Sachstand zum Öffentlichen Dienstleistungsauftrag für die BSAG

Der Senat hat in seiner Sitzung am 16. Juni 2009 dem Abschluss eines Kontrakts der Stadtgemeinde Bremen mit der Bremer Straßenbahn AG (BSAG), deren Betriebsrat und der Gewerkschaft ver.di zur Direktbeauftragung für die Erbringung von Betriebsleistungen sowie Infrastruktur- und Regieleistungen im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in der Stadtgemeinde Bremen für den Zeitraum 2010 bis 2020 zugestimmt und eine entsprechende Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft vom 16. Juni 2009 (Drucksache 17/349 S) beschlossen.

Der Senat hat auch in seinem Beschluss vom 16. Juni 2009 den Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa gebeten, den für eine Direktbeauftragung der BSAG erforderlichen Öffentlichen Dienstleistungsauftrag (Anlage A mit weiteren Anlagen 1 bis 9), unter Beachtung der in der Vorlage dargelegten Rahmendaten, mit den Vertragspartnern endzuverhandeln und vor der Unterzeichnung der zuständigen Deputation, dem Senat und der Bürgerschaft zur Zustimmung zuzuleiten.

Die Stadtbürgerschaft hat in ihrer 28. Sitzung am 25. August 2009 dem Kontrakt zugestimmt.

Der Kontrakt wurde am 21. September 2009 abgeschlossen (Anlage 2 des Vertrags über einen Öffentlichen Dienstleistungsauftrag [ÖDLA]).

Der Deputation für Bau und Verkehr hat dem Öffentlichen Dienstleistungsauftrag des ZVBN an die BSAG in ihrer Sitzung am 8. April 2010 zugestimmt. Gleichzeitig hat sie den Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa gebeten, die Vergabe des Öffentlichen Dienstleistungsauftrags auf der Zweckverbandsversammlung im Juni 2010 zu vertreten.

Der Senat hat in seiner Sitzung am 27. April 2010 dem Öffentlichen Dienstleistungsauftrag für die BSAG ebenfalls zugestimmt und den Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa gebeten, die Vergabe des Öffentlichen Dienstleistungsauftrags auf der Zweckverbandsversammlung im Juni 2010 zu vertreten.

Der Senat übermittelt der Stadtbürgerschaft den Sachstand zum Öffentlichen Dienstleistungsauftrag für die BSAG, einschließlich Vertrag über einen Öffentlichen Dienstleistungsauftrag im straßengebundenen ÖPNV auf dem Gebiet der Stadtgemeinde Bremen, mit der Bitte um Kenntnisnahme.

Öffentlicher Dienstleistungsauftrag für die BSAG:

Nach mehrjähriger Diskussion haben das Europaparlament, Ministerrat und EU-Kommission im Jahre 2007 auf die Verordnung (EG) Nr. 1370/07 (nachfolgend VO 1370) über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße geeinigt. Die neue Verordnung trat am 3. Dezember 2009 in Kraft und ersetzt die bisherigen Verordnungen zur beihilfenrechtskonformen Finanzierung von Verkehrsleistungen und Infrastruktur im ÖPNV. Die VO 1370 verdrängt zu diesem Stichtag grundsätzlich auch die Finanzierungsmöglichkeit des ÖPNV im Wege der Betrauung im Rahmen der marktorientierten Direktvergabe.

Die Anlage A ist den in der Bremischen Bürgerschaft vertretenden Fraktionen zugeleitet worden und kann in der Bürgerschaftskanzlei ­ Bibliothek ­ eingesehen werden.

Die zuständigen Behörden (Aufgabenträger) haben nach dieser Verordnung gemeinwirtschaftliche Verkehrsleistungen im ÖPNV grundsätzlich im Wege von wettbewerblichen Verfahren zu bestellen.

Unter Einhaltung bestimmter Voraussetzungen können diese Behörden jedoch auch eine wettbewerbsfreie Direktvergabe vornehmen oder die Verkehrsleistungen selbst erbringen (Möglichkeit der Eigenproduktion).

Die Verhandlungen über die genaue Ausgestaltung der Direktvergabe in Form des ÖDLA zwischen dem Zweckverband Verkehrsverbund Bremen/Niedersachsen (ZVBN) als zuständigem Aufgabenträger, dem Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa und der Bremer Straßenbahn AG wurden im Sommer 2009 begonnen und zwischenzeitlich zum Anschluss gebracht. Die Ergebnisse können wie folgt zusammengefasst werden (alle Hinweise auf Anlagen in dieser Vorlage bezeichnen jeweils die Anlagen des ÖDLA):

a) Direktbeauftragung:

In den für die Stadtgemeinde Bremen im Nahverkehrsplan des ZVBN verankerten Linienbündeln laufen ­ mit Ausnahme der Genehmigungen für die Straßenbahnlinien (Laufzeiten bis maximal 7. November 2021) ­ alle Busgenehmigungen der Bremer Straßenbahn AG zum 31. Dezember 2010 aus.

Die VO 1370 eröffnet der Stadtgemeinde Bremen seit dem 3. Dezember 2009 die Möglichkeit, Leistungen im ÖPNV über den ZVBN als zuständigen Aufgabenträger im Wege der Direktvergabe zu vergeben. Die BSAG soll mit der Erbringung von ÖPNV-Leistungen auf dem Gebiet der Stadt Bremen, einschließlich der nach Niedersachsen abgehenden Linien, gemäß Artikel 5 Abs. 2 VO 1370 für den Zeitraum vom Verkehrsbund Bremen­Niedersachsen (VBN)-Fahrplanwechsel im Dezember 2009 bis zum BSAG-Fahrplanwechsel zu Beginn der Osterferien im Frühjahr 2021 direkt beauftragt werden. Einzelheiten werden in einem zwischen ZVBN und BSAG zu schließenden ÖDLA geregelt.

Als Grundlage für die Vorbereitung, Durchführung und Steuerung dieser Direktvergabe war der Abschluss einer Direktvergabevereinbarung zwischen dem ZVBN und dem Verbandsglied Stadtgemeinde Bremen notwendig. Diese wurde am 12. Mai 2009 abgeschlossen (Anlage 3 des ÖDLA).

Um die in der VO 1370 vorgesehenen Veröffentlichungsfristen sowie vergaberechtliche und genehmigungsrechtliche Fristen zu beachten, ist die Veröffentlichung der Direktvergabeabsicht im EU-Amtsblatt am 27. Mai 2009 erfolgt. Die endgültige Vergabe des Öffentlichen Dienstleistungsauftrages darf frühestens ein Jahr nach Veröffentlichung der Vergabeabsicht ­ also im Mai 2010 ­ erfolgen. Die entsprechende Beschlussfassung über die Vergabe und den damit verbundenen Öffentlichen Dienstleistungsauftrag ist für die am 8. Juni 2010 stattfindende Verbandsversammlung des ZVBN vorgesehen.

Das nationale Recht wurde bislang noch nicht an die VO 1370 angepasst. Daher wurde von der Stadtgemeinde Bremen, BSAG und dem ZVBN geprüft, ob der dargestellte Weg der Direktvergabe aufgrund einer geänderten Auslegung des nationalen Rechts gegebenenfalls angepasst werden muss.

Die Prüfung ergab, dass die Direktvergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages zur Erbringung von Betriebs-, Infrastruktur- und Regieleistungen im ÖPNV weiterhin möglich ist. Die BSAG erhält für die erbrachten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen Ausgleichsleistungen. Weiterhin ist es erforderlich, dass die BSAG, wie in der Vergangenheit auch, für die über den ÖDLA beauftragten Linien bei der zuständigen Aufsichts- und Genehmigungsbehörde des Landes Bremen einen Antrag auf Liniengenehmigung stellt.

Die im Zusammenhang mit der Umsetzung der EU VO 1370 diskutierte Möglichkeit, mit dem Abschluss eines öffentlichen Dienstleistungsvertrages gleichzeitig ein ausschließliches Recht zu gewähren, besteht derzeit nicht, da das nationale Personenbeförderungsrecht bislang nicht entsprechend geändert wurde. Sollte jedoch eine entsprechende Anpassung des vorgenommen werden, so strebt der ZVBN an, für das BSAG-Liniennetz ein ausschließliches Recht zu vergeben.

Als wesentliche Elemente eines ÖDLA wurden zwischen den Verhandlungspartnern darüber hinaus die folgenden Inhalte vereinbart:

· Der Vertrag regelt die Durchführung von Betriebs-, Infrastruktur- und Regieleistungen im ÖPNV im Rahmen der der BSAG erteilten personenbeförderungsrechtlichen Genehmigungen auf dem Gebiet der Stadtgemeinde Bremen, einschließlich der nach Niedersachsen abgehenden Linien und sonstigen Teildienste. Bei der Erbringung dieser Leistungen sind die Vorgaben des jeweils gültigen Nahverkehrsplans des ZVBN zu beachten. Unter Infrastrukturleistungen fallen Leistungen der BSAG, die diese gemäß jeweils aktuellem Infrastrukturvertrag (derzeit vom 21. September 2009, Anlage 5 des ÖDLA) zwischen ihr und der Stadtgemeinde Bremen die Durchführungsverantwortung und/oder Kostenlast trägt.

· In der Anlage 4 des ÖDLA, Umfang Betriebsleistungen und Qualitätsstandards, sind der Tätigkeitsumfang nach Nutz-km und Jahren, die Linien (Karte Anlage 4.1 des ÖDLA), die Netzdichte (Karte mit Einzugsbereichen Anlage 4.3 des ÖDLA), die Betriebs- und Verkehrszeiten (Tabelle für die einzelnen Linien, Anlage 4.2 des ÖDLA), die Frequenz der Bedienung (Takte), das Platzangebot nach Fahrzeugen und Verkehrszeiten sowie die Messung und Kontrolle des Kriteriums Besetzungsstandard geregelt. In der Anlage 4 werden auch Anforderungen für die Qualität im Hinblick auf den Betrieb (Pünktlichkeit, Anschlusssicherung), die Fahrzeuge (Ausstattung, barrierefreier Zugang, Alter, Emissionen), die Haltestellen, das Personal, Kundenbetreuung und Sicherheit (zum Beschwerdemanagement Anlage 4.4 des ÖDLA), die Umwelt (Öko-Audit-System) und die Regularien und Bereiche im Rahmen des VBN-Qualitätssicherungssystems formuliert.

· Der BSAG fließen die für die Erbringung ihrer Leistungen notwendigen Ausgleichszahlungen über den Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag mit der Bremer Verkehrsgesellschaft (BVG) zu (Anlage 1 des ÖDLA).

· Die Ausgleichszahlungen sind begrenzt auf die unter c) dargestellten Beträge. In Abzug zu bringen oder zusätzlich zu erstatten sind Beträge, die infolge der Indexierung von Personal-, Strom- und Treibstoffkosten entstehen. In den Businessplan der BSAG vom 29. Mai 2009 (Anlage 7 des ÖDLA) sind Personalkostensteigerungen von 2 % p. a. sowie Preissteigerungen bei Strom und Diesel von 3 % p. a. eingeplant. Die Anpassung der Personalkosten unterstellt die wertgleiche Übernahme des Spartentarifvertrages Nahverkehr Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Bei Strom und Diesel ist als Index die festgestellte durchschnittliche Preisentwicklung für das Bezugsgeschäftsjahr vereinbart. Die Indexierungen erfolgen rückwirkend für das betroffene Bezugsgeschäftsjahr. Darüber hinaus erfolgt eine Anpassung der im Businessplan genannten Ausgleichszahlungen in den Fällen, in denen der durch Bescheid nach § 45 a festgestellte Ausgleich der BSAG für die Schülerbeförderung unter oder über den Ansätzen des Businessplans liegt. Wird der Parameter rückwirkend angepasst, findet zugleich eine und die Folgejahre statt.

· Im Jahr 2012 werden die Fahrpreise hinsichtlich des Niveaus und der Entwicklung der Höhe und Struktur einem Vergleich mit anderen Kommunen unterzogen und die Nachfrageentwicklung untersucht, um den Rahmen für die Entwicklung der Höhe und Struktur der Fahrpreise ab dem 1. Januar 2013 abzustecken.

· Im Jahr 2015 findet eine Überprüfung der Höhe des Ausgleiches mit Wirkung zum 1. Januar 2016 und die Folgejahre daraufhin statt, ob dieser weiterhin angemessen ist. Bei der Überprüfung sind das Niveau und die Entwicklung der Nachfrage und deshalb erforderliche Angebotsanpassungen, das Niveau und die Entwicklung der Kosten für vergleichbare, gut geführte Unternehmen und die weitere Entwicklung der Fahrpreise zu berücksichtigen.

· Die BSAG darf negative Abweichungen vom geplanten Verlustausgleich durch Verbesserungen gegenüber dem fortgeschriebenen Planverlust in Voroder Folgejahren während der Laufzeit des Vertrages kompensieren.

· Nach einem Zeitraum von fünf Jahren wird ermittelt, ob die BSAG gegenüber der auf der Grundlage der vereinbarten Indexierung fortgeschriebenen Planung eine Verbesserung der Verlustausgleiche erreichen konnte.