Unfallversicherung

359. Für die Kranken- und Pflegeversicherung gelten darüber hinaus besondere Prüfungserfordernisse. Die Aufsichtsbehörde ist verpflichtet, bei diesen Körperschaften mindestens alle fünf Jahre die Geschäfts-, Rechnungs- und Betriebsführung umfassend zu prüfen.

Die aufsichtsrechtlichen Bestimmungen werden von der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz (BSG) so angewandt und interpretiert, dass sich die Funktion der staatlichen Aufsicht darauf beschränke, ob die der Selbstverwaltung gezogenen gesetzlichen Grenzen eingehalten würden. Beim Umgang mit dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit müsse dem Träger ein Beurteilungsspielraum verbleiben, sodass das wirtschaftliche Verhalten der Sozialversicherungsträger der Aufsicht nur in eingeschränktem Maße zugänglich sei. Im Vordergrund des Verhältnisses zu den Trägern der Selbstverwaltung stünden der konstruktive Dialog, das beratende Gespräch und die präventive Vorabstimmung, also die verschiedensten Formen partnerschaftlicher Kooperation.

Prüfung der Kranken- und Pflegeversicherung Prüfungsrhythmus und -umfang

Ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur regelmäßigen und umfassenden Prüfung der Kranken- und Pflegekassen (vgl. Tz. 359) und ihrer Verbände ist die Behörde nicht in vollem Umfang nachgekommen.

So

- wurde eine große Krankenkasse zuletzt im Jahre 1994, eine weitere, 1998 gegründete Kasse noch gar nicht umfassend geprüft,

- ist der gesetzlich vorgesehene mindestens fünfjährige Prüfungsrhythmus bei keiner der zu prüfenden Einrichtungen eingehalten worden,

- blieben die Pflegekassen bisher völlig ungeprüft.

Der Rechnungshof hat die bisherige, nicht gesetzeskonforme Prüfungspraxis beanstandet und gefordert, Prüfungen künftig im geforderten Umfang und Rhythmus durchzuführen.

Die Behörde hat bezüglich der Krankenkassen darauf verwiesen, dass diese in Schwerpunktprüfungen und Prüfungen zum Risikostrukturausgleich und Risikopool einbezogen worden seien, aus denen sich ein Gesamtbild der Träger ergeben habe. Die Übernahme der Prüfung der Jahresrechnungen bei einem Träger habe zu vertieften Einblicken und wertvollen Informationen geführt. Sie will prüfen, inwieweit bei der aus ihrer Sicht erforderlichen weiterhin flexiblen und präventiv ausgerichteten Prüfungspraxis deren regelmäßige, an den Fristen von § 274 SGB V ausgerichtete Zusammenfassung und Dokumentation sinnvoll und notwendig ist.

4 § 274 Absatz 1 Sätze 1 und 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch ­ Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), § 281 Absatz 3 Satz 2 SGB V und § 46 Absatz 6 Satz 2 Sozialgesetzbuch Elftes Buch ­ Soziale Pflegeversicherung (SGB XI).

Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg Jahresbericht 2007

Prüfungspflicht nicht ausreichend nachgekommen Gesetzlich vorgeschriebene Prüfungen durchführen

Der Rechnungshof hat darauf hingewiesen, dass die bei den Krankenkassen vorgenommenen Schwerpunktprüfungen nur Ausschnitte des Prüfungsstoffs betrafen. Die bei einem Träger übernommene Prüfung der Jahresrechnungen orientierte sich lediglich an formalen Aspekten und deckte nicht alle Felder des gesetzlichen Prüfungsauftrages ab. Prüfungen zum Risikostrukturausgleich und zum Risikopool haben eine andere rechtliche Grundlage und dienen speziellen Zwecken. Notwendig ist demgegenüber, gegebenenfalls erfolgte Einzelprüfungen im Rahmen der vorgegebenen Frist zu einer Gesamtbewertung der Träger zusammenzufassen und in diesem Zusammenhang zu entscheiden, ob und inwieweit ergänzende Prüfungshandlungen vorzunehmen sind.

Weiterverfolgung festgestellter Mängel

Der Rechnungshof hat festgestellt, dass die Behörde nicht immer konsequent auf die Beseitigung festgestellter Mängel und Beanstandungen hingewirkt hat. Teilweise forderte sie nicht einmal Stellungnahmen der geprüften Stellen an.

Als Ergebnis einer Prüfung im Jahre 1997 hatte die Behörde Mängel festgestellt. Sie hatte dem Träger ihren Bericht übersandt, von diesem aber keine Stellungnahme angefordert. Bei einer späteren Prüfung im Jahre 2003 wurde festgestellt, dass einige der 1997 festgestellten Mängel fortbestanden. Auch zu diesem Prüfungsergebnis wurde auf eine Stellungnahme verzichtet.

Die Behörde begründete im Zuge der Prüfung des Rechnungshofs ihren Verzicht auf Stellungnahmen und die Weiterverfolgung der festgestellten Mängel vor allem damit, dass sie den Ausgang eines Musterverfahrens aus einem anderen Bundesland abwarten wollte, das letztlich zugunsten des dortigen Trägers ausging. Diese Begründung ist jedoch nicht tragfähig, weil beide Prüfberichte eine Vielzahl von Beanstandungen und Vorschlägen enthielten, die nicht Gegenstand des Musterverfahrens waren und für sich genommen eine Stellungnahme der geprüften Institution und eine Weiterverfolgung erfordert hätten.

Einem weiteren Träger wurde der Bericht über die behördliche Prüfung im November 1996 übersandt. Erst im April 1998 erfolgte die Aufforderung zur Stellungnahme. Mit der im Mai 1998 eingegangenen Antwort befasste sich die Behörde jedoch nicht, sondern vermerkte ohne weitere Begründung im August 2000 abschließend, dass auch dann keine weitere Beanstandungsmöglichkeit gesehen werde, wenn die Institution den Anregungen nicht folge.

Auch außerhalb von Prüfungshandlungen gewonnene aufsichtsrechtliche Feststellungen wurden nicht immer mit der erforderlichen Nachdrücklichkeit weiterbearbeitet. Beispielsweise verfolgte die Behörde nicht die von ihr für erforderlich gehaltene Beitragsanpassung bei einer Krankenkasse und wirkte nicht auf die Umsetzung einer von ihr als notwendig erkannten Satzungsänderung hin.

Der Rechnungshof hat die mangelnde Weiterverfolgung von Feststellungen beanstandet.

Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg Jahresbericht 2007

Keine Beseitigung festgestellter Mängel

Die Behörde hat geltend gemacht, dass die Frage der Weiterverfolgung aufsichtsrechtlicher Feststellungen dem Opportunitätsprinzip unterliege. Veränderungen, die sich für die Zukunft abzeichneten, oder eine neue Ausgangslage könnten Anlass geben, von einer Durchsetzung aufsichtsrechtlicher Feststellungen abzusehen.

Der Rechnungshof hält es für nicht tragbar, wenn unter Berufung auf das Opportunitätsprinzip bedeutsame Feststellungen wie die zur Frage der Beitragsgestaltung nicht weiterverfolgt werden, ohne dass die Behörde dazu nachvollziehbare Gründe in den Akten dokumentiert.

Aufsichtsprüfungen

Die gesetzlich vorgesehenen Prüfungen der Träger im Rahmen der Rechtsaufsicht (vgl. Tz. 358) können thematisch ausgewählt und im Umfang beschränkt werden. Prüfungshandlungen sind typischerweise dadurch gekennzeichnet, dass Erkundigungen und Berichtigungen des Verwaltungshandelns in einem formalisierten Verfahren erfolgen. Dies bedingt regelmäßig Untersuchungen vor Ort, Anforderungen von Akten zur Überprüfung nach methodisch festgelegten Grundsätzen oder die Einholung schriftlicher Berichte.

Der Rechnungshof hat festgestellt, dass die Behörde in dem von ihm geprüften Zeitraum seit Mitte 2001 derartige Aufsichtsprüfungen nicht vorgenommen hat. Er hat auf die Erforderlichkeit derartiger Prüfungen hingewiesen.

Die Behörde hat darauf hingewiesen, dass nach ihrem Verständnis der Aufgabenwahrnehmung insbesondere Aufsichtsgespräche, in denen Träger im Vorwege die Auffassung zu einzelnen Maßnahmen einholten, und die Befassung mit vorgelegten Unterlagen hinreichend seien. Sie habe für weitergehende Prüfungen, insbesondere solche vor Ort, keinen Anlass gesehen.

Nach Auffassung des Rechnungshofs bedarf es eines Anlasses für die Durchführung von Aufsichtsprüfungen jedoch nicht. Die regelhafte Durchführung solcher Prüfungen ist wegen der daraus zu erwartenden Erkenntnisse für die Kernaufgabe der Rechtsaufsicht, nämlich die Überwachung im Hinblick auf die Einhaltung von Gesetz und sonstigem für die Versicherungsträger maßgeblichen Recht, erforderlich.

Wahrnehmung der Fachaufsicht

Auf dem Gebiet der Prävention in der gesetzlichen Unfallversicherung umfassen die Aufsichtsaufgaben auch Fragen des Umfangs und der Zweckmäßigkeit der Maßnahmen. Im Jahr 2004 haben die Aufwendungen hierfür bei den der Aufsicht Hamburgs unterstellten Trägern rund 2,2 Mio. Euro betragen.

5 Vgl. u.a. Hauck/Noftz, SGB IV, § 88 Rdnr. 3a.