Steuer

I. Anlass und Stand der Rechtsverfahren

Die Verkehrsinfrastruktur im Süderelberaum muss dringend den gestiegenen Anforderungen bedarfsgerecht angepasst werden. Hierbei stellt eine Kombination aus Umgehung Finkenwerder und Bundesautobahn A 26 die insgesamt günstigste Lösung für die groß- und kleinräumige Verkehrsabwicklung in diesem Raum dar.

Der Neubau der A 26 zwischen Stade und Hamburg wird vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und den Auftragsverwaltungen in Niedersachsen und Hamburg mit hoher Priorität vorangetrieben. Die A 26 wird den überörtlichen Verkehr weiträumig auf einer anbaufreien Straße bündeln und verträglich zur A 7 führen.

Die Umgehung Finkenwerder hat eine lokal begrenzte Wirkung zur Entlastung der Ortslage Finkenwerder und zur Anbindung des Industriestandortes Airbus. Die Maßnahme verbessert die Erschließung des Werkes und die Erreichbarkeit durch kleinere und mittlere Zulieferbetriebe aus der gesamten Region. Weiterhin trägt sie deutlich zur Akzeptanz der Industrieanlagen vor Ort bei.

Der Bau der Umgehung Finkenwerder und die geplante Autobahn A 26 tangieren bzw. durchschneiden jedoch in Hamburg einen Teil des Obstanbaugebietes Altes Land, die Dritte Meile Alten Landes. Die Existenzsicherung der modernen, leistungsfähigen Betriebe in dem kulturhistorisch bedeutsamen Obstanbaugebiet ist eine wichtige Prämisse für den Bau der Umgehung Finkenwerder und der A 26. Im Zuge von Verhandlungen mit Grundeigentümern über den Erwerb von Flächen für den Straßenbau ist deutlich geworden, dass im Rahmen des geplanten Straßenbaus flankierende Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Existenz des Obstanbaues dauerhaft zu gewährleisten.

In der Vergangenheit ist die Entscheidung für eine bestimmte Trasse mehrfach unter der Prämisse Existenzsicherung der Obstbaubetriebe geprüft und auch verändert worden.

Der Senat entschied sich am 30. April 2002 mit Rücksicht auf die Belange des Obstanbaus für eine möglichst dicht an der Alten Süderelbe verlaufende Trasse. In nachfolgenden Gesprächen, z. B. im Zuge der Verhandlungen mit Grundeigentümern über den Erwerb von Flächen für den Straßenbau, ist jedoch deutlich geworden, dass auch diese Trassenverlegung für sich allein aus Sicht der Betroffenen nicht ausreicht, die Existenz des Obstanbaues dauerhaft zu gewährleisten.

Der Bebauungsplan Francop 7 / Neuenfelde 12 (Gesetz vom 21. März 2005) schafft die Voraussetzungen für den Bau der Umgehung Finkenwerder auf der sogenannten Südtrasse. Die Entscheidung für diese Trasse beruht auf der 67. Änderung des Flächennutzungsplans vom 9. März 2005. Voraussetzung für die Realisierung der Umgehung Finkenwerder ist die Verlegung des Hakengrabens. Diese wird ermöglicht durch den Planfeststellungsbeschluss der Behörde für Wirtschaft und Arbeit vom 28. Oktober 2004 zur „wasserwirtschaftlichen Neuordnung der Alten Süderelbe". Die sofortige Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses wurde angeordnet.

Der Baubeginn der Umgehung Finkenwerder erfolgte am 15. Juli 2005 im östlichen Abschnitt der Maßnahme. Es handelte sich um eine sog. „Vorwegmaßnahme", da diese Arbeiten zunächst durchzuführen waren, um die baulichen Grundlagen für die Verlegung des Hakengraben zu schaffen. Die BauBÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache18/5980 Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft Haushaltsplan 2007/2008

Einzelplan 6

Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt

1. Einrichtung und Umsetzung eines Süderelbefonds

2. Realisierung der Umgehung Finkenwerder

3. Nachforderung von Haushaltsmitteln aktivitäten wurden auf Grund des Beschlusses des OVG zum Planfeststellungsbeschluss im Frühjahr 2006 eingestellt.

Gegen den B-Plan Francop 7 / Neuenfelde 12 wurden von den betroffenen Landwirten sowie von zwei Wasserverbänden zwei Normenkontrollanträge gestellt, gegen den Planfeststellungsbeschluss wurden Klagen erhoben sowie Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt (Eilverfahren).

In diesem Eilverfahren haben sowohl das Verwaltungsgericht Hamburg (Beschluss vom 26. August 2005) wie auch das Oberverwaltungsgericht Hamburg (Beschluss vom 27. Februar 2006) die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss zur wasserwirtschaftlichen Neuordnung wiederhergestellt. Zur Begründung führte das Oberverwaltungsgericht Hamburg u. a. aus, dass die im Flächennutzungsplan vorgenommene Wahl zu Gunsten der Südtrasse auf Abwägungsmängeln beruhe; Vor- und Nachteile der Bezirkstrasse im Vergleich zu denen der Südtrasse seien nicht ausreichend gewichtet worden. Die Bezirkstrasse sei auch deutlich kürzer und nehme weniger private Obstbauflächen in Anspruch.

Außerdem klagen zwei Naturschutzverbände und ein privater Grundeigentümer gegen die Wasserstandsanhebung in der Alten Süderelbe auf NN + 0,30m; diese Klagen richten sich nicht unmittelbar gegen die Verlegung des Hakengrabens und berühren daher nicht direkt den Bau der Umgehung Finkenwerder. Eine weitere Klage richtet sich gegen die Zulassung des Straßenbaus nach § 13 Absatz 2 Hamburgisches Wegegesetz im östlichen Abschnitt des Hafengebietes. Im Eilverfahren hat das VG Hamburg das Rechtsschutzbedürfnis verneint (Beschluss vom 5. Juli 2006). Im Übrigen sind die Kläger auch Kläger gegen den Planfeststellungsbeschluss und zum Teil auch Vertragspartner der Gütevereinbarung (siehe unter II.). Unabhängig von der Umgehung Finkenwerder wurden mit dem überwiegenden Teil der Kläger in einem mehrjährigen Planungsprozess die wasserwirtschaftlichen Belange gemeinsam entwickelt und ein tragbarer Kompromiss zwischen den Belangen der Landwirtschaft, den Anforderungen des Naturschutzes und den wasserwirtschaftlichen Notwendigkeiten gefunden. Auch wenn das Planfeststellungsverfahren als Klagemöglichkeit gegen die Umgehung Finkenwerder genutzt wurde, besteht doch nach wie vor deutliches Interesse an einer Realisierung der wasserwirtschaftlichen Planungen.

II. Sachstand der Güteverhandlungen und Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen zum Süderelbefonds

Die nach dem Beschluss des OVG Hamburg durchgeführte Überprüfung der Vor- und Nachteile der beiden Trassen (Bezirkstrasse und Südtrasse) ergab, dass die Südtrasse weiterhin vorzugswürdig ist. Der Bürgerschaft wird eine überarbeitete Begründung zum Flächennutzungsplan mit der Bitte um Bestätigung der 67. Änderung zum Flächennutzungsplan vorgelegt werden.

Unabhängig von den Rechtsverfahren ist der Senat bestrebt, möglichst bald zu einer Einigung mit den betroffenen Landwirten zu kommen.

1. Ziel der Verhandlungen Ziel der Verhandlungen mit der Arbeitsgruppe Südtrasse im Bauerverband Hamburg und der Betroffenengemeinschaft Ortsumgehung Finkenwerder waren im Wesentlichen folgende Punkte:

­ Sicherung des Obstanbaus

­ Beschaffung der für die Umgehung Finkenwerder und für die A 26 erforderlichen Grundstücke

­ Rechtssicherheit für die Planungen

­ Sicherstellung eines baldigen Baubeginns für die Umgehung Finkenwerder.

Das Ergebnis dieser Verhandlungen war die mit den betroffenen Landwirten erzielte Gütevereinbarung vom 16. November 2006 sowie die Vereinbarung zur Treuhand Süderelbefonds, die als Anlagen 2 und 3 beigefügt sind.

2. Inhalt der Vereinbarungen Kern der Vereinbarung ist der Erwerb der notwendigen Flächen für die Umgehung Finkenwerder und der Verzicht auf Rechtsmittel bzw. deren Rücknahme. Hinzu tritt der Erwerb der Flächen für die A 26 innerhalb des Vertragsgebiets (s. Anlage 4); dies wird mit der Treuhandvereinbarung konkretisiert. Im Gegenzug wird die Stadt betriebliche Nachteile ausgleichen, zudem sämtliche Obstbau- und Grünlandflächen im Obstbaugebiet der Dritten Meile zum Kauf oder zur Pacht anbieten. Damit entspricht sie dem Wunsch der Verhandlungspartner nach sog. Reprivatisierung dieses Bereiches.

Nach der Vereinbarung, die im Wesentlichen von der ReGe Hamburg Projekt-Realisierungsgesellschaft (ReGe) ausgehandelt wurde, richtet Hamburg einen Treuhandfonds Süderelbe in Höhe eines Betrages von 42.000 Tsd. Euro ein.

Aus diesem werden das Flächenmanagement (siehe unten) sowie Maßnahmen für die Wasserwirtschaft im Raum Süderelbe finanziert. Die Mittel werden treuhänderisch von der ReGe für Hamburg verwaltet; sie werden jeweils ausgezahlt, soweit ein Grunderwerb getätigt oder eine wasserwirtschaftliche Maßnahme begonnen werden soll.

Die Treuhandsumme setzt sich zusammen aus 19.500 Tsd. Euro, die für das Flächenmanagement im Sinne von Ziffer IV der Vereinbarung vom 16. November 2006 (Anlage 2) eingesetzt werden, und aus 22.500 Tsd. Euro, die entsprechend Ziffer V der Vereinbarung vom 16. November 2006 für wasserwirtschaftliche Maßnahmen eingesetzt werden.

Aus der Treuhandsumme werden alle Aufwendungen im Zusammenhang mit der Umsetzung der Vereinbarung vom 16. November 2006 bestritten inklusive notwendiger Steuern und Abgaben sowie der Organisation und Durchführung der Treuhand nach dem Treuhandvertrag.

Flächenmanagement

Nach Maßgabe der Vereinbarung vom 16. November 2006 wird das Flächenmanagement entsprechend obstbaulich ­ landwirtschaftlichen Zielsetzungen von der ReGe in Abstimmung mit der Finanzbehörde, Liegenschaftsverwaltung und der Behörde für Wirtschaft und Arbeit unter Einbeziehung von Vertretern der Betroffenen durchgeführt.

Das vom Flächenmanagement erfasste Gebiet ist aus Anlage 4 ersichtlich.

Hamburg wird von den Obstbauern die ca. 7,6 ha benötigten privaten Flächen für die Realisierung der Umgehung Finkenwerder sowie für die Verlegung des Hakengrabens erwerben; zusätzlich sollen nach dem derzeitigen Planungsstand ca. 80 ha für den vorgesehenen Bau der A 26 in das Eigentum des Bundes übergehen. Im Gegenzug wird Hamburg den Obstbauern 216 ha Obstbau- und Grünlandflächen, die sich im Eigentum Hamburgs befinden, zum Eigenerwerb sowie städtische Flächen im Hafenerweiterungsgebiet zur Pacht anbieten. Ferner werden ca. 20 ha Obstbauflächen außerhalb Hamburgs zum Erwerb angebo ten. Die erzielten Einnahmen aus dem Grunderwerb fließen dem Grundstock für Grunderwerb, die Einnahmen der verpachteten Flächen dem Haushalt zu.

Das Flächenmanagement soll wie folgt durchgeführt werden; das genaue Verfahren wird im Rahmen der Treuhand Süderelbe festgelegt werden:

­ Es werden die zu erwerbenden Flächen erfasst und der notwendige Ausgleich für betriebliche Belastungen erhoben. Der Betriebsausgleich wird nach einem noch einvernehmlich festzulegenden Verteilungsschlüssel geregelt werden. Nach diesem Verteilungsschlüssel sollte auch das über den unmittelbaren Ausgleich für aufzugebende Flächen hinausgehende Land angeboten werden.

Sofern einzelne Obstbauern dieses nicht oder nicht zur Gänze kaufen wollen, wird das verbleibende Land den anderen Obstbauern angeboten.

­ Wenn diese Gespräche abgeschlossen sind, wird eine Gesamtbewertung vorgenommen, geprüft ob die Erklärungen über den Verzicht auf Rechtsmittel bzw. deren Rücknahme vorliegen und das Paket dem Aufsichtsrat zur Entscheidung vorgelegt.

­ Stellt Hamburg die Gesamteinigung fest, wird auf der erreichten Basis den Eigentümern ein verbindliches Angebot unterbreitet werden.

Darüber hinaus werden Betriebsverluste, die aus dem Verkauf bzw. aus dem Tausch von Flächen herrühren, im Rahmen eines Betriebsausgleiches nach einvernehmlich festzusetzenden Kriterien unter Einschaltung eines Gutachters erstattet.

Wasserwirtschaftliche Maßnahmen

Zur Strukturverbesserung des Obstanbaus und dessen nachhaltiger Stabilisierung werden wasserwirtschaftliche Maßnahmen vereinbart (z. B. Gewässerausbauten etc.).

Das Gebiet, für das die Vereinbarung geschlossen wurde, liegt überwiegend in den Verbandsgebieten von zehn Wasser- und Bodenverbänden. Neun davon sind im Hauptentwässerungsverband der Dritten Meile Alten Landes (HEV) zusammengeschlossen, der Schleusenverband Liedenkummer gehört zu keinem Dachverband. Die Verbände sorgen für die Unterhaltung der dort vorhandenen Gewässer und für die erforderlichen Erhaltungs-, Sanierungsund Neubauarbeiten an ihren Gewässern. Außerhalb des Verbandsgebietes liegt die Zuständigkeit für solche Aufgaben beim Bezirksamt Harburg.

Im Rahmen der Verhandlung wurde der mögliche Umfang für Neubau- und Sanierungsarbeiten an Verbandsgewässern auf Basis der Konzeption des HEV festgelegt.

Die Maßnahmen dienen sämtlich der Verbesserung der wasserwirtschaftlichen Infrastruktur. Sie sollen eine nachhaltige Nutzbarkeit der landwirtschaftlichen Flächen für den Obst- und Gartenbau im Gebiet sowie eine vielfältige Gewässerstruktur gewährleisten. Dazu dient insbesondere eine zuverlässige Wasserversorgung in Zeiten der Obstblüte (Frostschutzberegnung) und in Trockenperioden und die gesicherte Entwässerung nach lang anhaltenden Regenfällen.