Frühförderung

Die Bürgerschaft hat in ihrer Sitzung am 1./2. Februar 2006 folgendes Ersuchen an den Senat gerichtet: „Der Senat wird aufgefordert, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die Höhe der jeweiligen Kostenanteile für die Leistungsvergütung zwischen den gesetzlichen Krankenkassen und den sozialen Trägern für die interdisziplinären Komplexleistungen im Sozialgesetzbuch IX oder aber in der Frühförderverordnung, soweit wie möglich, verbindlich geregelt wird."

Hierzu hat der Staatsrat der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz Folgendes mitgeteilt: „Mit dem am 1. Juli 2001 in Kraft getretenen Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) wurden unter anderem die verschiedenen Leistungen zur Früherkennung und Frühförderung behinderter oder von Behinderung bedrohter Kinder zu einer Komplexleistung zusammengefasst.

Zur Umsetzung der Komplexleistung Frühförderung sind die beteiligten Rehabilitationsträger (Krankenkassen und Sozialhilfeträger) unter anderem verpflichtet, Regelungen zur Übernahme oder Teilung der Kosten in gemeinsamen Empfehlungen zu vereinbaren. Dieser Verpflichtung sind die Rehabilitationsträger nicht nachgekommen.

Die Bundesregierung hat daher von ihrer Ermächtigung Gebrauch gemacht und mit Zustimmung des Bundesrates am 24. Juni 2003 die Frühförderungsverordnung (FrühV) erlassen. Sie regelt die Abgrenzung der durch interdisziplinäre Frühförderstellen und sozialpädiatrische Zentren ausgeführten Leistungen zur Früherkennung und Frühförderung noch nicht eingeschulter behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder. Sie legt in Rahmenbestimmungen die Übernahme und die Teilung der Kosten zwischen den beteiligten Rehabilitationsträgern fest. Danach darf der auf den Sozialhilfeträger entfallende Kostenanteil in interdisziplinären Frühförderstellen 80 v. H. und in sozialpädiatrischen Zentren 20 v. H. nicht übersteigen. Über die konkrete Aufteilung der Entgelte für die Komplexleistung Frühförderung sollen zwischen den verantwortlichen Leistungsträgern Krankenkassen und Sozialhilfeträger Vereinbarungen geschlossen werden. Dies ist bundesweit bisher überwiegend nicht gelungen.

Der Bundesrat hatte seine Zustimmung zur FrühV mit einer Entschließung verbunden, in welcher er die Bundesregierung unter anderem aufgefordert hat, im SGB IX selbst klare Aussagen zur ausgewogenen Aufteilung der Kosten für die Komplexleistung Frühförderung zu treffen. In ihrer Stellungnahme (BR-Drs. 106/05) erwidert die Bundesregierung, sie halte eine entsprechende Änderung des SGB IX nicht für erforderlich.

Der Bedarf, die Aufteilung der Kosten gesetzlich zu regeln, besteht jedoch unvermindert fort. Eine Änderung des SGB IX, wie sie in der Entschließung des Bundesrates vom 24. Juni 2003 beschrieben ist, war angestrebt. Sie würde zu einer kostenmäßigen Entlastung der Sozialhilfeträger in nicht bezifferbaren Umfang und entsprechender Belastung der gesetzlichen Krankenkassen führen. Für eine entsprechende Hamburger Initiative im Bundesrat sollten weitere Bundesländer gewonnen werden. Hierüber wurde die Vorsitzende des Sozialausschusses der Bürgerschaft mit Schreiben der Zweiten Bürgermeisterin vom 4. Oktober 2006 unterrichtet.

Da kein Bundesland erklärt hat, einer Hamburger Bundesratsinitiative als Antragsteller beizutreten, wurde in Verfolg des Ersuchens der Bürgerschaft ein aktuelles Gesetzgebungsverfahren u. a. zu Vorschriften des SGB IX genutzt, im Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik des Bundesrates am 22. Februar 2007 einen Antrag zur Änderung des § 30 SGB IX einzubringen, mit dem Ziel, die Höhe der jeweiligen Kostenanteile für die Leistungsvergütung zwischen den gesetzlichen Krankenkassen und den sozialen Trägern für die interdisziplinären Komplexleistungen verbindlich zu regeln. Nach Beratung, in der insbesondere die Vertreterin der Bundesregierung erneut deutlich machte, dass eine Änderung der bestehenden Regelungen nicht erforderlich wäre, wurde dieser Antrag nur vom Freistaat Thüringen und vom Land Brandenburg unterstützt, acht Länder sprachen sich dagegen aus, fünf Länder enthielten sich. Im Plenum des Bundesrates wurde das Anliegen nicht weiter verfolgt."