Bitte Deliktarten und jeweils differenzierte Angaben zu Geschlecht Nationalität und Migrationshintergrund

Opfer und Opferschutz, Ausstiegsangebote, Zivilgesellschaft

1. Wie hat sich die Zahl der Opfer rechtsextremistisch und/oder rassistisch motivierter Anschläge und Überfälle in Hamburg seit 2001 entwickelt?

Bitte Deliktarten und jeweils differenzierte Angaben zu Geschlecht, Nationalität und Migrationshintergrund darstellen.

Eine statistische Erfassung im Sinne der Fragestellung erfolgt nicht, da „Anschläge" und "Überfälle" nicht definierte Begriffe im Sinne des KPMD PMK sind. Weitere Angaben zu Opfern erforderten die Auswertung einer Vielzahl von Akten; dies ist in der für die Beantwortung einer Großen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht zu leisten.

Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

2. Welche ständigen Maßnahmen der Polizei zum Schutz von Einrichtungen gegen rechtsextremistische, fremdenfeindliche oder antisemitische Bedrohungen werden in Hamburg durchgeführt?

Gab es mit Blick auf diese Maßnahmen in den letzten Jahren besondere Vorkommnisse?

An gefährdeten Objekten führt die Polizei im Einzelfall abgestimmte Schutzmaßnahmen durch. Im Übrigen wird von einer Beantwortung abgesehen, da die Frage polizeitaktische Belange berührt.

3. Welche Maßnahmen unternimmt der Senat im Bereich der opferbezogenen Prävention?

Der Senat fördert Schutzeinrichtungen und Opferberatungsstellen, an die sich jedes Gewaltopfer zur Unterstützung wenden kann (siehe Drs. 18/5668). In welchem Ausmaß diese Angebote von Opfern rechtsextremistischer oder rassistischer Gewalt genutzt werden, wird statistisch nicht erfasst. Jedes Gewaltopfer kann darüber hinaus Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) erhalten, falls eine körperliche, geistige oder seelische Schädigung eingetreten ist. In die Entschädigungsregelungen nach dem OEG sind auch in Deutschland wohnende Ausländer, ausländische Touristen und Besucher einbezogen. Hier gelten spezielle Anspruchsvoraussetzungen und Sonderregelungen.

Des Weiteren führen Beamte der Polizei Gespräche mit Opfern, um insbesondere eine erneute Viktimisierung zu vermeiden. In Hamburg wurde zudem im Jahr 2006 an den Schulen die von der Innenministerkonferenz gegen Rechtsextremismus initiierte Aufklärungskampagne „Wölfe im Schafspelz" gestartet. Erarbeitet wurde die Kampagne vom Projekt Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK) unter Beteiligung des Verfassungsschutzes, des Deutschen Forums für Kriminalprävention und der Kultusministerkonferenz. Mit der Kampagne sollen junge Menschen von 13 bis 16 Jahren über die neuen Erscheinungsformen des Rechtsextremismus aufgeklärt werden und lernen, die Vorgehensweise und Gefahren des Rechtsextremismus frühzeitig zu erkennen.

4. Welche rechtliche und soziale Unterstützung können Opfer rechtsextremistischer bzw. rassistischer Straf- und Gewalttaten in Hamburg erhalten und wie werden diese Angebote in Anspruch genommen?

Opfern rechtsextremistischer bzw. rassistischer Straf- und Gewalttaten stehen sämtliche rechtlichen und sozialen Unterstützungsmöglichkeiten zu, die auch Opfern anderer Gewalttaten zustehen.

Die Polizei weist Opfer von Straftaten generell auf ihre Rechte hin. Dies geschieht unter anderem durch die obligatorische Aushändigung des „Merkblattes über Rechte von Verletzten und Geschädigten im Strafverfahren", das der Polizei von der Staatsanwaltschaft zur Verfügung gestellt wird. Ergänzend dazu verteilt die Polizei Hamburg zielgerichtet ihre Broschüre „Ihre wichtigsten Rechte als Opfer einer Straftat" und gibt den Opfern Hinweise auf vorhandene Opferhilfeeinrichtungen. Ergänzend hält die Polizei die Übersichtskarte mit Telefonnummern verschiedener Einrichtungen bereit.

Inwieweit diese Angebote von den Opfern tatsächlich genutzt werden, ist der Polizei nicht bekannt.

Der Deutsche Bundestag bewilligt jährlich Mittel, die Opfern rechtsextremistischer Übergriffe zugute kommen sollen. Anträge auf Entschädigungsleistungen können durch die Opfer beim Bundesamt für Justiz gestellt werden. Ein entsprechendes Merkblatt wird den Geschädigten in der Regel bereits durch die zuständigen Polizeidienststellen ausgehändigt. Ob und in welchem Umfang diese Entschädigungsleistungen in Anspruch genommen werden, kann nicht beurteilt werden.

Im Übrigen siehe Antwort zu III. 3.

5. Wurden Opfer rechtsextremistischer Gewalttaten in der Vergangenheit in Zeugenschutzprogramme aufgenommen?

Nein, es gab keine entsprechenden Anfragen an die Zeugenschutzdienststelle der Polizei.

6. Wie hat sich die Zahl der gezielten Angriffe und Gewalttaten auf politisch aktive Personen seit 2001 entwickelt?

Eine statistische Erfassung im Sinne der Fragestellung erfolgt nicht, da der Begriff „politisch aktive Person" kein statistisches Erhebungsmerkmal und darüber hinaus unbestimmt ist, so dass auch eine manuelle Auswertung der entsprechenden Handakten im Sinne der Fragestellung nicht möglich ist.

Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

7. In welchen rechtsextremistischen (Internet)-Publikationen wurden Namen und Adressen von politischen Gegner/-innen aus Hamburg veröffentlicht?

Um wie viele Frauen bzw. Männer handelt es sich dabei?

In nahezu allen rechtsextremistischen Publikationen werden Namen von Politikern aus Hamburg veröffentlicht. Auch auf rechtsextremistischen Internetseiten werden die Namen von „politischen GegnerInnen" aus Hamburg immer wieder erwähnt. So werden Artikel von Journalisten, die kritisch über die rechtsextremistische Szene berichten, entsprechend kommentiert. Eine systematische Erfassung der genannten Personen erfolgt nicht in jedem Fall, somit kann eine genaue Zahl der betroffenen Personen nicht genannt werden.

Im Jahr 2005 wurde auf der Homepage www.antiantifa.4t.com ein Anti-Antifa-Aufruf verbunden mit einem Adressverzeichnis zu circa 75 Personen und Institutionen aus antifaschistischen Organisationszusammenhängen beziehungsweise Initiativen aus Berlin, Dortmund, Düsseldorf, Hamburg und Nürnberg veröffentlicht. 13 Hamburg betreffende Personen (davon vier weiblich und neun männlich) und eine Institution wurden mit Anschrift aufgeführt.

Ebenfalls im Jahre 2005 wurden durch eine Gruppierung aus Schleswig-Holstein auf der Seite www.freewebtown.com/norddeutsch/rechts.htm etwa 500 Datensätze über Personen antifaschistischer Organisationszusammenhänge beziehungsweise Initiativen veröffentlicht, darunter 27 Hamburg betreffende Datensätze (sechs weibliche und 21 männliche Personen). Aktuell ist auf der Internetseite www.sicheres-bergedorf.de ein CDU-Politiker namentlich genannt und mit Bild dargestellt, der sich im Bergedorfer „Rathausbündnis gegen Rechts" engagiert. Auf den Seiten des Internetprojektes www.widerstandnord.com werden ebenso wie auf den Seiten der Hamburger NPD und des Kreisverbandes Wandsbek der NPD Namen von „politischen GegnerInnen" bzw. Artikel über sie veröffentlicht, wie im Jahre 2005 von der Wandsbeker NPD über eine junge Bramfelderin, die für ihr Engagement den „Bertini-Preis" erhalten hatte.

8. Wie schätzt der Senat die Gefährdung dieser Personen ein und was wurde zum Schutz der Personen unternommen?

Die Sicherheitsbehörden der Freien und Hansestadt Hamburg analysieren eine mögliche Gefährdung der genannten Personen im Einzelfall. Von einer öffentlichen Bewertung sieht der Senat ab; die erforderlichen Maßnahmen werden getroffen.

9. Opferberatungsstellen und offizielle Stellen wie der Verfassungsschutz stellen immer wieder abweichende Opferzahlen dar. Dies liegt an einer unterschiedlichen Interpretation von Straftaten hinsichtlich deren Motivation. Weshalb wird in diesem Bereich die Sachkompetenz der Opferberatungsstellen nicht stärker genutzt?

Die vom Senat geförderten Opferberatungsstellen erfassen die Opfer rechtsextremistischer oder rassistischer Gewalt nicht systematisch. Eine Vergleichbarkeit der Daten mit denen des Verfassungsschutzes ist daher ausgeschlossen.

Die zuständigen Sicherheitsbehörden beurteilen anhand der bundeseinheitlichen Richtlinien des KPMD PMK, ob bei begangenen Straftaten eine rechtsextremistische Motivation vorliegt. Die Erfassung extremistischer Straftaten nach derart bundesweit abgestimmten Kriterien ist im föderalen Sicherheitsgefüge, für die Entwicklung von Präventionskonzepten oder die Bekämpfung politisch motivierter Kriminalität von zentraler Bedeutung.

10. Welche Hilfestellung bietet Hamburg ausstiegswilligen Rechtsextremen an? Unterstützt Hamburg die Ausstiegsinitiative Exit? Wenn ja, in welcher Form?

Die Polizei Hamburg hat seit dem 20. März 2001 eine Telefon-Hotline geschaltet, die sich vor allem an ausstiegswillige Rechtsextremisten/Mitläufer sowie an Angehörige gefährdeter Personen richtet. Die Polizei fungiert dabei als Vermittlungsstelle, von der die Anrufer je nach konkretem Anliegen zu Verfassungsschutz, Sozialbehörden, Jugendbehörden etc. verbunden oder verwiesen werden. Die zuständigen Behörden bieten dann gezielte Beratungsangebote an.

In den vergangenen Jahren hat es nur wenige einzelne entsprechende Anfragen an die Hamburger Sicherheitsbehörden gegeben. Das LfV hat in Einzelfällen auf Exit verwiesen, eine Unterstützung wurde von dort bisher nicht angefragt.

IV. Prävention/Evaluation

1. Inwieweit reagiert der Hamburger Senat auf das Phänomen, dass in letzter Zeit eine zunehmende Expansion rechtsextremistischer Aktivitäten in bürgerliche, intellektuelle Kreise stattgefunden hat und zu beobachten ist, dass in diesen Schichten rechtsextreme Einstellungen tendenziell zunehmen? Existieren Präventivmaßnahmen, die gezielt hier ansetzen und sich nicht auf den Jugendbereich konzentrieren?

Nach Beobachtungen der Sicherheitsbehörden versuchen Rechtsextremisten in Hamburg, bürgerliche Kreise anzusprechen, indem sie soziale Themen aufgreifen und unter dem Namen stadtteilbezogener Bürgerinitiativen öffentlich agitieren. Rechtsextremistische Aktivitäten dieser Art hatten jedoch bisher insgesamt wenig Erfolg. Daher können die Sicherheitsbehörden die in der Frage behauptete Entwicklung für Hamburg bisher nicht bestätigen. Das LfV informiert in seinem Verfassungsschutzbericht, in Internetbeiträgen und bei Presseanfragen sowie durch Vorträge in Schulen, sonstigen öffentlichen Einrichtungen und bei gesellschaftlichen Gruppen über neue Entwicklungen der rechtsextremistischen Szene.