Erste Erfahrungen mit der Umsetzung des „Neuen Bezirksverwaltungsgesetzes"

Der Ausschussvorsitzende begrüßte die Bezirksvertreterinnen und -vertreter, die dazu eingeladen und aufgefordert seien, ihre ersten Erfahrungen mit dem seit dem 1. August 2006 in Kraft getretenen neuen Bezirksverwaltungsgesetz dem Ausschuss darzustellen.

Herr Bruhns begrüßte den Umstand, dass es seit Einführung des Gesetzes eine Geschäftszimmerstelle für jede Bezirksversammlung gebe und der Vorsitzende der Bezirksversammlung für diesen Mitarbeiter die Funktion des Fachvorgesetzten ausübe.

So könne bei politischen Differenzen zwischen dem Bezirksamtsleiter und dem Vorsitzenden diese Stelle eine vermittelnde Funktion ausüben. Allerdings sei der Einfluss des Bezirksamtsleiters auf die Gremienbetreuung weiterhin sehr deutlich ausgeprägt, da der neue Mitarbeiter diesem Bereich nicht allein vorstehen könne.

Ein weiteres Problem sei die bei der Umwandlung der Ortsausschüsse in Regionalausschüsse beibehaltene Regelung, dass mindestens fünf Abgeordnete ein Auskunftsersuchen an die Landesregierung beschließen müssten und der Beschluss noch ein weiteres Mal in der Bezirksversammlung abgestimmt werden müsse. Man sollte prüfen, ob diese Regelung weiterhin Bestand haben müsse, denn eine reguläre Besetzung der Regionalausschüsse mit fünf Abgeordneten sei schwierig. Vielmehr sollte eine praktikable Regelung ohne den Umweg über die Bezirksversammlung institutionalisiert werden.

Die neu geschaffene Geschäftszimmerstelle für den Bezirksversammlungsvorsitzenden, so Herr Osterburg, halte man mit einer A-12 Dotierung für überbezahlt. Diese Tatsache erzeuge Unmut im Bereich der bezirklichen Gremienbetreuung, denn der Tätigkeitsradius des Geschäftszimmers fülle die Dotierung nicht aus. Ein weiterer Kritikpunkt sei, dass die geplante Teilnahme der Fachbehörden an den Fachausschusssitzungen der Bezirke noch nicht wie vorgesehen erfolge; insbesondere die Behörde für Inneres nehme ihre Teilnahme nicht wahr.

Herr Utikal erachtete es für wichtig, dass die neu eingerichtete Geschäftsstelle der Bezirksversammlung im Bezirk Hamburg-Nord zukünftig auch die Umsetzungen der Bezirksversammlungsbeschlüsse zu kontrollieren habe.

Des Weiteren sei auch für die Bezirksversammlung Nord festzustellen, dass die Fachbehördenvertreter nicht reibungslos zu anberaumten Sitzungen erschienen. Zudem habe die Behörde für Inneres auf eine Einladung des Unterausschusses Bau in Fuhlsbüttel-Langenhorn mitgeteilt, dass niemand in den Ausschuss kommen müsse und werde.

Darüber hinaus merkte er an, dass die Tagesordnungen der Bezirksversammlungen durch den Umstand der nicht mehr beschlussfähigen Unterausschüsse sehr umfangreich geworden seien und demzufolge die Arbeit in den Bezirksversammlungen behindere.

Die Fachausschüsse und Regionalausschüsse müssten nach dem neuen Gesetz mit einem Anteil von 50 % aus Bezirksversammlungsabgeordneten besetzt werden, so Herr Duge. Diese Quotierung bedeute personelle Engpässe und Parallelbesetzungen in den Ausschüssen. Weiterhin kritisch anzumerken sei, dass die Hauptausschüsse keine Entscheidungsorgane mehr seien, sondern vielmehr nur noch vorbereitende Arbeiten für die Bezirksversammlung leisteten. Daraus ergebe sich zum einen eine eingeschränkte Handlungsfreiheit und zum anderen verzögerte Beschlussfassungen.

Herr Ritzenhoff führte aus, dass man die Rolle des Bezirksamtsleiters weiterhin auch in der eines Bindeglieds zwischen der bezirklichen Ebene und der Fachbehörde sehe.

Zwar könne die Bezirksversammlung jetzt über die neue geschaffene Geschäftsstelle mit der Fachbehörde kommunizieren, aber weiterhin sollte auch der Bezirksamtsleiter diese Funktion ausüben. Zudem sehe man Probleme in der schnellen personellen Umsetzung des neuen Verwaltungskonzeptes, die dazu führe, dass alle Ortsamtsleiterstellen bis zum 1. Februar 2007 nicht mehr besetzt seien. Somit gebe es keine Ansprechpartner vor Ort mehr und die von den Ortsausschüssen wahrgenommenen schützenswerten Funktionen nicht mehr bestünden.

Das Fachamt Sozialraummanagement, welches im Rahmen des Verwaltungsaufbaus geschaffen werden solle, stelle ein weiteres „Entfernen vom Bürger" dar, weil es weder inhaltlich zugänglich sei noch wichtige Ansprechpersonen identifizierbar seien.

Die Rolle der Regionalausschüsse werde zukünftig der Klärung bedürfen, so Herr Becker, denn die Motivation der Bürger habe bereits unter der jetzt unklaren Situation gelitten und das öffentliche Interesse an den Ausschüssen werde daraufhin zunehmend abnehmen.

Grundsätzlich begrüßte er die Initiative zu dieser Einladung in den Sonderausschuss für einen Austausch zwischen den Bezirksversammlungen und der bürgerschaftlichen Ausschussebene und regte an, diese Zusammenkunft im Sommer 2007 zu wiederholen, um sich gemeinsam über die bis dahin gewonnenen praktischen Erfahrungen mit dem neuen Bezirksverwaltungsgesetz auszutauschen.

Der Ausschussvorsitzende hob die Absicht des Sonderausschusses hervor, mit der heutigen Begegnung zwischen der Bezirksebene und der Bürgerschaft eine frühzeitige erste Evaluierung stattfinden zu lassen, um mögliche Fehlentwicklungen rechtzeitig zu erkennen und richtig zu stellen.

Herr Tschentscher griff erneut die Absage der Behörde für Inneres zu einer Verkehrsfrage im bezirklichen Unterausschuss auf und zitierte aus dem Schreiben: „... Leider kann der zuständige Amtsleiter in dieser Sache ihrem Wunsch nicht entsprechen... gemäß § 27 Absatz 3 eine Entsendung von Referenten in Unterausschüsse nicht vorgesehen sei."

Er halte diese Auslegung der Fachbehörde für zu eng und hoffe, ohne die Ausschussstruktur auf bezirklicher Ebene ändern zu müssen, zu einer einvernehmlichen Regelung und Auslegung des § 27 des neuen Gesetzes zu gelangen.

Zu dem bezirklichen Anhörungsrecht nach § 28 bei Standortentscheidungen ­ Beispiel konzeptionelle Entwicklung des Planetariums im Stadtpark ­ sei anzumerken, dass inhaltliche Entscheidungen und neue Konzeptionen der Fachbehörden leider häufig zunächst nur der Presse zu entnehmen seien, dies halte man für die bezirklichen Entscheidungsgremien nicht für angemessen. Vielmehr müsse der Bezirk im Vorwege von der Behörde informiert werden, damit das Anhörungsrecht nach § 28 qualifiziert wahrgenommen werden könne.

Die finanziellen Rahmenzuweisungen an die Bezirke nach § 37 würden über Verteilerschlüssel auf der Grundlage der bezirklichen Stellungnahmen vom Senat beschlossen. Die Rahmenzuweisungen für den Haushalt 2007/2008 seien Bestandteil des der Bürgerschaft vorliegenden Haushaltsentwurfs 2007/2008. In einem konkreten Fall gebe es aber zwei fragwürdige Rahmenzuweisungen. Hierbei seien in Verteilungsschlüsseln Indikatoren verloren gegangen aufgrund einer Vakanz im Statistikamt.

Auch falle der Indikator für Alleinerziehende weg und zudem seien die Kontenrahmen Dienstbezüge der Bezirksämter reingerechnet worden. Zusammenfassend entziehe sich das Vorgehen an dieser Stelle einer Logik und demzufolge möchte die Bezirksversammlung Hamburg-Nord diesen Sachverhalt hinterfragen und beraten. Man erbitte Auskunft darüber, nach welchen Indikatoren und Gewichtungen dieser Verteilungsvorschlag in den Haushaltsentwurf geraten sei. Die Grundlage für dieses Auskunftsersuchen gebiete aus seiner Sicht der § 37.

Der Ausschussvorsitzende merkte dazu an, dass seit Sommer 2007 die Federführung des Haushaltsverfahrens bei der Bürgerschaft liege und der Senat hier nicht mehr eingreifen könne. Die Beschlussfassung zu den Rahmenzuweisungen sei vor der Einführung des neues Bezirksverwaltungsgesetzes passiert, in diesem Falle seien also keine Änderungen mehr möglich.

Herr Omniczynski bekräftigte die Kritik an dem Festsetzungsverfahren für die Schlüssel zu den Rahmenzuweisungen, das Mitspracherecht falle aufgrund der zeitlichen Verschiebungen für die kommende Haushaltsperiode 2007/2008 weg. Zudem sei die angekündigte Zusammenfassung von Rahmenzuweisungen für die Haushalte in den Bezirksämtern kaum umgesetzt worden, vielmehr seien die Zuweisungen weiterhin kleinteilig.

Ein positiver Punkt sei die gestärkte Position der Bezirksversammlungen und der Bezirksämter bei der Aufstellung von Bebauungsplänen. Allerdings habe man in Bergedorf erlebt, dass die BSU regulierend beim Bezirk eingreife und beispielsweise Vorgaben mache, einzelne Bebauungspläne verstärkt voranzutreiben. Man empfinde dies als Hereinregieren in die Rangfolge und Wichtigkeit abzuarbeitender Bebauungspläne und das Verhalten des Senats mache die gestärkte Position der Bezirke in diesem Bereich zunichte.

Die GAL-Abgeordneten nahmen das Thema der bezirklichen Unterausschüsse oder Regionalausschüsse und deren Anliegen, zur Vorbereitung einer Beschlussfassung einen Behördenvertreter einzuladen, nochmals auf. Es sei auch aus ihrer Sicht unsinnig, dieses Auskunftsersuchen nur mit einem Beschluss der Bezirksversammlung umsetzen zu können. Dieser Umstand verlangsame die Arbeit und dies würde auch nicht ohne Einfluss auf das Bezirksamt bleiben.

Man stimme dem Verfahren zu, dass die Kontaktaufnahme mit einer Fachbehörde oder der Bürgerschaft direkt vom Vorsitzenden der Bezirksversammlung zu veranlassen sei. Dies solle unmittelbar und ohne das Zutun des Bezirksamtsleiters möglich sein. Gleichwohl könne der Bezirksamtsleiter als Verwaltungsfachmann in manchen

Fällen mehr erreichen und insofern sei es sinnvoll, dass dieser auch weiterhin parallel und darüber hinaus aktiv würde. Zudem sei aus ihrer Sicht die Auslegung der Innenbehörde des § 27 Absatz 3 nicht richtig, denn bei der Entwicklung des neuen Gesetzes habe man gezielt daran gearbeitet, eine Verfahrensöffnung für Auskunftsersuchen ohne eine gesonderte Beschlussfassung der Bezirksversammlung zu erreichen.

Die GAL-Abgeordneten stimmten der Anregung einiger Bezirksversammlungsabgeordneter zu, eine weitere Beratung im Ausschuss zur Ausführung des neuen Bezirksversammlungsgesetztes im kommenden Jahr durchzuführen.

Herr Osterburg kritisierte die mangelnden Personal- und Mittelausstattungen. So seien die Sportplätze zwar gänzlich in die Zuständigkeit der Bezirke gegeben worden, aber das Sportplatzprojekt könne nicht durchgeführt werden, da die Betriebskosten nicht gedeckt seien. Im Bezirk Hamburg-Mitte finde zudem recht häufig ein nicht gerechtfertigtes Eingreifen durch den Senat statt, ein Beispiel sei die Gestaltung und Vergabe des Weihnachtsmarktes am Jungfernstieg.

Darüber hinaus sei für den Bezirk-Mitte die zukünftige Abschaffung der Unterausschüsse sehr problematisch, denn dies bedeute, dass der Bauausschuss-Mitte vollkommen überlastet werde. Man würde es auch sehr begrüßten, wenn Mittelbereitstellungen wie die für die Sanierung von Radwegen nicht über eine Anweisung der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt liefen, sondern eine eigenständige Abwicklung in den Bezirken möglich wäre.

Der Ausschussvorsitzende erwiderte, dass das neue Bezirksverwaltungsgesetz nach § 16 Absatz 1 die Zulassung von Bauunterausschüssen explizit zulasse.

Die SPD-Abgeordneten stimmten dem Vorschlag zu, eine weitere Beratung zum neuen Bezirksverwaltungsgesetz nach einem gewissen Erfahrungsspielraum anzuberaumen. Das Verhalten der Behörde für Inneres halte man im Falle abschlägig erteilter Auskunftsersuchen für fragwürdig und hoffe, dass die Behörde hier mehr Flexibilität zeigen werde.

Die Besoldung der Geschäftsstellen der Bezirksversammlungen halte man auch für recht hoch angesiedelt und erwarte eine weiterführende Beratung zu diesem Punkt.

Die Diskussion um die Rolle des Bezirksamtsleiters bei Auskunftsersuchen von bezirklicher Ebene an die Fachbehörden sei aus ihrer Sicht noch nicht abschließend geklärt und man sei gespannt auf das weitere Verfahren.

Der Vorsitzende stellte fest, dass der § 27 Absatz 3 des neuen Bezirksverwaltungsgesetztes das Auskunftsrecht der unteren Straßenverkehrsbehörde eindeutig regle, dies mögen auch die Senatsvertreterinnen und -vertreter zur Kenntnis nehmen. Der Ausschussvorsitzende werde zudem die Behröde für Inneres auf diesen Umstand aufmerksam machen. Darüber hinaus werde die untere Straßenverkehrsbehörde in die dauerhafte Evaluierung des neuen Gesetzes aufgenommen.

Zur Frage der Rolle des Bezirksversammlungsvorsitzenden und Bezirksamtsleiters sei zu sagen, dass die Bezirksversammlung neuerdings durch ihren Vorsitzenden vertreten werde und man sollte dies nicht dadurch entkräften, dass der Bezirksamtsleiter parallel zu häufig ebenfalls in diese Funktion gesetzt würde.

Der in der Ausschusssitzung stattgefundene Dialogprozess sollte fortgesetzt werden, als Termin werde ein Zeitpunkt vor der Sommerpause 2007 anvisiert. Ansonsten empfehle man in der Zwischenzeit einen Dialog der kurzen Wege, um aufgetretene Probleme in den Bezirken an den Ausschuss heranzutragen.

III. Ausschussempfehlung:

Der Sonderausschuss Verwaltungsreform empfiehlt der Bürgerschaft, von vorstehendem Bericht Kenntnis zu nehmen.