Verwendung der nach dem Spielbankgesetz erhobenen Troncabgabe für gemeinnützige Zwecke

Die Bürgerschaft möge beschließen:

Der Senat wird ersucht,

1. korrespondierend zum Einnahmetitel für die Troncabgabe einen Ausgabetitel für deren Verwendung zu gemeinnützigen Zwecken vorzusehen.

2. die Verwendung für gemeinnützige Zwecke haushaltsrechtlich auf einmalige Ausgaben investiven Charakters zu beschränken.

3. bei dem Ausgabetitel ausdrücklich zu vermerken, dass die Entscheidung über die Verwendung im Einzelfall von der Bürgerschaft getroffen wird.

4. die so gestaltete Zweckbindung mit der Vorlage des nächsten Haushaltsplan-Entwurfs zu verwirklichen.

Begründung Verwendung der Troncabgabe für gemeinnützige Zwecke

1. Die Ausgangslage ­ oder das Gesetz, der Haushalt und die gemeinnützigen Zwecke

Das Gesetz über die Zulassung einer öffentlichen Spielbank vom 24. Mai 1976 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 139) bestimmt:

(1) Zuwendungen der Besucher an die Spielbank oder an das spieltechnische Personal und die Kassierer sind verboten, außer wenn die Zuwendungsbeträge unverzüglich den in der Spielbank dafür aufgestellten Behältern (Tronc) zugeführt werden.

(2) Die Freie und Hansestadt Hamburg ist berechtigt, von dem Spielbankunternehmer eine besondere Abgabe aus dem Troncaufkommen zu verlangen (Troncabgabe), deren Höhe durch Rechtsverordnung nach §6 Nummer 2 bestimmt wird. Die Troncabgabe ist für gemeinnützige Zwecke zu verwenden."

Im Haushaltsplan 1999 hat der Senat bei der „Allgemeinen Finanzverwaltung" im Einzelplan 9.2 im Kapitel 9500 „Spielbank- und Lotteriewesen" die Einnahme von 800000 DM als „Troncabgabe" veranschlagt. Die Einnahmen fließen als Allgemeine Deckungsmittel in den Haushalt ein. Es gibt im Haushalt keine Ausgabe, bei der ihre Finanzierung durch die Einnahme der Troncabgabe ausdrück lich benannt würde. Was unter „gemeinnützige Zwecke" zu verstehen ist, ergibt sich aus einem sehr umfassenden Katalog in §52 Absatz 2 der Abgabenordnung. Eine Aufstellung der Finanzbehörde belegt, dass im Haushaltsplan 1999 über mehrere Einzelpläne verstreut zahlreiche Zuwendungen an Träger „gemeinnütziger Zwecke" veranschlagt sind, die zusammengenommen (ca. 15,8 Millionen DM) ein Vielfaches der Troncabgabe (800000 DM) betragen.

2. Die Vorgeschichte ­ oder die Spielleidenschaft, der unverdiente Profit und die guten Werke

Beim Glücksspiel verleitet die Aussicht auf einen Gewinn, der mit dem ganzen Liebreiz einer Schöpfung aus dem Nichts lächelt, von der Spielleidenschaft gepackte Menschen, Haus und Hof zu riskieren. Andererseits spielt immer wieder die Versuchung eine Rolle, dem Zufall des Glücks manipulativ auf die Sprünge zu verhelfen. Zwar lässt sich das Glücksspiel offenbar nicht ganz unterdrücken, aber auch der regelnd eingreifende Staat, der beim genehmigten Glücksspiel Gewinne abschöpft, mag diese Einkünfte nicht für seine ureigensten, sondern nur für gute Zwecke verwenden.

Das Verbot des Glücksspiels

In den §§284 bis 286 stellt das Strafgesetzbuch (StGB) im Abschnitt über den „strafbaren Eigennutz" die unerlaubte Veranstaltung eines öffentlichen Glücksspiels oder einer Lotterie unter Strafe. Zwei in der Anlage wiedergegebene Mandate Eines Ehrbaren Raths von 1714 und 1725 veranschaulichen in ihrer offenen Sprache, dass diese Strafandrohung einer langen Tradition entspricht, um welche Motive es dabei geht und sie sich nur gegen ungenehmigte Veranstaltungen richtet. Der Kommentar zum § 284 StGB sagt heute lapidar: „Die Vorschrift will die wirtschaftliche Ausbeutung der natürlichen Spielleidenschaft unter staatliche Kontrolle nehmen."

Repressives Verbot mit Dispensierungsmöglichkeit für öffentliche Spielbanken

Nach §1 des Gesetzes, betreffend die Schließung und Beschränkung der öffentlichen Spielbanken vom 1. Juli 1868 (Bundesgesetzblatt des Norddeutschen Bundes Seite 367, Sammlung des bereinigten Hamburgischen Landesrechts II 71/36-a), durften im Norddeutschen Bund und später im Deutschen Reich öffentliche Spielbanken weder konzessioniert noch geduldet werden.

Dieses Verbot wurde im Jahr 1933 gelockert. Nach dem Spielbankgesetz 1933 (RGBl. I Seite 480) konnten unter bestimmten Umständen öffentliche Spielbanken zugelassen werden. Das Aufkommen aus den Spielergebnissen war nach dem Gesetz für gemeinnützige Zwecke zu verwenden, soweit es nicht nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit dem Spielbankunternehmer zu belassen war. Für zugelassene Spielbanken galt nicht die Strafnorm des §284 f StGB, der Unternehmer war für den Betrieb der Spielbank von Steuerzahlungen befreit und verpflichtet, dem Reich eine Spielbankabgabe zu entrichten (nach 1945 wurde die Spielbankabgabe von den Ländern in Anspruch genommen und deren Anspruch durch das Finanzreformgesetz vom 23. Dezember 1955, BGBl. I Seite 817, ausdrücklich festgeschrieben).

Eine Verordnung von 1938 (Reichsgesetzblatt I Seite 955) verbot dem Personal der Spielbanken, Geschenke ­ auch Trinkgelder ­ anzunehmen; solche Zuwendungen waren den besonders aufgestellten Behältern zuzuführen, für die sich der Begriff „Tronc" eingebürgert hat. Die Spielbankenverordnung 1944 (Reichsgesetzblatt I Seite 60) ­ wiederum mit Gesetzeswirkung ­ bestimmte, dass der Tronc für die Bezahlung der Beschäftigten sowie für gemeinnützige Zwecke zu verwenden ist.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1970 ­ nicht Wirtschaft, sondern öffentliche Ordnung, Kompetenz der Landesgesetzgeber, die Abgaben und deren gemeinnützige Verwendung

Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem Beschluß seines Zweiten Senats vom 18. März 1970 (BVerfGE 28, Seite 119 ff.) umfassend Themen aufgearbeitet, die sich mit der Zulassung von Spielbanken verbinden, spätere Ländergesetze beziehen sich in aller Regel auf diese Entscheidung.

Das Gericht hielt fest: „Die in Spielbanken zugelassenen Glücksspiele sind so angelegt, dass jedenfalls in aller Regel die Bank letztlich gewinnt. Nur deshalb finden sich Unternehmer, die Spielbanken betreiben" (BVerfGE 28, Seiten 119, 147). Da der Gewinn nicht das Ergebnis unternehmerischen Handelns ist, kann die Zulassung von Spielbanken nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts „... vielmehr nur dahin verstanden werden, dass durch sie die natürliche Spielleidenschaft vor strafbarer Ausbeutung geschützt werden soll" (a.a.O., Seiten 119, 148). Entsprechend sei das Spielbankrecht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zugehörig und falle damit in die Gesetzgebungskompetenz der Länder. Exakt wegen des vorgeschilderten Zusammenhanges führt das Bundesverfassungsgericht weiter aus: „...; die Gewinne aus dem Spielbankbetrieb sollen nicht illegal in die Taschen von Privatleuten fließen, sondern zum wesentlichen Teil für gemeinnützige Zwecke abgeschöpft werden" (a.a.O., Seiten 119, 148).

Die Zulassung der Spielbank in Hamburg 1975 ­ oder das Haushaltsinteresse und die faktische Vereinnahmung nicht nur der Spielbankabgabe, sondern auch der Troncabgabe als Allgemeine Deckungsmittel

In seiner Vorlage vom 20. August 1975 (Drucksache 8/921), mit der der Senat bekundete, eine Spielbank in Hamburg zulassen zu wollen, bezieht er sich in der Begründung des beigefügten Gesetzentwurfes zwar auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, führt aber einleitend unmißverständlich aus: „Die Erträge der Spielbankabgabe sollen dem Haushalt der Freien und Hansestadt Hamburg als allgemeine Deckungsmittel zufließen, obwohl auch denkbar gewesen wäre, diese Beträge einer Hamburgischen Landesstiftung mit der Auflage zuzuführen, die Mittel für kulturelle und soziale Zwecke zu verwenden."

Zur Troncabgabe sagt das Gesetz ebenso unmißverständlich: „Die Troncabgabe ist für gemeinnützige Zwecke zu verwenden" (§4 Absatz 2 Satz 2). Die Begründung dafür lautet: „Durch Absatz 2 in Verbindung mit §6 Nummer 2 erhält der Senat die Möglichkeit, einen Teil des Troncaufkommens der Verwendung für gemeinnützige Zwecke zuzuführen. Diese Zweckbindung ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts."

Im Haushaltsausschuß ist dieses Thema weiter vertieft worden. Der Bericht vom 5. Mai 1976 an die Bürgerschaft (Drucksache 8/1526, Seite 3 f.) gibt die Beratung wie folgt wieder: „Die CDU-Abgeordneten erkundigten sich, ob die Veranschlagung der Troncabgabe im Haushaltsplan der Verwendung für gemeinnützige Zwecke entspricht. Dies wurde vom Senatsvertreter verneint, es sei denn, die Bindung der Einnahmen für bestimmte Zwecke wird deutlich gemacht. Zwischen dem Senatsvertreter und dem Haushaltsausschuß besteht Einvernehmen darüber, dass das Budgetrecht der Bürgerschaft hinsichtlich der Verwendung der Troncabgabe durch die Gesetzesformulierung nicht beeinträchtigt wird."

Das Protokoll der Haushaltsausschußsitzung enthält hierzu lediglich die im Bericht vollständig wiedergegebene Passage (Niederschrift über die 38. Sitzung, Seite 17). Hieraus ergibt sich, dass auch nach der Einlassung des Senats anläßlich der Einbringung des Spielbankgesetzes 1975 die Veranschlagung der Troncabgabe im Haushalt nicht für als übereinstimmend mit dem Gesetz gehalten wurde, „... es sei denn, die Bindung der Einnahmen für bestimmte Zwecke werde deutlich gemacht."

Wie der Haushalt mit der Wohlfahrtspflege und der Jugendhilfe verfuhr, als er ihnen die Anteile an den Lotto-Mitteln entzog ­ oder die Fonds für kleinere Investitionen in den Einzelhaushalten Ältere Funktionsträger aus Organisationen der Bereiche „Jugend" und „Soziales" beklagen sich noch heutzutage darüber, dass der Senat ihnen, schon vor langer Zeit, Anteile aus den Lotto- und Toto-Mitteln entzog und in den allgemeinen Haushalt einstellte. Ihnen erscheint daran vor allem nachteilig, daß ihnen Gelder fehlen, die sie früher als „Eigenmittel" ausgeben konnten, die oftmals von den Behörden beim Einstieg in neue Projekte gefordert werden. Allerdings gingen die Wohlfahrtsverbände und Jugendhilfeträger bei der damaligen Aktion nicht völlig leer aus; sie erhielten im gleichen Zuge seit damals eine quasi Entschädigung.

Im Einzelplan 3.1, Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung, sind im Kapitel 3310, Kinder- und Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit, beim Titel 893.42 eine Verpflichtungsermächtigung von 400 TDM und als Baransatz 1169 TDM für 1999 ausgebracht. Die Erläuterung dazu lautet: „893.42 Die Zuschüsse sind für zahlreiche investive Projekte und Maßnahmen von Trägern der freien Jugendhilfe vorgesehen; beispielsweise für die Beschaffung von Gegenständen für freizeitpädagogische Maßnahmen oder den Umbau von Räumlichkeiten. Im Einzelfall können Maßnahmen unter 10 TDM und Maßnahmen bis zur Höhe von maximal 250 TDM gefördert werden."

Im Einzelplan 4, Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales, sind beim Kapitel 4600, Grundsatzfragen des sozialen Hilfesystems, beim Titel 893.42, eine Verpflichtungsermächtigung von 500 TDM und ein Baransatz von 1300 TDM für 1999 mit der Erläuterung ausgebracht: „893.42 Für verschiedene soziale Maßnahmen, wie z. B. Neu- und Ersatzbeschaffungen, die nicht über laufende Zuwendungen abgedeckt werden, werden Zuschüsse gewährt." Traditionsgemäß lag die Entscheidungsbefugnis über diese Titel bei den Leiterinnen oder Leitern der Ämter „Jugend" bzw. „Soziales und Rehabilitation".

3. Der Blick auf andere Bundesländer ­ oder die ganze Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten

Mehrere Länder haben im Anschluß an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 28, Seite 119 ff.) Spielbankgesetze verabschiedet. Neben der die Gesetzgebungskompetenz begründenden Wahrung von öffentlicher Sicherheit und Ordnung spielte dabei unverkennbar die Absicht eine Rolle, dem öffentlichen Haushalt mehr Mittel zuzuführen, quasi als Ausgleich dafür, dass der Betrieb von Spielbanken von Steuern befreit bleibt. Dabei sind von Land zu Land unterschiedliche Konstrukte gewählt worden. Um die Vielfalt der Optionen der Landesgesetzgeber widerzuspiegeln, wird hier exemplarisch auf die Regelungen in Schleswig-Holstein und in Hessen eingegangen.

Schleswig-Holstein ­ oder die umfassende gemeinnützige Verwendung (Spielbankabgabe und Troncabgabe)

Bei der Einbringung des Spielbankgesetzes im Schleswig-Holsteinischen Landtag (Drucksache 13/2906 vom 13. Juli 1998) ging die Landesregierung davon aus, dass es sich bei der Spielbankabgabe um eine Steuer handelt. Das Bundesverfassungsgericht hatte 1970 diese Frage offen gelassen und lediglich von der besonderen Abgabe zur Abschöpfung privater Gewinne gesprochen, die sich aus der systematischen Bevorteilung des Glücksspiels zugunsten des Spielbankunternehmers ergibt.

Die Landesregierung bezog sich sodann auf das zu jener Zeit geltende Spielbankgesetz von 1933, das vorsah, „..., dass das Aufkommen aus den Spielergebnissen für gemeinnützige Zwecke zu verwenden ist. Dieser Bestimmung liegt der Gedanke zugrunde, dass die Zulassung von Spielbanken aus sittlichen Gründen nur dann vertreten werden kann, wenn ihre Spielerträge grundsätzlich gemeinnützigen Zwecken zugeführt werden" (a.a.O., Seite 10 f.). Sie führt dann weiter aus: „Um den Gedanken des Spielbankgesetzes wieder aufzunehmen und einer möglichen Diskussion darüber, ob die Spielbankabgabe als Steuer anzusehen ist und als solche als allgemeines Deckungsmittel in den Haushalt eingestellt werden kann, von vornherein zu begegnen, ist in Absatz 2 vorgesehen, dass die Spielbankabgabe für gemeinnützige Zwecke verwendet werden muß. Darüber hinaus sind einzelne weitere Verwendungszwecke genannt worden" (a.a.O., Seite 11).

Das vom Landtag verabschiedete Gesetz erhielt letztlich folgende Fassung: