Inter-Organ-Verhältnis zwischen Parlament und Regierung

Von Anstalten eingegangene Bürgschaftsverpflichtungen stehen nach alledem hinsichtlich ihrer Wirkung für den Landeshaushalt (keine unmittelbare Verpflichtung der FHH) und ihrer formellen Voraussetzungen (kein Bürgerschaftsvorbehalt) entsprechenden Verpflichtungen, die der Senat für die FHH eingeht, nicht gleich. Dies gilt auch für den LBK-Immobilien. Der LBK-Immobilien unterfällt dem Verantwortungsbereich der Bürgerschaft allein insoweit, als Senat und Verwaltung auf die Anstalt einwirken, nicht aber insoweit, als die Anstalt selbst handelt.

(45) Dieses Ergebnis wird durch die Regelungen der LHO bestätigt: Die systematische Trennung zwischen Einnahmen, Ausgaben und sonstigen Verpflichtungen, die unmittelbar die Haushaltswirtschaft der Gebietskörperschaft der FHH betreffen, und solchen, die außerhalb des Landeshaushaltes eigenständigen juristischen Personen zuzurechnen sind, findet in Teil VI der LHO ihren Niederschlag.

Nach § 105 Abs. 1 Nr. 1 LHO gelten für landesunmittelbare juristische Personen des öffentlichen Rechts ­ also auch Anstalten mit eigener Rechtspersönlichkeit wie den LBK-Immobilien ­ die Bestimmungen der §§ 106 bis 110 LHO, soweit nicht durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes etwas anderes bestimmt ist. § 106 LHO regelt, dass landesunmittelbare juristische Personen des öffentlichen Rechts vor Beginn eines Haushaltsjahres einen Haushaltsplan festzustellen haben, der alle Einnahmen, Ausgaben und benötigte Verpflichtungsermächtigungen im Haushaltsjahr enthält. Nach § 108 LHO bedarf der Haushaltsplan der Genehmigung der zuständigen Behörde. Auch diese Bestimmungen verdeutlichen, dass sich die Haushaltswirtschaft von landesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen Rechts außerhalb des staatlichen Haushaltsplans abwickelt. Sie haben einen eigenen Haushalt, der als solcher vollständig ist.

(46) Ebenso trägt die Regelung des § 39 Abs. 1 i. V. m. § 105 Abs. 1 LHO der generellen Trennung zwischen dem Landeshaushalt und der selbständigen Haushaltsführung von Anstalten öffentlichen Rechts Rechnung. § 39 Abs. 1 LHO bestimmt, dass die Übernahme von Bürgschaften, die zu Ausgaben in künftigen Haushaltsjahren führen könnten, einer der Höhe nach bestimmten Ermächtigung durch den Haushaltsbeschluss oder durch ein Gesetz bedürfen. Diese Regelung gilt gemäß § 105 Abs. 1 Nr. 1 LHO entsprechend auch für landesunmittelbare juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit nicht durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes etwas anderes bestimmt ist. Die Regelung des § 105 Abs. 1 LHO, wonach sich Anstalten öffentlichen Rechts bei der Vergabe von Bürgschaften grundsätzlich einer Kontrolle unterziehen müssen, wie sie jener des Senats gem. Art. 72 Abs. 2 HV durch die Bürgerschaft entspricht, ist Konsequenz dessen, dass Sicherheitsleistungen von Anstalten öffentlichen Rechts gerade nicht dem Bürgerschaftsvorbehalt nach Art 72 Abs. 2 HV unterfallen. Damit bestätigt auch § 105 Abs. 1 LHO, dass Bürgschaften von landesunmittelbaren Anstalten öffentlichen Rechts von Art. 72 Abs. 2 HV nicht erfasst werden.

Dies gilt umso mehr für den LBK-Immobilien, für den § 14 Satz 2 LBK-Immobilien Gesetz die Geltung der §§ 1 bis 87 LHO ausdrücklich ausschließt. Dies bewirkt, dass anstelle einer entsprechenden Anwendung der Vorschriften der LHO allein die für die Anstalt im Errichtungsgesetz geschaffenen Aufsichts- und Kontrollmechanismen anzuwenden sind.

Bürgerschaftsvorbehalt im Einzelfall:

(47) Die vorliegenden Bürgschaftsübernahmen sind durch Besonderheiten gekennzeichnet, die einen vorherigen Beschluss der Bürgerschaft nach Art. 72 Abs. 2 HV erforderlich machten: Die Entscheidung zur Übernahme der Bürgschaften ist hier nicht maßgeblich der Anstalt zuzurechnen, sondern der Verwaltung (vgl. Abschnitt 3.4.2.2), deren Handeln budgetrelevant war (vgl. Abschnitt 3.4.2.1). Darüber hinaus wurde mit den Bürgschaftsübernahmen die Entscheidung des Gesetzgebers zur zeitlichen Begrenzung der Nachhaftung des LBK-Immobilien faktisch unterlaufen (vgl. Abschnitt 3.4.2.3.).

Finanzielle Überforderung des LBK-Immobilien

(48) Der LBK-Immobilien war finanziell überfordert, die aus den Bürgschaftsübernahmen resultierenden Risiken aus eigener Kraft abzudecken. Dies ergibt sich daraus, dass die Anstalt über ein negatives Eigenkapital in Höhe von 366 Mio. Euro verfügte.

Damit war sie zum Zeitpunkt der Übernahme der Bürgschaftsverpflichtungen nicht in der Lage, bei Inanspruchnahme aus den Bürgschaften Mittel im Umfang von bis zu 211,5 Mio. Euro aufzubringen. Eben so wenig gab es seinerzeit Anhaltspunkte dafür, dass sich die wirtschaftliche Lage der Anstalt durch Änderungen ihrer Eigenkapitalsituation während der Laufzeit der Bürgschaftsverpflichtungen maßgeblich verbessern würde. Neben der fehlenden Substanz verfügte der LBK-Immobilien weder bei Übernahme der Bürgschaftsverpflichtungen über die notwendige Ertragskraft, um etwaige Forderungen aus den Bürgschaften erfüllen zu können, noch gab es Anhaltspunkte dafür, dass sich dies ändern würde.

Selbst bei Inanspruchnahme nur im Umfang des verbleibenden Eigenanteils der LBK Hamburg GmbH in Höhe von ca. 43,2 Mio. Euro (vgl. Tz. 19) konnte der LBK-Immobilien die notwendigen Mittel nicht aufbringen und würde sie erkennbar auch später nicht aufbringen können.

Damit war zugleich klar, dass im Fall einer Inanspruchnahme der Anstalt aus den Bürgschaftsverpflichtungen zwangsläufig die FHH über ihre Gewährträgerhaftung bzw. die ihr vorgelagerte Anstaltslast würde eintreten müssen.

Auch wenn das Risiko einer den eingegangenen Bürgschaftsverpflichtungen vollen Umfangs entsprechenden Inanspruchnahme im vorliegenden Fall durch die öffentliche Förderung des Neubaus nach § 21 Hamburgisches Krankenhausgesetz eingeschränkt war und darüber hinaus durch die Freistellungserklärung der LBK Hamburg GmbH und Asklepios bei vertragsgemäßer Umsetzung der Vereinbarungen in Form einer Rückbürgschaft zugunsten des LBK-Immobilien sogar gegen Null tendieren könnte (vgl. Tz. 19), kommt es für den Tatbestand des Art. Abs. 2 HV weder auf die Wahrscheinlichkeit einer möglichen Inanspruchnahme noch deren wahrscheinliche Höhe an, sondern allein darauf, ob faktisch zu Lasten des Haushalts der FHH eine Sicherheitsleistung übernommen wird.

So liegt es hier: Bei der seinerzeit gegebenen und für die Zukunft erwartbaren wirtschaftlichen Lage der Anstalt führte eine Fälligstellung der Bürgschaften zwangsläufig zur Inanspruchnahme der FHH im Sinne einer Art „Durchgriffshaftung" entweder durch entsprechende zusätzliche Ausstattung der Anstalt mit Finanzmitteln (Anstaltslast nach § 13 Abs. 1 LBK-Immobilien Gesetz) oder durch unmittelbare Befriedigung der Gläubiger (Gewährträgerhaftung nach § 3 Abs. 2 LBK-Immobilien Gesetz).

Vgl. Ausführungen über die finanzielle Entwicklung des LBK-Immobilien in der Drs. 18/849, Abschnitte E und F ­ „Auftrennungsmodell" und „Finanzielle Auswirkungen".

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der LBK-Immobilien über Anlagevermögen in Form von Grundstücken verfügt, die mit 220 Mio. bilanziert wurden. Denn Grundstücke und Immobilien dienen überwiegend zur Versorgung mit Krankenhausleistungen und könnten nicht kurzfristig liquidiert werden. Aus dem jetzt durchgeführten Verkauf der nicht für den Neubau des AK Barmbek benötigten Flächen ergibt sich nichts Anderes. Der Wert war Teil der Eröffnungsbilanz und der Erlös führt angesichts des negativen Eigenkapitals der Anstalt nicht zu zusätzlicher Liquidität.