Vorfälle bei und nach der Demonstration am Pfingstmontag

Ich frage den Senat:

1. polizeiliches Spalier

a. Aus welchen Gründen wurden der Zugang zur Demonstration und das Verlassen der Demonstration durch den Einsatz eines mehrreihigen Spaliers so massiv eingeschränkt?

b. Wie wurde das Recht auf Teilnahme an oder das Verlassen der Demonstration gewährleistet?

c. Warum war keine weniger einschränkende Strategie möglich?

Der Polizeiführer ordnete die einschließende Begleitung der etwa 1.200 als potenziell gewaltbereit eingeschätzten schwarz gekleideten Teilnehmer an der Spitze des Aufzuges an, um einen störungsfreien Verlauf des Aufzuges zu gewährleisten. Hinter diesem so genannten „Schwarzen Block" fand keine einschließende Begleitung statt.

Dort waren ein ungehinderter Zugang und auch das Verlassen des Aufzuges jederzeit möglich.

2. polizeiliche Maßnahmen nach Beendigung der Demonstration

a. Welche Wege waren nach der Beendigung der Demonstration für den Abmarsch der Teilnehmerinnen und Teilnehmer vorgesehen beziehungsweise zugelassen?

b. Aufgrund welcher Vorfälle wurde dieser dann durch Polizeiketten wieder gestoppt?

Den Teilnehmern des vom Veranstalter vorzeitig beendeten Aufzuges wurde über Lautsprecher mitgeteilt, dass ein Entfernen in der Ludwig-Erhard-Straße in Richtung Millerntor und über den Rödingsmarkt in Richtung Hafenrand einzeln und in Kleingruppen möglich ist.

Als Teilnehmer des beendeten Aufzuges, insbesondere die bereits zuvor als gewaltbereit eingeschätzten Personen, in Form eines neuen Aufzuges weitergehen wollten, wurde dieses unterbunden. Die Polizei teilte ihnen erneut mit, dass sie sich einzeln und in Kleingruppen zu entfernen haben.

c. Welche Vorfälle, die polizeiliches Eingreifen notwendig machten, ereigneten sich nach der Auflösung der Demonstration zwischen Rödingsmarkt und Millerntor?

Eine Vielzahl von ehemaligen Aufzugsteilnehmern sammelte sich hinter den Polizeikräften, um hier entgegen der versammlungsrechtlich vorgeschriebenen Entfernungspflicht zu verweilen. Andere Personen entfernten sich in Gruppen über die LudwigErhard-Straße in Richtung Millerntor. In der Ludwig-Erhard-Straße kam einigen der nur mit Fahrern besetzten Polizeifahrzeugen eine größere Personenzahl ehemaliger Aufzugsteilnehmer entgegen. Den Fahrzeugführern gelang es nicht mehr rechtzeitig, die Fahrzeuge zu wenden oder zurückzusetzen. Die dafür notwendigen Fahrmanöver hätten Personen auf der Fahrbahn und zwischen den Fahrzeugen in erheblicher Weise gefährdet. Aus der genannten Personengruppe heraus wurden die Fahrzeuge der Polizei mit Steinen, Flaschen und Stellschildern beworfen. Es wurde gegen die Fahrzeuge getreten und unter anderem Scheibenwischer verbogen. Aus einem der Polizeifahrzeuge wurden Schutzschilde und eine Dienstlederjacke entwendet. Mehrere Einsatzfahrzeuge wurden zum Teil so erheblich beschädigt, dass sie nicht mehr einsatzbereit waren.

In der Glacischaussee und auf dem Heiligengeistfeld wurden weitere Fahrzeuge von sich in Richtung Schanzenviertel entfernenden Personen angegriffen und beschädigt.

3. gezogene Pistole eines Polizisten

In Pressebildern und auf einem Video (Spiegel-online) ist ein Polizist mit einer gezogenen Dienstpistole zu sehen. Nach Augenzeugenberichten soll sich der Polizist in einem Polizeiwagen befunden haben und keiner akuten Bedrohung ausgesetzt gewesen sein. Er soll dann mit gezogener Pistole ausgestiegen sein.

a. Wann und wo fand dieser Vorfall statt?

b. Wann und vom wem wurde der betreffende Polizist zur Benutzung seiner Dienstpistole offiziell befragt?

c. Wurden Zeugen zu dem Vorfall befragt? Wenn ja, wer und mit welchem Ergebnis? Falls nein, warum nicht?

d. Wie stellt sich der Vorfall aus Sicht der Polizeiführung dar?

Vor dem Hintergrund laufender Ermittlungen sieht der Senat von einer Äußerung ab.

4. fehlender richterlicher Notdienst

a. Warum war am 26.5. und 28.5. kein richterlicher Notdienst verfügbar, um bei Ingewahrsamnahmen gemäß Paragraf 13 a SOG „unverzüglich eine richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit (...) der Freiheitsentziehung herbeizuführen"?

b. Wurde die Justizbehörde von der Innenbehörde um die Einrichtung eines richterlichen Notdienstes während der Demonstrationen zu Pfingsten gebeten? Wenn ja, wann erfolgte diese Bitte und mit welcher Begründung wurde diese von wem abgelehnt?

c. Stimmt der Senat der Einschätzung zu, dass es während und nach der Demonstrationen an Pfingsten einen Bedarf nach einem richterlichen Notdienst gab? Wenn nein, warum nicht?

Ein richterlicher Bereitschaftsdienst war nach Abstimmung zwischen den zuständigen Dienststellen an beiden Tagen von 09.00 ­ 16.00 Uhr verfügbar.

5. Erstürmung des Innenhofs in der Schanzenstraße

In Medienberichten vom 30.5. wird die polizeiliche Erstürmung eines Innenhofes geschildert. Hierbei soll es durch Reizgaseinsatz zu weit über hundert verletzten Polizistinnen und Polizisten gekommen sein.

a. Warum wurde der Hinterhof in der Schanzenstraße gestürmt?

Polizeibeamte wurden aus der Toreinfahrt zum Hinterhof Schanzenstraße 41 a mit Flaschen, Steinen und Nebeltöpfen beworfen. Dieses sollte unterbunden, Störer in Gewahrsam genommen und mutmaßliche Straftäter vorläufig festgenommen werden.

b. Wie groß ist der erstürmte Hinterhof?

Eine präzise Größenfeststellung durch die Polizei ist nicht erfolgt. Der Hinterhof wird auf mehrere hundert Quadratmeter geschätzt.

c. Wie viele Kräfte waren an dem Einsatz direkt beteiligt?

Circa 200 Beamtinnen und Beamte.

d. Wie viele Straftäter und Straftäterinnen wurden im Hinterhof vermutet?

Von einer größeren Anzahl von Straftätern war auszugehen, ohne dass eine präzise Feststellung möglich war.

e. Von wem wurde das CS-Gas gesprüht beziehungsweise wie gelangte das CS-Gas in den Hinterhof?

Die Frage ist Bestandteil eines noch nicht abgeschlossenen strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens.

f. Nach Presseberichten hat sich ein Polizist den Finger gebrochen.

Wie ist das passiert?

g. Wurden Personen nach diesem Vorfall wegen Körperverletzung angezeigt?

Der Fingerbruch war Folge eines Steinwurfes, ereignete sich jedoch nicht während des Einsatzes in der Schanzenstraße. Ein entsprechendes Strafverfahren ist eingeleitet.

6. Vorfall in der Innenstadt

Nach Aussagen von Augenzeugen wurde am Montag in der Mönckebergstraße ein Delegationswagen der ASEM-Konferenz durch eine Sitzblockade aufgehalten.

a. Wie viele Demonstranten waren an dieser Blockade direkt beteiligt und wie viele wurden festgenommen?

Es waren neun Personen beteiligt, die alle vorläufig festgenommen wurden.

b. Trifft es zu, dass eine Frau festgenommen/in Gewahrsam genommen wurde, die den Vorfall beobachtet und nach den Namen/Dienstnummern der beteiligten Polizisten gefragt hat? Wenn ja, aus welchem Grund?

c. Trifft es zu, dass ein Mann festgenommen/in Gewahrsam genommen wurde, der Bilder von diesem Vorfall gemacht hat? Wenn ja, aus welchem Grund?

Nein. Im Übrigen entfällt.

d. Trifft es zu, dass einzelnen der festgehaltenen Personen die Brille weggenommen wurde? Wenn ja, aus welchem Grund?

Einer in der Mönckebergstraße vorläufig festgenommenen Person wurde an der Gefangenensammelstelle die Brille als potenziell gefährlicher persönlicher Gegenstand abgenommen, um Eigen- oder Fremdgefährdungen auszuschließen.