Städtische Erbbaugrundstücke im Wohnungsbau

Das beim Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa geführte Sondervermögen Infrastruktur umfasst neben den Straßen, Grünanlagen und Naturschutzflächen auch Wohnbauflächen. Bei vielen dieser Wohnbauflächen handelt es sich um privat bebaute Erbbaurechtsflächen. Diese Grundstücke wurden in der Nachkriegszeit mit langer Vertragslaufzeit und niedrigen Zinsen für eine schnelle und günstige private Wohnbebauung verpachtet und befinden sich in aller Regel auch heute noch im Besitz der damaligen Erbbaurechtsnehmerinnen und -nehmer oder ihrer Erbinnen und Erben.

Wir fragen den Senat:

1. Wie beurteilt der Senat als Erbbaurechtsgeber aus heutiger Sicht das System des Erbbaurechts?

2. Wie viele mit Wohnhäusern bebaute Erbbaugrundstücke befinden sich im Besitz der Stadt Bremen? Wie groß ist die Gesamtfläche, und wie hoch wird der Grundstückswert geschätzt?

3. In welchen Stadtteilen liegen diese Erbbaugrundstücke?

4. Wann laufen die Erbbaurechtsverträge von in städtischem Besitz befindlichen Erbbaugrundstücken jeweils aus?

5. Wie hoch sind die gegenwärtigen regelmäßigen Einnahmen aus den Erbbaurechtszinsen der Grundstückspächterinnen und -pächter?

6. Wie viele Erbbaugrundstücke wurden seit dem Jahr 2003 veräußert?

7. Bestehen seitens des Senats Überlegungen, diese Grundstücke aus dem Streubesitz verstärkt an die Erbbaurechtsnehmerinnen und -nehmer oder anderweitig zu veräußern?

8. Wie beurteilt der Senat die Idee, die Ablösung von Erbbauverträgen durch ein Anreizsystem, das im Verkaufsfall vertragliche Vereinbarungen im Zusammenhang mit energetischen Sanierungen beinhalten könnte, zu forcieren?

1. Wie beurteilt der Senat als Erbbaurechtsgeber aus heutiger Sicht das System des Erbbaurechts?

Mit der Vergabe von Erbbaurechten ist von Kommunen, Kirchen und größeren privaten Grundeigentümern ursprünglich das Ziel verfolgt worden, das Grundeigentum nur für die Dauer der Erbpacht von in der Regel 99 Jahren befristet zu veräußern, ohne das Eigentum in Gänze und dauerhaft aufzugeben. Die Vergabe von Erbbaurechten wurde in Bremen verstärkt in den Fünfzigerjahren bis in die Siebzigerjahre hinein auch als Instrument der Wohnbauförderung eingesetzt, um die zusätzliche Schaffung von privatem Wohnraum gezielt zu fördern und nicht noch durch zusätzliche Grunderwerbskosten für die Einzelnen zu erschweren.

Seit über 30 Jahren werden Erbbaurechte nur noch im Einzelfall vergeben und stellen in Bremen kein wohnungsbaupolitisches Förderinstrument mehr dar.

Nach einem Beschluss des Grundstücksausschusses der Finanzdeputation vom 28. Juni 1996 sind bei der Vergabe von Erbbaurechten an Wohnbaugrundstücken Erbbauzinsen in Höhe von 5 % des Verkehrswertes des Grundstücks zu erheben. Soweit der Erbbauzins damit über den Kapitalmarktzinsen liegt, die für Baufinanzierungen erhoben werden, schränkt dies die Nachfrage nach Erbbaugrundstücken ebenfalls ein, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass das Eigentum nur auf Zeit erworben wird und die Beleihungsfähigkeit solchen Eigentums erschwert ist.

2. Wie viele mit Wohnhäusern bebaute Erbbaugrundstücke befinden sich im Besitz der Stadt Bremen? Wie groß ist die Gesamtfläche, und wie hoch wird der Grundstückswert geschätzt?

Die Zahl der städtischen Erbbaugrundstücke im Wohnungsbau, einschließlich Wohnhäuser, beläuft sich auf knapp 500 Stück. Davon sind knapp 350 Erbbaugrundstücke direkt an einzelne Erbbauberechtigte und rund 150 Erbbaugrundstücke im Wege von Untererbbaurechten durch die Bremische Gesellschaft vergeben. Die Gesamtfläche beläuft sich auf knapp 35 ha. Für die Grundstücke gibt es keine aktuelle Bewertung. Es ist zu beachten, dass die Erbbaurechtsverträge teilweise eine noch erhebliche Laufzeit haben (vergleiche Frage 4). Der jährliche Mietzins beträgt rund 0,2 Mio.. Bei Verkäufen konnten in den vergangenen Jahren im Einzelfall durchschnittliche Quadratmeterpreise von 45 bis 85 erzielt werden. In der Regel sind die Käufer die bisherigen Erbbauberechtigten.

3. In welchen Stadtteilen liegen diese Erbbaugrundstücke?

Die örtliche Verteilung der Erbbaugrundstücke weist Schwerpunkte links der Weser in Kattenturm, Obervieland und der Neustadt und rechts der Weser in Hastedt, Walle und in Vegesack auf.

4. Wann laufen die Erbbaurechtsverträge von in städtischem Besitz befindlichen Erbbaugrundstücken jeweils aus?

Ein einheitliches Datum zu dem die Erbbaurechte insgesamt auslaufen gibt es nicht, da die Erbbaurechtsverträge zu unterschiedlichen Zeiten geschlossen wurden. Der überwiegende Teil der Erbbaurechte wird erst ab dem Jahr 2050 beginnen auszulaufen und sich über die zweite Hälfte dieses Jahrhunderts erstrecken.

5. Wie hoch sind die gegenwärtigen regelmäßigen Einnahmen aus den Erbbaurechtszinsen der Grundstückspächterinnen und -pächter?

Die gegenwärtigen jährlichen Einnahmen aus Erbbaugrundstücken belaufen sich auf ca. 0,2 Mio.. Dieser vergleichsweise niedrige Einnahmewert hängt damit zusammen, dass es sich um alte Verträge handelt, die vor rund 50 bis 60 Jahren nach wohnungsbaupolitischen Gesichtspunkten geschlossen wurden, und bei denen die rechtlichen Möglichkeiten zur Anpassung des Erbbauzinses bezogen auf den Grundstückswert nicht realisierbar sind.

6. Wie viele Erbbaugrundstücke wurden seit dem Jahr 2003 veräußert?

Seit dem Jahr 2003 wurden 38 Erbbaugrundstücke für Wohnungsbau veräußert, deren Gesamtvolumen sich auf rund 1,6 Mio. beläuft und einem durchschnittlichen Verkaufspreis von rund 42 000 entspricht bzw. 45 bis 85 pro m.

7. Bestehen seitens des Senats Überlegungen, diese Grundstücke aus dem Streubesitz verstärkt an die Erbbaurechtsnehmerinnen und -nehmer oder anderweitig zu veräußern?

Die Erbbaugrundstücke für Wohnungsbau sind grundsätzlich veräußerbar und zählen zu den Vermögensgegenständen, die über Immobilien Bremen vermarktet werden (vergleiche Ziffer 6). Wegen der teilweise langfristigen Verträge und der Situation der jeweiligen Erbbauberechtigten ist eine Vermarktung jedoch im Einzelfall zu prüfen.

8. Wie beurteilt der Senat die Idee, die Ablösung von Erbbauverträgen durch ein Anreizsystem, das im Verkaufsfall vertragliche Vereinbarungen im Zusammenhang mit energetischen Sanierungen beinhalten könnte, zu forcieren?

Der Erwerb durch die Erbbauberechtigten kann im Einzelfall die Kreditfinanzierung von energetischen Sanierungen erleichtern. Das Instrumentarium für energetische Sanierungen an Wohngebäuden ist insgesamt breit aufgestellt und kann für diese Zwecke in Anspruch genommen werden. Weitergehende finanzielle Anreize werden dagegen unter Beachtung der Richtlinie für Grundstücksverkäufe nicht verfolgt. Über das reine Angebot hinaus, Erbbaugrundstücke an Kaufinteressenten entsprechend zu veräußern, prüft der Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa weitere Möglichkeiten der direkten Ansprache und Finanzierungsberatung im Zuge der Veräußerungsgespräche. Es wird im Einzelfall geprüft, ob mit der Veräußerung Vereinbarungen bzw. Förderungen verbunden werden können, um die energetische Qualität der auf den Grundstücken errichteten Gebäude zu verbessern.