Vorsitzender Vielen Dank für Ihre Ausführungen Frau Lohse

Unzufriedenheit macht sich jetzt schon bemerkbar. Was soll ihnen denn noch alles genommen werden? Ganze Familien sind nicht auf die Straße gegangen, als Zuschläge gekürzt wurden, für bestimmte Besoldungsgruppen das Urlaubsgeld gestrichen wurde oder Fahrzeuge verlegt oder gestrichen wurden. Dies sollte dann doch ein Alarmanzeichen sein! Ich denke, wenn man nur einige der 2.000 Feuerwehrbeamten aus dem Einsatzdienst mit in diese Arbeitsgemeinschaft aufgenommen hätte, hätte man, von dem alten Dienstplan ausgehend, einen Plan entwerfen können, der allem gerecht geworden wäre: mit Einsparung von Personal in den Nachtstunden, sogenannte Nachtausdünnung, aber trotzdem mit der Möglichkeit eines 24-Stunden-Dienstes am Wochenende ­ somit auch mehr Zeit für die Familie und soziale Kontakte.

Aber das Potenzial von etwa 2.000 klugen und motivierten Köpfen wurde verschenkt und zutiefst missachtet. Denn es gibt Lösungen von Kollegen, die rechtskonform mit der Richtlinie, also auch sozialverträglich sind und von den Kollegen gewünscht werden, beispielsweise der PRPlan, beziehungsweise jeder Plan wird mit einem 24-Stunden-Dienst interessant. Doch dieses wurde von der Feuerwehrleitung strikt abgelehnt. Deshalb bitte ich Sie, zum Wohl der Feuerwehrbeamten, deren Angehörigen und deren Gesundheit und Familien und zum Schutz des Hamburger Bürgers die neuen Dienstpläne zu überdenken und gegebenenfalls eine Lösung zu finden, die allen gerecht wird. Denn so, wie die Dienstpläne jetzt gestaltet sind, wird die Aufrechterhaltung eines geordneten Dienstes stark gefährdet und stellt somit die Ausnahme der Richtlinie dar. Außerdem werden so bei Fehlern im Brandschutz und im Rettungsdienst durch Überbeanspruchung im schlimmsten Fall die öffentliche Sicherheit und die der Beamten gefährdet. ­ Danke für die Aufmerksamkeit.

Vorsitzender: Vielen Dank für Ihre Ausführungen, Frau Lohse. Herr Gerd Schröder hat das Wort, bitte.

Herr Schröder: Guten Tag. Verehrte Mitglieder des Innenausschusses, Herr Senator, liebe Kollegen und Familien. Mein Name ist Gerd Schröder, ich bin Europäer und seit 35 Jahren Deutscher im Sinne des Grundgesetzes. Ich bin Berufsfeuerwehrmann der Freien und Hansestadt Hamburg und Verdi-Mitglied. Ich bin verheiratet und habe eine vierjährige Tochter. Meine Familie braucht mich. Als Familienvater spreche ich heute zu Ihnen. Nun sind wir hier im Rathaus, es ist eigentlich ganz schön hier. Vor zwei Wochen waren wir in der Zeitung, letzte Woche vor dem Rathaus und jetzt sind wir drin. Viele Kollegen haben aufgegeben, unseren Kampf zu kämpfen gegen diesen unsozialen Dienstplan, der auf einem Gerüst von Halbwahrheiten der zuständigen Verantwortlichen beruht. Warum haben die Kollegen aufgegeben? Sie fühlen sich von der Innenbehörde verraten und verkauft. Ich werde versuchen, Ihnen darzustellen, dass es für die riesigen Probleme, die die Feuerwehrleute haben, nämlich diesen unsozialen Dienstplan mit all seinen Folgen, eine einfache Lösung gibt.

Die Vergangenheit ­ auch wenn Sie es schon gehört haben, hören Sie es bitte noch einmal an: Bis 1999 hat die Feuerwehr 48 Stunden die Woche gearbeitet. Dann fehlten einhundert Mann. Herr Farrenkopf sagte mir, dass es damals nur zwei Möglichkeiten gab: Entweder wir machen eine Wache zu, oder ihr müsst alle zwei Stunden mehr arbeiten.

Also, wie der Feuerwehrmann so ist, reiner Selbsterhaltungstrieb ­ wir haben zwei Stunden länger gearbeitet. Mit dem momentanen Dienstplan haben sich die Feuerwehrleute arrangiert. Alles im Leben bei uns richtet sich nach diesem Dienstplan. An erster Stelle der Dienst selbst, der in höchstem Maße von der Flexibilität des Einzelnen profitiert und auch lebt. Ein Beispiel, was vorhin angesprochen wurde: Wenn der Zugführer jetzt einen Mann braucht, dann fragt er in die Runde ­ und ich möchte meine Hand für fast alle Kollegen ins Feuer legen ­, da kommt auch einer zur nächsten Schicht, ob er frei hat oder nicht, der Ersatz wird gestellt. Bei uns besteht das Leben noch aus geben und nehmen. Das ist tatsächlich so: geben und nehmen, nicht nur nehmen, Herr Nagel. Unser Privatleben: Unsere Frauen gehen arbeiten; das können sie aber nur, wenn wir sie entlasten und in der dienstfreien Zeit die Aufgabe als Vater, Haushaltsmitglied und Ehemann wahrnehmen können. Diese Aufgaben werden wir mit dem neuen Dienstplan nur zu einem geringen Teil erfüllen können ­ auch das wurde angesprochen.

Was das für den Job der Ehefrau heißen kann, das bitte ich hier zu bedenken, denn unsere Frauen werden dann zwangsweise arbeitslos werden. Auch das, möchte ich sagen, hat die Innenbehörde dann auf dem Gewissen.

Unser momentaner Dienstplan verstößt nicht gegen geltendes Recht ­ auch wenn das immer wieder von der Seite der Innenbehörde gesagt wird. Er lässt aber ein Außerdienstnehmen von Fahrzeugen nicht zu.

Das ist ja auch eines der großen Ziele Senator Nagels. Aber selbst bei diesem großen Ziel hat die Feuerwehr Herrn Nagels Behörde nicht im Stich gelassen, sondern zauberte in Form des sogenannten Personalratsdienstplanes, der aus Zwölfstunden-Schichten mit der Möglichkeit zu Doppelschichten am Wochenende besteht, eine Lösung aus dem Ärmel, die von mehr als 90 Prozent der Bediensteten mitgetragen wird.

Meine Damen und Herren, das sind SED-Ergebnisse! Dieser Dienstplan verstößt auch nicht gegen geltendes Recht. Gegen die zwei Stunden rechtswidrige Mehrarbeit von 1999 wurde übrigens geklagt ­ und auch noch mit Erfolg, wie sich abzeichnete. Also wurde fix der Klagegrund entzogen und die 48-Stunden-Woche wieder eingeführt. Darf denn so ein kleiner „pfiffiger" Personalrat gegen die große Behörde gewinnen? Nein! Und wenn doch ­ nur zu den Bedingungen, die die Behörde festgelegt. Also, wie sollte die von uns allen schon zitierte Retourkutsche aussehen? Sagen wir doch einfach, dass der 24-StundenDienst verboten ist, und bei allen anderen Möglichkeiten schöpfen wir das Maximale aus. Die 48-Stunden-Woche, die elf Stunden Ruhezeit nach der Nachtschicht, maximal bis zu drei Nachtschichten nacheinander. Der Urlaub bleibt, wie er ist, und die maximale wöchentliche Arbeitszeit bis zu 76 Stunden. Der Feuerwehrmann fährt übrigens vierzigmal häufiger im Jahr zum Dienst.

Ich möchte Herrn Haase zitieren, Sprecher der Innenbehörde. Er hat am 17. Februar 2007 in der „Hamburger Morgenpost" ­ das war der Bericht neben meinem Bild übrigens ­ in Bezug auf die europäische Arbeitszeitrichtlinie Folgendes festgestellt: „Diese besagt, dass kein 24 Stunden-Dienst gemacht werden darf." Vielleicht hat er eine andere ­ ich weiß es nicht. „Es geht um den Schutz der Feuerwehrmänner. Wir können es nicht verantworten, wenn einem Beamten aufgrund von Übermüdung etwas zustößt, oder er bei der Rettung von Menschen Fehler macht." Wenn die Innenbehörde so fürsorglich ist ­ warum hat Herr Nagel eigentlich bei der 179. IMK-Sitzung eine Neuregelung der Arbeitszeiten bei F-Kräften gefordert? Berlin soll zügig eine Änderung anstreben, hieß es. Der hohe Unterhaltungswert der Aussage der Innenbehörde, dass der 24-Stunden-Dienst rechtswidrig ist, der ist unumstritten, aber wichtiger als der Unterhaltungswert ist das rechtlich Fundierte.

Ich will den Artikel 17 ­ den haben wir heute schon mitgebetet ­ nicht noch weiter strapazieren. Aber wer könnte eigentlich europäisches Recht besser interpretieren als die europäische Kommission. Die arbeiten schließlich unter anderem auch europäisches Recht aus. Also habe ich meinen Computer angeschmissen und schrieb der Abteilung für Arbeitsrecht, ob denn das gesprochene Wort meines Innensenators stimmt ­ frei nach dem Motto: Loyalität ja, blinder Gehorsam nein. Und wissen Sie, was die zuständige Kommissionsanwältin, ihr Name ist Madeleine Reid, schrieb? Das geht! 24-Stunden-Dienst, das geht tatsächlich. Es gibt zwei Bedingungen dabei: Es muss eine nationale Vorschrift, ein Gesetz, einen Tarifvertrag oder etwas Ähnliches geben und es muss entsprechende Ausgleichsruhezeiten geben. Nur diese Ausgleichsruhezeiten können unter ungewöhnlichen Umständen abgeändert werden. Herr Haase sprach für die Innenbehörde. Ist das die gleiche Innenbehörde, die in einem Zeitraum von neun Tagen acht Zwölfstunden-Dienste verantworten kann, wovon jeweils zwei Nachtschichten aufeinanderfolgen? Bei den Nachtschichten sprechen wir als Betroffene von gefühlten 36-Stunden-Diensten. Warum machen wir das? Tag 1: 19 Uhr Dienstbeginn, Tag 2: 7 Uhr Dienstende. Da ist außer retten und Feuer ausmachen noch nicht viel passiert. Dann fährt der pflichtbewusste Beamte nach Hause, nicht zuletzt im Rahmen der Gesunderhaltung versucht er sich zu regenerieren. Kann er das? Er wird versuchen, von circa 8 Uhr an zu schlafen, ob es ihm gelingt, ist fraglich. Da Schlaf am Tag nicht so erholsam ist, ist das eigentlich fast egal.

Nun ist er ja nicht mehr Feuerwehrmann, sondern der männliche Teil im Team Eltern und Ehepartner. Die Aufgaben sind vielfältig: Kinder aus dem Kindergarten oder der Schule abholen, kochen, bügeln, Bankgeschäfte erledigen, Hausaufgaben machen, Arztbesuche ­ ich könnte stundenlang so weitermachen. Es hat den Anschein, dass die Innenbehörde nicht weiß, was ein Mann heutzutage in solch einem Team für Aufgaben hat, sonst würde sie nicht auf diese Art von Dienst bestehen.

Ich bin immer noch am Tag 2. Es geht wieder los: Leute retten, Feuer ausmachen. 19 Uhr: Dienstbeginn an der Wache, auf zur zweiten Nachtschicht, zwölf Stunden den Bürgern dieser Stadt helfen.