Bedingungen der Sozial- und Zwangsbestattungen deutlich verbessern

Ziel des Paragrafen 74 des zwölften Sozialgesetzbuches (SGB XII) ist es, eine würdige Bestattung auch derjenigen Personen sicherzustellen, deren Angehörige für die Kosten nicht aufkommen können. Der Sozialhilfeträger hat dies bei mittellosen, zur Bestattung verpflichteten Personen zu gewährleisten und bei Personen, denen die gesamten Kosten nicht zugemutet werden können.

Doch vor dieser eventuellen Übernahme der Kosten durch das Sozialamt steht eine fiskalische Prüfungspflicht der Behörden. Dazu gehört unter anderem die Ermittlung eventueller kostentragungsverpflichteter Personen, die die Bestattungskosten aufgrund ihres Einkommens oder Vermögens voll oder in Anteilen übernehmen könnten.

Dieses Verfahren kann dauern. Manchmal länger, als die Bestattungsfristen einem Zeit geben. So sind Fälle bekannt, in denen Verstorbene anonym zwangsbestattet wurden, weil der oder die Kostentragungsverpflichtete mit den Zahlungen überfordert war und das Sozialamt dennoch nicht für eine sogenannte Sozialbestattung (nach Paragraf 74 SGB XII) aufgekommen ist, da die Suche nach anderen, möglicherweise zahlungskräftigen Verwandten andauerte.

Des Weiteren wurden Fälle bekannt, in denen trotz der oben genannten Eile und Fristen, Urnen über Monate hinweg in Krematorien oder der Gerichtsmedizin unbestattet verwahrt wurden bis endlich eine Entscheidung über die Kostenübernahme gefallen ist.

Bestattungsunternehmen lehnen mittlerweile aufgrund von Erfahrungen die Durchführung von Sozialbestattungen ab, ohne im Voraus eine Absicherung nach den Sätzen der Sozialbestattung zu erhalten. Zu oft machten sie die Erfahrung, dass Sozialämter die Kosten später doch nicht erstatten.

Um diesen Fällen vorzubeugen, hat das Landessozialgericht am 29.9.2006 einen Beschluss erlassen, demzufolge eine zunächst darlehensweise Gewährung einer Sozialbestattung stattgegeben wird. In der Begründung wurden die Begriffe „Pietät" und „Totenwürde" verwendet und weiter heißt es: „Das fiskalische Interesse des Antragsgegners, für die Bestattungskosten zunächst nicht aufkommen zu müssen, tritt demgegenüber zurück." (LSG Hamburg, L 4 B 390/06 ER SO, in: ZfSH/SGB 2007, Seite 29). In der Begründung des Landessozialgerichts heißt es ferner: „Der Senat löst den vorliegenden Konflikt zwischen familiärer Pietätspflicht und möglicherweise entgegenstehender fiskalischer (Staats-)Raison zu Gunsten der bestattungswilligen Antragsstellerin." Dies macht deutlich, dass jeder Antragstellerin und jedem Antragsteller umstandslos ein zumindest vorläufiges Darlehen zu genehmigen ist.

Ergeben weitere Prüfungen, dass die Antragstellerin beziehungsweise der Antragsteller nicht berechtigt ist oder, wenn sich ein(e) zahlungspflichtige(r) Verwandte(r) findet, das Darlehen zurückgefordert werden kann.

Nach wie vor wird dieses vorläufige Darlehen aber nicht oder nicht umstandslos gewährt. Offenbar sind die Sozialämter nicht angewiesen worden, im Sinne dieses Beschlusses des Hamburger Landessozialgerichts zu entscheiden.

Ein weiteres Problem betrifft die sogenannten Zwangsbestattungen nach Paragraf 10

Hamburger Bestattungsgesetz. Abgesehen von der Diskussion, ob diese der Würde eines Menschen angemessen sind, besteht das Problem, dass die Religionszugehörigkeit der oder des Verstorbenen keine Beachtung findet. So werden zum Beispiel die Leichen gläubiger Katholiken ­ deren Religion die Feuerbestattung ausschließt ­ sofern sich keine Angehörigen auffinden lassen, verbrannt.

Ein weiteres Problem in diesem Zusammenhang besteht darin, dass der Kreis derjenigen Personen, die berechtigt sind, einen Antrag auf Kostenerstattung laut Paragraf 74 SGB XII zu stellen, sich ausschließlich auf Verwandte und den/die Lebenspartner/in bezieht. So kommt es vor, dass auch Verstorbene zwangsbestattet werden, obwohl es ein Familiengrab gibt oder obwohl es nahe Freundinnen oder Freunde, Betreuerinnen und Betreuer oder Nachbarn und Nachbarinnen gibt, die mit der/dem Verstorbenen in sehr enger Beziehung standen, und daher gerne die Bestattung regeln würden ­ aber nicht dürfen.

Der Senat wird daher aufgefordert:

1. Die tragenden Gründe des Beschlusses des Hamburger Landessozialgerichts, dem zufolge bis zum Abschluss der Prüfung nach Paragraf 74 SGB XII ein vorläufiges Darlehen gewährt wird, als Handlungsleitlinie in die Sozialämter zu kommunizieren, sodass dem entsprechend vorläufige Darlehen für die Bestattung vergeben werden können.

2. Zu prüfen, welche rechtlichen und finanziellen Möglichkeiten es gibt, den Kreis der Bestattungsverpflichteten um den oben genannten Personenkreis zu erweitern.

3. Dafür zu sorgen, dass jede Zwangsbestattung den religiösen Überzeugungen und den der Religion entsprechenden Bestattungsform entspricht.