchtigungen durch die Rauchschwaden hinweisen und auch Widerspruch gegen weitere Genehmigungen in der Nachbarschaft einlegen. Solche Widersprüche bleiben zwar in der Regel erfolglos, würden jedoch zu Verzögerungen bei der Errichtung der Gebäude führen.

2. Lösung

In dieser Situation wurden mit Vattenfall Verhandlungen aufgenommen, um die Auswirkungen der Rauchschwaden auf die vorhandene und künftige Bebauung in der HafenCity (Vernebelung, Vereisung von Fassaden etc.) zu minimieren. In den Gesprächen mit Vattenfall ergaben sich im Wesentlichen drei Lösungsmöglichkeiten:

1. Einbau einer Entschwadungsanlage (Trocknen der Rauchgasschwaden),

2. Erhöhung der Rauchgastemperatur zur Vermeidung der Ausdehnung der Schwaden,

3. Bau einer höheren Schornsteinanlage.

Alle Möglichkeiten wurden von Vattenfall gutachterlich untersucht (Vorplanung) und auf ihre technische und wirtschaftliche Realisierbarkeit hin überprüft. Hierzu wurde eine Projektgruppe, in der auch die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt und die HafenCity Hamburg GmbH vertreten waren, eingesetzt. Nach den Ergebnissen dieser Untersuchungen scheidet die Möglichkeit, das Problem durch den Einbau einer Entschwadungsanlage zu lösen, aus wirtschaftlichen Gründen aus (Gesamtkosten ca. 20 Mio. Euro). Auch der zweite Lösungsweg soll wegen der erheblichen zusätzlichen Betriebskosten (ca. 1 Mio. Euro pro Jahr) nicht weiter verfolgt werden. So bleibt die Schornsteinerhöhung zur Verminderung der direkten Beschwadung der Gebäude in der HafenCity als einzige wirtschaftlich vertretbare Lösung übrig.

3. Höhe der Schornsteine

Um die Höhe der zu errichtenden Schornsteinanlage zu ermitteln, beauftragte Vattenfall das Hermann-FöttingerInstitut (TU Berlin), die Anströmung der Gebäude in der Umgebung des Heizwerks im Windkanal zu untersuchen.

Nach dem Gutachten vom Februar 2006 werden bei einer Schornsteinhöhe von 80 m Gebäude bis zu einer Höhe von 50 m in der Regel nicht direkt angeströmt. Gebäude mit einer Höhe über 50 m können in den Wintermonaten (Dezember bis Februar) an einigen Tagen, abhängig von der Wetterlage und Windrichtung, direkt angeströmt werden. Betroffen wären drei Gebäude im Umkreis von 500 m.

Nach 500 m löst sich die Rauchgasfahne weitgehend auf.

Das Institut schlug eine Schornsteinhöhe von 95 m vor, um noch höhere Gebäude von den Anströmungen durch die Abgase möglichst frei zu halten.

Die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt hat in einer Stadtbilduntersuchung die Auswirkungen der beiden Schornsteinhöhen sowohl auf die Innenstadtsilhouette als auch auf das zukünftige Stadtbild der HafenCity untersucht. Danach fügt sich eine Schornsteinhöhe von 80 m wesentlich besser in das Stadtbild ein als eine 95 m hohe Schornsteinanlage. Vattenfall hat sich für eine 95 m hohe Schornsteinanlage ausgesprochen, die nur unwesentlich höhere Kosten verursache als eine 80 m hohe Anlage.

Für den Bau von 80 m hohen Schornsteinen sind mehrere Gründe ausschlaggebend: Es gibt keine Rechtsvorschriften, die eine Höhe der Schornsteine über 50 m erzwingen.

Die Emissionen des Heizwerks entsprechen den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Grenzwerte für die ausströmenden Stoffe werden eingehalten bzw. nicht erreicht. Bei einer Erhöhung auf 80 m wird die Belästigung durch die Abgase minimiert. Die dann noch auftretenden Rauchgasschwaden sind zu vernachlässigen, da sich diese nur an wenigen Tagen und an wenigen Gebäuden hauptsächlich als Wasserdampf niederschlagen.

Schäden an den Fassaden sind nicht zu erwarten. Aus stadtgestalterischen Gründen ist eine Höhe von 80 m zu bevorzugen.

Den Interessen von Vattenfall wird durch entsprechende vertragliche Regelungen Rechnung getragen; die Freie und Hansestadt Hamburg wird insbesondere in künftigen Grundstückskaufverträgen die Erwerber zur Duldung der Anströmung von Rauchschwaden verpflichten (Ziffer 4 des anliegenden Vertrages). Etwaige Schadensersatzansprüche Dritter gegen Vattenfall werden von der Freien und Hansestadt Hamburg nicht übernommen.

Sollten ­ entgegen aller Erwartung ­ in Zukunft weitere Schornsteinerhöhungen notwendig werden, so trägt die Freie und Hansestadt Hamburg hiervon 75 % der Kosten, Vattenfall 25 %.

Der Vertrag stellt eine gute Grundlage dar, um die Anströmungen von Gebäuden im Umfeld des Heizwerks zu minimieren und damit eine weiterhin positive Projektentwicklung der HafenCity zu ermöglichen.

4. Kosten und Finanzierung

Die Kosten für den Bau eines neuen Schornsteins betragen nach der vorliegenden Kostenunterlage rund 4,0 Mio. Euro.

Der Bau soll durch die Firma Vattenfall Europe Hamburg AG ausgeführt werden. Da es aus rechtlichen Gründen keine Möglichkeit gibt, die Erhöhung der Schornsteine durch Vattenfall Europe Hamburg AG zu verlangen, aber gleichwohl aus den vorgenannten Gründen ein erhebliches öffentliches Interesse der Stadt besteht, ist eine Finanzierung wie folgt vorgesehen:

­ Vattenfall Europe Hamburg AG erhält einen Zuschuss in Höhe von 2,0 Mio. Euro durch die Freie und Hansestadt Hamburg, der mit dieser Drucksache bei dem neu einzurichtenden Titel 6300.832.01 „Zuschuss an Vattenfall Europe Hamburg AG für die Schornsteinerhöhung im Heizwerk Hafen" nachgefordert wird. Deckung wird in gleicher Höhe zu Lasten des Titels 6300.741. „Grundinstandsetzung und Ersatz von Anlagen der Lichtsignalsteuerung und der öffentlichen Beleuchtung" geboten. Die Deckung ist möglich, weil sich die in den veranschlagten Ausgaben enthaltenen an Vattenfall Europe Hamburg AG zu zahlenden Baugemeinkostenzuschläge im Haushaltsjahr 2007 in entsprechender Höhe vermindern.

­ Die restlichen Kosten in Höhe von ca. 2 Mio. Euro trägt Vattenfall Europe Hamburg AG.

Die Fundamentplatte für die neuen Schornsteine wird in die künftige Straßenfläche hineinragen. Die hierfür notwendige Sondernutzungserlaubnis wird der Vattenfall Europe Hamburg AG für die Dauer der Genehmigung des Heizwerks kostenlos erteilt (siehe Ziffer 2 des Vertrages).

Zudem wird für die Sondernutzung der Straßenfläche von Vattenfall kein weiteres Entgelt verlangt.

Weiterhin wünschte Vattenfall Europe Hamburg AG, um für einen längeren Zeitraum Planungssicherheit zu haben, den Mietvertrag für den Standort Tiefstack (bisherige Laufzeit bis 2014) bis zum Ende des Jahres 2035 und den Mietvertrag über die Fläche des Heizwerks Hafen (bisherige Laufzeit bis 2026) zu den bisherigen Bedingungen bis zum Jahre 2036 zu verlängern. Diesem Wunsch hat Hamburg im Rahmen der Vertragsverhandlungen entsprochen.

Ein finanzieller Nachteil entsteht Hamburg hierdurch nicht. Die Mieten wurden auf Grundlage des Verkehrswerts vereinbart, sie enthalten eine Preisanpassungsklausel nach den allgemeinen Vertragsbestimmungen der Freien und Hansestadt Hamburg, die durch die jeweilige Vertragsverlängerung nicht verändert wird.

Sofern die Kosten der Schornsteinerhöhung über 4 Mio. Euro betragen sollten, werden sich die Vertragsparteien über die Tragung der Mehrkosten verständigen (Ziffer 7. des Vertrages).

5. Petitum:

Der Senat beantragt, die Bürgerschaft wolle

1. von den Ausführungen in dieser Drucksache Kenntnis nehmen,

2. dem anliegenden Vertrag zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und der Vattenfall Europe Hamburg AG zustimmen,

3. im Haushaltsplan 2007/2008 im Haushaltsjahr 2007 einen Ansatz bei dem neu einzurichtenden Titel 6300.832.01 „Zuschuss an Vattenfall Europe Hamburg AG für die Schornsteinerhöhung im Heizwerk Hafen" Höhe von 2.000 Tsd. Euro nachbewilligen sowie zur Deckung dieser Nachforderung beim Titel 6300.741.11 „Grundinstandsetzung und Ersatz von Anlagen der Lichtsignalsteuerung und der öffentlichen Beleuchtung" den Ansatz von 8.621 Tsd. Euro um 2.000 Tsd. Euro auf 6.621 Tsd. Euro herabsetzen.