Prostitutionsgesetz in Hamburg

Seit dem 01.01.2002 ist das „Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten", das sog. Prostitutionsgesetz (ProstG), in Kraft. Am 24.01. legte die Bundesregierung ihren Bericht zu den Auswirkungen dieses Gesetzes vor. Der Senat verneinte in seiner Antwort Drs. 17/2922 vom 27.06. ebenso wie im Rahmen der Fragestunde der Bürgerschaft vom 01.02. jede Notwendigkeit einer Umsetzung des ProstG. Auch die Notwendigkeit einer Anpassung landesrechtlicher Regelungen sieht er nicht. Der nun vorgelegte Bericht wirft jedoch die Frage auf, ob nicht doch eine Reihe landesrechtlicher Vorschriften einer Überprüfung, Veränderung oder Abschaffung bedürfen. Dies betrifft insbesondere das Gewerbe- und Gaststättenrecht und das Baurecht, aber auch die Sperrgebietsverordnung. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob Sexdienstleistende, die aussteigen wollen in Hamburg ausreichend geeignete Unterstützung erhalten. Auch einige bundesrechtliche Regelungen, beispielsweise im Rahmen des Straf-, des Ordnungswidrigkeitenoder des Aufenthaltsrechts, stehen zur Diskussion.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

1. Ist der Senat weiterhin der Auffassung, dass es keinen Handlungsbedarf gibt?

Der Senat hat sich hiermit nicht befasst. Im Übrigen siehe Drs. 17/2922.

a) Wenn ja, warum?

b) Wenn nein, welche Maßnahmen will der Senat ergreifen?

Entfällt.

2. Für den Bericht der Bundesregierung wurden auch die zuständigen Stellen der Hamburger Polizei sowie der Staatsanwaltschaft befragt. Hierbei ging es um die Frage, ob das ProstG eine wirkungsvolle Strafverfolgung von Menschenhandel, Zwangsprostitution, Minderjährigenprostitution und Gewalt in der Prostitution behindern würde.

a) Welche spezifischen Informationen zu den Erfahrungen in Hamburg flossen in den Bericht ein?

Die Erfahrungen Hamburgs entsprechen den im Bericht der Bundesregierung dargelegten. Spezifisch für Hamburg vorliegende Erkenntnisse gibt es nicht.

b) Der Bericht zeigt auf, dass es solche Behinderungen nicht gibt. Welche Erfahrungen wurden in Hamburg bzgl. einer möglicherweise verbesserten Strafverfolgung durch das ProstG gemacht?

Wesentliche Veränderungen im Sinne der Fragestellung in der Strafverfolgung von Menschenhandel und Zuhälterei ergaben sich durch das Prostitutionsgesetz (ProstG) in Hamburg nicht.

c) Welche Maßnahmen sind seit dem 01.01.2002 seitens der Polizei zur Bekämpfung von Menschenhandel, Zwangsprostitution und Gewalt in der Prostitution dem bestehenden Konzept hinzugefügt bzw. im Konzept verändert worden?

Die „Bekämpfungskonzeption Modellprostitution" vom 7. November 1997 wurde am 28. Mai 2003 durch das „Bekämpfungskonzept Menschenhandel" ersetzt. Dieses Bekämpfungskonzept wurde zum 1. Januar 2007 aktualisiert. Wesentliche Veränderungen sind die Abwendung vom objektbezogenen hin zum deliktsorientierten Bekämpfungsansatz und eine offensive „Milieubetreuung" mit intensivierter Kontaktaufnahme zu Prostituierten, um von Menschenhandel betroffene Frauen zu erkennen und Strafverfahren gegen die Täter einleiten zu können.

3. In der Fragestunde am 01.02.2007 teilte der Senat mit, dass er eine Informationsbroschüre zum ProstG erstellt hat. Seit wann ist sie verfügbar und wie lautet der Inhalt? (Bitte als Anlage beifügen.)

Der Senat hat im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Prostitutionsgesetzes im November 2003 eine Broschüre und ein Informationsblatt mit dem Titel „Die Rechte der Prostituierten nach dem neuen Prostitutionsgesetz" herausgegeben. Die Broschüre richtete sich vor allem an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Beratungsstellen; das Informationsblatt soll für die betroffenen Frauen einen Überblick über die Möglichkeiten geben, die durch das Prostitutionsgesetz eröffnet worden sind.

Beide Veröffentlichungen sind über das Amt für Gesundheit und Verbraucherschutz der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz zu beziehen, zusätzlich sind sie im Internet unter der Adresse http://fhh.hamburg.de/stadt/Aktuell/behoerden/bsg/gesundheit/beratungsangebote/zentrale-beratungsstelle-fuer-sexuell-uebertragbare-krankheiten/start.html erhältlich.

4. Wie oft und in welcher Höhe insgesamt wurden seit 01.01.2002 bis 31.12.2006 in Hamburg Verwarnungen und/oder Bußgelder aufgrund eines Verstoßes gegen § 120 OWiG (Verbot der Werbung für Prostitution) ausgesprochen?

Es wurden im erfragten Zeitraum keine Bußgelder durch die zuständige Behörde verhängt.

5. In welchen Umfang (Anzahl/Summe insgesamt) wurden im Sperrgebiet St. Georg Platzverweise, Verwarnungen sowie Bußgelder ausgesprochen? Bitte für 2001, 2002, 2003, 2004, 2005, 2006 angeben.

Erfasst werden seit dem Jahr 2004 in einer internen Erhebung die Anzahl der Platzverweise zur Bekämpfung der Prostitution:

Die im Übrigen zur Beantwortung benötigten Daten werden statistisch nicht gesondert erfasst. Eine Einzelfallauszählung ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht zu leisten.

6. Wie sehen diese Zahlen für das Sperrgebiet St. Pauli aus?

Die zur Beantwortung benötigten Daten werden statistisch nicht gesondert erfasst.

Eine Einzelfallauszählung ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht zu leisten.

7. Nach Auskunft des Senats in der Fragestunde vom 01.02.2007 hat sich in der Praxis der Finanzbehörde durchgesetzt, Prostitution als Gewerbe anzuerkennen. Offen blieb jedoch die Frage, wie die Finanzbehörde bei der Anmeldung des Gewerbes Prostitution mit den Steuerpflichtigen verfährt.

Soweit Einnahmen von Prostituierten nicht mehr zu den sonstigen Einkünften nach § 22 Nr. 3 Einkommenssteuergesetz (EStG) gezählt, sondern als Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG behandelt werden, hat die Finanzbehörde einer Vereinbarung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder aus dem Jahr 2004

Rechnung getragen. Die steuerrechtliche Beurteilung ist allerdings unabhängig von der gewerberechtlichen Einordnung vorzunehmen, die nicht der Finanzbehörde, sondern der Behörde für Wirtschaft und Arbeit obliegt.

a) Werden bei der erstmaligen Anmeldung rückwirkende Forderungen an die Steuerpflichtigen gestellt?

Mit Bekanntwerden der Gewerbeanmeldung erhalten die Steuerpflichtigen einen Fragebogen vom zuständigen Finanzamt zur steuerlichen Erfassung. Ergeben sich aus den darin gemachten Angaben Anhaltspunkte für einen früheren als in der Gewerbeanmeldung angegebenen Tätigkeitsbeginn, werden sie um Abgabe von Steuererklärungen gebeten. Aus diesen können sich dann rückwirkende steuerliche Forderungen im Rahmen der gesetzlichen Verjährungsfristen ergeben.

b) Können die Steuerpflichtigen davon ausgehen, dass mit dem Tag der Anmeldung Steuern fällig werden?

Mit Anmeldung des Gewerbes haben die Steuerpflichtigen aufgrund der prognostizierten Gewinne ggf. ab sofort Vorauszahlungen zur Einkommensteuer/Gewerbesteuer zu leisten; für die erbrachten sonstigen Leistungen ist die entstehende Umsatzsteuer, unter Beachtung der Kleinunternehmergrenzen i. S. d. § 19 Umsatzsteuergesetz, im Rahmen von laufenden Voranmeldungen an das zuständige Finanzamt abzuführen.

c) Wie viele Steuerpflichtige melden Einkünfte aus dem Gewerbe Prostitution an?

Eine gesonderte Gewerbekennziffer für das Prostitutionsgewerbe, die eine statistische Erfassung im automatisierten Verfahren ermöglichen würde, gibt es nicht. Entsprechende gewerbliche Tätigkeiten werden von den Steuerpflichtigen unter den verschiedensten Berufsbezeichnungen angemeldet und von den Finanzämtern gespeichert.

Die Prostitutionstätigkeit ist damit nicht von vornherein erkennbar.

d) Für wen gilt die Anerkennung als Gewerbe? (Einzelne Sexdienstleistende und/oder Bordellbetriebe) Prostitution wird im Sinne der Gewerbeordnung bisher nicht als Gewerbe eingestuft.

Steuerrechtlich sind Bordellbetriebe seit jeher als Gewerbebetriebe zu erfassen. Bei einzelnen Sexdienstleistenden gilt dies nach Änderung der Gesetzeslage ab dem Jahr 2002.

e) Hat die Anerkennung durch die Finanzbehörde als Gewerbe auch Auswirkung auf die Ausstellung von Gewerbekarten bzw. Reisegewerbekarten?

Nein.

f) Wenn ja, wie viele wurden ausgestellt?

Entfällt.

8. Die Bundesregierung legt großen Wert auf eine Ausstiegsorientierung.

a) Welche ausstiegsorientierten Angebote wurden seit 2002 in Hamburg eingestellt, weiter gefördert bzw. neu eröffnet? (jeweils mit Zeitangabe)

b) Wie groß ist das Platzangebot derzeit insgesamt?

In Hamburg besteht ein umfangreiches Hilfesystem für Prostituierte, dessen Angebote sich, fachlich abgestimmt, sowohl von dem Beratungs- und Behandlungsangebot als auch in dem jeweils spezifischen Klientel voneinander unterscheiden (z. B. Zentrale Beratungsstelle für sexuell übertragbare Erkrankungen, Sperrgebiet Hamburg, Ragazza e. V., Amnesty for Women Städtegruppe Hamburg e. V., Koordinierungsstelle gegen Frauenhandel (Koofra) Basis-Projekt e. V., TagArbeit für Aussteigerinnen in der Kaffeeklappe).

Alle aufgeführten Institutionen wurden von der Freien und Hansestadt Hamburg auch vor 2002 im Rahmen von Zuwendungen und Werkverträgen finanziell gefördert. Die Zentrale Beratungsstelle für sexuell übertragbare Erkrankungen ist eine nachgeordnete Dienststelle des Amtes für Gesundheit und Verbraucherschutz.

Alle Einrichtungen beraten im Rahmen ihrer Tätigkeit auch über Ausstiegsmöglichkeiten für Prostituierte. Ein Betreuungsangebot für diese Zielgruppe mit 18 Plätzen steht unverändert bei TagArbeit für Aussteigerinnen in der Kaffeeklappe zur Verfügung.

c) Wie groß war es bis Ende 2001?

Siehe Antwort zu 6.

d) Welche Hilfen bietet die ARGE?

Neben den finanziellen Hilfen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende stehen sämtliche Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zur Verfügung.