Jugendamt

Dienstvorschrift „Aufgabenwahrnehmung durch das Familieninterventionsteam (FIT) der Behörde für Soziales und Familie und die bezirklichen Jugendämter bei Kenntnis über Gefährdungen Minderjähriger" ­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­

Das FIT wird ab dem 01.01.2003 gem. Ziff. 0 bei unmittelbarer Kindeswohlgefährdung zuständig. In Fällen, in denen die materiellen Voraussetzungen gemäß Ziff. 0 vor dem 01.01.2003 gegeben waren und die Jugendhilfe bereits tätig geworden ist, kann nicht mehr von einer unmittelbaren Kindeswohlgefährdung ausgegangen werden. Sie verbleiben in der bestehenden Zuständigkeit.

4. Zuständigkeitswechsel und Zusammenarbeit

Sofern das FIT für eine Minderjährige bzw. einen Minderjährigen zuständig wird, für die bzw. den ein ASD bereits zum Beispiel durch Beratung, Schutzmaßnahmen oder Gewährung von Hilfe zur Erziehung tätig ist, ist zwischen den fallzuständigen Fachkräften beim FIT und beim ASD unverzüglich eine Kooperation aufzunehmen mit dem Ziel

· dem FIT alle vorliegenden Informationen innerhalb von zwei Werktagen zur Verfügung zu stellen, die für eine Fallbearbeitung erforderlich sind,

· eine Klärung und Absprache über die Fallübergabe zu treffen,

· eine Klärung und Absprache über eine gemeinsame Fallbearbeitung zu treffen, wenn der ASD in der Familie der bzw. des Minderjährigen für weitere Minderjährige tätig ist.

Die für die Fallbearbeitung erforderlichen Informationen aus den Beratungsund Gerichtsakten werden dem FIT zur Verfügung gestellt. Sie sind dem ASD für seine weitere Fallbearbeitung unverzüglich zurückzusenden. Die Kosten für alle erforderlichen Transporte der Akten trägt das FIT.

Das Ergebnis der Fallübernahme wird von FIT dokumentiert und ist zur Akte zu nehmen.

Die Zuständigkeit des ASD für von ihm betreute Minderjährige und/oder der Familie in einem Fall, in dem das FIT in der Familie der bzw. des Minderjährigen gem. Ziffer 3.1 und 3.2 tätig wird, bleibt ansonsten unberührt. Insbesondere bleibt der ASD für das Casemanagement zuständig. Das FIT tritt in solchen Fällen im Rahmen seiner Zuständigkeit für eine Minderjährige bzw. einen Minderjährigen hinzu. Die zwischen dem FIT und dem ASD zu treffende Absprache zur Zusammenarbeit soll in solchen Fällen nach folgenden Grundsätzen erfolgen:

· Das FIT interveniert im Rahmen seiner Zuständigkeit als weiterer Dienst in der Familie. Für die Zeit der Intervention übernimmt das FIT die Zuständigkeit für den bzw. die betroffene(n) Minderjährige(n).

· Das FIT ist aber nicht verantwortlich für andere Problem- oder Regelungsbereiche der Familie oder andere Familienmitglieder, die nicht in den Zuständigkeitsbereich des FIT fallen. Dieser Part bleibt grundsätzlich beim ASD.

· Nach der Intervention durch FIT wird die (Nach-)Betreuung der bzw. des Minderjährigen oder ­ sofern erfolgt ­ der Familie an den ASD abgegeben.

Das FIT soll vor der Bewilligung einer Leistung nach §§ 33 bis 35 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, insbesondere wenn diese wohnortnah erfolgen soll, die Angebotsberatung des betreffenden Bezirks oder ­ sofern es eine solche nicht gibt ­ den ASD um eine Empfehlung zur Unterbringung bitten.

Sobald sich die Bewilligung einer Leistung nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch abzeichnet, soll das FIT das zuständige Bezirksamt (Jugendamt ­ Controlling, ([Bezirk]/JA/CR)) hiervon unterrichten, damit die Kostenfolgen frühzeitig in die Budgetplanung des Bezirks einbezogen werden können.

Dienstvorschrift „Aufgabenwahrnehmung durch das Familieninterventionsteam (FIT) der Behörde für Soziales und Familie und die bezirklichen Jugendämter bei Kenntnis über Gefährdungen Minderjähriger" ­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­

Wenn das FIT Leistungen nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch bewilligt, die einzellfallbezogene Ausgaben zur Folge haben, d. h. insbesondere Inobhutnahmen oder Hilfen zur Erziehung, informiert es unverzüglich die Stelle im örtlich zuständigen bezirklichen Jugendamt3 gem. Anlage 6, das die Kosten der Inanspruchnahme von Einrichtungen und Diensten abrechnet und die Kostenheranziehung nach § 91 SGB VIII durchführt. Die Übermittlung der Informationen erfolgt mittels der in den Bezirksämtern hierfür vorgesehenen Vordrucke.

Für die Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz nach § 52 SGB VIII sind die bezirklichen Jugendämter, Jugendgerichtshilfe, zuständig. Die zwischen einer Jugendgerichtshilfe und dem FIT bezüglich einer bzw. eines Minderjährigen erforderliche Zusammenarbeit erfolgt analog der „Schnittstellenregelung zwischen Jugendgerichtshilfe (JGH) und dem Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD)" in ihrer jeweils geltenden Fassung. Im Rahmen der Zusammenarbeit ist sicher zu stellen, dass das FIT durch die Jugendgerichtshilfe über deren Mitwirkung in einem anhängigen Strafverfahren informiert wird und das FIT in diesen Fällen unverzüglich Kontakt zur JGH aufnimmt, sie über Art, Umfang bisherigen Verlauf der Hilfe u. Ä. informiert und die JGH an der weiteren Hilfeplanung beteiligt.

Bei einer Fallübergabe zwischen ASD und FIT ist parallel die Übernahme einer ggf. in Hamburg bestehenden Vormundschaft oder -pflegschaft zu betreiben.

Abweichend hiervon kann im Einzelfall, z. B. bei kurz bevorstehender Volljährigkeit des Mündels, auf eine Übernahme der Vormundschaft oder -pflegschaft verzichtet werden. Das jeweils übernehmende Jugendamt stellt einen Antrag beim zuständigen Gericht unter Darlegung der Gründe für den Wechsel in der Führung der Vormundschaft bzw. Pflegschaft.

5. Situationsklärung im Rahmen eines Hausbesuches

Sobald ein ASD oder das FIT aufgrund einer Meldung über eine bzw. einen Minderjährigen zuständig wird, versucht er bzw. es unverzüglich telefonisch oder schriftlich Kontakt zur Familie aufzunehmen und ein Gespräch mit den Sorgeberechtigten, in der Regel im Rahmen eines Hausbesuches, zu führen.

Dieser Versuch muss vom ASD spätestens zehn, vom FIT spätestens fünf Werktage nach Eingang der Meldung bei der jeweiligen Empfangsstelle durchgeführt worden sein. Ist eine Kontaktaufnahme nicht möglich oder wird bei einem Hausbesuch niemand angetroffen, sind andere geeignete Maßnahmen zur Situationsklärung zu ergreifen und in der Fallakte zu dokumentieren. Sofern keine Fallakte besteht, ist eine anzulegen.

Das Gespräch mit den Sorgeberechtigten und der bzw. dem betroffenen Minderjährigen hat folgende Ziele:

· Die Situation seitens der einzelnen Familienmitglieder ­ das personale System, die innerfamiliären Beziehungen und Strukturen, die materiell-existenzielle Situation und die soziale Vernetzung der Familie ­ sollen erfasst werden. Auf der Grundlage der erhobenen Daten ist eine sozialpädagogische Problem- und Ressourcenanalyse zu erstellen, die durch Erkenntnisse anderer Fachkräfte ergänzt werden kann. Die eigene Einschätzung der Sorgeberechtigten und der bzw. des betroffenen Minderjährigen muss hierin eingeschlossen sein.

· Das Gespräch soll auch das Legalverhalten der bzw. des betroffenen Minderjährigen thematisieren.

Zuständigkeit entsprechend der „Regelung von Zuständigkeiten für Leistungen und andere Aufgaben der Jugendhilfe nach dem SGB VIII innerhalb Hamburgs" in seiner jeweils geltenden Fassung Dienstvorschrift „Aufgabenwahrnehmung durch das Familieninterventionsteam (FIT) der Behörde für Soziales und Familie und die bezirklichen Jugendämter bei Kenntnis über Gefährdungen Minderjähriger"

· Die Familie ist mit dem Verhalten der bzw. des Minderjährigen und seinen Auswirkungen zu konfrontieren.

· Es ist zu überprüfen, über welche Ressourcen für die Erziehung die Familie bzw. ihr Umfeld verfügt und bei Bedarf darauf hinzuwirken, dass sich die Sorgeberechtigten verpflichten, Beratung und Unterstützung bei der Erziehung in Anspruch zu nehmen.

Sind aus Sicht des ASD bzw. des FIT danach weitere Maßnahmen der Jugendhilfe nicht erforderlich, weil die Sorgeberechtigten bereits ausreichend reagiert haben, gilt der Fall als abgeschlossen. Die Reaktion der Sorgeberechtigten und die Entscheidungsgründe für den Abschluss des Falles sind in der Fallakte zu dokumentieren.

Während einer Untersuchungshaft des gemeldeten Minderjährigen sollen der ASD bzw. das FIT die Aufgabenwahrnehmung darauf beschränken, relevante Informationen zu sammeln mit dem Ziel, bei einer möglichen Entlassung ggf. zügig handeln zu können.

6. Maßnahmen zur Stärkung der Erziehungsverantwortung und Abwendung einer Kindeswohlgefährdung

Sofern die Sorgeberechtigten nicht ausreichend reagiert haben und weitere Maßnahmen erforderlich sind, ist unverzüglich ein Hilfeplan zu erstellen, der erste notwendige und geeignete Hilfen für die Familie und die Minderjährige bzw. den Minderjährigen festlegt. Mit den Sorgeberechtigten ist darauf hinzuarbeiten, dass sie sich dazu verpflichten, eine notwendige und geeignete Unterstützungsleistung oder Hilfe nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch anzunehmenden, und bzw. oder ihr erzieherisches Verhalten korrigieren. Im Rahmen eines zweiten Familiengesprächs soll darauf hingewirkt werden, dass sich die Sorgeberechtigten und die bzw. der Minderjährige schriftlich verpflichten, sich aktiv an den Maßnahmen zu beteiligen.

Werden bereits Hilfen des Jugendamtes bzw. des FIT in Anspruch genommen, ist eine Überprüfung des Hilfeplans vorzunehmen, um zu klären, ob Veränderungen oder zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind. Das Ergebnis der Überprüfung ist in der Fallakte zu dokumentieren.

Lehnen die Sorgeberechtigten oder die bzw. der Minderjährige eine aktive Mitarbeit ab, obgleich eine Hilfe erforderlich ist, soll gemäß § 50 Abs. 3 SGB VIII das Familiengericht eingeschaltet werden. Das Jugendamt bzw. das FIT stellt einen Antrag, dass im Rahmen eines familiengerichtlichen Verfahrens ein Ermahnungsgespräch durchgeführt wird, um die Sorgeberechtigten und die Minderjährige bzw. den Minderjährigen zur aktiven Mitarbeit an den notwendigen Maßnahmen zu verpflichten, und ggf. Auflagen erteilt oder das Sorgerecht ganz oder teilweise entzogen werden. Falls das Familiengericht einem Antrag nicht stattgibt, ist eine Weiterarbeit mit der Familie anzustreben und ein veränderter Maßnahmenplan zu entwickeln. Der Antrag an das Familiengericht und das Ergebnis der Befassung ist in der Fallakte zu dokumentieren.

Wenn aus Sicht des FIT bzw. des ASD das Wohl des Kindes oder Jugendlichen gefährdet ist, ist das FIT bzw. der ASD verpflichtet, das zuständige Familiengericht anzurufen, wenn er bzw. es dies zur Abwendung einer Gefährdung des Kindeswohls für erforderlich hält (§ 50 Abs. 3 SGB VIII). Dies gilt insbesondere dann, wenn die Personensorgeberechtigten es ihrerseits unterlassen, geeignete Initiativen zum Abbau der Gefährdung einzuleiten oder selbst Ursache der Gefährdung sind.

Das FIT bzw. der ASD wirkt darauf hin, dass das Familiengericht die Personensorgeberechtigten und die Minderjährige bzw. den Minderjährigen zur Inanspruchnahme von Hilfen zur Erziehung anhält.