Hamburg verliert Substanz: Das Mollersche Palais

Presseberichten war zu entnehmen, dass das zuletzt von der Universität genutzte Mollersche Palais, Rothenbaumchaussee 67/69, abgerissen werden soll. Eine Genehmigung für den Abriss liege vor.

Ich frage den Senat:

1. Welche historische Bedeutung kommt dem Mollerschen Palais zu?

Antwort bitte insbesondere vor dem Hintergrund der architektonischen Bedeutung des von Martin Haller entworfenen Gebäudes und der historischen Nutzung, vor allem während der Nazizeit und der Nachkriegszeit bis in die 50erJahre.

2. Ist das Mollersche Palais unter Denkmalschutz gestellt worden? Wenn nein: Warum nicht?

Dem Gebäude kommt aus Sicht des Denkmalschutzes keine besondere bauhistorische Bedeutung zu. Es handelt sich um einen 1937 weitreichend veränderten Bau aus dem Jahr 1877. Allein die historische Nutzung wurde für den Denkmalwert als nicht ausreichend bedeutsam gewertet. Aus diesem Grund ist das Gebäude nicht unter Denkmalschutz gestellt worden.

3. Gibt es ein Gutachten des Denkmalschutzamtes zum Mollerschen Palais?

Falls ja: Was besagt es? Falls nein: Warum nicht?

Nein. Gutachten werden grundsätzlich nur für den Zweck der Eintragung in die Denkmalliste gefertigt.

Ein Kriterium der Unterschutzstellung ist der Bestand an genügend originaler Bausubstanz.

4. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit von „genügend originaler Bausubstanz" gesprochen werden kann?

Erforderlich ist ein möglichst hoher Anteil an originaler bauhistorischer Substanz in Verbindung mit entsprechender Anschaulichkeit, deren Grad sich nur im jeweiligen Einzelfall denkmalschützerisch bewerten lässt.

5. Verfügt das Mollersche Palais über die Voraussetzungen, um unter Denkmalschutz gestellt zu werden? Antwort bitte begründen.

Siehe Antwort zu 1. und 2.

Senator Gedaschko erklärte in einem Interview in der „Hamburger Morgenpost" vom 24.04.2007 sinngemäß, alte Bausubstanz bereichere die Stadt und mache sie erst menschlich. Wörtlich äußerte er die Ansicht: „Ich denke, es ist auch ungeschichtlich, wenn man alles Alte, nur weil es nicht mehr so funktional ist, einfach wegreißt. Deshalb ist es auch die Regel, dass erhaltenswerte Gebäude stehen bleiben. Ein Abriss ist die Ausnahme."

6. Liegt für das Mollersche Palais eine Abrissgenehmigung vor? Falls ja:

Welche Behörde erteilte wann die Genehmigung?

Eine Abbruchgenehmigung ist formal noch nicht erteilt. Im Rahmen der von der zuständigen Bauprüfabteilung bereits erteilten Genehmigung für eine Neubebauung des Grundstücks, wurde der Abbruch allerdings bereits geprüft.

7. Wann soll der Abriss des Mollerschen Palais erfolgen?

Entfällt.

Umstände des Verkaufs

Die Senatsantwort auf eine Schriftliche Kleine Anfrage der GAL (Drs. 18/1051) vom 29.10.2004 ergab, dass ­ neben anderen ­ auch die Liegenschaft Rothenbaumchaussee 67/69 aufgegeben werden sollte. Auf die Frage nach dem Verfahren zur Ermittlung zu erwartender Erlöse antwortete der Senat: „Sollten sich Aufgaben von Immobilien, die sich im Eigentum der Stadt befinden, konkretisieren, werden aktuelle Wertgutachten bei der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses für Grundstückswerte angefordert."

8. Ist für das Mollersche Palais ein Wertgutachten angefordert worden?

Wenn ja: Mit welchem Ergebnis? Falls nein: Warum nicht?

Ja, bereits im Jahre 1997. Es wurde 2006 im Auftrag der zuständigen Behörde aktualisiert.

Über den Verlauf des Gebotsverfahrens, gibt der Senat keine Auskunft.

Laut Senatsantwort auf die Schriftliche Kleine Anfrage der GAL Drs. 18/4887 vom 1.9.06 wurde das Mollersche Palais zum Oktober/November 2006 aufgegeben. Auf die Frage nach dem Verfahren des Verkaufs antwortete der Senat für mehrere zu verkaufende Objekte, zu denen auch das Mollersche Palais gehört, dass diese in der Zeit von Mai bis Juli 2006 öffentlich im Gebotsverfahren durch die Finanzbehörde ­ Liegenschaftsverwaltung ­ zum Verkauf angeboten wurden. (Internet Immobilienportal sowie durch Schaltung von Anzeigen in überregionalen Tageszeitungen).

9. Ist das Mollersche Palais öffentlich im Gebotsverfahren angeboten worden?

10. An welchem Ort und in welchem Zeitraum wurde die Liegenschaft Rothenbaumchausee 67/69 angeboten?

Ja, auf dem Internetportal der Freien und Hansestadt Hamburg und in Zeitungsanzeigen im April 2006.

11. Ist das Objekt nach dem Höchstgebotsverfahren veräußert worden?

Ja.

Mittels einer Pressemitteilung schaltete sich Bürgermeister von Beust am 26.4.2007 in eine Kontroverse um eine Immobilie in der Rothenbaumchaussee ein, welche die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) als Rechtsnachfolgerin des Nationalsozialistischen Lehrerbundes (NSLB) besitzt.

Dieser hatte die Immobilie von jüdischen Eigentümern übernommen. Die GEW hatte kürzlich beschlossen, die Immobilie zu behalten und darauf verwiesen, dass sie auf die Mieteinnahmen angewiesen sei. Daraufhin appellierte der Bürgermeister an die GEW: „Moralische Pflicht muss Vorrang haben vor materiellen Interessen."

Vor diesem Hintergrund frage ich:

12. Ist dem Senat bekannt, dass das Mollersche Palais durch die Nationalsozialisten enteignet wurde?

13. Ist den Nachfahren des rechtmäßigen Besitzers das Objekt mit Vorkaufsrecht zum Kauf angeboten? Falls nein: Warum nicht?

Die damaligen Doppelhaushälften 67 und 69 wurden 1937 von den damaligen Eigentümern an die Universum-Film Aktiengesellschaft zu Berlin verkauft, die es insgesamt um ein Stockwerk aufstockte. 1958 hat die Stadt das Objekt für Universitätszwecke erworben. Ein jeweiliges Vorkaufsrecht wurde nicht eingeräumt.

Aus der genannten Drs. 18/4887 geht hervor, dass bis zum Zeitpunkt der Senatsantwort der Verkauf des Mollerschen Palais nicht abgeschlossen war.

14. Wann wurde der Verkauf abgeschlossen?