Ziel des Vollzuges Ziel des Vollzuges der Jugendstrafe ist eine Lebensführung der Gefangenen

§ 6 Anrufung § 7 Unterstützung § 8 Berichte und Gutachten Artikel 3 Gesetz zur Änderung des Ausführungsgesetzes zum SGB VIII § 27b [Konkretisierung der Mitwirkung nach § 52 SGB VIII i.V.m. § 38 JGG] Artikel 4 Inkrafttreten Artikel 1

Jugendstrafvollzugsgesetz Grundsätze § 1 Anwendungsbereich

Dieses Gesetz regelt den Vollzug der Jugendstrafe in Jugendstrafanstalten in der Freien und Hansestadt Hamburg.

§ 2 Ziel des Vollzuges Ziel des Vollzuges der Jugendstrafe ist eine Lebensführung der Gefangenen ohne Straftaten.

§ 3 Gestaltung des Vollzuges:

(1) Während des Vollzuges der Jugendstrafe sind alle Gefangenen in der Entwicklung von Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit in Achtung der Rechte anderer zu fördern.

(2) Das Leben im Vollzug soll den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich angeglichen werden. Die Gefangenen sind vor wechselseitigen Übergriffen zu schützen. Schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges wird entgegengewirkt. Der Vollzug wird von Beginn an darauf ausgerichtet, dass er den Gefangenen hilft, sich in das Leben in Freiheit einzugliedern.

(3) Sachliche Mittel, Auswahl der erzieherischen Mittel und Methoden, personelle Ausstattung und Organisation der Einrichtungen des Jugendstrafvollzuges sind an dessen Zielsetzung, den Inhalten und den methodischen Vorgehensweisen auszurichten. Die gesicherten Erkenntnisse der Erziehungswissenschaften sind mithilfe entsprechend qualifizierten Personals umzusetzen.

§ 4 Mitwirkung der Gefangenen

Die Bereitschaft der Gefangenen zur Mitwirkung an der Erreichung des Vollzugsziels und der Gestaltung des Vollzuges ist durch eine auf Ermutigung zur aktiven Mitwirkung abstellende individuelle Förderplanung, motivierende Lerngelegenheiten und Entwicklungshilfen zu wecken und zu fördern.

§ 5 Leitlinien der Förderung:

(1) Grundlage der Förderung im Vollzug sind alle Maßnahmen und Programme, welche die Fähigkeiten und Fertigkeiten der Gefangenen im Hinblick auf die Erreichung des Vollzugsziels entwickeln und stärken. Hierzu ist der Vollzug aufzulockern und in geeigneten Fällen in weitgehend freien Formen durchzuführen.

(2) Durch differenzierte Angebote wird auf den jeweiligen Entwicklungsstand und den unterschiedlichen Förderbedarf der Gefangenen eingegangen. Bei der Konzeption des Vollzuges und bei allen Einzelmaßnahmen werden die unterschiedlichen Lebenslagen und Bedürfnisse von weiblichen und männlichen Gefangenen und geschlechtsspezifische Ursachen von Kriminalität berücksichtigt.

(3) Die Förderung richtet sich insbesondere auf schulische Bildung, berufliche Qualifizierung und arbeitstherapeutische Angebote, soziale Rehabilitation und die verantwortliche Gestaltung des alltäglichen Zusammenlebens, der freien Zeit sowie der Außenkontakte.

(4) Die Bereitschaft der Gefangenen oder des Gefangenen ist durch ein umfassendes System der Belohnung und Anerkennung zu fördern, welches die Bereiche der Schule, Aus- und Fortbildung, Arbeit, Behandlung und Freizeitgestaltung umfasst und die Beteiligung an entsprechenden Angeboten, wie auch besonderes Engagement und erreichte Fortschritte angemessen belohnt.

§ 6 Stellung der Gefangenen:

(1) Die Gefangenen unterliegen den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen ihrer Freiheit. Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen ihnen nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Jugendstrafanstalt unerlässlich sind.

(2) Vollzugsmaßnahmen sind den Gefangenen in einer ihnen verständlichen Sprache zu erläutern und zu begründen.

§ 7 Zusammenarbeit, Einbeziehung Dritter:

(1) Alle im Vollzug Tätigen arbeiten zusammen und wirken daran mit, die Aufgaben des Vollzuges zu erfüllen.

(2) Die Jugendstrafanstalten arbeiten mit fachbezogenen Einrichtungen und Organisationen sowie sonstigen Personen außerhalb des Vollzuges, deren Einfluss die Eingliederung der Gefangenen fördern kann, eng zusammen.

(3) Die Jugendstrafanstalten bilden ein Netzwerk mit offenen Einrichtungen freier Träger, in denen die Gefangenen während einer Übergangszeit vor der Entlassung oder beurlaubte, bedingt entlassene und ehemalige Gefangene untergebracht und betreut werden können (Übergangseinrichtungen).

(4) Die Jugendämter und die Personensorgeberechtigten werden in die Planung und Gestaltung des Vollzuges einbezogen. Entscheidungen der Gefangenen oder des Gefangenen, die im Widerspruch zu denen der Personensorgeberechtigten stehen, sind nach Maßgabe des § 1626 Absatz 2 BGB zu berücksichtigen.

Planung des Vollzuges § 8 Aufnahmeverfahren:

(1) Mit den Gefangenen wird binnen 48 Stunden nach der Aufnahme ein Gespräch geführt, in dem, in einer ihnen verständlichen Sprache, ihre gegenwärtige Lebenssituation erörtert wird und sie über ihre Rechte und Pflichten informiert werden, ihnen sind der Text dieses Gesetzes sowie auf Verlangen die von ihm in Bezug genommenen Gesetze, die zur Ausführung erlassenen Verwaltungsvorschriften und der Text der Hausordnung zugänglich zu machen und schriftlich in einer ihnen verständlichen Sprache zu erläutern. Bei dem Aufnahmegespräch dürfen andere Gefangene nicht zugegen sein. Ist die Gefangene oder der Gefangene der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig, wird ein Dolmetscher hinzugezogen.

(2) Die Gefangenen werden alsbald ärztlich untersucht und der Anstaltsleitung vorgestellt.

(3) Das für die Mitwirkung in dem Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz zuständige Jugendamt und die Personensorgeberechtigten werden von der Aufnahme unverzüglich unterrichtet.

§ 9 Feststellung des Förderbedarfs, Soziale Hilfen:

(1) Nach Abschluss des Aufnahmeverfahrens werden den Gefangenen unverzüglich das Ziel des Jugendstrafvollzuges sowie die vorhandenen Unterrichts-, Bildungs-, Ausbildungs- und Freizeitangebote erläutert.

(2) Den Gefangenen wird geholfen, ihre persönlichen Schwierigkeiten zu lösen.

Hierdurch sollen sie in die Lage versetzt werden, ihre Angelegenheiten selbst zu ordnen und zu regeln, insbesondere den durch die Straftat verursachten materiellen und immateriellen Schaden wieder gutzumachen und eine Schuldenregulierung herbeizuführen. Bei der Aufnahme wird den Gefangenen auch geholfen, die notwendigen Maßnahmen für hilfsbedürftige Angehörige zu veranlassen und ihre Habe außerhalb der Anstalt sicherzustellen. Die Gefangenen sind über die Aufrechterhaltung ihrer Sozialversicherung zu beraten.

(3) Der Förderbedarf der Gefangenen wird ermittelt. Die Feststellungen erstrecken sich auf die Persönlichkeit, die Lebensverhältnisse, die Ursachen und Umstände der Straftat sowie alle sonstigen Umstände, deren Kenntnis notwendig erscheint, um den Vollzug zielgerichtet zu gestalten und die Eingliederung nach der Entlassung zu unterstützen. Zur Ermittlung des Förderbedarfs werden die Erkenntnisse anderer Institutionen, namentlich des Jugendamtes, der Schule und Einrichtungen der Familienhilfe eingeholt. Das Jugendamt wirkt an der Erstellung und Fortschreibung des Förderplanes (einschließlich der Entlassungsplanung) mit. Vor der Haft begonnene therapeutische Maßnahmen sind fortzusetzen.

(4) Die Planung der Vollzugsgestaltung wird mit den Gefangenen erörtert. Bei der Feststellung des Förderbedarfs werden die Anregungen und Vorschläge der Gefangenen einbezogen.

§ 10 Förderplan:

(1) Die Gefangenen haben Anspruch auf einen verbindlichen Förderplan. Der individuelle Förderplan wird auf der Grundlage des festgestellten Förderbedarfs unverzüglich, in jedem Fall innerhalb der ersten vier Wochen nach der Aufnahme, erstellt. Die Entlassungsvorbereitung ist wesentlicher Bestandteil der Förderplanung.

Für die Erstellung des Förderplans ist in der Regel von einer Entlassung auf Bewährung nach Verbüßung von höchstens 2/3 der Strafe auszugehen. Eine hiervon abweichende Planung, die einen späteren Entlassungszeitpunkt vorsieht, ist nur zulässig, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Anstalt nicht in der Lage ist, den Gefangenen entsprechend auf ein Leben ohne Straftaten vorzubereiten.

Die abweichende Planung ist der Gefangenen oder dem Gefangenen, den Personensorgeberechtigten nach Maßgabe des Absatzes 4 und der Verteidigung ausführlich zu begründen.

(2) Bei der Auswahl der Fördermaßnahmen sind die Wünsche und Vorstellungen der Gefangenen zu berücksichtigen. Vereinbarungen mit der Gefangenen oder dem Gefangenen zur Umsetzung von Fördermaßnahmen sind anzustreben. Der Förderplan wird regelmäßig alle vier Monate auf seine Umsetzung überprüft, mit den Gefangenen erörtert und fortgeschrieben. Bei Jugendstrafen von mehr als drei Jahren verlängert sich die Frist auf sechs Monate. Bei der Fortschreibung sind die Entwicklung der Gefangenen und in der Zwischenzeit gewonnene Erkenntnisse zu berücksichtigen.

(3) Der Förderplan enthält ­ je nach Stand des Vollzuges ­ Angaben insbesondere über folgende Planungsgrundlagen und Fördermaßnahmen:

1. Darstellung und Erläuterung der Akten, Gutachten und Tests, auf deren Grundlage die Entwicklung des straffälligen Verhaltens beurteilt wurde,

2. Ziele, Inhalte und Methoden der Förderung,

3. Art der Unterbringung im Vollzug, insbesondere die Zuordnung zu einer Wohngruppe oder Verlegung in eine sozialtherapeutische Einrichtung,