Vollzugseinrichtungen Beleihung alt § 4 Beim Maßregelvollzug handelt es sich um eine hoheitliche Aufgabe

Absatz 4 legt fest, dass die Beschränkungen in Hinblick auf das Vollzugsziel und die Rechte der untergebrachten Person angemessen sein müssen. Dadurch, dass diese Regelung einen eigenen Absatz bildet, wird klargestellt, dass sie nicht nur in den Fällen des Absatzes 3, sondern für alle in diesem Gesetz geregelten Beschränkungen gilt.

Zu § 4:

Vollzugseinrichtungen, Beleihung (alt § 4)

Beim Maßregelvollzug handelt es sich um eine hoheitliche Aufgabe. Sie wurde in Hamburg bislang ausschließlich in staatlichen Einrichtungen durchgeführt. Aus mehreren Gründen kommen auch andere Organisationsformen in Betracht. Wie oben ausgeführt, ist von der (Teil-) Privatisierung des LBK Hamburg auch das Klinikum Nord mit seinem Betriebsteil Ochsenzoll betroffen. Zudem werden die Voraussetzungen geschaffen, die Maßregeln im Bedarfsfall auch an anderen geeigneten Standorten als nach Absatz 1 Satz 1 vollziehen zu können.

Für die Übertragung des Maßregelvollzugs auf einen freigemeinnützigen oder privaten Träger bedarf es der Beleihung.

Dafür wurde bereits zum 1. Januar 2005 in § 4 Absatz 1 eine entsprechende gesetzliche Ermächtigung geschaffen. Auf dieser Grundlage wird ein detaillierter Beleihungsvertrag zwischen der für das Gesundheitswesen zuständigen Behörde und dem Beliehenen geschlossen. Vergleichbare Ermächtigungsgrundlagen existieren z.Zt. in den Landesgesetzen von Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig Holstein und Thüringen. Absätze 2 und 3 enthalten Grundanforderungen, die an eine für den Maßregelvollzug vorgesehene Einrichtung zu stellen sind, unabhängig von der Trägerschaft.

Von zentraler Bedeutung für die Durchführung eines den gesetzten Zielen gerecht werdenden Vollzugs ist die Bestimmung des Absatzes 2 zur quantitativ und qualitativ hinreichenden Ausstattung der Einrichtungen des Maßregelvollzugs sowohl in sachlicher als auch personeller Hinsicht. Hier stehen neben dem Staat als Auftraggeber auch die Träger der Einrichtungen in der Verantwortung, die strukturellen und materiellen Voraussetzungen zu einer qualitativ hochwertigen Durchführung des Vollzugs der Maßregeln der Besserung und Sicherung zu schaffen. Dazu gehört eine baulich-räumliche und technische Ausstattung der Maßregelvollzugseinrichtungen, die ­ gerade auch vor dem Hintergrund des Vollzugsziels der Wiedereingliederung der untergebrachten Personen in die Gesellschaft ­ den besonderen Bedarfen langfristig angelegter Unterbringungen und Behandlungen Rechnung trägt. Besonderer Wert wird auf die Normalisierung des Wohnumfeldes gelegt, wozu auch Mindestanforderungen an Größe und Ausgestaltung der Ruhe- und Freizeiträume sowie der Gemeinschafts- und Besuchsräume gehören. Zudem wird mit Absatz 2 letzter Satz hervorgehoben, dass die umfassende, auf lange Sicht angelegte Betreuung und Versorgung der untergebrachten Personen nicht allein von den klassischen medizinischen und pflegerischen Berufen des Krankenhausbereichs geleistet werden kann, sondern darüber hinaus qualifizierte Fachkräfte verschiedener weiterer Berufsgruppen, wie z. B. Psychologen, Sozialarbeiter, Arbeits- und Beschäftigungstherapeuten, Pädagogen u. a. vorzusehen sind.

In Absatz 4 ist die umfassende Rechts- und Fachaufsicht für den Fall der Beleihung näher ausgestaltet. Die für das Gesundheitswesen zuständige Behörde wird durch entsprechende Maßnahmen sicherstellen, dass Grundrechtseingriffe durch den Beliehenen nicht wegen der fehlenden Einbindung in die staatlichen Organisationsstrukturen wahrscheinlicher werden als bei der Durchführung des Maßregelvollzugs unmittelbar durch den Staat. Zur Durchsetzung dieses Ziels hat sich der Beliehene der sofortigen Vollziehung aus dem Beleihungsvertrag zu unterwerfen.

Absatz 5 enthält die Ermächtigungsgrundlage für Beleihungen, soweit Unterbringungen nach den §§ 81 und 126 a StPO erfolgen sollen. Die Hintergründe sind in der Begründung zu § 1 erläutert. Im Beleihungsvertrag wird geregelt, dass Unterbringungen nach §§ 63, 64 StGB Vorrang gegenüber Unterbringungen nach anderen Vorschriften haben.

Absatz 6 legt die Anwendung des Hamburgischen Datenschutzgesetzes gegenüber dem Beliehenen gesetzlich fest.

Einer unmittelbaren Anwendung steht entgegen, dass der Maßregelvollzug wie auch der Vollzug von Maßnahmen nach § 81 und § 126 a StPO keine „Aufgaben der öffentlichen Verwaltung" i. S. des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 HmbDSG darstellen.

Hiervon geht ersichtlich auch § 4 selbst aus, indem er in den Absätzen 1 und 5 die entsprechende Anwendung der §§ 54 bis 62 HmbVwVfG auf den Beleihungsvertrag ausdrücklich regelt.

Da der Beliehene keine bloße „Hilfsfunktion" bei der Verarbeitung personenbezogener Daten im Maßregelvollzug bzw. im Vollzug von Maßnahmen nach § 81 und § 126 a StPO erfüllt, liegt keine Datenverarbeitung im Auftrag der zuständigen Behörde (§ 3 HmbDSG), sondern eine Funktionsübertragung vor (vgl. Walz, in: Simitis, BDSG, 5. Aufl. 2003, § 11 Rdnr. 18). Somit trifft den Beliehenen die datenschutzrechtliche Verantwortung; er ist Adressat von Schutzrechten Betroffener. Der datenschutzrechtliche Regelungsrahmen kann in diesem Falle sinnvollerweise nicht anders ausgestaltet werden, als wenn der Maßregelvollzug bzw. der Vollzug von Maßnahmen nach § 81 und § 126 a StPO ausschließlich behördlich organisiert wäre.

Dass vorrangige bereichsspezifische Regelungen über den Datenschutz (§§ 40 bis 47) bestehen, ändert nichts an der Notwendigkeit, eine sachgerechte Lösung für die übrigen Teilbereiche des Datenschutzes zu entwickeln, z. B. für die technischen und organisatorischen Maßnahmen (§ 8 HmbDSG) sowie für die Beratungs- und Kontrollkompetenz des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten (§§ 23 ff. HmbDSG).

Zu § 5:

Entscheidungsbefugnisse (alt § 5)

Alle Maßnahmen des Vollzugs der Maßregeln der Besserung und Sicherung haben die jeweiligen Behandlungserfordernisse zu berücksichtigen. Da sich die Verantwortung für alle Vollzugsmaßnahmen bei der Leitung der Maßregelvollzugseinrichtung konzentrieren soll, muss diese qualifiziert in die Behandlung eingebunden sein. Deshalb kann die Funktion der Leitung eines psychiatrischen Krankenhauses, zu dem Einrichtungen des Maßregelvollzugs zu zählen sind, gerade auch mit Blick auf die Vorgaben des § 136 StVollzG in der Regel nur durch eine Ärztin bzw. einen Arzt für Psychiatrie mit besonderer Qualifikation für die Anforderungen der forensischen Psychiatrie wahrgenommen werden. Die Leitung der Einrichtung kann bestimmte Aufgaben und Entscheidungen an nachgeordnete Fachkräfte, z. B. den leitenden Stationsarzt oder Psychologen, delegieren. Dieses ist einerseits aus praktischen Gründen erforderlich, andererseits wegen der hohen Verantwortung nur für bestimmte Aufgaben zulässig. Einzelheiten hierzu können in einer gesonderten Verwaltungsvorschrift geregelt werden.

Dabei behält Absatz 2 Aufgaben besonderer Bedeutung, insbesondere wenn sie mit einem Eingriff in die Rechte der untergebrachten Person einhergehen, der Leitung der Einrichtung vor. Gerade im Zusammenhang mit der Beleihung privater Träger mit den hoheitlichen Aufgaben des Maßregelvollzugs ist so gewährleistet, dass ausschließlich die vom beliehenen Träger dazu bestellte Person freiheitsbeschränkende Maßnahmen anordnet und verantwortet. Die Beteiligung der Vollstreckungsbehörde wird durch die neue Regelung des § 26 gestärkt.

Absatz 3 bestimmt die Zuständigkeit für Entscheidungen über Widersprüche von untergebrachten Personen. Damit ist gewährleistet, dass die Person, welche die Entscheidung angeordnet hat, nicht auch über den Widerspruch gegen diese Entscheidung zu befinden hat. Die Kontrollfunktion dieser bisherigen Regelung, wonach die der Leitung der Vollzugseinrichtung vorgesetzte ärztliche Leitung über Widersprüche entscheidet, hat sich in der Vergangenheit gut bewährt und wird übernommen.

Zu § 6:

Qualitätssicherung, Sicherheitsstandard (neu)

Der Begriff der Qualitätssicherung bezeichnet eine Reihe verschiedenartiger Mittel, die von strukturellen Maßnahmen über prozedurale Maßnahmen bis hin zur Evaluation reichen.

Zur Gewährleistung der höchstmöglichen, an anerkannten wissenschaftlichen Standards orientierten Qualität in der Therapie und Sicherung, werden Maßregelvollzugseinrichtungen und ihre Träger durch Aufnahme zur Durchführung regelmäßiger qualitätssichernder Maßnahmen sowie deren Dokumentation verpflichtet. Die jeweils aktuellen Standards werden in einer gesonderten Verwaltungsvorschrift mit Verweis auf die wissenschaftlichen Fachgesellschaften näher konkretisiert. Mit Absatz 3 wird die qualitative Fortentwicklung des Maßregelvollzugs in Hamburg gesetzlich festgeschrieben.

Zu § 7:

Dokumentation (neu)

Wie jede andere Ärztin bzw. jeder andere Arzt auch unterliegt die Ärztin bzw. der Arzt im Maßregelvollzug der Dokumentationspflicht (vgl. § 10 der Musterberufsordnung Ärztinnen/Ärzte der Bundesärztekammer). Darüber hinaus gehört die Dokumentationspflicht im Maßregelvollzug systematisch zu den Dienstpflichten der Ärztin bzw. des Arztes gegenüber der Aufsicht führenden Behörde. Die Dokumentation ist in den jeweiligen Krankenakten aufzunehmen, wobei in Hinblick auf die Besonderheiten psychiatrisch-psychologischer Krankheitsgeschichten und Behandlungsverläufe nur Objektives bzw. Objektivierbares dokumentationspflichtig ist. Zugleich unterliegt die Ärztin bzw. der Arzt ­ auch gegenüber anderen Ärztinnen und Ärzten, der Strafvollstreckungskammer und der Aufsichtsbehörde ­ der Schweigepflicht. Gesetzliche Anzeigepflichten, z. B. nach § 138 StGB, bleiben unberührt.

Die die untergebrachten Personen nicht unmittelbar betreffenden Tatsachen sind gesondert von der Kranken- bzw. Patientenakte in so genannten Generalakten aufzunehmen, welche die Maßregelvollzugseinrichtung nach Vorgabe der Behörde führen muss.

Die Verpflichtung zur Bekanntgabe und Erläuterung von Entscheidungen und Anordnungen gegenüber der untergebrachten Person ergibt sich aus dem hoheitlichen Charakter der Behandlung im Maßregelvollzug. Die untergebrachte Person muss sich darüber einen Willen bilden können und in die Lage versetzt werden, die Maßnahmen gerichtlich überprüfen zu lassen (Artikel 19 Absatz 4 GG; s.a. Volckart/Grünebaum, Maßregelvollzug, 2003, S. 238). Einzelheiten über die Dokumentationspflicht der Maßregelvollzugseinrichtung gegenüber der Fach- und Rechtsaufsicht führenden Behörde werden ggf. im Beleihungsvertrag geregelt.

Zu § 8:

Aufnahme (alt § 6)

Das Verfahren der Aufnahme unterteilt sich neben der organisatorischen Aufnahme in die beiden weiteren Aufgabenbereiche der Unterrichtung sowie der Eingangsuntersuchung.

Zu der in Absatz 1 vorgeschriebenen Unterrichtung der untergebrachten Person über ihre Rechte und Pflichten gehören auch das Zurverfügungstellen und die Erläuterung dieses Gesetzes und der jeweils geltenden Hausordnung. Informationen über die Rechte und Pflichten der untergebrachten Personen haben in verständlicher Form, gegebenenfalls in ausländischer Sprache, zu erfolgen. Soweit im Einzelfall möglich, soll die untergebrachte Person die Vornahme der Unterrichtung schriftlich bestätigen. Eine Unterrichtung von nahen Angehörigen und Vertrauenspersonen darf grundsätzlich nur in Abstimmung mit der untergebrachten Person vorgenommen werden. Gesetzliche Vertreter oder Betreuer mit dem Recht zur Aufenthaltsbestimmung können auch ohne Einverständnis informiert werden. Im Übrigen wird auf § 44 verwiesen.

Die Eingangsuntersuchung nach Absatz 2 ist unverzichtbar für jede stationäre psychiatrische Behandlung. Sie muss eine körperliche Untersuchung umfassen, welche notfalls auch zwangsweise durchgeführt werden kann. Über die medizinische Untersuchung, welche zur Feststellung des allgemeinen Gesundheitszustands und der Vollzugsfähigkeit innerhalb von 24 Stunden vorzunehmen ist, erstreckt sich die Eingangsuntersuchung auf die psychiatrische Untersuchung und Anamneseerhebung sowie auf die Ermittlung der für eine Eingliederung erheblichen Daten zur sozialen Situation der untergebrachten Person. Diese umfassende Eingangsuntersuchung ist die Voraussetzung für die obligatorische Erstellung des Behandlungs- und Eingliederungsplans.

Zu § 9:

Behandlungs- und Eingliederungsplan (alt § 7) Wesentlicher Teil des Behandlungsrechts der untergebrachten Person im Maßregelvollzug ist die Planung der Behandlung, ihre Erörterung und ihre Fortschreibung. Dem gesetzlichen Auftrag eines auf Heilung und möglichst frühe Wiedereingliederung ausgerichteten Vollzugs entsprechend sind untergebrachte Personen zur Mitarbeit zu motivieren und in ihrer Verantwortlichkeit für den Therapieverlauf zu unterstützen. Deshalb ist gemäß Absatz 1 zu Beginn des Vollzugs ein Behandlungs- und Eingliederungsplan zu erstellen und mit der untergebrachten Person zu erörtern. Die in Absatz 4 Sätze 2 bis 4 näher konkretisierte Erörterung des Behandlungs- und Eingliederungsplans mit der untergebrachten Person ersetzt nicht deren Einwilligung in einzelne Behandlungsmaßnahmen, sondern bereitet diese nur vor.

Absatz 2 präzisiert die inhaltlichen Anforderungen an den Behandlungs- und Eingliederungsplan. Unter besonderer Berücksichtigung der Sozialanamnese erstreckt sich die Behandlungsplanung u. a. auf medizinische, heilpädagogische, psychotherapeutische, arbeits- und beschäftigungstherapeutische Maßnahmen. Die Vollzugsplanung soll Auskunft geben über die Form der Unterbringung, die Zuweisung zu einer Behandlungsgruppe, das Maß des Freiheitsentzugs sowie über Arbeit, Schule, Ausbildung und Freizeitgestaltung. Die Eingliederungsplanung hat Maßnahmen zur medizinischen und sozialen Rehabilitation sowie die Eingliederungsmaßnahmen zu bestimmen. Vor einer Entlassung sind rechtzeitig konkrete Maßnahmen zur Vorbereitung der Entlassung und die Kontaktaufnahme zu nachsorgenden Einrichtungen sowie zur sozialen und beruflichen Integration zu planen. Der Behandlungs- und Eingliederungsplan ist individuell zu erstellen.

Die geplanten Maßnahmen sind so konkret festzulegen und gemäß Absatz 6 zu dokumentieren, dass eine spätere Überprüfung ihrer Umsetzung möglich ist.

Absatz 3 schreibt eine regelmäßige Überprüfung und Fortschreibung des Behandlungs- und Eingliederungsplans vor.

Dieser bildet damit das vollzugliche Gegenstück zu den gemäß §§ 67 d Absatz 2 und 67 e StGB (halb-)jährlich von der Strafvollstreckungskammer zu treffenden Entscheidungen über die Möglichkeit einer Entlassung. Grundlage der Überprüfung und Fortschreibung bilden Berichte, Aufzeichnungen und Gutachten des Vollzugspersonals sowie sämtliche andere Erkenntnisquellen auch außerhalb des Vollzugs.

Nach Absatz 4 ist die Zustimmung der Leitung der Vollzugseinrichtung über Verlauf und Maßnahmen der Therapie und die Sicherung der untergebrachten Personen einzuholen.

Insbesondere bei Personen, bei denen das Gericht die unbefristete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB angeordnet hat, stehen deren Entscheidungen über Behandlungsplanung und -verlauf immer im Spannungsfeld der Bemühungen um einen sachgerechten Ausgleich zwischen dem Anspruch der untergebrachten Person auf Wiedereingliederung einerseits und dem gesellschaftlichen Schutzinteresse andererseits. Um hier das selbst bei größter Sorgfalt in der Wahrnehmung dieser Verantwortung bestehende Risiko eines fehlerhaften Ermessensgebrauchs möglichst weitgehend ausschließen zu können, wird in Absatz 5 ergänzend bestimmt, dass untergebrachte Personen spätestens nach Ablauf von jeweils fünf Jahren von einem Sachverständigen, der nicht in der Maßregelvollzugseinrichtung angestellt ist, zu begutachten sind. Erfolgt die Begutachtung insbesondere im Zusammenhang mit Entscheidungen nach §§ 27 oder 28 ist im Rahmen der Erstellung einer Gefährlichkeitsprognose dabei auch zu prüfen, ob die Gründe für die Unterbringung weiterhin vorliegen. Damit erhält die bestehende Praxis, in schwierigen sowie strittigen Fällen externe Gutachten einzuholen, eine gesetzliche Grundlage. Darüber hinaus wird die Einrichtung so zur regelhaften Evaluation langfristiger Therapieverläufe und der dabei erzielten Behandlungsergebnisse verpflichtet. Lediglich in den Fällen, in denen Krankheitszustand und Behandlungsverlauf nach Einschätzung der ärztlichen Leitung der Vollzugseinrichtung unzweifelhaft eine Fortdauer der Unterbringung verlangen, kann in gegenüber der für den Maßregelvollzug zuständigen Behörde zu begründenden Ausnahmen von der externen Begutachtung abgesehen werden. Absatz 5 Satz 5 gewährleistet die Vermeidung aufwändiger Mehrfachbegutachtungen ohne messbaren zusätzlichen Erkenntnisgewinn, ohne dass der Qualitätsstandard der Begutachtung abgesenkt oder relativiert wird.

Zu § 10:

Behandlung zur Erreichung des Vollzugsziels (alt § 8)

Im Maßregelvollzug untergebrachte Personen haben einen Anspruch auf Untersuchung und Behandlung der Anlasskrankheit. § 10 konkretisiert den Behandlungsauftrag, welcher der Vollzugseinrichtung durch §§ 136, 137 StVollzG erteilt ist.

Nach Absatz 2 ist die Einwilligung der untergebrachten Person Voraussetzung für die Behandlung. Ohne Einwilligung der untergebrachten Person darf eine Behandlung nur bei Gefahr für Leib und Leben der betreffenden Person auf Anordnung und unter Leitung einer Ärztin bzw. eines Arztes vorgenommen werden, oder wenn eine schwer wiegende Gefahr für die Gesundheit Dritter vorliegt, z. B. durch die Verweigerung eines HIV-Tests. Eine zwangsweise Ernährung ist zulässig, wenn dies zur Abwendung einer Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der untergebrachten Person erforderlich ist. Somit bedarf es keiner gesonderten Regelung zur zwangsweisen Ernährung mehr.

Das Ziel der Behandlung insbesondere von Personen mit Persönlichkeitsstörungen impliziert das Bestreben einer Veränderung der Persönlichkeit. Demzufolge beschränkt Absatz 4 das Verbot persönlichkeitsverändernder Behandlungen auf operative Eingriffe. Die Vollzugseinrichtung hat bei der Wahl ihrer Maßnahmen in Therapie und Vollzug den Persönlichkeitsschutz zu wahren und den untergebrachten Personen gegenüber die erforderliche Fürsorgepflicht zu erfüllen. Dazu gehört auch das Verbot einer Erprobung von außerhalb des Maßregelvollzugs nicht anerkannten Arzneimitteln bzw. Verfahren im Schutze der Einrichtung.

Zu § 11:

Andere Behandlungen (alt § 9) Absatz 1 enthält eine grundlegende Aussage über den Anspruch der untergebrachten Person auf eine angemessene gesundheitliche Fürsorge und Betreuung. Der Behandlungsanspruch leitet sich aus der Fürsorgepflicht einer freiheitsentziehenden Institution ab, die einen Ausgleich dafür zu schaffen hat, dass die untergebrachte Person sich nicht wie ein freier Bürger um seine Gesundheit kümmern kann. Als Krankenhäuser außerhalb des Maßregelvollzugs im Sinne von Satz 2 kommen auch Krankenhäuser von Justizvollzugsanstalten in Frage, weil dort die nötigen Sicherungseinrichtungen vorhanden sind.

Absatz 2 ermöglicht die Behandlung einer sonstigen Krankheit, die nicht Anlass für die Unterbringung war, ohne Einwilligung der betroffenen Person nur in den Fällen, in denen Lebensgefahr für die untergebrachte Person oder Gefahr für die Gesundheit anderer Personen besteht. Satz 2 ermöglicht darüber hinaus als Maßnahmen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes einfache Untersuchungen ohne Einwilligung der untergebrachten Person. Diese Untersuchungen dürfen die Person nicht nennenswert beeinträchtigen.

Absatz 3 bestimmt restriktive Regelungen der Befugnis zur Anordnung und Durchführung einer Behandlung, für die keine Einwilligung der untergebrachten Person vorliegt.

Zu § 12:

Beschäftigung, Arbeit, Aus- und Fortbildung (alt § 10)

Im Gegensatz zum Strafvollzug gibt es im Maßregelvollzug keine Arbeitspflicht. Mit Blick auf das Vollzugsziel der Wiedereingliederung der im Maßregelvollzug untergebrachten Personen besteht hier vielmehr ein Anspruch der untergebrachten Personen auf Zuweisung einer ihren jeweiligen Fähigkeiten entsprechenden Arbeit bzw. beruflichen Aus- und Fortbildung.

Schließlich dienen Beschäftigung und Arbeit bzw. Aus- und Fortbildung im Maßregelvollzug ­ auch wenn sie in geeigneten Fällen nach Absatz 3 außerhalb der Vollzugseinrichtung vorgenommen werden ­ sowohl der Therapie als auch der Rehabilitation. Der Unterschied zwischen den Begriffen „Arbeit" und „Beschäftigung" besteht darin, dass es bei der Arbeit auch darauf ankommt, ein wirtschaftlich verwertbares Arbeitsergebnis zu erzielen, während es bei der Beschäftigung nur erforderlich ist, dass es sich um eine sinnvolle und für die untergebrachte Person nützliche Tätigkeit handelt. Wegen der Besonderheiten im Maßregelvollzug können auch nur entsprechende Zielsetzungen aufgenommen werden.